Baurecht

Fragen der hinreichenden Konkretisierung eines Vorbescheidsantrags

Aktenzeichen  2 B 17.824

Datum:
5.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 121563
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 7

 

Leitsatz

Im Vorbeischeidsverfahren genügen Planungsunterlagen, die eine pauschalisierte Betrachtungsweise ermöglichen, da dort nur Fragen über die Art der baulichen Nutzung und deren Zulässigkeit untersucht werden. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 8 K 14.90 2015-01-19 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Soweit die Hauptsache (Frage 1.5 des Vorbescheids vom 9. Dezember 2013) für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Januar 2015 ist insoweit in Ziffer II. unwirksam geworden.
II. Unter Abänderung der Ziffer II. des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 19. Januar 2015 wird die Klage insgesamt abgewiesen.
III. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/8 sowie die Beigeladene 1/8. Die Klägerin trägt zudem 3/4 der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren. Im Übrigen trägt die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens selbst. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1. Soweit die Hauptsache hinsichtlich der Frage 1.5 des Vorbescheids vom 9. Dezember 2013 übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Bei einer teilweisen Erledigung der Hauptsache kann die Einstellung statt durch einen Beschluss auch im Rahmen des Urteils erfolgen (vgl. BVerwG, U.v. 6.2.1963 – V C 24.61 – NJW 1963, 923).
2. Die zulässige Berufung der Beigeladenen ist begründet. Der Vorbescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2013 – soweit er noch verfahrensgegenständlich ist – verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Klägerin als Nachbarin kann den Vorbescheid mit dem Ziel seiner Aufhebung nur dann erfolgreich angreifen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch ihrem Schutz dienen. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
Das mit dem Vorbescheid abgefragte Bauvorhaben der Beigeladenen befindet sich nach den nicht bestrittenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Erstgerichts in einem bauplanungsrechtlichen Kerngebiet im Sinn des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 7 BauNVO.
a) Die Klägerin wird durch die im Vorbescheid vom 9. Dezember 2013 positiv beantwortete Frage 1.1 nicht in ihren Rechten verletzt. Weder ist die Gebietsverträglichkeit des Vorhabens zu verneinen, noch liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor.
aa) Der Senat kann keine Gebietsunverträglichkeit des Vorhabens erkennen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 21.3.2002 – 4 C 1.02 – BVerwGE 116, 155; B.v. 28.2.2008 – 4 B 60.07 – BayVBl 2008, 542) sind die in den Baugebieten der §§ 2 bis 9 BauNVO allgemein (regelhaft) zugewiesenen Nutzungsarten ebenso wie die Vorhaben, die ausnahmsweise zugelassen werden können, unzulässig, wenn sie den jeweiligen Gebietscharakter gefährden und deshalb gebietsunverträglich sind. Das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit eines Vorhabens im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung rechtfertigt sich nach dieser Rechtsprechung aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften in der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die typisierende Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinn überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt. Die vom Verordnungsgeber festgelegte typische Funktion der Baugebiete, ihr Gebietscharakter, schließt das Erfordernis der Gebietsverträglichkeit der in einem Baugebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten ein. Die Zulässigkeit von Nutzungen in den einzelnen Baugebieten hängt insbesondere von deren Immissionsverträglichkeit ab. Dabei gefährdet ein in einem Baugebiet regelhaft zulässiges Vorhaben den Gebietscharakter und ist gebietsunverträglich, wenn das Vorhaben bezogen auf den Gebietscharakter dieses Gebiets auf Grund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt. Ausgangspunkt und Gegenstand dieser typisierenden Betrachtungsweise ist das jeweils zur Genehmigung gestellte Vorhaben. Zu fragen ist, ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, die für das Baugebiet typischen Nutzungen zu stören. Gegenstand der Betrachtung sind die Auswirkungen, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art, insbesondere nach seinem räumlichen Umfang und der Größe des betrieblichen Einzugsbereichs, der Art und Weise der Betriebsvorgänge, dem vorhabenbedingten An- und Abfahrtsverkehr sowie der zeitlichen Dauer der Auswirkungen und ihrer Verteilung auf die Tages- und Nachtzeit, ausgehen. Entscheidend ist dabei nicht, ob die mit der Nutzung verbundenen immissionsschutzrechtlichen Lärmwerte eingehalten werden. Auf die immissionsschutzrechtlich relevante Lärmsituation kommt es im Hinblick auf die im Gebiet geschützte Ruhe nicht ausschlaggebend an. Bei dem Kriterium der Gebietsverträglichkeit geht es um die Vermeidung als atypisch angesehener Nutzungen, die den Gebietscharakter als solchen stören. Bei der Beurteilung dieser Atypik ist in zweifacher Weise eine typisierende Betrachtung anzustellen, einmal im Hinblick auf die Bestimmung der Nutzungsart und einmal im Hinblick auf das Gebiet selbst (vgl. BVerwG, U.v. 21.2.1986 – 4 C 31.83 – NVwZ 1986, 643; B.v. 25.3.2004 – 4 B 15.04 – juris; BayVGH, U.v. 29.12.2003 – 25 B 98.3582 – BayVBl 2004, 751). Relevant für die Beurteilung der Gebietsverträglichkeit sind alle mit der Zulassung des Vorhabens nach seinem Gegenstand, seiner Struktur und Arbeitsweise typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung wie insbesondere die Art und Weise der Betriebsvorgänge, der Umfang, die Häufigkeit und die Zeitpunkte dieser Vorgänge, der damit verbundene An- und Abfahrtsverkehr sowie der Einzugsbereich des Betriebs (vgl. BVerwG, B.v. 25.3.2004 – 4 B 15.04 – juris). Diese Sichtweise rechtfertigt sich daraus, dass die Baunutzungsverordnung die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse in Gestalt einer Baugebietstypologie konkretisiert, die ihrerseits auf der typisierenden Zuordnung bestimmter Nutzungsarten und baulicher Anlagen zu einem oder mehreren der Baugebiete beruht. Zu diesen für die Gebietsverträglichkeit wesentlichen Merkmalen gehört deshalb je nach der Art des zuzulassenden Gewerbebetriebes auch der mit ihm regelmäßig verbundene Zu- und Abfahrtsverkehr sowie die von diesem bewirkten Geräusch- und sonstigen Immissionen. Ob dann, wenn von dem Vorhaben selbst keine gebietsunverträglichen Störungen ausgehen, die Auswirkungen des dem Vorhaben zuzurechnenden Verkehrs für sich allein die Schwelle zur Störung überschreiten, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.1990 – 4 B 121.90 – NVwZ 1991, 267). Unter Anwendung dieser Maßstäbe ergibt sich im vorliegenden Fall, dass das von der Beigeladenen geplante Hotel gebietsverträglich ist, weil es aufgrund seiner typischen Nutzungsweise im Kerngebiet nicht störend wirkt und daher dessen Gebietscharakter nicht gefährdet.
Kerngebiete im Sinn des § 7 BauNVO sind Gebiete für zentrale Funktionen in der Stadt mit vielfältigen Nutzungen und einem urbanen Angebot an Gütern und Dienstleistungen für Besucher der Stadt und für die Wohnbevölkerung eines größeren Einzugsbereichs. Sie dienen darüber hinaus auch in beschränktem Umfang dem Wohnen. Kerngebiete dienen dabei vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur. Allgemein zulässig sind Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten, sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe, Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Garagen, Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie Betriebsinhaber und Betriebsleiter und sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen eines Bebauungsplans. Alle allgemein, aber auch die ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten haben dabei grundsätzlich aufeinander Rücksicht zu nehmen. Ein Kerngebiet ist aber generell durch ein höheres Störpotential sowie ein geringeres Ruhebedürfnis geprägt, so dass Störungen in einem gewissen Maß hinzunehmen sind.
Entgegen der Rechtsauffassung des Erstgerichts geht der Senat davon aus, dass die im Vorbescheidsverfahren eingereichten Unterlagen und Pläne ausreichend sind, um die Gebietsverträglichkeit bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise vorliegend beurteilen zu können. Im Vorbescheidsantrag vom 12. August 2013 sind die zukünftigen Nutzungen unter Ziffer 1.6 (S. 6 des Vorbescheidsantrags) beschrieben. Diese sind zwar bei den einzelnen Vorbescheidsfragen (Ziffer 2 Fragenkatalog ab S. 7 des Vorbescheidsantrags) in den jeweiligen Einzelfragen nur mehr pauschaliert genannt, sie lassen sich aber insbesondere unter zu Hilfenahme der jeweiligen Plangrafiken und deren Legende eindeutig zuordnen. So betrifft die hier noch verfahrensgegenständliche Frage 1.1 den Gebäudekomplex P…straße 2 / K…- …-Straße 1 / S…straße 11, gekennzeichnet im Plan mit „Hotelnutzung“, für den in der Beschreibung unter Ziffer 1.6 ein „Hotel mit bis zu 170 Zimmern und Ballsaal – Versammlungsstätte, Restaurant und Einzelhandelsflächen“ vorgesehen ist. Die Frage 1.1 selbst spricht im Text von „Hotelnutzung mit den für diese Nutzung üblichen untergeordneten Dienstleistungsflächen (insbesondere Ballsaal – Versammlungsstätte, Restaurant und Einzelhandelsflächen)“. Sicherlich wäre es sinnvoll gewesen, im Text der Frage nochmals zur Klarstellung die Zimmerzahl zu nennen. Sie lässt sich aber unproblematisch aus dem weiteren Vorbescheidsantrag entnehmen. Diese Angaben sind für eine pauschalisierende Betrachtung der Nutzung, so wie sie lediglich im Rahmen der Gebietsverträglichkeit erforderlich ist, ausreichend. Der Rahmen des Hotelbetriebs ist allgemein mit der Zimmerzahl abgesteckt. Die Nebennutzungen (Ballsaal – Versammlungsstätte, Restaurant, Einzelhandelsflächen) werden als untergeordnete Dienstleistungsflächen beschrieben. Damit ist erkennbar, dass hier beispielsweise keine separat betriebene Versammlungsstätte betrieben werden soll, sondern nur im Rahmen einer üblichen Hotelnutzung. Die vom Erstgericht geforderte genauere Betriebsbeschreibung zur Individualisierbarkeit des Vorhabens einschließlich der Lage der Eingänge und Zufahrten übersteigt hingegen die für eine lediglich pauschalisierte Betrachtungsweise der geplanten Nutzung erforderlichen Angaben bei Weitem. Abgefragt ist ein üblicher Hotelbetrieb mit 170 Zimmern und den damit üblicherweise verbundenen Nebennutzungen. Ergänzend ergibt sich aus einer weiteren Vorbescheidsfrage, dass die Anlieferung über die S…straße erfolgen soll. Aus dieser so beschriebenen Nutzung ist das mögliche Störpotential und die Gebietsverträglichkeit zu beurteilen. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass es sich lediglich um ein Vorbescheidsverfahren handelt, das nicht vollumfänglich die baurechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens klären will, sondern in der vorliegenden Frage im Wesentlichen auf die Art der baulichen Nutzung und deren Zulässigkeit beschränkt ist. Das Erstgericht verlangt eine tiefergehende Individualisierbarkeit des Vorhabens, die jedoch deutlich über den Rahmen eines Vorbescheids hinausgeht und zudem für die hier lediglich pauschalisierte Betrachtungsweise nicht erforderlich ist. Zwar muss bei der Beurteilung der Gebietsverträglichkeit auch der typischerweise für einen solchen Betrieb anfallende An- und Abfahrtsverkehr berücksichtigt werden, jedoch im Hinblick auf das mögliche Störpotential im Zusammenhang mit den Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, mithin im Zusammenhang mit immissionsschutzrechtlichen Auswirkungen, wobei nach der oben genannten Rechtsprechung die Schwelle der immissionsschutzrechtlichen Lärmwerte für eine Gebietsunverträglichkeit nicht überschritten sein muss. Da im maßgeblichen Gebiet bereits ein Hotelbetrieb mit doppeltem Umfang hinsichtlich der Zimmerzahl und ähnlichen Nebeneinrichtungen, nämlich der der Klägerin, vorhanden ist, lässt sich pauschaliert ohne Weiteres das mögliche Störpotential des von der Beigeladenen geplanten Hotelbetriebs im Hinblick auf den An- und Abfahrtsverkehr beurteilen. Für eine durch den dem konkreten Vorhaben zuzurechnenden An- und Abfahrtsverkehr ausgelöste Immissionsschutzproblematik lässt sich vorliegend jedoch nichts erkennen, noch ist insoweit etwas vorgetragen. Nicht entscheidend kommt es im Hinblick auf die Gebietsverträglichkeit auf die allgemeine Verkehrssituation an, deren behauptete Verschlechterung durch das geplante Vorhaben den Hauptkritikpunkt der Klägerin ausmacht. Eine Gebietsverträglichkeit könnte im Hinblick auf die Verschlechterung der allgemeinen Verkehrssituation, wenn überhaupt, nur in extremen Einzelfällen verneint werden. Dies wäre unter Umständen dann denkbar, wenn das Vorhaben eine über die üblicherweise von einem solchen Vorhaben zu erwartende Verkehrsmehrung hinausgehende und dann für das Gesamtgebiet nicht mehr verträgliche Verkehrsmehrung nach sich zöge. Es kann zwar mit dem Gutachter der Klägerin davon ausgegangen werden, dass die geplante Hotelnutzung (unter Berücksichtigung einer Büronutzung im hier nicht mehr verfahrensgegenständlichen Gebäudeteil) einen um ca. 20% höheren An- und Abfahrtsverkehr zur Folge hat als die bisherige Büro- und Veranstaltungsnutzung (vgl. Stellungnahme vom Mai 2014 S. 9, 10 und 19). Es ist jedoch nichts ersichtlich oder vorgetragen, dass das Vorhaben eine über die normalerweise mit einem solchen Vorhaben hinausgehende Verkehrsmehrung verursacht.
bb) Auch eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme liegt nicht vor.
aaa) Dabei kann dahinstehen, ob es möglich ist im Rahmen eines Vorbescheidsverfahrens die Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme auszuklammern (so OVG NW, U.v. 31.10.2012 – 10 A 912/11 – juris; a.A. BayVGH, U.v. 9.9.1999 – 1 B 96.3475 – juris; B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1623 – juris; OVG Berlin-Bbg, U.v. 25.4.2007 – OVG 2 B 16.05 – juris). Eine Ausklammerung des Gebots der Rücksichtnahme wurde hier bereits nicht wirksam vorgenommen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. U.v. 30.8.1984 – 2 B 83 A.1265 – BayVBl 1985, 153; U.v. 12.11.1979 – 14 B 918/79 – BayVBl 1980, 296) kann eine Baugenehmigung und entsprechend auch ein Vorbescheid nicht allein durch eine Erklärung zu Protokoll des Gerichts geändert werden. Zwar ist grundsätzlich die Aufhebung eines Bescheids in einzelnen Punkten möglich, nicht aber die inhaltliche Abänderung, da insoweit die Schriftform nicht gewahrt ist. Gemäß Art. 68 Abs. 2 Satz 1 BayBO bedarf eine Baugenehmigung und damit auch ihre Änderung der Schriftform. Dies gilt nach Art. 71 Satz 4 BayBO auch für den Vorbescheid. Ein schriftlicher Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder Beauftragten enthalten (Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG). Diesem Formerfordernis wird eine vom Bevollmächtigten der Beklagten zu Protokoll erklärte Bescheidsänderung nicht gerecht, da es an einer eigenhändigen Unterschrift oder förmlichen Namenswiedergabe fehlt. Eine gerichtliche Protokollierung heilt diesen Formmangel nicht. Zudem fehlt es an einer wirksamen Bekanntgabe dieser Änderung gegenüber dem Adressaten und der sonst von ihr Betroffenen, insbesondere den Nachbarn.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Äußerung des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht auch nicht so zu verstehen, dass die Beklagte generell im Bescheid vom 9. Dezember 2013 das Gebot der Rücksichtnahme nicht geprüft habe. Die Erklärung bezog sich auf die vorangegangene und ebenfalls protokollierte Äußerung der Beigeladenen. Diese wollte das Gebot der Rücksichtnahme ausdrücklich ausgeklammert wissen und somit für diesen Teilbereich den Vorbescheidsantrag zurücknehmen. Aus der Formulierung in der Niederschrift vom 19. Januar 2015 (Bl. 327 der erstinstanzlichen Gerichtsakte) „Der Vertreter der Beklagten erklärt hierzu:“ (Unterstreichung durch den Senat) lässt sich erkennen, dass es sich bei der nachfolgend protokollierten Äußerung um eine Reaktion auf die vorangegangene Äußerung der Beigeladenen handelt und nicht um eine allgemeine Stellungnahme zum Prüfungsumfang im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens. Da die Ausklammerung des Rücksichtnahmegebots vom Prüfungsumfang insoweit mehrere Vorbescheidsfragen betreffen würde, handelt es sich hier nach der oben dargestellten Rechtsprechung um eine in dieser Form unzulässige Abänderung des Vorbescheids als solchen. Dass das Gebot der Rücksichtnahme grundsätzlich im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens geprüft wurde, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheids vom 9. Dezember 2013, der im Rahmen der Nachbarwürdigung (Seite 11 des Vorbescheids vom 9.12.2013) das Gebot der Rücksichtnahme, wenn auch nicht im Zusammenhang mit der Klägerin als Nachbarin, erwähnt.
Da die Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme vorliegend bereits nicht wirksam ausgeschlossen wurde und es dementsprechend für die Entscheidung des Senats nicht auf die Frage ankommt, ob eine solche Ausklammerung im Vorbescheidsverfahren möglich ist, muss die Frage nicht zur Klärung dem Großen Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vorgelegt werden. Hinsichtlich der Auslegung der Erklärung des Vertreters der Beklagten zur Frage der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme kommt eine Vorlage zur Klärung an den Großen Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ebenfalls nicht in Betracht, weil es sich nicht um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 11 Abs. 4 VwGO handelt sondern um eine Frage der Auslegung der Erklärung im konkreten Einzelfall.
Die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 3. Juli 2017 erfordern nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, weil die Frage des Rücksichtnahmegebots in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2017 ausführlich erörtert worden ist.
bbb) Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zulasten der Klägerin ist vorliegend jedoch nicht erkennbar. Diese begründet die Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme mit der vorhandenen und aus ihrer Sicht bereits unzumutbaren allgemeinen Verkehrssituation im Gebiet, welche sich durch das Vorhaben nach ihrer Auffassung weiter verschlechtern würde.
Der Vorbescheidsantrag der Beigeladenen und damit der Vorbescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2013 ist insoweit hinreichend bestimmt. Ein Vorbescheidsantrag nach Art. 71 BayBO muss nicht nur mit den erforderlichen Bauvorlagen gestellt werden. Der Antrag muss nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG auch hinreichend bestimmt sein. Dabei muss ihm sowohl das Vorhaben, dessen Zulässigkeit geprüft werden soll, als auch der Umfang, in welchem die Prüfung begehrt wird, entnommen werden können (vgl. BayVGH, U.v. 22.5.2006 – 1 B 04.3531 – BayVBl 2007, 760). Nach Art. 71 Satz 1 BayBO kann auch ein Vorbescheid zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen des Vorhabens beantragt werden. Zu diesen Fragen zählt die grundsätzliche planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens, auch wenn es nur in groben Umrissen nach Art und Umfang bestimmt ist und die Ausführung im Einzelnen der späteren Prüfung im Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleibt (vgl. BayVGH, U.v. 7.12.1983 – 15 B 82 A.1544 – n.v.; OVG Berlin-Bbg, U.v. 25.4.2007 – OVG 2 B 16.05 – juris). Nötig ist jedoch ein konkreter Vorhabensbezug (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2008 – 15 B 06.3463 – VGHE 61, 164). Dieser geht bespielsweise dann verloren, wenn nur die Frage nach der Zulässigkeit der Bebaubarkeit eines Grundstücks nach § 34 BauGB gestellt wird. Dieser Vorhabensbezug kann auch dann verloren gehen, wenn es an der Bestimmung einer eindeutigen Lage des Vorhabens auf dem Grundstück fehlt, soweit diese konkrete Lage für die Beurteilung des Vorhabens wesentlich ist (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 25.4.2007 – OVG 2 B 16.05 – juris).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Vorbescheidsantrag der Beigeladenen hinreichend bestimmt genug. Die hier verfahrensgegenständliche Frage 1.1 bezieht sich auf eine Hotelnutzung mit Nebennutzungen für den Gebäudekomplex P…straße 2 / K…- …-Straße 1 / S…straße 11 und zwar für ein Hotel mit 170 Zimmern mit den für diese Nutzung üblichen untergeordneten Dienstleistungsflächen (insbesondere Ballsaal – Versammlungsstätte, Restaurant und Einzelhandelsflächen). Die Lage des Vorhabens ist konkret bestimmt, ebenso die Nutzungsart, zu der grundsätzlich im Fall eines Hotels auch die Zahl der Zimmer zählt. Auch die Kubatur des Gebäudekomplexes steht durch die weiteren Vorbescheidsfragen fest (Frage 2.1 des Vorbescheids vom 9.12.2013). Weiterhin beschäftigen sich die Fragen 5.3, 5.4 und 5.5 mit der konkreten verkehrlichen Erschließung. Dabei wurde die Anlieferung abgefragt sowie die Zufahrt für eine Tiefgarage und eine Untertunnelung der S…straße zur Herstellung einer Verbindung mit der gegenüberliegenden Parkgarage. Wo genau die Anfahrtszone für individual anreisende Gäste, Taxis oder Busse zu liegen kommt, war vorliegend nicht Gegenstand der Vorbescheidsfragen. Dies ist jedoch zum einen teilweise straßen- und wegerechtlich gesondert zu prüfen. Zum anderen steht im Vorbescheidsverfahren die genaue Lage der Räumlichkeiten in der Regel noch nicht fest und muss dies auch noch nicht, sondern kann dem weiteren Baugenehmigungsverfahren überlassen werden. Die Angaben genügen aber grundsätzlich, um das Vorhaben auch im Hinblick auf das Gebot der Rücksichtnahme zu beurteilen. Das Bauvorhaben liegt an drei Seiten an öffentlichen Straßen an, so dass davon ausgegangen werden muss, dass Fragen der verkehrlichen Erschließung im Rahmen der Baugenehmigung grundsätzlich unter Einhaltung des Gebots der Rücksichtnahme gelöst werden können. Im Fall des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (U.v. 25.4.2007 – OVG 2 B 16.05 – juris) wurde die fehlende Bestimmtheit des Vorbescheidsantrags angenommen, weil bereits die Lage des Baukörpers auf dem Grundstück sowie entsprechend auch die Zu-/Abfahrten nicht feststanden und daher die Frage der durch den Kunden- und Lieferverkehr ausgelösten Immissionen für die benachbarte Wohn- und Wochenendhausbebauung nicht überprüfbar war. Im vorliegenden Fall wird jedoch gerade keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme in Hinblick auf unzumutbare Lärmimmissionen durch den Zu-/Abfahrts- oder Lieferverkehr geltend gemacht sondern eine unzumutbare Verschlechterung der allgemeinen Verkehrssituation in den umliegenden Straßen durch den hinzukommenden, von dem Bauvorhaben ausgelösten zusätzlichen Verkehr.
Die Anforderungen an das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen hängen wesentlich von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215.96 – NVwZ-RR 1997, 516).
Gemessen an diesen Grundsätzen kann ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber der Klägerin nicht festgestellt werden. Die Klägerin beruft sich unter Vorlage einer Stellungnahme zur verkehrsplanerischen Erschließung vom Mai 2014 im Wesentlichen darauf, dass die bereits jetzt angespannte Verkehrssituation im umgebenden Straßengeviert durch das Hinzutreten des Vorhabens der Beigeladenen ihr gegenüber rücksichtslos sei. Zugunsten der Klägerin geht der Senat entsprechend der vorgelegten Stellungnahme von einer Zunahme der Fahrzeugbewegungen durch die geplante Nutzung des fraglichen Gebäudekomplexes mit Umbauten im Vergleich zur bisherigen Nutzung aus. Die Klägerin legt jedoch nicht in ausreichender Weise dar, inwieweit sie unzumutbar durch die Steigerung des allgemeinen Straßenverkehrs im Geviert beeinträchtigt wird. Eine allgemeine Verkehrszunahme auch ausgelöst von einem benachbarten Bauvorhaben ist grundsätzlich noch nicht rücksichtslos. Vielmehr muss der An- und Abfahrtsverkehr zu einem künftigen Vorhaben einen Grad annehmen, welcher für einen das Gebot der Rücksichtnahme überschreitenden Konflikt spricht (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2011 – 2 CS 11.2149 – juris). In dem genannten Fall handelte es sich um eine Kinderkrippe in einem reinen Wohngebiet am Ende einer Sackgasse mit einer lediglich 4 m breiten Zufahrts Straße ohne Parkmöglichkeit im Wendehammer oder Kurzzeitstellplätzen auf dem Baugrundstück für anfahrende Eltern. In diesem Fall schloss der Senat ausnahmsweise aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls eine mögliche Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht aus. Die P…straße hingegen hat im Bereich des Bauvorhabens eine Breite von 20 bis 22 m (einschließlich Fußgängerwege und Parkbuchten). Die K…- …-Straße weist eine Breite von 15 bis 18 m auf (ebenfalls einschließlich Fußgängerwegen und Parkstreifen). Auf beiden Straßen ist grundsätzlich ein Begegnungsverkehr möglich. Dies gilt auch für die etwas schmälere S…straße, die jedoch an ihrem westlichen Ende über eine Engstelle im Bereich der Durchfahrt zum Rochusberg verfügt und sich dort bis auf eine Fahrbahnbreite von 3,10 m verengt. Zudem besteht hier eine Höhenbeschränkung. Auch im Bereich der P…straße gibt es zum M…platz durch die dort vorhandenen Säulen eine Engstelle, die aber laut der verkehrsplanerischen Stellungnahme vom Mai 2014 sowohl von Reisebussen als auch von Lastkraftwagen befahren werden kann. Zudem ist auch eine Ableitung des Verkehrs über den P…platz und die P…straße in Richtung M…platz denkbar. Es ist daher grundsätzlich von der Straßensituation her davon auszugehen, dass die vorhandenen Straßen im Geviert den zusätzlichen Verkehr aufnehmen können. Davon gehen auch die in den Akten befindlichen Stellungnahmen der Hauptabteilung III Straßenverkehr (vom 6.9.2013) und des Referats für Stadtplanung PLAN-HA I-11-2 (vom 18.10.2013) sowie die Stellungnahme vom 11.7.2014 des Referats für Stadtplanung und Bauordnung PLAN-HA I-32-1 aus. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die verkehrliche Situation im Geviert bereits angespannt und insbesondere Parkraum rar ist. Ersteres ist – wie auch durch die von der Klägerin vorgelegten Fotos anschaulich gemacht – jedoch überwiegend auf ein fehlerhaftes Verhalten von Verkehrsteilnehmern zurückzuführen, die vor allem im Hinblick auf den Lieferverkehr oftmals in zweiter Reihe halten und eine Fahrbahn blockieren. Ein solch fehlerhaftes Verhalten von Verkehrsteilnehmern kann jedoch nicht der Beigeladenen angelastet werden. Dies wäre im Rahmen von verkehrsrechtlichen und verkehrsplanerischen Maßnahmen seitens der Beklagten zu lösen und zu kontrollieren. Die Klägerin beruft sich im Hinblick auf die Verkehrsproblematik primär darauf, dass es die Beklagte unterlassen habe, die nötigen Tatsachen zu ermitteln, um eine umfassende Abwägungsentscheidung hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens zu treffen. Dabei verkennt die Klägerin, dass im Rahmen eines Vorbescheidsverfahrens der Behörde weder ein Ermessen zusteht noch eine Abwägungsentscheidung im klassischen Sinn zu treffen ist. Vielmehr hat der Bauherr grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids bei Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen. Nicht dargelegt seitens der Klägerin ist hingegen, inwieweit die Zunahme des Straßenverkehrs durch das Bauvorhaben für ihr Grundstück und das dort befindliche Gebäude und den Gewerbebetrieb in dem für die Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme gebotenen Grad relevant sein soll. Dies wäre allenfalls im Bereich der P…straße denkbar, soweit sich die beiden Grundstücke getrennt durch die P…straße gegenüberliegen. Die Klägerin verfügt dort über eine Zufahrt zur Tiefgarage. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass diese in irgendeiner Weise durch das Bauvorhaben der Beigeladenen beeinträchtigt werden könnte. Ebenfalls befindet sich in der P…straße eine Anlieferungszone der Klägerin. Diese besteht jedoch auf öffentlichem Straßengrund und bedarf daher einer straßen- und wegerechtlichen Sondernutzungserlaubnis, von deren Vorliegen der Senat ausgeht. Eine mögliche Beeinträchtigung dieser Anlieferungszone berührt die Klägerin jedoch nicht als Nachbarin im Sinn des Baurechts. Weiterhin ist für den Senat nicht erkennbar, dass die Anlieferung und die Vorfahrt der Hotelgäste nicht im Baugenehmigungsverfahren in einer zufriedenstellenden Weise gelöst werden können. Wie bereits ausgeführt, liegt das Bauvorhaben an drei Seiten an öffentlichen Straßen an. Nur eine dieser Straßen betrifft unmittelbar auch die Klägerin, nämlich die P…straße. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass der gesamte von dem Vorhaben der Beigeladenen ausgelöste Verkehr über die beiden weiteren Erschließungsstraßen abgewickelt werden kann und damit eine unmittelbare Betroffenheit des Grundstücks der Klägerin ausgeschlossen ist. Dies sind jedoch Detailfragen des Bauvorhabens, die erst im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens geklärt werden können.
b) Weiterhin liegt keine Verletzung der Rechte der Klägerin durch die Beantwortung der Frage 4.1 vor. Die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist hier anwendbar.
Im vorliegenden Geviert herrscht eine straßenseitige Grenzbebauung in geschlossener Bauweise im Sinn von § 22 Abs. 3 BauNVO vor. Teilweise sind auch alte Baulinienpläne vorhanden, die einen straßenseitigen Anbau verlangen (im Bereich K…- …-Straße). Es kann insoweit dahinstehen, ob die Privilegierung des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO nur greift, wenn das Vorhaben unter allen bauplanungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig ist (siehe BayVGH, U.v. 15.4.1992 – 14 B 90.856 – BauR 1992, 605; U.v. 22.9.2011 – 2 B 11.762 – juris). Denn nach den obigen Ausführungen ist davon auszugehen, dass das Gebot der Rücksichtnahme zugunsten der Klägerin eingehalten ist. Auch die vom Erstgericht als fehlend beanstandete Darstellung der Höhenentwicklung für das Einfügung des Vorhabens führt nicht zu einer Nichtanwendung der Vorschrift des Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayBO. Denn die Höhenentwicklung des Gebäudes ist in den Vorbescheidsfragen sowie den Planunterlagen enthalten und geht nicht gravierend über den bisherigen Bestand hinaus. Das Maß der baulichen Nutzung und insbesondere die Höhenentwicklung ist Bestandteil der Fragen 2.1 und 2.2, deren positive Beantwortung durch die Beklagte vom Erstgericht ausdrücklich bestätigt wurde.
Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die abstandflächenrechtliche Privilegierung des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO nicht zur Anwendung kommt, so würde das Bauvorhaben die nach Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayBO erforderliche Abstandsfläche in Kerngebieten von 1/2 H gegenüber dem Grundstück der Klägerin bis auf einen Bereich an der Südwestecke des Gebäudes P…straße 4 einhalten. An dieser Stelle überschreitet die Abstandsfläche die Straßenmitte um 31 cm. Insoweit ist jedoch kaum vorstellbar, dass eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO nicht erteilt werden kann. Bei Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange der Klägerin dürfte eine Beeinträchtigung der Klägerin durch diese minimale Überschreitung ausscheiden.
Sonstige Überschreitungen der gesetzlichen Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO durch das Gesamtbauvorhaben betreffen das Grundstück der Klägerin nicht.
3. Soweit die Hauptsache für erledigt erklärt worden ist (Frage 1.5 des Vorbescheids vom 9. Dezember 2013) folgt die Kostenentscheidung aus § 161 Abs. 2 VwGO. Billigem Ermessen entspricht es insoweit der Klägerin die Kosten aufzuerlegen, da diese unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands im Zeitpunkt der Hauptsacheerledigung voraussichtlich unterlegen wäre.
Die Kostenentscheidung für die erste Instanz folgt aus § 161 Abs. 2 und § 92 Abs. 3 VwGO, soweit das Verfahren in erster Instanz in der Hauptsache für erledigt erklärt bzw. zurückgenommen wurde. Im Übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 154 Abs. 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.


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