Baurecht

Fehlender Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

Aktenzeichen  AN 9 S 19.01531

Datum:
8.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 428
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO  § 80 Abs. 6, § 88
WHG § 36, § 78 Abs. 5
BayWG Art. 20 Abs. 5
KG Art. 6 Abs. 2

 

Leitsatz

§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO stellt eine Zugangsvoraussetzung dar, die bereits bei Rechtshängigkeit des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens vorliegen muss und – anders als bei sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen – nicht nachgeholt werden kann. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.475,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine durch das Landratsamt … erlassene Kostenfestsetzung für eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 78 Abs. 5 WHG.
Die Antragstellerin errichtete auf dem Grundstück Fl.-Nr. …, Gemarkung … an der …, eine Wohnanlage mit Tiefgarage (Bauvorhaben …). Das streitgegenständliche Vorhaben befindet sich im amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet des …, Gewässer II. Ordnung.
Mit Bescheid vom 9. Juli 2019 wurde die Erlaubnis zur temporären Grundwasserabsenkung erteilt.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2019 wurde die Baugenehmigung für das Vorhaben „Errichtung einer Wohnanlage mit Tiefgarage“ auf dem Grundstück Fl.-Nr. …, Gemarkung … an der …, nach Maßgabe der beiliegenden geprüften Bauvorlagen erteilt. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass die Entscheidungen im Kostenpunkt und der Gebührenfestsetzung auf Art. 1, 2, 6, 8 und 10 des KG in Verbindung mit Tarif Nr. 2.I.1/1.24.1 des Kostenverzeichnisses in der derzeit gültigen Fassung beruhten. Auf die gesonderte Kostenrechnung werde verwiesen. Der ebenfalls auf den 11. Juli 2019 datierten Kostenrechnung ist zu entnehmen, dass folgende Beträge zu entrichten seien:
Baugenehmigung für Errichtung Tarif Nr. 2. I. 1/1. 24.1.1.2 KVz 2 vT der Baukosten (Mindestgebühr 75,00 EUR) 11.680,00 EUR
Baugenehmigung für Errichtung Tarif Nr. 2. I. 1/1. 24.1.2.1.2 KVz kostenfrei Abweichung von bauordnungsrechtlichen Vorschriften Tarif Nr. 2.1. I/1.30 KVz (Mindestgebühr 75,00 EUR) 150,00 EUR
Auslagen für Nachbarzustellungen (Art. 10 Abs. 1 KG) (Vorhaben im Bebauungsplan) 56,00 EUR
Gesamtbetrag 11.886,00 EUR
Nach Angaben der Antragstellerin wurden die festgesetzten Kosten bereits bezahlt.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2019 wurde auf den Antrag vom 6. Dezember 2018 bzw. 28. Mai 2019 eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 78 Abs. 5 WHG zur Errichtung einer Wohnanlage mit Tiefgarage in …, … an der …, auf dem Grundstück Fl.-Nr. …, Gemarkung … an der …, im festgesetzten Überschwemmungsgebiet des … erteilt. Die Kosten des Bescheides werden der Antragstellerin auferlegt. Es werden Gebühren in Höhe von 30.658,74 EUR erhoben, die angefallenen Auslagen belaufen sich auf 2.289,67 EUR. Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich die Höhe der Gebühr nach Art. 6 KG in Verbindung mit Kostenverzeichnis, Tarif Nr. 8.IV.0, Tarifstelle 1.20.1 bemesse. Sie betrage maximal 6 Promille der veranschlagten Baukosten in Höhe von 5.839.760,00 EUR. Da es sich um ein Vorhaben von nicht nur geringer Schwierigkeit handele und der wasserwirtschaftliche relevante Anteil des Vorhabens erheblich sei, sei die Gebühr im mittleren Bereich des gesetzlichen Gebührenrahmens mit 3 Promille der veranschlagten Kosten, 17.519,28 EUR, angesetzt worden.
Für die ersetzte Genehmigung nach Art. 20 BayWG erhöhe sich die Gebühr auf Grundlage von Tarif Nr. 8. IV. 0, Tarifstellen 1.18.1.2, 5.2. Die Erhöhung betrage 75% der Gebühr, die für die ersetzte Genehmigung anzusetzen wäre. Tarifstelle 1.18.1.2 eröffne einen Gebührenrahmen von 3 bis 5 Promille der Baukosten. Zusätzlich erhoben würden vorliegend 75% des Mindestsatzes von 3 Promille der veranschlagten Baukosten (17.519,28 EUR), das heißt 13.139,46 EUR. Die Gesamtgebühr betrage damit 17.519,28 EUR plus 13.139,46 EUR = 30.658,74 EUR. Die entstandenen Auslagen für die Tätigkeit des Wasserwirtschaftsamtes … (2.286,00 EUR) und die Zustellung (3,67 EUR) seien nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG zu erstatten.
Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2019 führte der für das behördliche Verfahren von der Antragstellerin Bevollmächtigte u.a. aus, dass es dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspreche, wenn die Gebühr für Art. 20 BayWG schon nicht entfallen könne, zumindest den Gebührenanteil für die Gebühr nach § 78 Abs. 5 WHG deutlich zu reduzieren. Es werde daher beantragt, die Gebühren insofern abzuändern, als die Gebühr für die Anlagengenehmigung gem. Art. 20 BayWG i.V.m. § 36 WHG entfalle. Jedenfalls aber werde beantragt, die Gebühr für die Genehmigung nach § 78 Abs. 5 WHG deutlich zu reduzieren, um dem Angemessenheitsgrundsatz Rechnung zu tragen.
Mit Schriftsatz vom 8. August 2019 erhob die Antragstellerin unter dem Aktenzeichen AN 9 K 19.01529 Klage gegen den Bescheid über die Erteilung der Ausnahmegenehmigung gemäß § 78 Abs. 5 WHG vom 11. Juli 2019 und beantragte die umgehende Aussetzung der Kostenrechnung. Zur Begründung wird ausgeführt, dass beantragt werde, dass die Gebühr nach Tarif Nr. 8. IV. 0/1.20.1 auf 1,5 Promille reduziert werde, da der Gesetzgeber hier einen Spielraum von 100,00 EUR bis 6 Promille zulasse, Projekte mit hohen Baukosten bekanntermaßen relativ weniger Aufwand erzeugten und damit die Gebühr immer noch mehr als den Verwaltungsaufwand abdecke und ihren Wertcharakter beibehalte, diese Gebühr im Vergleich zur Baugenehmigung von 2 Promille angemessen scheine, dazu zusätzlich Auslagen des Wasserwirtschaftsamtes in Höhe von 2.286,00 EUR zu tragen seien und der Bauherr zusätzlich bereits geforderte Gutachten und Unterlagen im Wert von 17.700,00 EUR erstellt habe, die die fachliche Prüfung stark unterstützt und sehr vereinfacht hätten. Weiterhin werde beantragt, dass die Gebühr nach Tarif Nr. 8. IV.0/1.18.1.2 und 5.2 entfalle, da die Genehmigung nach Art. 20 BayWG entfallen sei und nicht wie in Tarifstelle 5.2 stehe „ersetzt“ worden sei, da der Gesetzgeber „entfallen“ und „ersetzen“ keinesfalls synonym verwende. Im Zweifel müsse dann auch Tarifstelle 4.2 gelten, die vorschreibe, dass eine zweite oder dritte wasserrechtliche Gebühr im Rahmen eines Vorhabens maximal 50% des Verwaltungsaufwandes dieser zweiten oder dritten Tarifstelle betragen dürfe; der Verwaltungsaufwand sei hier aber ohnehin existent, da diese Genehmigung gemäß Art. 20 Abs. 5 BayWG entfallen sei.
Die Antragstellerin beantragte sinngemäß,
bezüglich der Kostenentscheidung in Ziff. 5 des Bescheides vom 11. Juli 2019 (Az.: …) die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage anzuordnen.
Mit Schriftsatz vom 28. August 2019 führte die Antragstellerin aus, dass die Gebühr für die Ausnahmegenehmigung zur Errichtung baulicher Anlagen im Überschwemmungsgebiet gemäß § 78 Abs. 5 WHG angemessen sei. Die Höhe der Gebühr bemesse sich nach Art. 6 KG in Verbindung mit Kostenverzeichnis, Tarif Nr. 8. IV.0, Tarifstelle 1.20.1. Sie betrage maximal 6 Promille der veranschlagten Baukosten in Höhe von 5.839.760,00 EUR. Dies entspreche einem Höchstbetrag von 35.038,56 EUR. Auf dieser Grundlage sei ein Betrag von 17.519,28 EUR festgesetzt worden. Die Gebühr sei entsprechend der in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG genannten Grundsätze, das heißt dem mit der Amtshandlung verbundenen Verwaltungsaufwand aller beteiligten Behörden und Stellen und der Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten ermittelt worden. Sie seien mit lediglich 3 Promille der veranschlagten Baukosten im mittleren Bereich des gesetzlichen Gebührenrahmens angesetzt. Der Promillefaktor entspreche damit dem auch in anderen Verfahren laufend festgesetzten Faktor.
Bei dem Projekt der Antragstellerin handele es sich um ein Vorhaben von nicht nur geringer Schwierigkeit und komplexer Sachlage. Bereits durch laufende Beratung und Gespräche sowie durch die im Laufe des Verfahrens erfolgten Änderungen sei ein über das normale Maß deutlich hinausgehender Verwaltungsaufwand entstanden. Der relevante wasserwirtschaftliche Anteil am Gesamtvorhaben sei erheblich. Aufgrund der größeren Konzeption der Anlage sowie durch die innerörtliche Lage im festgesetzten Überschwemmungsgebiet sei neben dem reinen Hochwasserabfluss des … auch die mögliche Auswirkung auf den korrespondierenden Grundwasserstand zu berücksichtigen gewesen. Das Vorhaben sei in voller Kenntnis der Lage der betreffenden Fläche im festgesetzten Überschwemmungsgebiet und des daraus resultierenden grundsätzlichen Verbots der Errichtung baulicher Anlagen geplant worden. Der Vorhabensträger sei ab Kenntnis der Behörde darüber informiert worden, dass eine Bebauung der Flächen neben der notwendigen Baugenehmigung von der Erteilung der wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 5 WHG abhängig sei. Letztlich sei bei der Festsetzung der Gebührenhöhe auch die Gleichbehandlung der Antragstellerin zu gewährleisten. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Vorhabensträger kommerziell geplanter und vermarkteter Großprojekte gegenüber Bauherren eines Einfamilienhauses im Hinblick auf die Gebührenhöhe im wasserrechtlichen Verfahren bevorzugt werden sollten. Der Gesetzgeber habe vielmehr gerade mit der Abgrenzung des Gebührenrahmens in Abhängigkeit von den veranschlagten Baukosten klar zu verstehen gegeben, dass der durch die anfallenden Kosten indizierte Umfang einer Maßnahme direkt in die Gebührenberechnung einfließen solle. Andernfalls wäre ein nach absoluten Beträgen fixierter Gebührenrahmen völlig ausreichend gewesen. Bei der Bemessung des Promillefaktors sei deshalb in korrekter Weise auf die Maßstäbe des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG und hier insbesondere auf die komplexe Sachlage und den nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand abgestellt worden.
Die Anrechnung der Gebühr für die ersetzte Anlagengenehmigung gemäß § 36 WHG, Art. 20 BayWG sei rechtmäßig. Im Rahmen von § 78 Abs. 5 WHG sei auch eine materielle Prüfung im Sinne des Art. 20 BayWG erforderlich. Dies werde durch den Verweis von Art. 20 Abs. 5 BayWG auf Art. 20 Abs. 4 BayWG deutlich. Auf Grundlagen von Tarif Nr. 8.IV.0, Tarifstelle 5.2 KVz sei eine Gebühr für ersetzte Genehmigung zu erheben. Die Begrifflichkeiten „ersetzen“ und „entfallen“ würden sowohl im Kostenverzeichnis als auch in der Literatur nebeneinander, jedoch jedenfalls inhaltsgleich gebraucht. Für die Anlagengenehmigung sei in Tarif Nr. 8.IV.0,Tarifstelle 1.18.1.2 ein Rahmen von 3 bis 5 Promille der Baukosten vorgesehen. Hier sei die gesetzliche Mindestgebühr angesetzt und entsprechend Tarif Nr. 8.IV.0, Tarifstelle 5.2 auf 75% reduziert worden. Bei Berücksichtigung der Gebühren für die Anlagengenehmigung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens wäre ein Gebührenansatz gemäß KvZ Tarif Nr. 2.I. Tarifstelle 4.2 vorzunehmen. Eine Reduzierung auf 75% sei innerhalb der baurechtlichen Gebührenfestsetzung nicht vorgesehen. Wie anhand der Gebührenaufstellung des Baugenehmigungsbescheids nachgewiesen sei, sei eine entsprechende Festsetzung dort auch nicht getroffen worden. Rückgriff auf KvZTarif Nr. 8.IV.0 Tarifstelle 4.2 sei insoweit nicht angezeigt, da sich diese Regelung auf nebeneinander erforderliche wasserrechtliche Genehmigungen beziehe. Dies könne z.B. bei einer Genehmigung einer Grundwasserentnahme bei gleichzeitiger Einleitung in ein Oberflächengewässer der Fall sein. Hier würden verschiedene Genehmigungen nebeneinander ausgesprochen. Es trete nach dem Wortlaut gerade keine Ersetzungswirkung im Sinne der Tarifstelle 5.2. ein. Die spezielle Regelung sei insoweit Tarifstelle 5.2 für die Gebührenberechnung heranzuziehen. Daneben sei hier zu berücksichtigen, dass die Gebühr für die Anlagengenehmigung gemäß KVz Tarif Nr. 2.I. Tarifstelle 4.2 auch im Rahmen der Baugenehmigung, dort jedoch zu 100% angesetzt werden könne. Dies sei ausdrücklich nicht erfolgt. Eine weitere Begünstigung über die Reduzierung auf 75% hinaus, wie nach KVz Tarif Nr. 8.IV.0, Tarifstelle 4.2 vorgesehen, erscheine hier weder angemessen noch in der Sache begründet. Der gesonderte Ansatz der für die Anlagengenehmigung gesondert zu erhebenden Gebühr sei sowohl in der Sache wie auch durch die weiteren Regelungen im Kostenverzeichnis gerechtfertigt. Das Zusammentreffen der Lage im festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet und im 60 m Bereich eines Gewässers stelle zwar den Regelfall dar, sei aber nicht zwingend gegeben. Weshalb durch einen für die Antragstellerseite im Vergleich zur Berücksichtigung der Gebühr im Baugenehmigungsverfahren erheblich günstigeren Gebührenansatz eine Rechtsverletzung geltend gemacht werde, könne nicht nachvollzogen werden. Die Gegenüberstellung der konkreten Beträge belege, dass die Forderungen nicht durch die gesetzliche Regelung gedeckt seien. Würde man den bisherigen Ausführungen der Antragstellerseite bezüglich des anzusetzenden Promillefaktors zum KVz, Tarif Nr. 8.IV.0, Tarifstelle 1.20.1 von 1,5 Promille und unter Außerachtlassung des KVz, Tarif Nr. 8.IV.0, Tarifstelle 5.2 folgen, so ergäbe sich im konkreten Fall eine Gesamtgebühr von 8.759,64 EUR. Danach betrüge die Gebühr für die umfassende wasserrechtliche Zulassung, das heißt sowohl die Ausnahmewie auch die Anlagengenehmigung, lediglich die Hälfte der für eine reine Anlagengenehmigung ohne Berücksichtigung der Lage im Überschwemmungsgebiet anzusetzenden gesetzlicher Mindestgebühr nach KVz, Tarif Nr. 8.IV.0, Tarifstelle 1.18.1.2 in Höhe von 3 Promille der Baukosten, hier 17.519,28 EUR.
Mit Schriftsatz vom 9. September 2019 führte die Antragstellerin aus, dass das Landratsamt in seiner Darstellung unterschlage, dass die in Rechnung gestellte Gebühr bereits zusätzlich den kompletten fachlichen Prüfungsumfang des Wasserwirtschaftsamtes in Höhe von 2.286,00 EUR beinhalte, der nicht in Frage gestellt werde. Weiterhin seien umfangreiche Prüfungsinhalte erwähnt, die gar nicht von der Behörde erbracht worden seien. Es habe ja gerade der Antragstellerin mit vom Wasserwirtschaftsamt geforderten umfangreichen Gutachten im Wert von 17.700,00 EUR oblegen, jeglichen Prüfungsinhalt für die Behörde auf eine Ja/Nein Aussage zu vereinfachen. Aus dem letztendlich positiven Gutachten des Wasserwirtschaftsamtes sei dann im Landratsamt ohne Weiteres fachliches Zutun der Bescheid entstanden. Daraus sei also offensichtlich, dass es sich bei der Gebühr des Landratsamtes in Höhe von 3 Promille ausschließlich nur noch um eine Wertgebühr im Sinne des Art. 5 KG handeln könne, also entsprechend dem Wert der Amtshandlung. Da wie oben beschrieben der fachliche Prüfungsaufwand schon getrennt in Rechnung gestellt worden sei und die Komplexität der Prüfung durch umfangreiche Gutachten der Antragstellerin entnommen worden sei, könne dies kein Anhaltspunkt für die Gebührenhöhe sein. Das gesamte Verfahren sei nur deswegen notwendig gewesen, da die Behörde kurz zuvor das Überschwemmungsgebiet falsch festgelegt habe. Bereits im Jahr 2005 habe das Wasserwirtschaftsamt das streitgegenständliche Grundstück als Baufläche bezeichnet und das Baugrundstück als mittels eines Dammes vor Überschwemmung geschütztes Grundstück bezeichnet. Weiter sei durch die Stadt … bestätigt worden, dass das Grundstück nicht im Wasserschutzgebiet liege. Im Jahr 2016 sei dann ein behördliches Verfahren zur Festlegung des Überschwemmungsgebietes des … gelaufen und dabei sei das gesamte hier streitgegenständliche Grundstück nun doch als Überschwemmungsgebiet festgelegt worden. Dagegen habe der Eigentümer, Herr …, Einspruch erhoben. Das Landratsamt habe in seinem Schreiben vom 5. Juli 2017 behauptet, der Damm sei nach umfangreichen Berechnungen und Tatsachenfeststellungen definitiv zu niedrig und das Überschwemmungsgebiet wäre richtig festgestellt. Im Rahmen der Gutachten der Antragstellerin habe sich dann jedoch heraus gestellt, dass der Damm mitnichten zu niedrig gewesen sei und es bei relevanten HQ 100 keine Überschwemmung gebe und somit die Behauptung des Landratsamtes vom 5. Juli 2017 sich als falsch erwiesen habe und das Überschwemmungsgebiet auf Basis dieser Behauptung falsch festgelegt worden sei. Das Bauvorhaben stelle übrigens keine Schädigung der Allgemeinheit dar, ganz im Gegenteil, dem Wasserwirtschaftsamt sei damit eine Lösung vorgestellt worden, die auf private Kosten der Antragstellerin:
– den Retentionsraum des … um 1.290 m³ erweitere,
– die Strömungsgeschwindigkeiten des … reduziere,
– den Hochwasserstand HQ 100 der Anrainer am Oberlauf um bis zu 10 cm sinken lasse,
– zwei Nachbarn zusätzlich aus dem falsch festgelegten Überschwemmungsgebiet entnehme und
– dem Wasserwirtschaftsamt einen bisher nicht vorhandenen Zugang zur Wartung des Gewässers erlaube.
Bei vielen anderen gesetzlich festgelegten Gebührenordnungen sei ein Spielraum wie hier von 100,00 EUR bis 6 Promille gerade dazu dienend, großvolumige Vorhaben prozentual zu entlasten, da die Höhe der Baukosten als Bemessungsgrundlage die absolute Gebühr ohnehin unverhältnismäßig treibe.
Die Genehmigung nach Art. 20 Abs. 5 BayWG sei nicht ersetzt worden, sondern sie sei entfallen; ersetzen und entfallen seien natürlich nicht inhaltsgleich. Das Kostenverzeichnis erhebe Gebühren für Genehmigungen und nicht für Überprüfungen, die in einer entfallenden Genehmigung endeten. Wie absurd wäre es, wenn Behörden zukünftig generell Gebühren für überprüfte, aber nicht relevante Genehmigungen erheben dürften. Es sei keine Genehmigung nach Art. 20 BayWG erteilt worden, weder explizit noch implizit. Es gebe nur die eine Stelle im Kostenverzeichnis, die eine Gebühr für eine entfallende Genehmigung erwäge, Tarif Nr. 2.I.1/4.2, wenn nämlich im Rahmen einer Baugenehmigung die wasserrechtliche Genehmigung nach Art. 20 BayWG gleich mit erteilt werde. Dies sei bei diesem Vorhaben aber nicht geschehen, das Landratsamt habe von Anfang an darauf bestanden, zu diesem Vorhaben einen eigenen wasserrechtlichen Bescheid zu den diversen notwendigen wasserrechtlichen Genehmigungen ausstellen zu wollen. Wenn das Landratsamt meine, der Antragstellerin hier einen Nachlass eingeräumt zu haben, dann sei dies sachlich und vom Ablauf her falsch. Ohnehin würde dann immer noch Tarif Nr. 8.IV.0/4.2 gelten, selbst wenn also das Landratsamt meine, nach Tarif Nr. 2.I.1/4.2 für eine entfallende Genehmigung oder nach Tarif Nr. 8.IV.0/5.2 für eine ersetzte Genehmigung eine Gebühr nach Tarif Nr. 8.IV.0/1.18.1.2 ganz oder anteilig ansetzen zu dürfen, sei diese aufgrund der bereits in Ansatz gebrachten Gebühr nach Tarif Nr. 8.IV.0/1.20.1 auf maximal die Hälfte ihres wahren Verwaltungsaufwandes zu reduzieren. Der Gesetzgeber habe doch gerade deswegen diese Tarif Nr. 8.IV.0/4.2 eingeführt, um ein Kumulieren von erheblichen wasserrechtlichen Gebühren zu unterbinden.
Zusammenfassend sei die Tarif Nr. 2.I.1/4.2 nicht anzuwenden, da im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens die Genehmigung nach Art. 20 BayWG nicht aufgrund der Baugenehmigung, sondern aufgrund § 78 Abs. 5 WHG entfallen sei. Die Tarif Nr. 8.IV.0/5.2 sei nicht anzuwenden, da die Genehmigung nach BayWG entfallen sei und nicht etwa ersetzt worden sei, wie es Voraussetzung dieser Tarifstelle sei. Selbst wenn die Behörde meine, eine der beiden Tarifstellen anwenden zu müssen, dann sei immer noch Tarif Nr. 8.IV.0/4.2 zu beachten, die eine unangemessene Kumulierung von wasserrechtlichen Gebühren im Rahmen eines Vorhabens verhindern solle. Bei der angemessenen Festlegung der Gebühr nach Tarif Nr. 8.IV.0/1.20.1 sei zu beachten, dass der Verwaltungsaufwand bereits separat in Rechnung gestellt worden sei, die Antragstellerin erhebliche Gutachterkosten zu tragen gehabt habe und die Gebühr somit nur noch eine reine Wertgebühr sei. Aufgrund der Notwendigkeit der wasserrechtlichen Genehmigung rein aufgrund der Korrektur eines vorangegangenen Behördenfehlers sei hier die Minimalgebühr von 100,00 EUR angemessen.
Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behördenakten.
II.
A.
Streitgegenstand ist die sofortige Vollziehbarkeit der Kostenentscheidung in Ziffer 5 des Bescheides vom 11. Juli 2019, allerdings nur insoweit als für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung gem. § 78 Abs. 5 WHG nach Tarif Nr. 8.IV.0/1.20.1 in Höhe von 17.519,28 EUR (entsprechend einem Satz von 3 Promille) ein Satz von mehr als 1,5 Promille angesetzt wurde und für die ersetzte Genehmigung nach Art. 20 BayWG eine Erhöhung um 13.139,46 EUR (entspricht 75% des Mindestsatzes von 3 Promille der Baukosten) hinzugerechnet wurde. Dies ergibt sich als Ergebnis der an § 88 VwGO orientierten sachdienlichen Auslegung des Vorbringens der Antragstellerin, die die „umgehende Aussetzung der Kostenrechnung“ begehrt, dabei aber ausführt, dass eine Reduktion der Gebühr nach Tarif Nr. 8.IV.0/1.20.1 auf 1,5 Promille beantragt werde. Soweit mit Schriftsatz vom 9. September 2019 eine Reduktion auf 100,00 EUR beantragt wird, vermag dies im Wege einer summarischen Prüfung zu keiner Änderung des Streitgegenstandes führen, da unter Berücksichtigung der Ausführungen im Klageschriftsatz voraussichtlich bereits Bestandskraft in Höhe der Festlegung eines Satzes von 1,5 Promille (entspricht 8.759,64 EUR) eingetreten ist. Streitgegenständlich ist die sofortige Vollziehung der Kostenentscheidung damit wohl nur in Höhe von 21.899,10 EUR. Die Auslagen wurden nicht in die Klage einbezogen und sind somit auch nicht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes streitgegenständlich.
B.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist mangels Durchführung eines behördlichen Aussetzungsverfahrens nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO bereits unzulässig.
Gem. § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO der Antrag nach Abs. 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Nach herrschender Meinung stellt § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO eine Zugangsvoraussetzung dar, die bereits bei Rechtshängigkeit des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens vorliegen muss und – anders als bei sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen – nicht nachgeholt werden kann (siehe hierzu Puttler in Sodan/Ziekow, 5. Aufl. 2019, VwGO § 80 Rn. 180; Hoppe in Eyermann, 15. Aufl. 2019, VwGO § 80 Rn. 74 m.w.N.).
Gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung u.a. bei der Anforderung von öffentlichen Kosten. Die von der Klage (teilweise) umfasste Entscheidung in Ziffer 5 des Bescheides stellt eine solche Kostenanforderung dar.
Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO nach Aktenlage nicht gegeben. Ein Antrag i.S.d. § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO muss unzweideutig auf die behördliche Aussetzung der Vollziehung gerichtet sein (Schoch in Schoch/Schneider/Bier, 37. EL Juli 2019, VwGO § 80 Rn. 508 m.w.N.).
Ein derartiger Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde durch die Antragstellerin nicht gestellt. Insbesondere erfüllt die durch den für das behördliche Verfahren von der Antragstellerin Bevollmächtigten beantragte Abänderung bzw. Reduzierung der Gebühren nicht die Anforderungen des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO, da dieser Antrag auf eine Änderung der Kostenentscheidung abzielt, nicht aber die Aussetzung der Vollziehung zum Gegenstand hat.
Selbst wenn man aber diesen Antrag als ausreichend ansehen sollte, so fehlt es jedenfalls nach Aktenlage an einer ablehnenden Entscheidung des Antragsgegners zur Aussetzung der Vollziehung. Es greifen auch nicht die Ausnahmen des § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO. Zwischen dem Schreiben des für das behördliche Verfahren von der Antragstellerin Bevollmächtigten, datiert auf den 23. Juli 2019, und dem Eingang der Klage sowie des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO am 8. August 2019 lagen keine drei Wochen, was als Mindestdauer für die angemessene Frist i.S.d. § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO anzusehen ist (vgl. hierzu Putter in Sodan/Ziekow, 5, Auflage 2018, VwGO § 80 Rn. 181, wonach sogar von einem Monat als „Faustregel“ auszugehen ist). Weiterhin droht auch keine Vollstreckung i.S.d. § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO, da es nach Aktenlage nicht ersichtlich ist, dass die Behörde konkrete Schritte zur zwangsweisen Beitreibung der Schuld angekündigt oder bereits eingeleitet hat (siehe BayVGH, B.v. 9.6.2008 – 8 CS 8.1117 – NVwZ-RR 2009, 135; Putter in Sodan/Ziekow, 5, Auflage 2018, VwGO § 80 Rn. 181 m.w.N.).
Nach alledem war dem Antrag somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
C.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 3 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs (1/4 des Hauptsachestreitwerts).


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