Baurecht

Grenzbebauung und 16-Meter-Privileg für Außenwände

Aktenzeichen  M 11 K 15.1839

Datum:
4.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO BayBO Art. 6 Abs. 6 S. 2, Abs. 2 S. 3

 

Leitsatz

Die Einschränkung des 16-Meterprivilegs für Außenwände durch Art. 6 Abs. 6 S. 2 BayBO gilt nicht, wenn die für die an die Grenze gebaute Außenwand vorgeschriebene Abstandsfläche auf das Nachbargrundstück nach Art. 6 Abs. 2 S. 3 BayBO übernommen worden ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Die Klage ist unbegründet. Die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 13. April 2015 verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Aus den der Baugenehmigung zugrunde liegenden Eingabeplänen ergibt sich, dass der geplante Giebelanbau insbesondere hinsichtlich seiner Situierung und Größe mit dem dem Vorbescheidsverfahren zugrunde liegenden Vorhaben identisch ist. Somit steht aufgrund des im Vorbescheidsverfahren ergangenen und rechtskräftig gewordenen Urteils vom 5. März 2015 zwischen den Beteiligten bindend fest (§ 121 Nr. 1 VwGO), dass das Vorhaben keine dem Schutz der Kläger dienenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften verletzt.
b) Die von den Klägern – erneut – monierten Verstöße gegen das 16-Meter-Privileg sind für die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung ohne Bedeutung, da die Abstandsflächenvorschriften nicht Bestandteil des im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren anzuwendenden Prüfungsmaßstabs sind (vgl. Art. 59 BayBO). Darauf wurde bereits im Urteil vom 5. März 2015 hingewiesen (siehe dort Seite 9).
Davon unabhängig ist die Ansicht der Kläger, der Beigeladene könne sich nicht auf das 16-Meter-Privileg stützen, auch unzutreffend. Dass die nordöstliche Außenwand des Hauses des Beigeladenen an die Grenze zum Grundstück Flnr. … gebaut ist, führt nicht dazu, dass der Beigeladene gemäß Art. 6 Abs. 6 Satz 2 BayBO das Privileg des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO nur noch für eine Außenwand in Anspruch nehmen könnte. Denn die Einschränkung des Art. 6 Abs. 6 Satz 2 BayBO gilt nicht, wenn – wie hier der Fall – die für die an die Grenze gebaute Außenwand vorgeschriebene Abstandsfläche auf das Nachbargrundstück nach Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO übernommen worden ist (Dhom, in: Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 6 Rn. 361 m. w. N.). Da nach Nordwesten hin ohne weiteres eine volle Abstandsflächentiefe von 1 H eingehalten ist, kann der Beigeladene somit sowohl nach Südosten als auch nach Südwesten hin grundsätzlich das Privileg des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO in Anspruch nehmen. Da die südwestliche Außenwand nicht länger als 16 Meter ist – sie ist sogar deutlich kürzer – kann der Beigeladene, wie geschehen, das Privileg für die gesamte Wand in Anspruch nehmen. Dem in der mündlichen Verhandlung geäußerten Einwand der Kläger, es handele sich nicht um eine einzelne Wand, sondern um mehrere Wände, ist nicht zu folgen. Trotz des Umstands, dass der südwestliche Wandteil des geplanten Anbaus versetzt von der bisherigen südwestlichen Außenwand des Gebäudes – aber parallel zu dieser – errichtet werden soll, handelt es sich im Sinne des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO um verschiedene Teile einer einzelnen Außenwand. Nicht zu beanstanden ist auch, dass der Beigeladene nach den vorgelegten Plänen nach Südosten hin nur für den Anbau das 16-Meter-Privileg in Anspruch nehmen will, obwohl dies derzeit sogar für die ganze südöstliche Außenwand möglich wäre, da auch diese einschließlich des geplanten Anbaus nicht länger als 16 Meter – sondern deutlich kürzer – ist.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 7.500,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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