Baurecht

Kostenvorschuss für Selbstvornahme der Mängelbeseitigung

Aktenzeichen  18 O 11774/08

Datum:
7.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 56987
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VOB/B (idF 1992/1998) § 13 Nr. 5 Abs. 2
BGB § 634 Nr. 4, § 280

 

Leitsatz

Die so genannte Symptomrechtsprechung des BGH kann nicht zu Lasten des Auftraggebers gegen diesen verjährungsverkürzend umgedreht und dahingehend ausgelegt werden, dass mit der Rüge eines Mangels sämtliche sich später im Kontext zeigenden anderen Mängel oder Mängelfolgen als mitgerügt gelten. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 430.190,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %- Punkten über dem Basiszinssatz seit 24.09.2008 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und zu 2) verpflichtet sind, der Klägerin den für die Beseitigung der Mängel in der Tiefgarage des Anwesens … in … (unzureichende Bodendeckung Boden und Stützen, Korrosion Bewehrung, Pfützenbildung Boden) erforderlichen Aufwand zu erstatten, soweit dieser 425.500,00 € übersteigt.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Widerklage wird abgewiesen.
5. Von den Gerichtskosten trägt die Klägerin 4 %, die Beklagten tragen als Gesamtschuldner 86 % und die Beklagte zu 1) trägt darüber hinaus 10 %.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner zu 86 %, die Beklagte zu 1) allein zu 10 % und im Übrigen die Klägerin selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt die Klägerin zu 2 % und im Übrigen die Beklagte zu 1) selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin zu 4 % und im Übrigen die Beklagte zu 2) selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) trägt die Klägerin.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten verstehen sich jeweils einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens vor dem Landgericht München I, Az. 18 OH 10123/05.
6. Das Urteil ist für die Klägerin und die Beklagten jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird bis zum 28.06.2011 auf 470.000,00 € und für die Zeit vom 29.06.2011 bis 04.04.2016 auf 563.541,09 € und für die Zeit danach auf 576.350,76 festgesetzt.
(Klage Ziff. 1 = 454.690,00, Ziffer 2. = 15.310,00 €; Widerklage vom 28.06.2011 93.541,09 €, Widerklageerhöhung vom 04.04.2016 in Ziff. 2. um 12.809,67 €)

Gründe

Die zulässige Klage ist in Bezug auf die Beklagten zu 1) und zu 2) überwiegend begründet und in Bezug auf die Beklagte zu 3) unbegründet. Die zulässige Widerklage der Beklagten zu 1) ist unbergründet.
I. Zur Klage
Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner nach § 13 Ziff. 5 Abs. 2 VOB/B (1992/1998) (Beklagte zu 1) und nach §§ 634 Nr. 4, 280 BGB (Beklagte zu 2) in Höhe von 425.000,00 € einen Anspruch auf Kostenvorschuss für die Selbstvornahme der Beseitigung der von ihr unter Ziffern 2. bis 4. gerügten Mängel der Tiefgarage; nicht hingegen für die unmittelbare Beseitigung unter Ziffer 1. angeführten Risse in der Bodenplatte und Decke/Wänden. Darüberhinaus kann sie Ersatz der Kosten des Gutachtens … zur vorgerichtlichen Feststellung der Mängel in Höhe von 4.680,00 € verlangen. Insgesamt ist der Zahlungsantrag in Höhe von 430.190,00 € begründet. Da beim Kostenvorschuss die Mangelbeseitigungskosten nur vorläufig bemessen werden, ist auch der Anspruch auf Feststellung der Verpflichtung zur Erstattung etwaiger weitergehender Kosten der Mängelbeseitigung (Klageantrag Ziifer 2.) zulässig und begründet.
1. Ansprüche gegen die Beklagte zu 1)
Die Klägerin kann aus von der … im notariellen Kaufvertrag vom 21.12.1999 unter § 7 Ziffer 3. abgetretenem Recht von der Beklagten zu 1) nach § 3 Ziff. 5 Abs. 2 VOB/B (1992/1998) Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung in der ausgeurteilten Höhe verlangen. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1), … war aufgrund VOB-Bauvertrages vom 27.04./03.06.1998 mit der Rohbauausführung u.a. der hier streitgegenständlichen Tiefgarage beauftragt.
Die Rohbauanahme erfolgte gemäß Abnahmeprotokollen am 13.08.1999 und 27.10.1999 (Anlagenmappe Bekl. Zu 1); B.1.2 und B. 1.3.).
1.1. Die Verjährungseinrede der Beklagten zu 1) gegen den Vorschussanspruch greift nur in Bezug auf Kosten zur unmittelbaren Beseitigung der Risse im Tiefgaragenboden durch. Wegen der weiteren Mängel ist der Anspruch nicht verjährt.
Im Einzelnen:
Die Gewährleistungsfrist betrug nach § 8. Ziffer. 3 des Bauvertrages vom 29.10.1999 (Anlagen Bekl. Zu 1) B.1.1.) fünf Jahre. Denn es handelte sich bei der als weiße Wanne konzipierten Tiefgarage um ein wasserundurchlässiges Bauteil. Die für wasserdurchlässige Bauteile vereinbarte 10-jährige Verjährungsfrist kommt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zum Tragen. Soweit sie sich auf einen Schreibfehler beruft, müsste sich die Beklagte zu 1) entsprechende Unklarheiten nur zu ihren Lasten entgegenhalten lassen, wenn es sich bei der Regelung um AGB handeln sollte und die Beklagten zu 1) deren Verwender war. Dies wurde nicht weiter vertieft. Die Parteien waren auch in den Protokollen vom 07.10.1999 und vom 29.10.1999 (Analgen Bekl. Zu 1). B.2. und B.3.) zur Abnahme der Gesamtleistung am 13.08.1999 einig, dass die Gewährleistungsfrist am 30.11.2004 endete. Durch die von der Beklagten zu 2) für die Klägerin verfasste Mängelrüge vom 07.10.2004 (Anlage K 7) verlängerte sich die Verjährungsfrist für die dort angeführten und hier streitgegenständlichen Mängel gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Nr. 1 VOB/B in der Fassung von 1992 um zwei Jahre ab Zugang des Schreibens – mit Ausnahme des Mangels „Risse“. Diese waren nämlich bereits mit Schreiben der Beklagten zu 2) vom 30.03.2000 (Anlagen Bekl. zu 1) B 1.7.) schon einmal gerügt worden. Die Verlängerung der Verjährungsfrist um 2 Jahre nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B gibt es nur einmal (Ingenstau/Korbion-Wirth § 13 Abs. 5 VOB/B Rz. 111). Diese erste Mängelrüge „Risse“ vom 30.03.2000 erstreckt sich jedoch entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) nicht auf alle weiteren Mängel der Tiefgarage. Sie kann sich insbesondere nicht auf die Symptomrechtsprechung des BGH berufen. Zum einen handelt es sich bei den im Jahr 2000 gerügten Rissen weder um ein Symptom der zu geringen Betonüberdeckung noch der Korrosionserscheinungen. Letztere sind Folgen der Risse und der Betonminderdeckung. Die Symptomrechtsprechung ist zu Gunsten der Auftraggeber entwickelt worden, denen die häufig technisch komplexe Erforschung der Ursachen von auftretenden Mangelsymptomen zur Darlegung von Mängeln nicht auferlegt werden soll. Diese Symptomrechtsprechung kann nicht zulasten des Auftraggebers gegen diesen verjährungsverkürzend umgedreht und dahingehend ausgelegt werden, dass mit der Rüge eines Mangels sämtliche sich später im Kontext zeigenden anderen Mängel oder Mängelfolgen als mitgerügt gelten.
Der am 24.01.2005 bei Gericht eingegangene Antrag der Klägerin auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens hat daher die Verjährung des Anspruchs auf Kostenvorschuss für die Beseitigung für alle hier streitgegenständlichen gerügten Mängel mit Ausnahme der „Risse“ in der Bodenplatte der Tiefgarage gehemmt.
1.2. In der Sache steht der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) als Herstellerin unter anderem der gegenständlichen Tiefgarage gemäß Bauvertrag vom 27.04./03.06.1998 (Anlagen Bekl. 1) B1.1.), in dem die Geltung der VOB/B vereinbart wurde, nach § 13 Ziffer 5, Abs. 2 VOB/B in der damals gültigen Fassung 1992/1998 ein Anspruch auf Kostenvorschuss für die Beseitigung der festgestellten Mängel zu.
1.2.1. Das Gericht folgt den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen … in seinem Hauptgutachten und den Ergänzungsgutachten. Danach liegen folgende Mängel vor:
1.2.1.1: Unzureichende Betondeckung
Der Sachverständige … stellt im Hauptgutachten vom 16.08.2006 unter Ziff. 5.3. S. 28 (s.a. Ergänzungsgutachten vom 04.04.2007 S. 9) fest, dass bei 10 von den im Beweisbeschluss vorgegebenen 12 untersuchten Stellen der Bodenplatte die minimale Bodendeckung vom 3,5 cm nicht erreicht worden sei. Er bezieht sich unter 4.3. (S. 22 des Gutachtens, sowie bestätigt im Ergänzungsgutachten vom 04.04.2017 S. 8) auf die zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes gültige DIN 1045, die hinsichtlich der Bodendeckung für Bauteile im Einwirkungsbereich von Tausalzen eine minimale Betondeckung von 4,0 cm vorschreibe. Die nominelle Betondeckung setze sich aus der minimalen Betondeckung und einem Vorhaltemaß von 1,0 cm zusammen und betrage demnach 5,0 cm. Dem hätten auch die auf Hinweise des Prüfingenieurs im Zuge der Tragwerksplanung geänderte Eintragungen in den Bewehrungsplänen entsprochen (Gut. S. 20 f.) Insofern ergebe sich zur Beurteilung eine erforderliche minimale Betondeckung in denjenigen Bereichen, die durch tausalzhaltiges Spritzwasser beansprucht würden. Insgesamt sei zur Beseitigung des Mangels der Betonminderstärke bei Erzielung eines einheitlichen Erscheinungsbildes die Sanierung einer Gesamtfläche von 122 qm erforderlich (Zuletzt Ergänzungsgutachten vom 16.02.2018 S. 23).
Bei 35 untersuchten Stützen erfüllten bei einer Messung in Höhe von 50 cm über der Bodenplatte 25 Stützen die Minimalanforderung von 3,5 cm an die Bodendeckung nicht. (Hauptgutachten vom 16.08.2006 Ziff. 5.3. S. 28) An 23 untersuchten Stützen wird der Minimalwert von 2,0 cm unterschritten (Ergänzungsgutachten vom 09.01.2013 S. 4) Ich insoweit stellt der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend auch Mängel der Beschichtung im Bereich der Stützen fest.
1.2.1.2. Pfützenbildung
Hier stellt der Gutachter im Hauptgutachten unter Punkt 3.4. (s. 16) fest, dass sich in mehreren Bereichen der Tiefgarage Wasserpfützen befanden, vielfach bei Stützen oder Wänden oder im Bereich der Arbeitsfugen. Zwar habe es bei Errichtung der Tiefgarage keine technischen Regeln zur Entwässerung gegeben. Jedoch seien bei entsprechend geplantem Gefälle üblicherweise Verdunstungsrinnen vorgesehen, in denen sich das anfallende Wasser sammeln könne (Hauptgut. V. 16.08.2006 Ziff. 5.4. S. 29) Dass solche Verdunstungsrinnen im vorliegenden Fall nicht geplant worden seien, sieht der Gutachter im Hinblick auf eine Vergrößerung des Korrosionsrisikos ebenso als Planungsfehler an, wie die Planung einer Arbeitsfuge längs einem planmäßigen Gefälletiefpunkt (Hauptgutachten, ebenda).
1.2.1.3. Korrosion
Korrosionsspuren hat der Sachverständige gemäß Hauptgutachten vom 16.08.2006 unter Ziff. 3.2. S. 12) im Bodenbereich unmittelbar bei der Stütze in Achse D/11 bei breichsweise hohl liegendem Beton, bei der Stütze in Achse D/9 im Bereich des Stützenfußes, beim Stellplatz C 128 im Bereich der dortigen Boden-Wand-Fuge, sowie bei der Stütze B/17 (zwei abgetrennte korrodierende Bewehrungsstähle im Boden) festgestellt.
Als Ursache der Korrosionsschäden sieht der Gutachter im Zusammenspiel der festgestellten Mängel: Den vorhandenen Rissbildungen in der Bodenplatte, der bereichsweise zu geringen Bodendeckung, sowie der unzureichend geplanten Gefällesituation ohne Verdunstungsrinnen. (so deutlich im Ergänzungsgutachten vom 04.04.2007, S. 7)
1.2.1.4. Nicht zu berücksichtigen sind die gerügten Mängel der Beseitigung der Risse in der Bodenplatte sowie der Längs- und Querrisse in der Betondecke und im Wandputz.
Hinsichtlich der Risse in der Bodenplatte war das Gewährleistungsrecht der Klägerin verjährt (S. Oben Ziffer 1.1.1. und 2. 1., sodass es auf die diesbezüglichen gutachterlichen Feststellungen nicht ankommt.
Die behaupteten Risse in der Decke im Bereich der Stellplätze D192 und D144 sowie in der Wand bei den Stellplätzen C 133 und C 151 wurden zwar Risse vom Gutachter … im Hauptgutachten vom 16.08.2006 unter Ziffer 3.1.3. auf Seite 12 festgestellt. Er führte aus, dass diese keine Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit sondern lediglich eine optische Beeinträchtigung darstellten (ebenda Ziffer 5.1. Seite 27). Da er keine Aussagen zur Ursache dieser Rissbildung treffen konnte, waren diese auch nicht als Mängel der Beklagten zu 1) zuzurechnen.
1.2.2. Die festgestellten Mängel sind der Beklagten zu 1) (neben der Beklagten zu 2); siehe dazu unter Ziff. 2.) in vollem Umfang zuzurechnen. Eine quotale Haftung insbesondere im Verhältnis zur Beklagten zu 2) ist nicht angezeigt.
Bei der Ausführung der Bodenplatte hat die Beklagte zu 1) an den festgestellten Punkten die planerischen Vorgaben unterschritten; hier liegt ohne weiteres ein Ausführungsfehler vor (Vgl. Auch Hauptgutachten v. 16.08.2006, S. 35). Als Fachunternehmen musste sie auch wissen und erkennen, dass die Beschichtung bei den Stützen im behaupteten Umfang unzureichend war. Als Fachunternehmen hätte sie ferner wissen und erkennen können, dass die Planung des Gefälles ohne ausreichende Verdunstungsfugen und einem Tiefpunkt des Gefälles entlang eines Arbeitsbereiches zu Pfützenbildung mit Erhöhung des Korrosionsrisikos führen würde. Hier hätte die Beklagte zu 1) Bedenken anmelden müssen (Vgl. auch Ergänzungsgutachten vom 25.09.2013 S. 12). Auf eine unzureichende Überwachung durch die Beklagte zu 2) kann sich die Beklagte zu 1) nicht berufen.
1.2.3. Die Klägerin hatte, vertreten durch die Beklagen zu 2) mit Schreiben vom 07.10.2004 (Anlage K 7) die Mängel, die hier streitgegenständlich geworden sind, unter Fristsetzung zum 29.10.2004 gerügt. Die Beklagte zu 1) hat die Mängel nicht behoben.
Sie kann sich nicht darauf berufen, dass sie mit Schriftsatz vom 13.03.2008 im selbständigen Beweisverfahren OH 10123/05 (dort S. 122) die Ausbesserung einzelner Mängel in einem von ihr angegebenen Kostenbereich von 3.884,00 € angeboten hat. Denn sie hat ungeeignete Mängelbeseitigungsmaßnahmen und auch nur in eingeschränktem Umfang angeboten. Der Sachverständige Dr.-Ing. R. hat festgestellt, dass zur Beseitigung (Kompensation) der festgestellten Mängel nach dem heutigen Stand der Technik ein flächiges Oberflächenschutzsystem angebracht werden muss (Ergänzungsgutachten vom 25.09.2013, S. 2 f.; dazu auch unter 1.2.4.) Auf Ausbesserungsarbeiten musste sich die Klagepartei daher nicht einlassen (Vgl. Ingenstau/Korbion – Wirth VOB/B § 13 Abs. 5 Rz. 143).
1.2.4. Kosten der Mängelbeseitigung
Der Sachverständige hat im Hauptgutachten vom 16.08.2006 unter Ziffer 7, S. 32 ff. nachvollziehbar und überzeugend als Kosten der Beseitigung aller begutachteten Mängel (einschließlich der Beseitigung von Rissen in Bodenplatte und Decke/Wände) aufgerundet 450.000,00 € angesetzt.
Dabei entfielen auf:
Sanierung der unzureichenden Bodenplatte (ohne Abdichtung der Risse)
-Für das Aufbringen eines geeigneten OS 11 a auf den Boden inklusive vorbereitender Arbeiten: 239.000,00
-Malerarbeiten bzw. Markierung der Stellplatzflächen 42.000,00 €,
-Instandsetzung korrodierender Bewehrung: 60.000,00 € (näher ausgeführt im Ergänzungsgutachten vom 25.09.2013 S. 18)
Schutz der Stützen und Wandfüsse im Bereich des Sprühnebels
-Aufbringen eines geeigneten OS 4 auf die Stützen inkl Vorbereitung: 5.000,00 €
-Aufbringen eines geeigneten OS 4 auf die Betonwände inkl. Vorbereitung: 13.000,00 €
Planung der Instandsetzung: 25.000,00 €
Einrichtung der Baustelle: 20.000,00 €
Unvorhergesehenes (insbes. hins. Aufmaß): 20.000,00 €
Unter Abzug der vom Gutachter ausgeworfenen Position von 20.000,00 € für die Behandlung der Risse in der Bodenplatte, sowie der Positionen für die Überarbeitung der Rissbildungen in Wänden und Decke in Höhe von insgesamt 4.500,- € ergeben sich somit voraussichtliche Kosten der Mängelbeseitigung in Höhe von gerundet 425.500,00 €
Die Aufbringung eines flächigen Oberflächenschutzsystems, ist – wie der Gutachter u.a. im Ergänzungsgutachten vom 25.09.2013 S. 3 nachvollziehbar ausführt – zur Kompensation sämtlicher festgestellten Mängel, des mangehaften Gefälles mit Pfützenbildung, der Risse und der zu geringen Bodendeckungen notwendig, um weiteren Chlorideintrag insbes. durch Tausalzablagerungen in den Beton zu verhindern. Teilausbesserungen einzelner schadhaften Stellen lehnt er sowohl aus technischer Sicht als auch aus optischen Gründen nachvollziehbar ab. (Siehe auch Ergänzungsgutachten vom 11.09.2015 S. 3). Nach dem – für die Sanierung der Mängel maßgeblichen aktuellen Stand der Technik – ist die Aufbringung eines Oberflächenschutzsystems zwingend vorgeschrieben (Hauptgutachten vom 16.08.2006; Ziff. 6, S. 29) Weder ist eine etwaige Wertsteigerung durch eine neuwertige Oberflächenbeschichtung zu berücksichtigen, noch sind hier im Rechtssinne „Sowieso-Kosten“ in Abzug zu bringen. Ein dem heutigen Stand der Technik entsprechendes Oberflächenschutzsystem war nach den Ausführungen des Sachverständigen zum Zeitpunkt der Planung und Ausführung nicht geschuldet; die Mängel hätten durch Einhaltung der geltenden Standards für Beschichtung (Mindestbetondeckung) Bewehrung und Gefälle vermieden werden können. Die OS-Beschichtung ist insofern Kompensation aller festgestellten Mängel. Die Beklagte zu 1) schuldet eine Mangelbeseitigung nach heutigem Stand der Technik. Diese wären nicht „sowieso“ angefallen, da bei mangelfreier Erstellung der Tiefgarage keine neue Beschichtung erforderlich geworden wäre.
1.2.5. Darüber hinaus kann die Klägerin als Schadensersatz die Kosten des Privatgutachtens … für die sachverständige Feststellung der Mängel in Höhe von 4.690,00 € verlangen.
2. Ansprüche gegen die Beklagte zu 2)
Gegen die Beklagte zu 2) steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nach §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB in Form der Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages zur Vorfinanzierung der Mangelbeseitigung zu. Ein solcher Vorschussanspruch gegen den planenden und überwachenden Architekten ist seit der Entscheidung des BGH vom 22.02.2018 (Az. VII ZR 46/17) an Stelle des früher gewährten Ersatzes fiktiver Mängelbeseitigungskosten möglich. Die Klagerpartei hat mit Schriftsatz vom 12.04.2018 (Bl. 685 d.A.) ihr Begehren insoweit präzisiert.
Die Beklagte zu 2) war von der … auf Grundlage des Architektenvertrages vom 10.09.1997 (Anlage K 4) unter § 1 Ziffer 2. Mit Leistungen im Rahmen von 6 Projektstufen, darunter zunächst mit den Planungen (Projektstufen 1. und 2), und später auch mit der Objektüberwachnung beauftragt.
Sie haftet daher sowohl für ihre Planungsfehler, als auch gemeinsam mit der Beklagten zu 1) für ihre Überwachungsfehler. Da sie mit der Objektüberwachung beauftragt war, hatte sie auch die die Ausführung der Bodendeckung durch die Beklagte zu 1) zu überwachen. Sie war jedenfalls zu stichprobenartigen Kontrollen auch der Stärke der angebrachten Betondeckung verpflichtet.
Wegen der festgestellten Mängel und der voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung wird auf die Ausführungen zur Beklagten zu 1) unter 1.2.2. Und 1.2.4. Bezug genommen. Sie hat wie die Beklagte zu 1) (1.2.5.) samtverbindlich auch die Kosten des Privatgutachtens … für die vorgerichtliche sachverständige Feststellung der Mängel einzustehen.
Der Gewährleistungsanspruch gegen die Beklagte zu 2) ist nicht verjährt. Denn nach den Grundsätzen der für umfassend beauftragte Architekten geltenden Sekundärhaftung kann sich die Beklagte zu 2) nicht auf die (Ende Oktober 2004 eingetretene) Verjährung der Primärhaftunsansprüche berufen. Die Beklagte zu 2) war mit allen Leistungsphasen, insbesondere mit der Planung und der Überwachung beauftragt. Die hier streitgegenständlichen Mängel waren ihr aufgrund des von ihr verfassten Schreibens an die Beklagte zu 1) vom 07.10.2004 (Anlage K 7), mit der sie zur Mängelbeseitigung aufforderte, vor Eintritt der Verjährung von gegen sie selbst gerichtete Gewährleistungsansprüchen in vollem Umfang bekannt. Sie hätte der Klägerin rechtzeitig vor Verjährungseintriit mitteilen müssen, dass diese Mängel (auch) auf ihrer eigenen fehlerhaften Planung und auch auf ihrer fehlerhaften Überwachung beruhte. Dies hat sie unterlassen. Ihr Einwand, diese Unterlassung sei für die für die Verjährung der gegen sie gerichteten Gewährleistungsansprüche nicht kausal geworden, da der Klägerin das Gutachten des von ihr beauftragten Sachverständigen … vom 30.09.2004 (Anlage Ast 1 zum OH-Verfahren 18 OH 10123/05) bekannt gewesen sei, aus dem auch auf Versäumnisse der Planung der Beklagten zu 2), insbesondere au f S. 18 unter Ziff. 4.2. Und auf S. 20 unter Zif. 4.5 hingewiesen worden sei, greift nicht durch. Denn ein Hinweis auf das vom Gutachter festgestellte Überwachungsverschulden fehlt.
3. Ansprüche gegen die Beklagte zu 3)
Es kann offen bleiben, ob die von der Beklagten zu 3) erhobene Verjährungseinrede durchgreift. Denn die Klägerin hat in der Sache keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 3) auf Vorschuss zur Mängelbeseitigung. Denn laut den nachvollziehbaren und überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen im Ergänzungsgutachten vom 04.04.2007 (dort S. 3 und 5) hat die Beklage zu 3) als Tragwerksplanerin ihre Planungen zur Bodenplatte aus der zum Planungszeitpunkt gegebenen technischen Sichtweise mangelfrei erbracht.
4. Der Anspruch auf Verzinsung der Klageforderung in Höhe von 8 %- Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (Klagezustellung an Bekl. zu 1) und zu 2) am 24.09.2008) folgt aus §§ 288 Abs. 2, 291 BGB.
II. Zur Widerklage
Der Beklagten zu 1) steht gegen die Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Herausgabe der Gewährleistungsbürgschaft und Erstattung von Avalkosten zu.
Es kann offen bleiben, ob die Sicherungsabrede zur Gewährleistungsbürgschaft in § 7 Nr. 7 des Bauvertrages vom 27.04./03.06.1998 zwischen de… und der Beklagte zu 1) (Anlage B1) 1.1. wegen des Passus „auf erstes Anfordern“ nach der Rechtsprechung des BGH vom 05.06.1997 (Az. VII ZR 324/95) unwirksam ist.
Denn die Beklagte zu 1) hat auf das Anschreiben der … vom 07.02.2000 einer Änderung der Sicherungsabrede durch Streichung des Zusatzes „auf erstes Anfordern“ am 10.02.2000 zugestimmt (Anlage K 24; nach Bl. 199 d.A.). Die … hat diese Streichung bestätigt (Anlage K 25, nach Bl. 199 d.A.)
Die Beklagte zu 1) hat zwar mit Schreiben vom 02.08.2011 die Anfechtung ihrer Zustimmungserklärung wegen arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung erklärt (Anlage B.1.15 und B.1.16 nach Bl. 211 d.A.). Es ist schon zweifelhaft, ob hier eine arglistige Täuschung vorliegt, da im Schreiben vom 10.02.2000 auf die Rechtsprechung des BGH Bezug genommen wird und offengelegt wird, dass mit dieser Vereinbarung eine rechtswirksame Vertragsgrundlage für die Ablösung des Gewährleistungeinbehaltes durch eine Bürgschaft geschaffen werden könne – die danach offensichtlich vorher nicht gegeben war. Hier kann ja allenfalls bei der Beklaten zu 1) ein Rechtsirrtum entstanden sein. Auch eine widerrechtliche Drohung erschließt sich nicht. Die angeführten Anfechtungsgründe können letztlich offen bleiben, da die absolute 10-jährige Anfechtungsfrist sowohl nach § 124 Abs. 3 oder § 121 Abs. 2 BGB zum Zeitpunkt der Anfechtungserklärung vom 02.08.2011 abgelaufen war.
Eine Rückgabe der Bürgschaft nach § 7 Ziff. 8 des Bauvertrages kann derzeit nicht verlangt werden, da Ansprüche der Klägerin auf Gewährleistung bestehen. Dementsprechend hat die Klägerin auch keine von der Beklagten zu 1) gezahlten Avalprovisionen zu erstatten.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.


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