Baurecht

Konflikt von Windkraftanlage und Erdbebenmessstation

Aktenzeichen  RO 7 K 14.1558

Datum:
27.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 131075
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchG § 4 Abs. 1 S. 1, S. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1 Nr. 8

 

Leitsatz

1. Die Bewertungen des bayerischen Windenergie-Erlasses stellen nicht lediglich normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, sondern ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität dar, das von der zuständigen Genehmigungsbehörde und vom Gericht nicht ohne fachlichen Grund oder ohne gleichwertigen Ersatz außer Acht gelassen werden darf. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Da es sich beim Windenergie-Erlass nicht um eine Rechtsnorm handelt, kann von dessen Anwendung abgesehen werden, wenn die dort getroffenen Annahmen bzw. Vorgaben im Einzelfall substantiiert erschüttert werden. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Funktionsfähigkeit von Erdbebenmessstationen stellt einen ungeschriebenen öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB dar, der privilegierten Vorhaben wie Windkraftanlagen nach § 35 Abs. 1 BauGB entgegenstehen kann. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine eventuelle bloße formelle Baurechtswidrigkeit einer Erdbebenmessstation vermag das Gewicht des mit ihrem Betrieb verbundenen öffentlichen Interesses im nachbarlichen Verhältnis zu einem Außenbereichsvorhaben nicht entscheidend zu schwächen. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleiche Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO), hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid des Landratsamtes … vom …, in dem der Genehmigungsantrag der Klägerin hinsichtlich der Errichtung und des Betriebs einer Windkraftanlage vom Typ REpower 3.2 M/114/143m mit einer Leistung von 3,2 MW und einer Gesamthöhe von 200 mauf dem Grundstück FlNr. 386/2 der Gemarkung …, Gemeinde S…, abgelehnt wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die mit der Klage zuletzt begehrte Verpflichtung des Beklagten, über ihren Genehmigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Vom Landratsamt wurde nämlich – auch zum bei Verbescheidungsklagen maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 217, 218) – zu Recht die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens verneint.
Die Errichtung und der Betrieb der streitgegenständlichen Windkraftanlage sind aufgrund ihrer Gesamthöhe von 200 mgemäß § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig, aber nicht genehmigungsfähig. Denn die Einhaltung des § 6 BImSchG ist nicht sichergestellt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hat die zuständige Behörde eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass unter anderem die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist eine genehmigungsbedürftige Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Die Formulierung „können“ drückt hierbei aus, dass die Grundpflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bereits die Abwehr potenzieller Risiken bezweckt, es also um einen vorbeugenden Gefahrenschutz geht (vgl. Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 1. Mai 2017, Rn. 61 zu § 5 BImSchG).
Hieran gemessen erweist sich das Vorhaben der Klägerin als nicht genehmigungsfähig. Denn es ist mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die beantragte Windkraftanlage die Messstation GRB 5 der Beigeladenen (bei Ö…B…) und damit das Gräfenberg-Array als Gesamtanlage in seiner Funktion erheblich beeinträchtigt und dadurch erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorruft. Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht ohne dem Beklagten oder Beigeladenen einen Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative einzuräumen.
Das Gericht hat keine Zweifel, dass die Funktionsfähigkeit der Messstationen der Beigeladenen im Gräfenberg-Array, zu dem auch die GRB 5 gehört, der Allgemeinheit dient und deswegen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG geschützt ist. Die Beigeladene hat zur Bedeutung der Messstation GRB 5 und der anderen Messstationen im Gräfenberg-Array Folgendes dargelegt: Die Messstation GRB 5 stelle einen Teil des Verbundes des Gräfenberg-Arrays dar, das aus 13 seismologischen Breitbandstationen bestehe und zwischen den Jahren 1975 und 1980 als weltweit erstes digitales seismologisches Breitband-Array errichtet worden sei. Es liefere die zeitlich am weitesten zurückreichende digitale Breitbanddatenbasis in Deutschland. Sämtliche seit 1976 weltweit stattgefundenen Kernsprengungen würden in diesen Messstationen aufgezeichnet. Die Messstation GRB 5 sei als Teil des Gräfenberg-Arrays ein wesentlicher Baustein der Infrastruktur zur Begegnung nuklearer und radiologischer Bedrohungen. Als solche sei das Gräfenberg-Array auch für die Landesverteidigung von großer Bedeutung, da die Bundeswehr zur Messung von militärischen Nuklearversuchen kein eigenes Netz von Erdbebenmessstationen zur Ortung und Einschätzung von nuklearen und chemischen Explosionen unterhalte. Des Weiteren seien die seismologischen Messeinrichtungen zur Warnung vor Erdbeben für den Zivil- und Katastrophenschutz äußerst wichtig. Die Registrierung der Signale in unveränderter Qualität und Konfiguration sowie der Vergleich mit den bisher aufgezeichneten Daten seien unverzichtbar, auch im Hinblick auf das Kernwaffenteststoppabkommen. Die Erkenntnisse aus den Messstationen würden zur Beratung und Information der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft in allen geowissenschaftlichen und rohstoffwissenschaftlichen Fragen genutzt. Der durch die Messeinrichtungen gewonnene Datenschatz werde auch für internationale seismologische Communities und für internationale Forschungsprojekte bereitgehalten.
Aus diesen Darlegungen ergibt sich für das Gericht nachvollziehbar das Allgemeinwohlinteresse an der Funktionsfähigkeit der Messstation GRB 5 als Teil der Messstationen im Gräfenberg-Array, insbesondere im Hinblick auf die Erdbebenerkennung. Wenn die Klägerseite die Bedeutung der Erdbebenerkennung relativiert, da in Deutschland eine unmittelbare Gefährdung nicht vorliege, überzeugt das nicht; es besteht nämlich auch in nicht unmittelbar gefährdeten Gebieten ein Allgemeinwohlinteresse an der Erdbebenerkennung. Im Übrigen rechtfertigt sich der Allgemeinwohlbezug der Messstationen im Gräfenberg-Array auch aus den anderen genannten Zwecken. Ob die Messstation GRB 5 bzw. das GRF-Array insgesamt im Hinblick auf den Kernwaffenteststoppvertrag relevant ist oder nur – wie von Klägerseite vorgetragen – die Primärstation GERES oder die in der Antarktis, bedarf keiner Würdigung. Denn die Beigeladene hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Messstationen im Gräfenberg-Array unabhängig vom Kernwaffenteststoppvertrag unverzichtbare und im Allgemeinwohlinteresse liegende Daten zur Bewertung, Begegnung und Prävention nuklearer und radiologischer Bedrohungen liefern.
Das Gericht geht davon aus, dass die beantragte Windkraftanlage erhebliche Nachteile für das dargelegte Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit der Messstationen GRB 5 und des Gräfenberg-Arrays als Gesamtsystem hervorruft.
Soweit die Klägerin dem entgegenhält, dass die Messstation GRB 5 aufgrund der Vorbelastungen bzw. Störfaktoren durch eine Windkraftanlage, eine Bundesstraße, eine Staats Straße, eine Betonmischanlage und Deponien für Erdaushub/Schutt nicht mehr funktionsfähig bzw. schutzwürdig ist, vermag sie damit nicht durchzudringen. Die Beigeladene hat insoweit nachvollziehbar erläutert, dass im Bereich der Messstation GRB 5 zwar eine Beeinträchtigung von bestimmten Frequenzbereichen bestehe, insbesondere aber nicht ausschließlich im Frequenzbereich von 2 bis 7 Hz keine Beeinträchtigung vorliege. Diese Erläuterungen hat die Klägerin nicht substantiiert in Frage stellen können. Wenn sie darauf verweist, dass dann auch die beantragte Windkraftanlage unproblematisch sein müsste, verkennt sie, dass die genannten Störfaktoren entweder (auch wegen ihrer Kurzzeitigkeit) gar nicht relevant sind oder von der Relevanz her mit der beantragten Windkraftanlage hinsichtlich ihres durch Höhe und Leistung verursachten Störpotentials nicht vergleichbar sind. Ein Bauwerk wie die beantragte Windkraftanlage mit 200 m Gesamthöhe und 2 MW Nenn-Leistung stellt wegen der Gesamtmasse und der Verbindung mit dem Boden mittels eines Fundaments einen ganz anderen Störfaktor dar als die von Klägerseite aufgezählten Anlagen. Der Energieeintrag in den Boden ist offensichtlich nicht annähernd vergleichbar mit dem angeführten Deponiebetrieb, dem Betonmischwerk und dem Auto- oder LKW-Verkehr auf den Straßen. Gleiches gilt für die in der Nähe befindlichen Windkraftanlagen, da es sich hierbei nur um eine Kleinwindkraftanlage bzw. eine Anlage (ENERCON-40) mit einer Höhe von nur 85 mhandelt. Die Beigeladene bzw. Allgemeinheit hat damit ein schützenswertes Interesse, wenigstens die nicht beeinträchtigten Frequenzbereiche im jetzigen Zustand zu erhalten und Summationswirkungen durch hinzutretende Windenergieanlagen zu vermeiden. An frühere Zustimmungen zu Windkraftanlagen ist die Beigeladene nicht gebunden, erst Recht dann nicht, wenn neue Erkenntnisse zur Störqualität gegeben sind.
Die demnach noch gegebene Funktionalität der Messstation wird – davon geht das Gericht aus – durch die beantragte Windkraftanlage auch erheblich beeinträchtigt mit im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblichen nachteiligen Folgen für die Allgemeinheit. Dies ergibt sich daraus, dass die streitgegenständliche Windkraftanlage bezogen auf die Breitbandmessstation GRB 5 den in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. bder Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (Windenergie-Erlass – BayWEE) vom 19. Juli 2016 (AllMBl 2016 S. 1642) genannten absoluten Mindestabstand von 5 km nicht einhält.
Der Windenergie-Erlass enthält zu den Erdbebenmessstationen folgende Festlegungen:
„7.3.4 Erdbebenmessstationen
1Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover (BGR) und der Erdbebendienst Bayern betreiben im Rahmen völkerrechtlicher Vereinbarungen, der staatlichen Daseinsvorsorge und im internationalen wissenschaftlichen Verbund mehrere seismische Messstationen. 2Die durch WEA erzeugten Erschütterungen führen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage. 3Zur Vermeidung dieser Auswirkung bleibt als wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres einzig der genügend große Abstand der WEA zu den Erdbebenmessstationen. 4Folgende Abstandsflächen sind daher einzuhalten:
a) Station GERES bei … der BGR; (…); es ist ein Mindestabstand von 15 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;
b) Breitbandstationen der BGR (Gräfenberg-Array): (…), Ö… (GRB5), (…); es ist ein Mindestabstand von 5 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;
c) Breitbandstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: (…); es ist ein Mindestabstand von 3 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 5 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen;
d) Weitere Messstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: (…); es ist ein Mindestabstand von 1 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 2 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen.
5Die vorstehenden Abstandsradien ergeben sich aus dem bekannten seismischen, akustischen und seismo-akustischen Störverhalten der WEA. 6Sie spiegeln die unterschiedlichen Mindestanforderungen der verschiedenen seismischen Netzwerke entsprechend der jeweiligen Aufgabenstellung und der daraus resultierenden Anforderungen an den Frequenzbereich, die Empfindlichkeit und die Qualität der Aufzeichnung wider. 7Die Positionen der Messstationen inklusive der Schutzradien und der Links zu den jeweiligen Betreibern finden sich im Energie-Atlas Bayern.“
Diese Bestimmungen in Nr. 7.3.4 BayWEE beanspruchen zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung Geltung, da sie nach Nr. 12 Satz 1 BayWEE am 1. September 2016 in Kraft und die bis dahin anwendbaren Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen vom 20. Dezember 2011 (AllMBl 2012 S. 34) mit Ablauf des 31. August 2016 außer Kraft getreten sind (Nr. 12 Satz 2 BayWEE).
Der Windenergie-Erlass unterscheidet zwischen absoluter Unzulässigkeit von Windkraftanlagen innerhalb eines bestimmten Kilometer-Radius und zwischen Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit nach einer Einzelfallprüfung. Bezogen auf die Messstation der Beigeladenen mit der Bezeichnung GRB 5 (bei Ö…) sind nach Nr. 7.3.4 Satz 4 b) BayWEE Windkraftanlagen absolut unzulässig im Umkreis von einem Radius von 5 km. Eine Einzelfallprüfung ist nicht vorgesehen.
Damit folgt aus dieser Bestimmung die absolute Unzulässigkeit der beantragten Windkraftanlage, nachdem sie nur einen Abstand von 3,4 km zur Messstation GRB 5 aufweist. Aus den Sätzen 2 und 3 von Nr. 7.3.4 BayWEE ergibt sich, dass die durch Windkraftanlagen erzeugten Erschütterungen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage führen, wenn sie nicht den in Nr. 7.3.4 Satz 4 BayWEE geforderten Abstand zu den Erdbebenmessstationen einhalten. Unter Zugrundelegung dieser Aussagen kommt damit die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der streitgegenständlichen Windkraftanlage nicht in Betracht.
Die Bewertungen des Windenergie-Erlasses in Nr. 7.3.4 stellen nach Auffassung des Gerichts keine lediglich normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, sondern ein für die Gerichte grundsätzlich verbindliches „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ dar, wie es der Bayerische Verwaltungsgerichtshof schon für andere Regelungen im Windenergie-Erlass angenommen hat (vgl. BayVGH, B.v. 29.12.2016 – 22 CS 16.2162 unter Verweis auf U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – jeweils juris). Ein solches „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ darf von der zuständigen Genehmigungsbehörde und auch vom Gericht nicht ohne fachlichen Grund oder ohne gleichwertigen Ersatz außer Acht gelassen werden (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – NuR 2014, 736 – juris).
Dies gilt (wie bei den Vorgaben zur artenschutzfachlichen Prüfung) auch für die Vorgaben zu den Messstationen, weil insoweit besonderer Sachverstand und besondere Erfahrungswerte in die Regelung Nr. 7.3.4 BayWEE eingeflossen sind. Zur Begründung wird auf folgende Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts München (U.v. 24.1.2017 – M 1 K 14.1682 – juris) verwiesen, das zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde:
„Die in Nr. 7.3.4 BayWEE enthaltene Aussage, dass zur Vermeidung der genannten Störauswirkungen als einziges wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres der genügend große Abstand der Windkraftanlage zu den dort im Einzelnen näher genannten Erdbebenmessstationen einzuhalten ist, beruht – wie die Erläuterungen des Vertreters des Erdbebendienstes Bayern in der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2017 ergeben haben – auf landesweit fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen und lässt – jedenfalls bezogen auf das Gräfenberg-Array (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE) – regionale und lokale Partikularinteressen in den Hintergrund treten (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – NuR 2014, 736 – juris Rn. 45). Das LfU Bayern hat in Zusammenarbeit mit der LMU München landesweit die Erfahrungen der in Bayern tätigen Erdbebenmessdienste einschließlich der Bundesanstalt ausgewertet. Dabei wurden Erkenntnisse über Störeinträge durch bereits bestehende Windkraftanlagen berücksichtigt. Ferner wurde nach Funktion und Technik der verschiedenen Arten von Messstationen differenziert. Auf dieser Grundlage wurde bestimmt, wie groß die Entfernung zwischen den Messstationen und Windkraftanlagen sein muss, um nicht hinnehmbare Störungen zu vermeiden.
Nach den Erläuterungen des Seismologen Dr. J. W. in der letzten mündlichen Verhandlung haben Untersuchungen des Erdbebendienstes Bayern und der LMU München seit 2011 ergeben, dass bereits Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von bis zu 70 mdurch die von ihnen erzeugten Erschütterungen auf Erdbebenmessstationen einwirken und die Messergebnisse dieser Stationen beeinflussen können. Der Vertreter des Erdbebendienstes Bayern hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass aus heutiger Sicht bereits die für Erdbebenmessstationen außerhalb des Gräfenberg-Array vorgesehenen Mindestabstände (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c BayWEE: Breitbandstationen des Erdbebendienstes Bayern – Mindestabstand: 3 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 3 km und 5 km; Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. d BayWEE: Weitere Messstationen – Mindestabstand: 1 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 1 km und 2 km Mindestabstand) zu gering gewählt wurden. Zur Sicherung des aus 13 aufeinander bezogenen Breitbandmessstationen bestehenden Gräfenberg-Array ist es in Anbetracht dieses Befundes nachvollziehbar, im Unterschied zu den Vorgaben unter Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c und d BayWEE zu den dort genannten Messstationen für die Breitbandstationen der Bundesanstalt einen Mindestabstand von einheitlich 5 km ohne Einzelfallprüfung innerhalb dieses Bereichs vorzusehen. (…).
Die Staffelung der Mindestabstände je nach Bedeutung der Messstationen und ihrer Messergebnisse zwischen 1 und 15 km und die Zulassung von Einzelfallprüfungen – jedenfalls bei bestimmten Mindestabständen bestimmter Messstationen des Erdbebendienstes Bayern – zeigt das Bestreben des Beklagten, bei Erlass von Nr. 7.3.4 BayWEE einen differenzierten und verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der Notwendigkeit sicherer und störungsfreier seismologischer Messungen einerseits und der Zulassung von Windkraftanlagen andererseits auch in der Nähe zu solchen Messstationen vorzunehmen.“
Auf Grund des antizipierten seismologischen Sachverständigengutachtens in Nr. 7.3.4 BayWEE, wonach erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bei Nichteinhaltung des Mindestabstands von 5 km zur Station GRB 5 hervorgerufen werden, kommt es auf einen konkreten Nachweis der Störung der Messergebnisse der GRB 5-Station durch die beantragte Windkraftanlage nicht an (so auch VG München a.a.O.). Zudem ist zu berücksichtigen, dass der in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE genannte Mindestabstand von 5 km im vorliegenden Fall erheblich (um 1,6 km) unterschritten wird.
Ungeachtet der absoluten Unzulässigkeitsvorgabe in Nr. 7.3.4 Satz 4 b) BayWEE dürfte aber dann etwas anderes gelten, wenn die Annahmen bzw. Vorgaben des Windenergie-Erlasses im Einzelfall substantiiert erschüttert werden. Das folgt daraus, dass es sich beim Windenergie-Erlass nicht um Rechtsnormen handelt, sondern um ein antizipiertes Sachverständigengutachten, das im Hinblick auf Mindestabstände – wie aufgeführt – nach Bedeutung und Funktion der Messstationen differenziert und aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse grundsätzlich – also im Sinne einer Vermutung – davon ausgeht, dass sich die Detektions- und Auswertgenauigkeit der seismischen Messdaten der Messstationen des Gräfenberg-Arrays bei Unterschreitung dieses Mindestabstandes so verschlechtern, dass damit erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit verbunden sind.
Die Annahmen des Windenergie-Erlasses sind vorliegend jedoch nicht substantiiert erschüttert. Die Klägerin hat sich mit den Hinweisen in Nr. 7.3.4 BayWEE und den Erkenntnissen des LfU, der LMU München, des Bayerischen Erdbebendienstes und der Beigeladenen, die als besondere fachliche Expertise in die Regelung der Nr. 7.3.4 BayWEE eingeflossen ist, nicht hinreichend fachlich konkret auseinandergesetzt, geschweige denn ihre Richtigkeit erschüttert. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass pauschale Mindestabstände nicht zulässig seien, sondern im Einzelfall eine erhebliche Störung nachzuweisen sei. Dies genügt jedoch wie dargestellt angesichts der Qualifizierung der Nr. 7.3.4 Satz 4 b) BayWEE als „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ nicht.
Vielmehr hat vorliegend die Beigeladene als für derartige Fachfragen zuständige Bundesbehörde und geowissenschaftliches Kompetenzzentrum plausibel dargelegt, dass die angenommenen erheblichen Beeinträchtigungen der Funktion der einzelnen Messstationen und des Arrays als Gesamtsystem auf systematischen Untersuchungen und Auswertungen des Einflusses von hinzukommenden Windkraftanlagen gerade auf das Gräfenberg-Array beruht. Der sich daraus für die BGR ergebende Abstand von 5 km sei ausschließlich für das Gräfenberg-Array ermittelt worden. Dies sei mit der vergleichbaren geologischen Struktur der obersten Erdschichten (bis in eine Tiefe von mehreren hundert Metern begründet). Innerhalb dieses Radius seien erhebliche Störeinträge auf die Messungen festgestellt worden. Die Erhaltung der bisherigen hohen Auflösungsfähigkeit des GRF-Arrays, die sich in einer möglichst niedrigen Detektionsschwelle äußert, ist danach für die Aufgabenwahrnehmung essentiell. Hinzu kommt, dass die Beigeladene auf einen historischen Datenbestand des GRF-Arrays als Referenz zurückgreifen und Dritten zur Verfügung stellen kann, dessen Wert durch weitere Verschlechterungen der Funktion des Arrays weiter verliert. Nach den Erkenntnissen des Gerichts besteht schließlich auch kein Anlass, die Aussage der BGR in Zweifel zu ziehen, dass es bisher keine verlässliche, allgemein anerkannte Methode gibt, um die Auswirkungen von geplanten Windkraftanlagen auf benachbarte seismologische Messstationen berechnen zu können.
Auch das von der Klägerin vorgelegte Gutachten der GuD ändert hieran nichts, zum einen, weil es sich mit den fachlichen Erkenntnissen und über einen längeren Zeitraum gewonnenen Erfahrungen, die der Regelung in Nr. 7.3.4 BayWEE zugrunde liegt, nicht hinreichend inhaltlich auseinandersetzt, zum anderen weil es einen Ansatz verfolgt, der aus Sicht des Gerichts einen geringen Erkenntniswert hat. Denn das Gutachten hat, unabhängig davon, ob ihm angesichts der Beurteilung durch den gerichtlichen Gutachter Prof. Dr. W… und der Beigeladenen überhaupt gefolgt werden kann, nur Aussagekraft im Hinblick auf die Erschütterungsauswirkungen einer Windkraftanlage im Nahbereich (1 km). Für eine Beurteilung eines größeren Wirkbereichs bemüht es eine Prognose, der erhebliche Unsicherheiten immanent sind. Dies gesteht auch die Klägerseite ein, wenn sie im Schriftsatz vom 31. Oktober 2016 ausführt, dass einen endgültigen Aufschluss eine messtechnische Untersuchung vor Ort erbringen könnte, wenn mittels einer künstlichen Anregungsquelle direkt am geplanten Standort der Windenergieanlage eine hohe dynamische Kraft in den Untergrund eingeprägt wird und die hieraus resultierenden Bodenschwingungen auch bis Entfernungen von 1 bis 2 km messtechnisch ermittelt werden. Im Übrigen beruhen die Erkenntnisse der Beigeladenen bzw. die aus dem Windenergie-Erlass auf über viele Jahre in verschiedenen Abstandsbereichen gemessenen Werten bezogen auf mehrere Windkraftanlagen, die Ergebnisse aus dem GuD-Gutachten nur auf zwei- bis dreitägigen Messungen bezogen auf einen Standort. Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob die Kritik am GuD-Gutachten durch den gerichtlichen Gutachter berechtigt ist oder nicht.
Soweit sich die Klägerin auf ein Herausrechnen der Störsignale beruft, vermag sie damit nicht durchzudringen. Denn aus den genannten Bestimmungen des Windenergie-Erlasses, die die Klägerin nicht durch substantiierte Einwendungen mit vergleichbarer fachlicher Art und Qualität erschüttern konnte, folgt, dass Mindestabstände bis auf Weiteres die einzige Möglichkeit zum Schutz der Messstationen darstellen. Gleiches gilt hinsichtlich des Einwands auf Klägerseite, es müssten als milderes Mittel Schutzauflagen verfügt werden. Im Übrigen führt in diesem Zusammenhang die Beigeladene nachvollziehbar im Sinne der Regelungen des Windenergie-Erlasses aus, dass die von Klägerseite vorgeschlagenen Maßnahmen nicht geeignet seien, die erhebliche Beeinträchtigung der Station GRB 5 durch die beantragte Windenergieanlage zu beseitigen. Die Störsignale würden Wellenanteile mit einer Wellenlänge im Bereich von mehreren hundert Metern bis 1 km besitzen. Diese würden in den vorkommenden Frequenzteilen bei etwa 1 Hz und der S-Wellenausbreitungsgeschwindigkeit in den oberen 300 bis 400 mder Kalkschicht von grob 1 km/s liegen. Es gebe derzeit keine umsetzbaren Maßnahmen, welche nachweisbar die Übertragung von Signalen dieser Wellenlänge vermeiden würden. Solche Maßnahmen seien weder im Gräfenberg-Array noch im sonstigen Bundesgebiet erprobt. Die Erschütterungssignale der Windenergieanlagen heraus zu rechnen, wie von Klägerseite vorgebracht, ist nach den Ausführungen der Beigeladenen nicht zielführend. Grund sei ein Inversionsproblem, das in der Seismologie häufig thematisiert werde und worüber ausreichende Erfahrungen vorlägen. Das Quellsignal könne nur mäßig gut bzw. nicht hinreichend genau erfasst werden wegen der ungenauen Kenntnis des Ausbreitungsmediums bis in 1 km Tiefe. Aber selbst wenn es gelänge, die Quellsignale quantitativ ausreichend genau zu erfassen, wäre eine Herausrechnung nicht möglich, weil die Untergrundstruktur im relevanten Bereich zwischen Windenergieanlage und Messstation nicht genügend bekannt sei und sich die Störsignale der Windenergieanlage mit dem natürlichen Rauschen überlagern würden. Sie könnten dann in dem Bereich, in dem sie vergleichbare Amplituden hätten, nicht mehr getrennt werden, wenn beide in gleicher Größenordnung zu den Signaleinträgen beitrügen. Die Abschaltungslösung scheitere bereits daran, dass die erhebliche Beeinträchtigung durch Windenergieanlagen gerade darin bestehe, dass verdächtige Signale gar nicht erst wahrgenommen werden könnten.
Auch diese Stellungnahme der Beigeladenen hält das Gericht, zumal sie im Einklang mit dem antizipierten Sachverständigengutachten von hohem Gewicht stehen, für hinreichend plausibel und nicht durch substantiierte Einlassungen der Klägerin für erschüttert. Soweit die Klägerin hinsichtlich der Dämpfungsmöglichkeiten auf eine Studie von Styles et al. verweist, macht die Beigeladene zu Recht geltend, dass solche Maßnahmen nicht Antragsgegenstand sind; im Übrigen beruft sich die Beigeladene nachvollziehbar darauf, dass damit die Wirksamkeit von Dämpfungsmaßnahmen am konkret beantragten Standort im Gräfenberg-Array mit einem Abstand von 3,4 km nicht nachgewiesen ist, nachdem sich die Studie auf Windkraftanlagen mit einem Mindestabstand von 15 km Radius bezog.
Da es aus den dargelegten Gründen an den Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG fehlt, kommt es auf die Frage der Genehmigungsfähigkeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 35 BauGB, worauf der Beklagte maßgeblich rechtlich abgestellt hat, an sich nicht mehr an. Das Gericht stützt seine Entscheidung dennoch selbständig tragend auch darauf, dass das Vorhaben zudem nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 35 BauGB nicht genehmigungsfähig ist.
Die Funktionsfähigkeit von Erdbebenmessstationen stellt nach Auffassung der Kammer einen ungeschriebenen öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB dar, der privilegierten Vorhaben wie Windkraftanlagen nach § 35 Abs. 1 BauGB entgegenstehen kann. Dabei kann im Ergebnis vorliegend dahinstehen, ob man insoweit auf eine entsprechende Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB zurückgreift (so VG Aachen, B.v. 02.09.2016 – 6 L 38/16; wohl auch OVG Münster, B.v. 09.06.2017 – jeweils juris) oder auf das Rücksichtnahmegebot als ungeschriebenen Belang abstellt. Nach den vorstehenden Ausführungen ist von einer Störung der Funktionsfähigkeit der Messstation GRB 5 und des Gesamt-Arrays mit hinreichender Gewichtigkeit auszugehen. Im Hinblick darauf kommt das Gericht auch zu dem Ergebnis, dass dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung weiterer Verschlechterungen der Funktionsfähigkeit der Messstation als Teil des GRF-Arrays bei der nachvollziehenden Abwägung im Rahmen des „Entgegenstehens“ nach § 35 Abs. 3 BauGB bzw. der Bewertung der Zumutbarkeit beim Rücksichtnahmegebot der Vorrang gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin und dem öffentlichen Interesse am Ausbau der Gewinnung erneuerbarer Energie einzuräumen ist.
Insoweit ist von Belang, dass hier jeweils nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässige Vorhaben in Konflikt stehen. Insoweit hat die Klägerin nachvollziehbar dargestellt, dass die hochsensiblen Messstationen zur Vermeidung von Erschütterung des Bodens durch anthropogene Einflüsse im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB wegen ihrer besonderen Anforderungen an die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen. Soweit die Klägerin einwendet, die Messstation sei nicht schutzwürdig, weil sie baurechtlich nicht genehmigt sei, so folgt dem das Gericht nicht. Es spricht bereits viel dafür, dass die Messstationen jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Errichtung nicht genehmigungspflichtig waren. Art. 83 Abs. 1 Nr. 22 BayBO i.d.F. vom 1.10.1974 (GVBl 1974, 513) sah nämlich vor, dass die Errichtung von künstlichen Hohlräumen unter der Erdoberfläche mit einem Rauminhalt bis zu 50 cbm genehmigungsfrei war. Die Messstationen bestehen aus einem Seismometer als technisches Gerät, der sich zum Schutz vor Beschädigungen in einem Schacht unter der Erdoberfläche mit einer Tiefe von 3 m – 5 m und einem Durchmesser von ca. 2 m befindet, so dass die genannte Ausnahme greifen könnte. Dies bedarf aber keiner abschließenden Prüfung. Denn jedenfalls ist der Betrieb der Messstationen, die seit Jahrzehnten bestehen, von den zuständigen Bauaufsichtsbehörden zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt worden. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass von Seiten des Beklagten zukünftig Beseitigungsverlangen gestellt werden würden. Vielmehr geht der Beklagte nach dem Windenergie-Erlass offenbar von der Schutzwürdigkeit der bestehenden Messstationen aus. Das Gericht nimmt infolge der baurechtlichen Privilegierung und der im Hinblick auf die angesprochene Beschaffenheit der Messstationen geringen Auswirkungen auf die Umgebung auch die Genehmigungsfähigkeit der Messstationen an, sollte eine Genehmigungspflicht dennoch gegeben sein. Eine eventuelle bloße formelle Baurechtswidrigkeit der Messstation vermag das Gewicht des mit ihrem Betrieb verbundenen öffentlichen Interessen im nachbarlichen Verhältnis zum Außenbereichsvorhaben der Klägerin nicht entscheidend zu schwächen (vgl. OVG Koblenz, U.v.13.1.2016 – 8 A 10535/15 – juris Rn. 115 zu einer Wetterradarstation). Im Rahmen der nachvollziehenden Abwägung streiten schließlich zugunsten des Schutzes des GRF-Arrays das angesprochene öffentliche Interesse am Betrieb der Messstationen sowie der besondere Umstand, dass neben der hohen Registrierqualität des GRF-Arrays der erfasste und verarbeitete Datenbestand über Jahrzehnte eine hohe Bedeutung als Referenzmaterial für aktuelle und künftige Ereignisse hat. Demgegenüber ergibt sich nicht, dass die geplante Windkraftanlage auf den konkret vorgesehenen Standort angewiesen ist, so dass es auch im Hinblick auf den Prioritätsgrundsatz geboten ist, dass die Windkraftanlage den geforderten Abstand von 5 km einhält.
Nach alledem hat das Landratsamt … mit Bescheid vom … auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu Recht den Genehmigungsantrag abgelehnt.
Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 VwGO), weshalb es angemessen ist, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.
Die Berufung wurde gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da es nach Auffassung des Gerichts grundsätzliche Bedeutung hat, ob bzw. inwieweit die Regelungen in Nr. 7.3.4 BayWEE Bindungswirkung für das Gericht haben.


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