Baurecht

Luftreinhalteplan München – Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Freistaat Bayern

Aktenzeichen  M 19 X 17.3931

Datum:
26.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 152835
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 172
BImSchG § 47
39. BImSchV § 3

 

Leitsatz

1. Die Vollstreckung von Urteilen, die die Verpflichtung zum Erlass oder zur Fortschreibung von Luftreinhalteplänen aussprechen, richtet sich grundsätzlich nach § 172 VwGO. Hiernach kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag gegenüber der Behörde ein Zwangsgeld androhen, festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Umstand, dass die Anordnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge auf der Grundlage des bisherigen Rechts bislang rechtlich umstritten ist und eine Klärung dieser Rechtsfragen erst durch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Februar 2018 zu erwarten steht, ist im Rahmen der Zwangsgeldandrohung dadurch Rechnung getragen, dass zunächst (nur) die Erstellung eines Konzepts und die Einleitung der Fortschreibung des Luftreinhalteplans verlangt wird. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Das gegen den Antragsgegner mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 (22 C 6.1427) in Nr. II.2. des Tenors angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000,- Euro wird festgesetzt. Der Antragsgegner hat das Zwangsgeld innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses auf das Konto der Staatsoberkasse Bayern mit der IBAN DE* … einzuzahlen.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

I.
Der Antragsteller, ein anerkannter Umweltschutzverband, begehrt gegen den Antragsgegner die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 4.000,- EUR zur Vollstreckung aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046), rechtskräftig seit 8. April 2014, durch das der Antragsgegner verpflichtet wurde, den für die Landeshauptstadt München geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 pg/cbm, des über eine volle Stunde gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 in Höhe von 200 pg/cbm bei 18 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr und des über den Tag gemittelten Immissionsgrenzwertes für Partikel PM10 von 50 pg/cbm bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr im Stadtgebiet von München enthält.
Auf Antrag des Antragstellers hat das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 21. Juni 2016 (M 1 V 15.5203) dem Antragsgegner für den Fall, dass er seiner Verpflichtung aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 nicht innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Zustellung des Beschlusses nachkommt, die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000,- EUR angedroht. Diesen Beschluss hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Februar 2017 (22 C 16.1427) auf die Beschwerde des Antragsgegners u.a. dahingehend geändert, dass dem Antragsgegner ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,- Euro angedroht wird, falls er nicht bis zum Ablauf des 31. August 2017 die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München (§ 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG -) dergestalt einleitet, dass er in das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern eine den Anforderungen des § 47 Abs. 5a Satz 2 BImSchG genügende Bekanntmachung einrückt, aus der sich ergibt, dass in eine solche Fortschreibung Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden sollen, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen – unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe – für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen sind, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (39. BImSchV) festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Antragsgegner zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen werden soll (Nr. II.2. des Tenors).
Am 20. Juli 2017 hat die Regierung von Oberbayern im Oberbayerischen Amtsblatt Nr. 15 auf Seite 112 unter der Überschrift „Luftreinhaltung München“ mitgeteilt, dass die Bayerische Staatsregierung in der Sitzung des Ministerrats vom 18. Juli 2017 ein Maßnahmenpaket für saubere Luft in Innenstädte beschlossen habe, das unter einem näherbezeichneten Link, der auf den Bericht der Kabinettssitzung vom 18. Juli 2017 verweist, eingesehen werden könne. Dieses werde der zukünftigen Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München zugrunde liegen. Stellungnahmen zu den Maßnahmen würden, soweit das Gebiet der Landeshauptstadt München betroffen sei, bis 18. August 2017 von der Regierung von Oberbayern entgegengenommen. Der Bericht zur Kabinettssitzung vom 18. Juli 2017 enthält eine Vielzahl von politischen Absichtserklärungen. Aussagen zur Aufnahme eines Fahrverbots für Dieselfahrzeuge in den Luftreinhalteplan für die Landeshauptstadt München sind nicht ersichtlich.
Am … August 2017 beantragte der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, gegen den Antragsgegner zur Erfüllung der aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) resultierenden Verpflichtungen ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,- Euro festzusetzen.
Er trägt vor, der Antragsgegner habe die Verpflichtung aus dem Urteil nicht umgesetzt, so dass nunmehr das in Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000,- Euro festzusetzen sei. Die Veröffentlichung im Amtsblatt vom 20. Juli 2017 genüge nicht den Anforderungen, die der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 27. Februar 2017 aufgestellt habe.
Der Antragsgegner nahm mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2017 Stellung, ohne einen Antrag zu stellen. Die Bekanntmachung der Regierung von Oberbayern im Oberbayerischen Amtsblatt Nr. 15 vom 20. Juli 2017 entspreche den formalen und inhaltlichen Vorgaben der Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs habe im Wesentlichen darauf abgezielt, die Öffentlichkeit auf die Möglichkeit vorzubereiten, dass Fahrverbote für Dieselkraftfahrzeuge in München verhängt werden könnten, und der Öffentlichkeit gleichzeitig Gelegenheit zu geben, hierzu Stellung zu nehmen. Seit dem 27. Februar 2017 habe das Thema der Fahrverbote für Dieselkraftfahrzeuge in der öffentlichen Diskussion einen breiten Raum eingenommen, auch über München hinaus. Offen sei nur noch der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof angestrebte Konkretisierungsgrad dieser Fahrverbote. Inhaltlich habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aber die Rechtslage, ob Fahrverbote überhaupt verhängt werden dürften, als offen angesehen. Das Bundesverwaltungsgericht werde sich auf die entsprechende Sprungrevision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 4. Oktober 2016 und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2017 im Februar 2018 mit diesen Rechtsfragen befassen. Der gesamte Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und auch die Vollstreckung aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 verlören ihre Grundlage, wenn das Bundesverwaltungsgericht der Argumentation des Antragstellers und der Verwaltungsgerichte Düsseldorf und Stuttgart nicht folge. Es könne – auch im Sinne einer geordneten Beachtung des Rechtsstaatsprinzips – nicht angehen, wenige Monate vor der Entscheidung offene, aber entscheidende Rechtsfragen durch Anwendung penibler Beurteilungsmaßstäbe in einem Vollstreckungsverfahren als geklärt zu fingieren. Wenn noch nicht einmal klar sei, ob Fahrverbote verhängt werden dürften, könne jedenfalls noch nicht die konkrete Ausarbeitung eines solchen Fahrverbots verlangt werden. Die konkrete Ausarbeitung wirksamer Fahrverbote sei innerhalb weniger Monate überhaupt nicht machbar. Als Konsequenz aus der 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans München sei ein Verkehrsgutachten erstellt worden, das die verschiedenen in Betracht kommenden Varianten eines solchen Verkehrsverbots darstellen sollte. Der Entwurf des Gutachtens sei der zuständigen Regierung von Oberbayern vorgelegt worden und müsse zunächst ausgewertet werden. Im Übrigen benötige eine umsetzbare Ausgestaltung von Fahrverboten ca. drei Jahre. Ferner hätten sich seit der letzten Behandlung der Thematik durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof die Aktivitäten zur Verbesserung der Luftqualität in Bezug auf Stickstoffoxide sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landesebene intensiviert. Die Luftqualität in Bayern habe sich im letzten Jahrzehnt stetig verbessert. Trotzdem werde in München derzeit an verkehrsreichen Straßen bei gleichzeitig schlechter Durchmischung der Luft der Jahresmittel-Grenzwert für NO2 noch überschritten. Unter Zugrundelegung eines angemessenen Beurteilungsmaßstabes gehe der Antragsgegner davon aus, dass Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 jedenfalls dem Sinn nach Rechnung getragen worden sei.
Die Beigeladene stellte keinen eigenen Antrag.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 172 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat Erfolg.
1. Die Vollstreckung von Urteilen, die die Verpflichtung zum Erlass oder zur Fortschreibung von Luftreinhalteplänen aussprechen, richtet sich grundsätzlich nach § 172 VwGO (BayVGH, B.v. 27.2.2017 – 22 C 16.1427 – juris Rn. 66). Hiernach kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen die Behörde ein Zwangsgeld bis zu zehntausend Euro durch Beschluss androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken, wenn sie in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 VwGO und des § 123 VwGO der ihr im Urteil oder der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt.
2. Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor.
a) Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) statuiert eine Verpflichtung des Antragsgegners, deren Inhalt und Umfang sich hinsichtlich des zu erreichenden Ziels, hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs, in Ansehung dessen dieses Ziel zu verwirklichen ist, sowie hinsichtlich eines einzelnen zu diesem Zweck zu ergreifenden Mittels – nämlich der Aufnahme von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München – im Weg der Auslegung eindeutig bestimmen lässt. Dieses Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München ist somit vollstreckbar (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2017 a.a.O. Rn. 71). Eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils wurde dem Antragsteller ausgestellt.
b) Der Antragsgegner ist jedenfalls hinsichtlich der sich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergebenden Verpflichtung, den Luftreinhalteplan für die Stadt München so zu ändern, dass der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid von 40 pg/m3 im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird, nicht nachgekommen (vgl. hierzu VG München, B.v. 21.6.2016 – M 1 V 15.5203 – juris Rn. 35; BayVGH, B.v. 27.2.2017 a.a.O. Rn. 100). Die sechste Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München stellt aus den im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juni 2016 (M 1 V 15.5203) unter II.3.b. dargestellten Gründen keine ausreichende Erfüllung des Urteils dar (vgl. auch BayVGH, B.v. 27.2.2017 a.a.O Rn. 102). Im Übrigen hat der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 10. Oktober 2017 selbst eingeräumt, dass in München auch derzeit noch an verkehrsreichen Straßen bei gleichzeitig schlechter Durchmischung der Luft der Jahresmittel-Grenzwert für NO₂ überschritten werde.
aa) Zur Umsetzung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 besteht (jedenfalls derzeit) nach den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 27. Februar 2017 (Rn. 141) keine andere Möglichkeit als die Zahl der Dieselfahrzeuge zu verringern, die auf den von den NO₂-Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen verkehren. Da derzeit allerdings noch rechtliche Ungewissheiten im Zusammenhang mit der Anordnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge bestehen (vgl. hierzu das beim Bundesverwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen 7 C 26.16 anhängige Revisionsverfahren, das nach der Terminvorschau des Bundesverwaltungsgerichts am 22.2.2018 zur mündlichen Verhandlung ansteht), folgt nach dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 die Verpflichtung des Antragsgegners, als Minus zu der aus dem zu vollstreckenden Urteil eigentlich geschuldeten Aufnahme von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge in die Fortschreibung des Luftreinhalteplans vorab ein Konzept bezüglich der Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge zu erstellen und die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans, die Fahrverbote für Dieselfahrzeuge beinhaltet, nach § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG einzuleiten.
bb) Die vom Antragsgegner am 20. Juli 2017 im Oberbayerischen Amtsblatt getätigte Veröffentlichung genügt nicht den Anforderungen, die der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 27. Februar 2017 dargestellt hat. Aus dieser Veröffentlichung ergibt sich jedenfalls nicht, dass in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden sollen, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen – unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe – für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen und hinsichtlich welcher Straßenabschnitte im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Antragsgegner zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen wird. Die Veröffentlichung des Antragsgegners vom 20. Juli 2017 im Oberbayerischen Amtsblatt beschränkt sich vielmehr auf die Mitteilung, dass die Bayerische Staatsregierung in der Sitzung des Ministerrats vom 18. Juli 2017 ein Maßnahmenpaket für saubere Luft in Innenstädten beschlossen hat und dieses der zukünftigen Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München zugrunde liegen wird. Die Aufnahme von Dieselfahrverboten bei der Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München ist dieser Veröffentlichung nicht zu entnehmen. Der verlinkten Pressemitteilung zur Ministerratssitzung vom 18. Juli 2017 sind ebenfalls keine Anhaltspunkte zu entnehmen, dass Dieselfahrverbote in die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München aufgenommen werden sollen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nicht nur eine öffentliche Diskussion zu etwaigen Dieselfahrverboten in München anstoßen wollen, sondern aus dessen Beschluss folgt unzweifelhaft, dass (jedenfalls derzeit) allein ein Dieselfahrverbot das verbleibende Mittel zur schnellstmöglichen Erfüllung der aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 folgenden Verpflichtung des Antragsgegners ist.
cc) Dass dem Antragsgegner die Erfüllung innerhalb der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist bis 31. August 2017 objektiv nicht möglich gewesen ist und auch weiterhin nicht möglich ist, ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst für das Gericht erkennbar. Soweit der Antragsgegner ausführt, dass die konkrete Ausarbeitung wirksamer Fahrverbote innerhalb weniger Monate überhaupt nicht machbar wäre, ist der Vortrag nicht hinreichend substantiiert. Nach den Ausführungen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 10. Oktober 2017 liegt ihm offensichtlich bereits ein Verkehrsgutachten vor, das die verschiedenen Varianten eines solchen Verkehrsverbots darstellen soll. Zudem betrug die Frist nicht wenige Monate, sondern der Antragsgegner ist bereits seit Rechtskraft des Urteils vom 9. Oktober 2012 am 8. April 2014 die Erfüllung der aus dem Urteil folgenden Verpflichtung schuldig geblieben. Dem Umstand, dass die Anordnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge auf der Grundlage des bisherigen Rechts bislang rechtlich umstritten ist und eine Klärung dieser Rechtsfragen erst durch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Februar 2018 zu erwarten steht, ist im Rahmen der Zwangsgeldandrohung bereits dadurch Rechnung getragen worden, dass von dem Antragsgegner in Erfüllung der sich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergebenden Verpflichtung zunächst (nur) die Erstellung eines Konzepts und die Einleitung der Fortschreibung des Luftreinhalteplans verlangt wird. Soweit der Antragsgegner vor dem Hintergrund der anstehenden Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung zur Zulässigkeit von Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge den Sinn der Erstellung eines Konzepts für Dieselfahrverbote anzweifelt, lässt dieser Einwand seine Verpflichtung unberührt: Für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dem Erlass von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge würden derzeit rechtliche Hindernisse entgegenstehen, ist im Hinblick auf die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die durch die Richtlinie 2008/50EG unionsrechtlich vorgegebenen Umweltschutzstandards einzuhalten, sowie im Licht des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) resultierenden Schutzauftrags für das Leben und die Gesundheit von Menschen davon auszugehen, dass entsprechende Regelungen im nationalen Recht schnellstmöglich angepasst werden, um die rechtlichen Grundlagen für Dieselfahrverbote zu schaffen. Vom Antragsgegner wurde daher durch den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht eine gegebenenfalls überflüssige Vorarbeit verlangt, sondern es steht zu erwarten, dass das zu erstellende Konzept auch tatsächlich (nach Klärung der Rechtsfragen bzw. Schaffung der entsprechenden Rechtsgrundlagen) schnellstmöglich in die Praxis umgesetzt werden kann. Soweit der Antragsgegner weiter ausführt, dass im Stadtgebiet ca. 120.000 neue Verkehrszeichen aufgestellt werden müssten und ca. drei Jahre benötigt würden, um ein Fahrverbot umsetzbar zu gestalten, steht dies der Festsetzung des Zwangsgeldes ebenfalls nicht entgegen. Vom Antragsgegner sind bis 31. August 2017 lediglich die Erstellung eines Konzepts und die Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans unter Einbeziehung von Dieselfahrverboten gefordert. Ein konkreter Beschilderungsplan ist hierfür nicht erforderlich. Die weitere Ausgestaltung der Fahrverbote mag sich als komplex und zeitaufwendig darstellen. Umso dringender ist es aber, dass der Antragsgegner in Umsetzung des Urteils vom 9. Oktober 2012 die unter Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs genannten Maßgaben umgehend angeht. Soweit er die umfangreichen und intensiven Aktivitäten zur Verbesserung der Luftqualität sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landesebene darstellt, ist nicht substantiiert dargelegt, welche konkreten Auswirkungen diese Maßnahmen bis zu welchem Zeitpunkt auf die Luftqualität in München haben werden. Im Übrigen haben diese Maßnahmen auch noch keinen Eingang in die Fortschreibung des Luftreinhalteplans gefunden, so dass die Verpflichtungen aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 vom Antragsgegner weiterhin nicht erfüllt sind.
Der Antragsgegner ist somit grundlos säumig.
3. Das im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 unter Nr. II.2. angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000,- Euro ist daher in Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens nach § 172 VwGO festzusetzen. Angesichts des hohen Rangs des Gesundheitsschutzes und des Verhaltens des Antragsgegners, das ohne Zwangsmaßnahmen eine Umsetzung der aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 erwachsenden Verpflichtungen jedenfalls zeitnah nicht mehr erwarten lässt, ist die Anordnung des Zwangsgelds in Höhe von 4.000,- Euro nunmehr ermessensgerecht.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der in Nr. 5301 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) festgelegten gesetzlichen Festgebühr nicht (Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 32. EL 2016, § 172 Rn. 61).


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