Baurecht

Kostenentscheidung nach Hauptsachenerledigung – Beurteilung von Geruchsbelastungen bei der Haltung von Wachteln

Aktenzeichen  15 B 16.1239

Datum:
11.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 54893
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 161 Abs. 2
BayVwVfG Art. 37

 

Leitsatz

Eine gefestigte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Beurteilung von Geruchsbelastungen bei der Haltung von Aufzucht- bzw. Mastwachteln und Wachtelelterntieren existiert bislang nicht. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 6 K 13.2135 2015-01-27 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Das Verfahren wird eingestellt.
II.
Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 27. Januar 2015 ist wirkungslos geworden.
III.
Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt die Klägerin die Hälfte; der Beklagte und der Beigeladene tragen jeweils ein Viertel der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, wobei der Beigeladene die (andere) Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte jeweils zur Hälfte. Der Beigeladene trägt seine im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.
IV.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

1. Das Verfahren ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigterklärungen der Parteien (Schriftsätze vom 12. Oktober 2016 und vom 19. Oktober 2016) beendet und in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 27. Januar 2015 ist wirkungslos geworden (§ 173 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entsprechend).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht bei Erledigung der Hauptsache nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die hierbei maßgebliche Beurteilung der Erfolgsaussichten bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses kommen wegen des kursorischen Charakters der Kostenentscheidung etwa erforderliche weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts nicht in Betracht; auch schwierige Rechtsfragen sind nicht mehr zu entscheiden (BayVGH, B. v. 25.09.2007 – 26 N 05.1670 – juris Rn. 2; B. v. 5.2.2015 – 15 N 12.1518 – juris Rn. 2).
Im vorliegenden Fall sind die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits als offen zu werten: Eine gefestigte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Beurteilung von Geruchsbelastungen bei der Haltung von Aufzucht- bzw. Mastwachteln und Wachtelelterntieren existiert – soweit ersichtlich – bislang nicht (vgl. auch Seiten 2 ff. des Zulassungsbeschlusses des Senats vom 17. Juni 2016 – 15 ZB 15.644). Zwar sprechen gewichtige Erwägungen dafür, dass die ursprüngliche (streitgegenständliche) Baugenehmigung dem Bestimmtheitsgebot in Bezug auf nachbarschutzrelevante Umstände (Rücksichtnahmegebot) nicht genügt haben könnte (vgl. jeweils m. w. N.: BayVGH, B. v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16; B. v. 27.5.2011 – 14 B 10.773 – juris Rn. 24 ff.; B. v. 5.10.2011 – 15 CS 11.1858 – juris Rn. 14; OVG NW, B. v. 30.5.2005 – 10 A 2017/03 – BauR 2005, 1495 = juris Rn. 4 ff.; ThürOVG, U. v. 24.11.2005 – 1 KO 531/02 – juris Rn. 31 ff.), weil diverse Umstände (bis zum Erlass des Ergänzungsbescheids vom 16. September 2016) sich weder einer von der erteilten Baugenehmigung umfassten Betriebsbeschreibung i. S. von § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV noch Inhalts- oder Nebenbestimmungen der Baugenehmigung entnehmen ließen (vgl. Seite 5 des Zulassungsbeschlusses des Senats vom 17. Juni 2016 – 15 ZB 15.644). Gleichwohl erscheint es nach Aktenlage jedenfalls ebenso möglich, dass eine am Maßstab des Rücksichtnahmegebots unzumutbare Geruchsbelastung auch bei anfänglich weiter Variationsbreite nach Maßgabe der angefochtenen Baugenehmigung (also ohne die Konkretisierungen durch den Bescheid vom 16. September 2016) im Sinne einer „Worst-Case-Betrachtung“ (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 19. Oktober 2016) unter keinen Umständen eingetreten wäre. Die abschließende Klärung dieser Frage hätte aber der weiteren Sachaufklärung im Berufungsverfahren bedurft, die im Rahmen der Entscheidung über die Kostentragung nach § 162 Abs. 2 VwGO nicht in Betracht kommt (vgl. auch Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 161 Rn. 15 m. w. N.).
Von Vorstehendem ausgehend entspricht es angesichts der Umstände (offene Erfolgsaussichten) billigem Ermessen, dass die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens der Klägerin zur Hälfte zur Last fallen. Die andere Hälfte der Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Beklagte und der Beigeladene (jeweils ein Viertel). Die Beteiligung des Beigeladenen an den Gerichtskosten erscheint insoweit billig, weil der Beigeladene im erstinstanzlichen Verfahren einen (Klageabweisungs-) Antrag gestellt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Da sich der Beigeladene aufgrund dieses Antrags am Prozessrisiko beteiligt hat, entspricht es der Billigkeit, die Klägerin entsprechend ihrer Quote auch mit der Hälfte an den außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu beteiligen (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO, vgl. BayVGH, B. v. 13.3.2012 – 22 AS 10.40042 – juris Rn. 8).
Für das Berufungsverfahren wird angesichts der offenen Erfolgsaussichten eine jeweils hälftige Kostenverteilung zwischen der Klägerin und dem Beklagten als ermessensgerecht erachtet. Da der Beigeladene weder Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt noch einen Sachantrag im Berufungsverfahren gestellt hat, konnten ihm für das Berufungsverfahren keine Kosten auferlegt werden (§154 Abs. 3 Halbs. 1 VwGO); weil der Beigeladene im Berufungsverfahren nicht an der Kostenlast zu beteiligen ist, hat er seine außergerichtlichen Kosten insoweit selbst zu tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO, vgl. BayVGH, B. v. 18.8.2015 – 15 B 13.1951 – juris Rn. 11).
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 sowie § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sie orientiert sich an der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht, gegen die keine Einwände erhoben worden sind. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es bei der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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