Baurecht

Klage einer Gemeinde gegen Einzelhandelsbetriebe in Nachbargemeinde

Aktenzeichen  W 5 K 16.931

Datum:
19.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 34581
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 2 Abs. 2, § 33 Abs. 1 Nr. 2

 

Leitsatz

1 Es ist Sache der beteiligten Nachbargemeinde, die Gesichtspunkte darzulegen, die sie aus ihrer Sicht für abstimmungsbedürftig hält und warum es Auswirkungen auf ihren zentralen Versorgungsbereich geben solle. Lediglich pauschale Behauptungen reichen hierfür nicht aus. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine raumordnerische Funktionszuweisung (hier: Ausweisung als bevorzugt zu entwickelndes Unterzentrum) kann eine Gemeinde auch im Rahmen ihrer Planungsentscheidung nutzbar machen. (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu 1) und 2) zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig.
Die Klägerin kann sich – entgegen der Meinung der Beigeladenen zu 1) und 2) – für dieses Verfahren auch auf eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO berufen.
Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Anfechtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Bejahung der Klagebefugnis setzt voraus, dass es auf der Grundlage des Tatsachenvorbringens des Betroffenen zumindest möglich erscheint, dass dieser durch den angefochtenen Verwaltungsakt in eigenen Rechten verletzt wird (sog. Möglichkeitstheorie, vgl. BVerwG, B.v. 21.1.1993 – 4 B 206/92 – juris).
Im Falle der Anfechtung eines an einen anderen gerichteten begünstigenden Verwaltungsakts durch einen Dritten kann sich eine eigene, die Klagebefugnis begründende Rechtsposition aus einer im Verfahren zu prüfenden drittschützenden Norm ergeben. Ob eine die behördliche Entscheidung tragende Norm Dritten, die durch die Entscheidung betroffen werden, Schutz gewährt und Abwehrrechte einräumt, hängt vom Inhalt der jeweiligen Norm sowie davon ab, ob der Drittbetroffene in den mit der behördlichen Entscheidung gestalteten Interessenausgleich eine eigene schutzfähige Rechtsposition einbringen kann. Drittschutz vermitteln nur solche Vorschriften, die nach dem in ihnen enthaltenen, durch Auslegung zu ermittelnden Entscheidungsprogramm für die Behörde auch der Rücksichtnahme auf Interessen eines individualisierbaren, sich von der Allgemeinheit unterscheidenden Personenkreises dienen (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 19.9.1986 – 4 C 8/84; U.v. 16.3.1989 – 4 C 36/85; beide juris).
Die Auffassung der Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1) und auch der Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 2), wonach die Klägerin nicht ausreichend substantiiert eine eigene Rechtsverletzung vorgetragen habe bzw. es der Klägerin von vornherein nach § 242 BGB verwehrt sei, sich gegenüber Einzelhandelsansiedlungen mit nahversorgungsrelevantem Sortiment im Gebiet der Beigeladenen zu 2) auf jedwede Rechtsverletzung bezüglich des § 2 Abs. 2 BauGB zu berufen, kann die Kammer nicht teilen. Der Klägerbevollmächtigte hat – wenn auch nur pauschal – auf Seite 2 seiner Klagebegründung vom 2. Dezember 2016 formuliert, dass die Baugenehmigung „die Klägerin in ihrer Planungshoheit, in ihrem Recht auf interkommunale Abstimmung sowie in ihrem grundgesetzlich garantierten Selbstverwaltungsrecht“ verletze. Im weiteren Verlauf des vg. Schriftsatzes wird dann zwar im Wesentlichen nur auf Unwirksamkeitsgründe des Bebauungsplans und auf das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 33 BauGB eingegangen. Weiter wird auf Seite 9 der Klagebegründung im Rahmen der Inzidentprüfung ein Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsverbot thematisiert und schließlich wird im Schriftsatz vom 17. Mai 2018 auf Seite 3 dieses Vorbringen (geringfügig) vertieft.
Allerdings ist es auch in Anbetracht dieser relativ pauschalen Ausführungen nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Klägerin durch die angefochtene Baugenehmigung über die Zulassung von zwei großflächigen Einzelhandelsvorhaben auf dem Gebiet der beigeladenen Nachbarstadt in eigenen Rechten verletzt wird. Kommunen können sich gegen Vorhaben auf dem Gebiet der Nachbarkommune erfolgreich gerichtlich zur Wehr setzen, wenn die baurechtliche Zulassung des Vorhabens auf einer Planung der Nachbarkommune beruht, die nicht hinreichend (formell und materiell) abgestimmt ist. Als Ausdruck des jeder Kommune gewährleisteten Selbstverwaltungsrechts (Planungshoheit) müssen benachbarte Kommunen ihre Bauleitpläne aufeinander abstimmen, vgl. § 2 Abs. 2 BauGB. Aus diesem in der Bauleitplanung zu erfüllenden interkommunalen Abstimmungsgebot folgt ein „Recht auf gerechte Abwägung“. In diesem Rahmen kann sich die betroffene Kommune, wie hier die Klägerin, insbesondere auch darauf berufen, dass die Bauleitplanung zur Zulassung des angegriffenen Einzelhandelsvorhabens (negative) städtebauliche Auswirkungen auf ihren zentralen Versorgungsbereich besitzt. Insoweit besteht in Rechtsprechung und Literatur inzwischen Einigkeit darüber, dass sich eine Nachbargemeinde unter Berufung auf eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots als Ausfluss und Konkretisierung der in Art. 28 Abs. 2 GG garantierten gemeindlichen Planungshoheit auch gegen eine Einzelgenehmigung für ein Bauvorhaben wehren kann (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.1989 – 4 C 36/86; U.v. 11.2.1993 – 4 C 15/92; beide juris; König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 11 Rn. 91).
Nach allem ist hier vom Vorliegen einer Klagebefugnis i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO auszugehen, wobei es der Klägerin auch nicht von vornherein nach § 242 BGB verwehrt ist, sich auf jedwede Rechtsverletzung bzgl. § 2 Abs. 2 BauGB zu berufen.
2. Die Klage ist aber in der Sache nicht begründet.
Die Baugenehmigung ist nur dann aufzuheben, wenn sie rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ein Dritter – wie hier die Gemeinde Ebelsbach – kann eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn es das Vorhaben an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt.
Die angefochtene Baugenehmigung verstößt nicht gegen solche Vorschriften des öffentlichen Rechts, die (auch) dem Schutz der benachbarten Gemeinde – hier der Klägerin – zu dienen bestimmt sind.
2.1. Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Nach Art. 60 Satz 1 BayBO prüft die Bauaufsichtsbehörde bei Sonderbauten die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB, Anforderungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes und auf Grund dieses Gesetzes sowie andere öffentlich-rechtliche Vorschriften, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird.
2.2. Problematisch ist hier allein die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen zu 1) auf Errichtung von zwei Einzelhandelsbetrieben und einer Bäckereiverkaufsstelle und – streitentscheidend – die hiermit zusammenhängende Frage der Rechtsverletzung der Klägerin.
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen zu 1) beurteilt sich nach § 33 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplanentwurfs „Sondergebiet ELT-Auen“ der Beigeladenen zu 2). Denn zum maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung, nämlich der Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung am 22. Juni 2016, war der Bebauungsplan „Sondergebiet ELT-Auen“ noch nicht in Kraft getreten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine Baugenehmigung Rechte eines Nachbarn verletzt, ist dabei grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der jeweiligen Baugenehmigung. Entsprechendes gilt, wenn – wie hier – eine Nachbargemeinde gegen eine Baugenehmigung vorgeht, durch die sie sich in ihren Rechten verletzt sieht (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 21.9.2005 – 9 ME 49/04 – NVwZ-RR 2006, 453). Lediglich nach diesem Zeitpunkt eintretende Tatsachen- oder Rechtsänderungen zu Gunsten des jeweiligen Bauherren bleiben bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung berücksichtigungsfähig (vgl. BVerwG, B.v. 23.4.1998 – 4 B 40/98 – NVwZ 1998, 1179 f.; BayVGH, B.v. 25.8.2009 – 1 CS 09.287 – juris Rn. 28).
Ob es sich bei dem nach Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 22. Juni 2016 am 25. November 2016 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Sondergebiet ELT-Auen“ der Stadt Eltmann um einen derartigen zu Gunsten der Beigeladenen zu 1) zu berücksichtigenden Umstand handelt, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Für den Nachbarschutz im Anwendungsbereich des § 33 BauGB, auf den die Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung von Seiten des Beklagten gestützt wurde, gelten nämlich dieselben Grundsätze wie für den Nachbarschutz im Geltungsbereich eines bereits in Kraft gesetzten Bebauungsplans. Soweit die zukünftigen Festsetzungen des Bebauungsplans drittschützende Wirkung haben, kann sich der Nachbar hierauf berufen und gegen eine Missachtung dieser Vorschriften zur Wehr setzen (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, 128. EL Februar 2018, § 33 Rn. 99; so auch BayVGH, B.v. 14.1.2003 – 14 CS 02.2395 – juris Rn. 9; OVG Koblenz, B.v. 3.4.2012 – 1 B 10 136/12 – juris Rn. 19; VGH Mannheim, U.v. 29.10.2003 – 5 S 138/03 – juris Rn. 27; OVG Münster, B.v. 15.2.1991 – 11 B 2659/90 – juris Rn. 3). § 33 BauGB vermittelt selbst unmittelbar keinen Nachbarschutz.
Bei einer Nachbarklage gegen eine auf die Vorschrift des § 33 BauGB gestützte Baugenehmigung muss daher stets geprüft werden, ob das Bauvorhaben auch ohne eine Heranziehung des § 33 BauGB Rechte des Nachbarn verletzt, weil entweder nachbarschützende Vorschriften des späteren Bebauungsplans bzw. drittschützende Aspekte der Vorschriften der §§ 34, 35 BauGB bzw. ansonsten das Rücksichtnahmegebot nicht beachtet wurden.
2.3. Ein Verstoß der streitgegenständlichen Baugenehmigung gegen drittschützende Vorschriften des Bebauungsplans „Sondergebiet ELT-Auen“ wurde weder vorgetragen noch ist ein solcher sonst wie ersichtlich. Von Klägerseite wurde ausschließlich eine Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Baugrenze vorgetragen. Eine solche ist aber als eine Festsetzung über die Überbaubarkeit der Grundstücksflächen nicht drittschützend (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 129. EL März 2018, Art. 67 Rn. 368). Ob das Bauvorhaben alle Festsetzungen des Bebauungsplans einhält, kann vorliegend offen bleiben. Denn aufgrund eines von einem Nachbarn eingelegten Rechtsmittels ist die dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung nicht umfassend auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern lediglich darauf, ob gerade eine Verletzung des Nachbarn in eigenen, auch ihn persönlich schützenden Rechten festzustellen ist. Eine Verletzung drittschützender Festsetzungen des Bebauungsplans liegt mithin nicht vor.
2.4. Gleiches – nämlich keine Möglichkeit der Geltendmachung einer eigenen Rechtsverletzung – gilt für die Frage, ob der Bebauungsplanentwurf rechtmäßig zustande gekommen ist und in allen Punkten dem materiellen Baurecht entspricht, was von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter zahlreichen rechtlichen Aspekten (u.a. Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung, erhöhter Aufwand für Feuerwehr, Niederschlagswasserentsorgung nicht geklärt, keine Untersuchung auf Kampfmittel, Unklarheit des Plans, Belange des Hochwasserschutzes nicht ausreichend berücksichtigt, Lärm nicht ausreichend berücksichtigt, Umweltprüfung und Umweltbericht nicht ordnungsgemäß erfolgt bzw. erstellt, Natur- und Artenschutz nicht ausreichend berücksichtigt) angegriffen wird. Eines weiteren Eingehens auf die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgetragenen Bedenken gegen den Bebauungsplan bedarf es daher im Rahmen dieses Verfahrens nicht. Die Klärung dieser – objektiven – Bedenken bleibt dem bereits anhängigen Normenkontrollverfahren vorbehalten.
2.5. Es spricht aus Sicht der Kammer einiges dafür, dass vorliegend zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 BauGB gegeben waren. So ist hier insbesondere vom Vorliegen der formellen Planreife i.S.v. § 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB auszugehen. Hiernach ist erforderlich, dass die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 und § 4a Abs. 2 bis 5 BauGB durchgeführt worden ist. Formelle Planreife bedeutet das Erreichen des in § 33 BauGB bestimmten Standes des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplanes (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 33 Rn. 31). Diesen Verfahrensstand hatte der Bebauungsplan „Sondergebiet ELT-Auen“ zum maßgeblichen Genehmigungszeitpunkt am 22. Juni 2016 erreicht. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ist weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung, dass die Planungsarbeiten einen Stand erreicht haben, der die Annahme rechtfertigt, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegenstehen wird (materielle Planreife). Die Planung muss dafür inhaltlich und zeitlich so weit fortgeschritten sein, dass ein unverändertes Inkrafttreten des Bebauungsplans insgesamt hinreichend sicher voraussehbar ist (vgl. Reich in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 33 Rn. 9 m.w.N.). Insoweit hat das Landratsamt Haßberge im Schriftsatz vom 9. Januar 2017 umfassend dargelegt, dass – aus seiner Sicht – die materielle Planreife des Bebauungsplans „Sondergebiet ELT-Auen“ zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung gegeben gewesen sei. Letztlich kann diese Frage offenbleiben, da selbst für den Fall, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 BauGB objektiv rechtswidrig sein sollte, die Nachbarklage der Klägerin nur dann erfolgreich wäre, wenn sie durch die Baugenehmigung in eigenen Rechten verletzt würde.
§ 33 BauGB vermittelt nämlich selbst unmittelbar keinen Nachbarschutz. Bei fehlender materieller Planreife, etwa aufgrund ersichtlicher Mängel im Abwägungsvorgang (§ 1 Abs. 7 BauGB), verhält es sich nicht anders. Eine Nachbarklage kann nur erfolgreich sein, wenn zugleich ein eigenes subjektives Recht des Nachbarn verletzt wird, da die Grundsätze des Normenkontrollverfahrens nicht für die Anfechtungsklage zu übernehmen sind (vgl. Tophoven in BeckOK BauGB, Stand 1.5.2018, § 33 Rn. 36 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 18.7.1994 – 4 B 94/94 – NVwZ 1995, 598). Nicht entscheidend ist hingegen für den Erfolg der Nachbarklage, ob die Voraussetzungen der materiellen Planreife im Sinne von § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB erfüllt sind. Zwar muss die Baugenehmigungsbehörde für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 33 Abs. 1 BauGB inzident prüfen, ob der Planentwurf den Anforderungen des höherrangigen materiellen Rechts, insbesondere denen des § 1 BauGB entspricht. Ein Nachbar kann seine Rechtsmittel gegen die auf der Grundlage des § 33 BauGB erteilte Baugenehmigung jedoch nicht auf die Begründung stützen, der Planentwurf verletze beispielsweise das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB oder die Planung sei nicht im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich. Für eine Anfechtungsklage gegen eine auf der Grundlage von § 33 BauGB erteilte Baugenehmigung ergibt sich dies bereits daraus, dass ein Nachbar auch gegen eine rechtsfehlerhaft, ohne hinreichende rechtliche Grundlage in einem Bebauungsplan erteilte Baugenehmigung nur dann rechtlich vorgehen kann, wenn er durch diese Genehmigung zugleich in eigenen Rechten verletzt wird (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.1994 – 4 B 94/94 – NVwZ 1995, 598). Überdies handelt es sich bei § 33 BauGB lediglich um einen positiven Zulassungstatbestand für die Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines zukünftigen Bebauungsplanes, der eine Versagung einer Baugenehmigung nicht rechtfertigt.
2.6. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt die Klägerin auch nicht in ihrem Recht auf interkommunale Abstimmung aus § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Im Einzelnen:
2.6.1.
Gegen eine Baugenehmigung auf der Grundlage des § 33 BauGB kann sich die Nachbargemeinde zur Wehr setzen, wenn die Genehmigung unter Verstoß gegen das drittschützende nachbargemeindliche (interkommunale) Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB erteilt worden ist. Gemäß dieser Vorschrift sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB). Die Vorschrift ist eine gesetzliche Ausformung der gemeindlichen Planungshoheit und eine besondere Ausprägung des Abwägungsgebots. Als solche schließt das Abstimmungsgebot das Recht ein, sich gegen Planungen anderer Stellen zur Wehr zu setzen, welche die eigene Planungshoheit rechtswidrig verletzen.
Die von § 2 Abs. 2 BauGB statuierte materielle Abstimmungspflicht gilt nach dem Wortlaut der Bestimmung und ihrer systematischen Stellung zwar unmittelbar nur für Bauleitpläne. In Verfahren, in denen die Nachbargemeinde – wie hier die Klägerin – gegen eine Genehmigung vorgeht, entfaltet sie Rechtswirkungen aber dann, wenn die Gemeinde dem Bauinteressenten unter Missachtung dieser Vorschrift einen Zulassungsanspruch verschafft hat, etwa wenn sie durch die Aufstellung eines (materiell) nichtabgestimmten Bebauungsplans oder im Falle des Fehlens eines Plans in sonstiger Weise unter Missachtung des materiellen Gehalts des Abstimmungsgebots die Weichen in Richtung Zulassungsentscheidung gestellt hat (OVG Münster, B.v. 28.10.2011 – 2 B 1049/11 – BeckRS 2011, 56857 unter Bezugnahme u.a. auf BVerwG, U.v. 1.8.2002 – 4 C 5.01 – BVerwGE 117, 25 und U.v. 11.2.1993 – 4 C 15.92 – juris Rn. 26; vgl. auch BayVGH, B.v. 25.4.2001 – 2 CS 02.121 – BeckRS 2002, 27136, Rn. 9).
2.6.2.
Zwar hat hier der Beklagte in städtebaulich zurechenbarer Weise „die Weichen in Richtung Zulassungsentscheidung“ gestellt. Denn das Landratsamt Haßberge hat die angegriffene Baugenehmigung auf der Grundlage des § 33 BauGB unter Berufung auf den Bebauungsplan „Sondergebiet ELT-Auen“ erteilt. Allerdings erfolgte dies nicht durch Aufstellung eines (materiell) nichtabgestimmten Bebauungsplans. Die Zulassung der in Rede stehenden Einzelhandelsbetriebe verletzt das in § 2 Abs. 2 BauGB verkörperte interkommunale Abstimmungsgebot nicht zum Nachteil der Klägerin. Im Einzelnen:
Die Nachbargemeinde wird in ihren Rechten verletzt, wenn die planende Gemeinde ihre materielle Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 BauGB zum Nachteil der Nachbargemeinde durch einen relevanten Verstoß gegen das Abwägungsgebot missachtet hat. Befinden sich benachbarte Gemeinden objektiv in einer Konkurrenzsituation, so darf keine von ihrer Planungshoheit rücksichtslos zum Nachteil der anderen Gebrauch machen. Die Bedeutung des § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen des allgemeinen Abwägungsgebots liegt darin, dass eine Gemeinde, die ihre eigenen Vorstellungen selbst um den Preis von gewichtigen Auswirkungen für die Nachbargemeinde durchsetzen möchte, bei ihrer Planung einem erhöhten Rechtfertigungszwang unterliegt. Die Bestimmung verleiht dem Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, besonderes Gewicht. Sie verlangt einen Interessenausgleich zwischen den beteiligten Gemeinden und fordert dazu eine Koordination der gemeindlichen Interessen. Die Nachbargemeinde kann sich unabhängig davon, welche planerischen Absichten sie für ihr Gebiet verfolgt oder bereits umgesetzt hat, gegen unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf dem ihr benachbarten Gemeindegebiet zur Wehr setzen. Umgekehrt lässt sich § 2 Abs. 2 BauGB aber nicht entnehmen, dass eine Planung, die durch Auswirkungen gewichtiger Art gekennzeichnet ist, bereits aus diesem Grund zugleich gegen das Abwägungsgebot verstieße, wenn sie nicht in Koordination mit der benachbarten Gemeinde erfolgt. Auch hier gilt, dass selbst gewichtige Belange im Wege der Abwägung überwunden werden dürfen, wenn noch gewichtigere ihnen im Rang vorgehen. Maßgebend bleibt die Reichweite der Auswirkungen. Rein wettbewerbliche bzw. wirtschaftliche Auswirkungen reichen hierfür nicht aus. Das interkommunale Abstimmungsgebot schützt nicht den in der Nachbargemeinde vorhandenen Einzelhandel vor Konkurrenz, sondern nur die Nachbargemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft und Trägerin eigener Planungshoheit. Die befürchteten Auswirkungen müssen sich gerade auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung in der Nachbargemeinde beziehen (vgl. OVG Münster, B.v. 28.10.2011 – 2 B 1049/11 – BeckRS 2011, 56857 unter Bezugnahme u.a. auf BVerwG, B.v. 14.4.2010 – 4 B 78.09 – BeckRS 2010, 49148 und B.v. 28.12.2005 – 4 BN 40.05 – juris).
Ob sich die Zulassung eines Einzelhandelsbetriebs unmittelbar und gewichtig auf die Nachbargemeinde auswirkt und dabei rücksichtslos ist, ist im jeweiligen Einzelfall anhand verschiedener Faktoren zu beurteilen. Städtebauliche Konsequenzen einer Planung zeigen sich etwa dann, wenn eine Schädigung des Einzelhandels in der Nachbargemeinde die verbrauchernahe Versorgung der dortigen Bevölkerung in Frage stellt oder die Zentrenstruktur der Nachbargemeinde nachteilig verändert. Im Zusammenhang mit der Planung von Einzelhandelsprojekten kann insoweit der Abfluss bislang in der Nachbargemeinde absorbierter Kaufkraft einen wesentlichen – wenn auch nicht den einzigen – Indikator darstellen. Ein bestimmter „Schwellenwert“ für einen städtebaulich beachtlichen Kaufkraftabfluss ist gesetzlich nicht vorgegeben. Prozentual ermittelte – und prognostisch nur bedingt verlässlich greifbare – Umsatzumverteilungssätze lassen nicht lediglich einen einzigen „logischen“ Schluss zu. In der Tendenz kann – faustformelartig – davon ausgegangen werden, dass erst Umsatzverluste ab einer Größenordnung von mehr als 10% als gewichtig anzusehen sind. Allerdings bietet das 10%-Kriterium nicht mehr als einen Anhalt. Es muss im Zusammenhang mit den sonstigen Einzelfallumständen gewertet werden (OVG Münster, B.v. 28.10.2011 – 2 B 1049/11 – BeckRS 2011, 56857 m.w.N.). Bei der Handhabung des 10%-Kriteriums bleibt somit zu beachten, dass von unmittelbaren städtebaulichen Auswirkungen gewichtiger Art eines Einzelhandelsvorhabens, die zu einer Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots des § 2 Abs. 2 BauGB führen, erst nach einer wertenden Gesamtbetrachtung des Einzelfalls dann gesprochen werden kann, wenn in der benachbarten Gemeinde ansässige Einzelhandelsunternehmen infolge der ihnen auf dem Gebiet der Vorhabengemeinde erwachsenen Konkurrenz zur Aufgabe gezwungen wären und darüber entweder die branchenmäßige Versorgung der eigenen Gemeindeangehörigen in Gefahr geriete oder städtebauliche Probleme wie Verödung von (Neben-)Zentren, Entstehung eines tradingdown-Effekts oder ähnliches sich abzeichneten. Mit anderen Worten muss es zu einer Funktionsstörung kommen, einem Zustand der Unausgewogenheit, der zur Folge hat, dass ein Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann (OVG Münster, B.v. 28.10.2011 – 2 B 1049/11 – BeckRS 2011, 56857 m.w.N). Entscheidend ist aber nach allem eine wertende Gesamtbetrachtung des Einzelfalls.
2.6.3.
Bei dieser wertenden Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen zu 2) im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung sowie in der Planbegründung angeführten gewichtigen städtebaulichen Gründe für die Sondergebietsausweisung steht nach Auffassung der Kammer zu erwarten, dass die von den streitgegenständlichen Einzelhandelsvorhaben ausgehenden und auf die Klägerin einwirkenden städtebaulichen Auswirkungen unterhalb der Schwelle der interkommunalen Unzumutbarkeit liegen werden. Selbst wenn von gewichtigen Auswirkungen auszugehen wäre, ergibt die Gesamtbetrachtung, dass diese Auswirkungen vorliegend im Wege der Abwägung überwunden werden können, da die Beigeladene zu 2) eigene überwiegende Belange für ihre Planung anführen kann.
Aus Sicht der Kammer ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der maßgeblichen Abwägungsentscheidung durch die Beigeladene zu 2) am 25. November 2015 keine negativen Auswirkungen gewichtiger Art auf die Klägerin erkennbar waren. Konkrete Anhaltspunkte hierfür waren nämlich zu diesem Zeitpunkt weder von der Klägerin vorgebracht worden noch sonst für die Beigeladene zu 2) erkennbar.
Ohne Verstoß gegen das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB) durfte die Beigeladene zu 2) bei ihrer planerischen Abwägung der geplanten Ausweisung des Sondergebiets ein überwiegendes städtebauliches Gewicht beimessen. Umgekehrt ist es nach Maßgabe des interkommunalen Abstimmungsgebots in § 2 Abs. 2 BauGB nicht zu beanstanden, wenn sie den damit betroffenen und zum damaligen – maßgeblichen – Zeitpunkt vorgebrachten städtebaulichen Belangen der Klägerin das maßgebliche Gewicht abgesprochen hat. Im Einzelnen:
Zieht man zunächst die von der Klägerin im Bebauungsplanverfahren abgegebenen Stellungnahmen heran, zeigt sich hinsichtlich der von ihr vorgebrachten städtebaulichen Belange im Zusammenhang mit dem interkommunalen Abstimmungsgebot folgendes Bild: In der Stellungnahme vom 22. Juli 2015 im Rahmen der Anhörung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4a Abs. 3 BauGB zum Bebauungsplan „Sondergebiet ELT-Auen“ hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten (unter A.) „Allgemeine Einwendungen“ erheben lassen in Bezug auf Verfahrens- und Formfehler, die Erforderlichkeit der Planung, Raumordnung- und Landesplanung, Erschließung, Umweltprüfung und Umweltbericht, Natur- und Artenschutz, Lärm, Hochwasser, Klarheit des Plans, Brandschutz, Altlasten, Trinkwasser, Niederschlagswasser und Kampfmittel. Unter „B. Betroffenheit der Gemeinde Ebelsbach“ wurde pauschal und ohne nähere Begründung gerügt, dass die Planung gegen das interkommunale Abstimmungsgebot verstoße, weil im Bereich der Gemeinde Ebelsbach in unmittelbarer Nähe zu dem geplanten Standort bereits Einzelhandelsmärkte vorhanden seien und es hier auch zusätzlich zwei Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel in städtebaulich integrierter Lage gebe. Daher bestehe „objektiv kein Planungsbedarf für weiteren Einzelhandel an dem geplanten Standort in städtebaulich nicht integrierter Lage“. Weiter wurde – ebenfalls ohne jegliche Begründung – gerügt, dass von der Planung „negative städtebauliche und versorgungsstrukturelle Auswirkungen für die Gemeinde Ebelsbach und negative Auswirkungen für die Nahbereichsversorgung des von der Gemeinde Ebelsbach als Grundzentrum“ zu versorgenden Nahbereichs ausgingen. Betroffen sei auch die Planungshoheit der Gemeinde Ebelsbach, da durch die Ausweisung des Sondergebiets eine konzeptionelle Beplanung der städtebaulich integrierten Lagen innerhalb des Gemeindegebiets von Ebelsbach in Zukunft vereitelt oder wesentlich erschwert werde. Inhaltlich nichts wesentlich anderes hatte der Bevollmächtigte der Klägerin bereits in seiner Stellungnahme vom 13. April 2015 im Zuge des Verfahrens nach § 3 Abs. 2 BauGB vorgebracht.
Festzuhalten bleibt, dass von Seiten der Klägerin weder in der Stellungnahme vom 22. Juli 2015 noch in der Stellungnahme vom 13. April 2015 Einwendungen in die Richtung geltend gemacht wurden, dass das geplante Vorhaben Auswirkungen auf ihren zentralen Versorgungsbereich haben werde. Die Klägerin hat sich damit definitiv im Rahmen der vg. Stellungnahmen gerade nicht auf „Auswirkungen auf ihren zentralen Versorgungsbereich“ i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB berufen. Erst recht hat die Klägerin insoweit keine substantiellen Einwendungen dergestalt geltend gemacht, indem sie Anhaltspunkte dafür geliefert hätte, warum es Auswirkungen auf ihren zentralen Versorgungsbereich geben solle. Aber auch sonst wurden keine konkreten Einwendungen hinsichtlich anstehender unmittelbarer städtebaulicher Auswirkungen vorgebracht. Es ist aber Sache der beteiligten Nachbargemeinde, die Gesichtspunkte darzulegen, die sie aus ihrer Sicht für abstimmungsbedürftig hält (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 2 Rn. 108). Lediglich pauschale Behauptungen reichen hierfür nicht aus.
Erst (spät) im gerichtlichen Verfahren hat sich die Klägerin auf Auswirkungen auf ihren zentralen Versorgungsbereich berufen und hierzu substantiiert vorgetragen. Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2018 legte der Klägerbevollmächtigte eine Stellungnahme der Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH vor, mit der aus der Sicht des Klägerbevollmächtigten die subjektive Rechtsverletzung der Klägerin durch das genehmigte streitgegenständliche Vorhaben fachgutachterlich nachgewiesen sei. Aus dieser ergebe sich u.a., dass wesentliche Beeinträchtigungen für den faktischen zentralen Versorgungsbereich in Ebelsbach erwartet würden, ebenso eine städtebaulich relevante Auswirkung, eine Betriebsgefährdung insbesondere von REWE sowie die Gefahr der Versorgungslücke durch Schließung des einzigen Vollsortimenters. Selbst wenn – den Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt – davon auszugehen wäre, dass von dem streitgegenständlichen Vorhaben gewichtige Auswirkungen ausgehen würden, nämlich im Wesentlichen die von Klägerseite ins Feld geführten Auswirkungen auf ihren zentralen Versorgungsbereich, ergibt eine Gesamtbetrachtung, dass dieser Belang der Klägerin im Wege einer Abwägung überwunden werden kann, da die Beigeladene zu 2) noch gewichtigere eigene Belange anführen kann. Die in diesem Zusammenhang gestellten bedingten Beweisanträge der Klägerseite zum Beweis der „Rechtstatsache, dass ein faktischer zentraler Versorgungsbereich zwischen dem Bahnhof in Ebelsbach und der Wohnsiedlung auf der anderen Seite der Einkaufsmärkte vorliegt“, die gerichtliche Inaugenscheinnahme durchzuführen und zum Beweis „der worst-case-Annahme, dass die Verwirklichung des geplanten Vorhabens eine Betriebsgefährdung für den im faktischen zentralen Versorgungsbereich ausgewiesenen Lebensmittelvollsortimenter verursacht, der zu einer Einbuße der raumordnerisch relevanten Versorgungsfunktion der Gemeinde Ebelsbach als zentraler Ort führen kann“, ein gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen, waren abzulehnen. Denn zum einen handelt es sich bei der Feststellung, ob ein (faktischer) zentraler Versorgungsbereich i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB (wie auch i.S.v. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO) vorliegt um eine rechtliche Bewertung und nicht um eine Tatsache. Gleiches gilt für die worst-case-Annahme der Betriebsgefährdung und der damit einhergehenden Einbuße der raumordnerisch relevanten Versorgungsfunktion. Zum anderen sind die beiden gestellten „Beweisanträge“ ohnehin nicht entscheidungserheblich, weil jedenfalls zum entscheidenden Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung durch die Stadt Eltmann am 25. November 2015 keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich waren, dass diese – also die Stadt Eltmann – Ermittlungen in diese Richtung hätte anstellen müssen. Insbesondere fehlte es zum damaligen Zeitpunkt an einem entsprechenden Vorbringen der Klägerin.
Jedenfalls hat sich der Stadtrat der Beigeladenen zu 2) in seiner Sitzung vom 25. November 2015 nach Auffassung der Kammer umfassend und sachgerecht mit den von der Klägerin im Zuge des Verfahrens nach § 4a Abs. 3 BauGB vorgebrachten Einwendungen auseinandergesetzt. Der Stadtrat von Eltmann hat sich dabei insbesondere mit dem Vorwurf des von Klägerseite geäußerten Verstoßes gegen das interkommunale Abstimmungsgebot beschäftigt. Im Rahmen der Abwägung wird auch darauf verwiesen, dass sich in den vergangenen 10 bis 15 Jahren durch eine massive Einzelhandelsansiedlung in Ebelsbach und durch die Schließung zweier Märkte in Eltmann die Versorgungssituation der Bürger in Eltmann deutlich verschlechtert habe und sehr viel Kaufkraft nach Ebelsbach abgezogen worden sei. Des Weiteren wird auf die erstellte gutachterliche Stellungnahme des Büros CIMA (vom 29.5.2015) verwiesen. Darüber hinaus macht die Beigeladene zu 2) im Rahmen ihrer Abwägung geltend, dass die Gemeinde Ebelsbach eventuell in der Vergangenheit insoweit gegen das interkommunale Abstimmungsgebot verstoßen habe, als sie allein auf ihrem Gemeindegebiet Einzelhandelsgroßbetriebe angesiedelt habe, was aber nicht dazu führen könne, dass sie eine ähnliche Entwicklung, die die Versorgung der Stadt Eltmann verbessere, untersagen könne. Auch die Flächenbevorratung für weitere Einzelhandelsvorhaben könne nicht ins Feld geführt werden, da dies die Stadt Eltmann weiter benachteiligen würde, zumal die Gemeinde Ebelsbach hier rechtzeitig durch Umwidmung entgegensteuern könne. Darüber hinaus verweist die Stadt Eltmann im Rahmen ihrer Abwägung auch auf den jahrelangen Planungsprozess und die hierbei durchgeführte Variantenprüfung hinsichtlich anderer Standorte.
Des Weiteren lässt sich zugunsten der von der Beigeladenen zu 2) getroffenen Abwägungsentscheidung die vor Einleitung des Bebauungsplanverfahrens eingeholte „Wirkungsanalyse zur geplanten Errichtung zweier Lebensmittelmärkte in der Stadt Eltmann“ des Büros … vom August 2010 anführen. Diese kommt zu einer prognostizierten Umsatzverteilung gegenüber den ansässigen Betrieben im Einzugsgebiet von 9%. An diesem Gutachten durfte sich die beigeladene Stadt Eltmann aus Sicht der Kammer bei ihrer bauleitplanerischen Abwägung orientieren. Die Aussagekraft dieses Einzelhandelsgutachtens begegnet keinen durchgreifenden Zweifeln. Eine gutachterliche Prognose hat das Gericht nur darauf zu prüfen, ob diese mit den im maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Das Gericht überprüft insoweit die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu prüfen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe des Gerichts, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht erarbeiteten Prognose als solches darauf zu überprüfen, ob die prognostizierte Entwicklung mit Sicherheit beziehungsweise größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit eintreten wird oder kann (vgl. BVerwG, U.v. 8.7.1998 – 11 A 53.97 -juris Rn. 25; OVG Münster, U.v. 30.9.2009 – 10 A 1676/08 – juris Rn. 113). Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens ist nur dann unzulässig, wenn es lückenhaft oder in sich widersprüchlich ist oder von falschen Voraussetzungen ausgeht, wenn der Sachverständige nicht hinreichend fachkundig ist, begründete Zweifel an seiner Neutralität bestehen, eine neue Sachlage gegeben ist, neuere Forschungsergebnisse vorliegen oder wenn das Beweisergebnis durch den substantiierten Vortrag eines Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft in Frage gestellt wird (vgl. BVerwG, B.v. 26.6.1992 – 4 B 1-11.92 – NVwZ 1993, 572; OVG Münster, U.v. 30.9.2009 – 10 A 1676/08 – juris Rn. 115).
In diesem Sinne durchgreifende Einwendungen gegen die Aussagekraft der Wirkungsanalyse des Büros … wurden von der Klägerin im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans „Sondergebiet ELT-Auen“ gegenüber der Beigeladenen zu 2) nicht vorgebracht.
Auch ausweislich der Begründung des Bebauungsplans „Sondergebiet ELT-Auen“ (Stand: 2.3.2016) hat die Beigeladene zu 2) die Auswirkungen der beiden neuen Märkte auf den Einzelhandel auf dem Gebiet der Klägerin in ihre Abwägungsentscheidung eingestellt. Sie hat sich insoweit auch mit der Frage des interkommunalen Abstimmungsgebots auseinandergesetzt. Die Stadt Eltmann hat darin nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund der geringen im Kernort vorhandenen Verkaufsfläche insbesondere im Bereich von Nahrungs- und Genussmitteln (ca. 300 m² bis 475 m²) sie ihrer Versorgungsfunktion nicht im erforderlichen Maße gerecht werden könne. Zudem habe sich in den letzten Jahren eine extrem disproportionale Verteilung des Lebensmittelhandels in Eltmann und Ebelsbach entwickelt. Während die Verkaufsflächen in Eltmann auf sehr niedrigem Niveau stagniert hätten, seien in Ebelsbach erhebliche Flächen, so allein im Lebensmittelsektor ca. 4.300 m², entwickelt worden, wobei weitere Flächen von der Gemeinde Ebelsbach – wie diese im Planungsverfahren mitgeteilt habe – planerisch reserviert worden seien. Ein derartiges Ungleichgewicht sei regionalplanerisch nicht erwünscht. Die Stadt Eltmann sei im Landesentwicklungsprogramm Bayern als Unterzentrum sowie als zentraler Ort im ländlichen Teilraum, dessen Entwicklung im besonderen Maße gestärkt werden solle, eingestuft. Die Einkaufsmöglichkeiten sollten nach dem Regionalplan entsprechend der zentralörtlichen Funktion weiterentwickelt werden (vgl. S. 3 und 4 der Begründung zum Bebauungsplan „Sondergebiet ELT-Auen“).
Nach allem führt die Stadt Eltmann aus Sicht der Kammer auch in ihrer Planbegründung tragfähige und ihrem objektiven Gehalt nach gewichtige städtebauliche Gründe für die Ausweisung des Sondergebietes an, welche die Planung zum einen i.S.v. § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich und zum anderen auch in Bezug auf das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB rechtfertigen.
In diesem Zusammenhang bleibt festzuhalten, dass vorliegend – worauf die Stadt Eltmann im Rahmen der von ihr getroffenen Abwägungsentscheidung auch abgestellt hat – Belange der Landesentwicklung und Regionalplanung und hier insbesondere die den Gemeinden durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen, auf die sich die Gemeinden im Rahmen der interkommunalen Abstimmung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB berufen können, eindeutig für die Beigeladene zu 2) und gegen die Klägerin sprechen. Im Einzelnen:
Gemäß dem Ziel 5.3.1 des Landesentwicklungsprogramms Bayern 2013 dürfen Flächen für Einzelhandelsgroßprojekte nur in Zentralen Orten ausgewiesen werden (vgl. S. 57: Einzelhandelsgroßprojekte: Lage im Raum). Die Gemeinde Ebelsbach ist im Regionalplan der Region Main Rhön (RP 3) vom 18. Januar 2008 (nur) als Kleinzentrum (vgl. Ziel A III 1) ausgewiesen. Die Stadt Eltmann ist demgegenüber nicht nur als (höher eingestuftes) Unterzentrum (vgl. Ziel A III 2.2), sondern gemäß Ziel A III 2.2 des RP 3 als bevorzugt zu entwickelndes Unterzentrum ausgewiesen und soll in ihren unterzentralen Versorgungsaufgaben für ihren Verflechtungsbereich weiter gestärkt werden. Gemäß Ziel A III 2.2.3 des RP 3 sollen im Unterzentrum Eltmann die Einkaufsmöglichkeiten organisch entsprechend der zentralörtlichen Funktion weiter entwickelt werden. In der Begründung zu Ziel A III 2.2.3 wird hierzu ausgeführt, dass das Unterzentrum Eltmann nicht den im Landesentwicklungsprogramm (LEP 1984), Begründung zu A IV 1.2, genannten Schwellenwert für den Einzelhandelsumsatz der Ladengeschäfte erreicht und deshalb Verbesserungen entsprechend der zentralörtlichen Funktion nötig sind. Gemäß Ziel B IV 2.4.1 des RP 3 soll für die gesamte Region eine bedarfsgerechte Warenversorgung der Bevölkerung und Wirtschaft angestrebt werden und gemäß Ziel B IV 2.4.2 soll im Unterzentrum Eltmann auf die Erhaltung und den Ausbau des Warenangebots für den allgemeinen, in Teilbereichen auch den gehobenen Bedarf hingewirkt werden.
Demgegenüber sehen die aktuellen Gegebenheiten anders aus: Die Stadt Eltmann hat bei ca. 5.500 Einwohnern Gesamtverkaufsflächen für Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten von (nur) ca. 300 m² bis 475 m² aufzuweisen. Die Klägerin hat bei ca. 3.800 Einwohnern Gesamtverkaufsflächen für Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten in der Größenordnung von ca. 4.300 m². Wenn nun die Stadt Eltmann mit ihrer Bauleitplanung ein Sondergebiet für die Errichtung von zwei Einzelhandelsbetrieben, nämlich eines Lebensmittelvollsortimenters mit einer Verkaufsfläche von 1.387 m² und eines Lebensmitteldiscounters mit einer Verkaufsfläche von 962 m² sowie einer Bäckereiverkaufsstelle mit einer Verkaufsfläche von 103 m² ausweist, erfüllt sie damit nur ihren Auftrag, ihrer im Regionalplan festgelegten unterzentralen Versorgungsaufgabe nachzukommen.
Diese raumordnerische Funktionszuweisung kann die Beigeladene zu 2) auch im Rahmen ihrer Planungsentscheidung nutzbar machen. Denn nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB kann sich die Gemeinde im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebots nach Satz 1 („dabei“) auf die ihr durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen berufen. Dies gilt – der Wortlaut lässt dieses ausdrücklich offen – nicht nur für die Nachbargemeinden, sondern gleichermaßen für die planende Gemeinde (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 2 Rn. 125). Der raumordnerische Status einer Gemeinde (vor allem die zentralörtliche Funktion) ermächtigt (verpflichtet) und beschränkt zugleich, insbesondere auch im Verhältnis der Gemeinden zueinander. Bei der Umsetzung der Ziele durch städtebauliche Maßnahmen ergeben sich aus den Rechtspflichten für die einzelnen, insbesondere benachbarten Gemeinden Konkretisierungen des interkommunalen Rücksichtnahmegebots. Art und Umfang der Rücksichtnahme werden durch die in städtebauliche Maßnahmen transformierten oder zu transformierenden Ziele wesentlich mitbestimmt (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 2 Rn. 117).
Soweit die Klägerseite mit Stellungnahmen ihres Bevollmächtigten vom 13. April 2015 und vom 22. Juli 2015 einwendet, dass die Nahversorgungsfunktionen sowohl der Gemeinden Ebelsbach als auch der Stadt Eltmann beeinträchtigt würden, weil sich das Plangebiet in einer nicht integrierten städtebaulichen Randlage befinde und von Seiten der Stadt Eltmann eine Nachnutzung der in städtebaulich integrierter Lage gelegenen Potentialfläche im Bereich der Dr. Georg-Schäfer Straße in Eltmann für ein Sondergebiet großflächiger Einzelhandel nicht ausreichend untersucht worden sei, bleibt festzuhalten, dass sich die Stadt Eltmann auch mit diesem Vorbringen in nicht zu beanstandender Weise auseinandergesetzt hat. So verweist die Stadt Eltmann sowohl im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung vom 25. November 2015 als auch im Rahmen der Begründung des Bebauungsplans auf den jahrelangen Planungsprozess und die hierbei durchgeführte Variantenprüfung hinsichtlich anderer Standorte.
Darüber hinaus verweist die Beigeladene zu 2) zutreffender Weise auch auf die höhere Landesplanungsbehörde bei der Regierung von Unterfranken, die in ihren Stellungnahmen vom 30. September 2013, vom 7. April 2015, vom 2. Juli 2015 und vom 12. Januar 2016 zu der Einschätzung kommt, dass die Einzelhandelsziele des Landesentwicklungsprogramms Bayern 2013 sowie des RP 3 dem Vorhaben nicht entgegenstehen und insoweit keine Einwände erhoben werden. Bezug genommen wird dabei insbesondere auf das Ziel 5.3.2 des LEP 2013 (S. 57: Einzelhandelsgroßprojekte: Lage in der Gemeinde), wonach die Flächenausweisung für Einzelhandelsgroßprojekte an städtebaulich integrierten Standorten zu erfolgen hat. Abweichend sind Ausweisungen in städtebaulichen Randlagen zulässig, wenn die Gemeinde nachweist, dass geeignete städtebaulich integrierte Standorte auf Grund der topographischen Gegebenheiten nicht vorliegen. Die höhere Landesplanungsbehörde kommt zu der abschließenden Bewertung, dass die Stadt Eltmann mit Schreiben vom 28. März 2013 gegenüber der obersten Landesplanungsbehörde nachvollziehbar nachgewiesen hat, dass geeignete städtebaulich integrierte Standorte auf Grund der topographischen Gegebenheiten i.S.v. Ziel 5.3.2 nicht vorliegen. Die oberste Landesplanungsbehörde sieht in Abstimmung mit der Obersten Baubehörde die Voraussetzungen der Ausnahme von Ziel 5.3.2. als gegeben an. Damit steht Ziel 5.3.2 LEP dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht entgegen (vgl. Stellungnahme der Regierung von Unterfranken vom 30.9.2013, S. 2).
Soweit in diesem Zusammenhang der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache beantragt hat, dass es technisch und wirtschaftlich machbar sei, dass an dem angeregten Standort Dr. Georg-Schäfer Straße ein großflächiger Einzelhandel (Lebensmittelvollsortimenter) über zwei Etagen und mit Parkmöglichkeiten erforderlichenfalls auf dem Dach angesiedelt werden kann, war dieser Antrag zum einen schon deshalb abzulehnen, weil es sich bei der Frage der „wirtschaftlichen Machbarkeit“ der Ansiedlung schon um keine hinreichend konkrete Beweistatsache handelt. Der Begriff ist vollkommen unbestimmt. Dass es „technisch machbar“ ist, dass ein „großflächiger Einzelhandel (Lebensmittelvollsortimenter) über zwei Etagen und mit Parkmöglichkeiten erforderlichenfalls auf dem Dach angesiedelt“ werden kann, zieht die Kammer nicht in Zweifel. Insoweit kann dies als wahr unterstellt werden. Darüber hinaus war der Antrag wegen Unerheblichkeit der Beweistatsache abzulehnen. Denn angesichts der Tatsache, dass streitgegenständlich (nur) die Errichtung eines Lebensmitteldiscounters und eines Lebensmittelvollsortimenters ist, ist es nicht entscheidungsrelevant, ob die Ansiedlung nur eines Lebensmittelvollsortimenters am Standort Dr. Georg-Schäfer Straße technisch und wirtschaftlich machbar ist. Soweit der Klägerbevollmächtigte weiter ein gerichtliches Sachverständigengutachten beantragt hat zum Nachweis der Tatsache, dass auf dem Gemeindegebiet der Stadt Eltmann, auch an anderen Standorten (als den in der Dr. Georg-Schäfer Straße), insbesondere in den Ortsteilen großflächige Einzelhandelsvorhaben technisch und wirtschaftlich möglich sind, war dieser bedingt gestellte Antrag als unzulässiger Beweisermittlungsantrag abzuweisen. Denn für das Vorliegen der unter Beweis gestellten Tatsache fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Der Antrag wurde „ins Blaue hinein“ gestellt, es fehlen jegliche tatsächliche Grundlagen, insbesondere wurden solche im Klageverfahren weder schriftsätzlich noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragen, zumal die Beigeladene zu 2) bereits mit Schriftsätzen vom 23. Januar 2016 und vom 27. März 2017 – von der Klägerin unwidersprochen und auch von der Kammer als plausibel angesehen – mitgeteilt hatte, dass Standortprüfungen sowohl in der Kernstadt als auch in den Stadtteilen ergeben hätten, dass aufgrund der Topografie von Eltmann (Hanglage, Main) in zentraler Lage bzw. am Ortsrand keine geeigneten Flächen zur Ansiedlung eines Einkaufsmarktes zur Verfügung stünden. Schließlich sind die beiden gestellten „Beweisanträge“ ohnehin nicht entscheidungserheblich, weil jedenfalls zum entscheidenden Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung durch die Stadt Eltmann am 25. November 2015 keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich waren, dass diese – also die Stadt Eltmann – Ermittlungen in die jetzt von der Klägerin vorgegebene Richtung hätte anstellen müssen; insbesondere fehlte es zum damaligen Zeitpunkt an einem entsprechenden Vorbringen der Klägerin.
Schließlich kann auch im Zusammenhang mit dem interkommunalen Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB berücksichtigt werden – wie von der Beigeladenen zu 2) im Rahmen der Abwägungsentscheidung geschehen und von der Kammer als relevant angesehen -, dass sich die „Vorhabengemeinde“, die Stadt Eltmann (Unterzentrum), nur das an Umsatz „zurückholt“, was ihr im Vergleich zur Nachbargemeinde, der Gemeinde Ebelsbach, die „nur“ ein Kleinzentrum darstellt, raumordnerisch an sich zusteht (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 17.1.2008 – 1 LB 154/07 – ZfBR 2008, 482; U.v. 27.8.2008 – 1 KN 138/06 – BeckRS 2009, 31578), wenn – wie hier – sich die Einzelhandelssituation der Klägerin als für ein Kleinzentrum recht komfortabel und für die Beigeladene zu 2) als für ein Unterzentrum schlicht unzureichend darstellt. Die Gemeinde Ebelsbach kann nicht verlangen, dass die Stadt Eltmann als benachbartes Unterzentrum aus Rücksicht auf sie (als Kleinzentrum) eigene Anstrengungen unterlässt, sich ebenfalls eine für ein Unterzentrum gebotene (Mindest-)Ausstattung zu verschaffen.
Nach allem hat aus Sicht der Kammer die Beigeladene zu 2) – jedenfalls soweit es um die von der Klägerin erhobenen Einwendungen geht – insbesondere die potentiellen Auswirkungen des Vorhabens auf die Klägerin in jeglicher Hinsicht mit den für und gegen die Planung sprechenden öffentlichen und privaten Belangen gerecht und untereinander abgewogen (§ 1 Abs. 7 BauGB). Die Zulassung der in Rede stehenden Einzelhandelsbetriebe verletzt nicht das in § 2 Abs. 2 BauGB verkörperte interkommunale Abstimmungsgebot zum Nachteil der Klägerin.
Nachdem die Klägerin durch die streitgegenständliche Entscheidung in keinen eigenen Rechten verletzt wird, war die Klage abzuweisen.
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da sich die Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 2) jeweils durch eigene Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt haben (§ 154 Abs. 3 VwGO), entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Aufwendungen der Klägerin aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.


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