Baurecht

Nachbareilantrag gegen Baugenehmigung, Befreiungen von Festsetzungen eines Bebauungsplans, Gebot der Rücksichtnahme

Aktenzeichen  M 11 S 21.5548

Datum:
22.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 8491
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80
BauGB § 31
BauGB § 34
BayBO Art. 6

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird auf Euro 3.750,– festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt Eilrechtsschutz gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. 205/46 der Gemarkung … Südöstlich grenzt das im Eigentum der Beigeladenen stehende Grundstück Fl.Nr. 205/108 mit einer gemeinsamen Grundstücksgrenze von etwa zwei Drittel der südlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers an. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans Nr. 52 „K* …“ 6. Änderung (Bebauungplan).
Der Antragsgegner erteilte der Beigeladenen am 06. Mai 2021 eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Grundstück Fl.Nr. 205/108 der Gemarkung … Gleichzeitig erteilte der Antragsgegner eine Befreiung von der Festsetzung Ziffer 2.2 des Bebauungsplans betreffend die Errichtung einer sechs Meter breiten Zufahrt. Ziffer 2.2. Bebauungsplans setzt die Breite der Grundstückszufahrten im Bereich von – hier betroffenen – privaten Grünflächen auf fünf Meter fest. Nach dem Eingabeplan E02 soll die Garage im Untergeschoss des Vorhabens liegen und über eine in das Erdreich eingegrabene Zufahrt mit 12%iger Neigung zu erreichen sein. Die Grundstücke Fl.Nr. 205/108 und 205/106 teilen sich dabei eine gemeinsame Grundstückszufahrt. Die Breite dieser gemeinsamen Zufahrt beträgt im nicht überdachten Bereich vier Meter. Im untergeschossigen, also überdachten Bereich, soll eine sechs Meter breite Rangierfläche entstehen.
Die Gemeinde … erteilte unter dem 7. Juli 2021 das gemeindliche Einvernehmen.
Mit Schriftsatz vom … Oktober 2021, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Antragsteller gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 22. September 2021 Klage erhoben und beantragt zudem,
die aufschiebende Wirkung dieser Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf dem Grundstück … straße …, … …, Flurnummer 205/108, des Landratsamtes … vom 22.09.2021, Aktenzeichen …, anzuordnen.
Zur Begründung führte der Antragsteller in den Schriftsätzen vom … Dezember 2021 und … Januar 2022 im Wesentlichen aus, dass sich das Vorhaben der Beigeladenen nicht in die Eigenart der umliegenden parkähnlich geprägten Umgebung einfüge. Das Grundstück des Antragstellers werde durch die geplante Bebauung unzumutbar beschattet und von Luft und Sonne geradezu abgeschnitten. Wegen zahlreicher Fenster zum Grundstück des Antragstellers hin sei dessen Privatsphäre beeinträchtigt. Zudem werde der Wert des Grundstücks des Antragstellers durch das Bauvorhaben beeinträchtigt. Die Befreiung von Ziffer 2.2 des Bebauungsplans werde zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen und damit zu Lärmbelästigungen führen, welche sich auch gesundheitsschädlich auswirken könnten. Die Festsetzung einer höchstens fünf Meter breiten Zufahrt solle gerade das Befahren der Grundstücke begrenzen, weil der parkähnliche Charakter im Bebauungsplangebiet erhalten werden solle. Durch die Höhendifferenz zwischen dem Gebäude des Antragstellers und der Zufahrt zum Grundstück der Beigeladenen von drei Metern werde eine Schalldämmung nicht erreicht. Zudem sei das gesamte Grundstück des Antragstellers, insbesondere auch sein Garten, zu schützen. Schließlich würden die Abstandsflächen an der nordwestlichen Ecke nicht eingehalten. Zudem sei § 2 Abs. 3 der gemeindlichen Abstandsflächensatzung vom 15. Januar 2021 (Abstandsflächensatzung) unwirksam, weil diese Regelung zur Anrechnung der Dach- und Giebelhöhen nicht von der Ermächtigungsgrundlage in Art. 6 Abs. 5 Satz 2 Bayerische Bauordnung (BayBO) gedeckt sei.
Der Antragsgegner beantragte unter dem 09. Dezember 2021,
den Antrag abzulehnen.
Die angefochtene Baugenehmigung verstoße weder gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts, einschließlich des Gebots der Rücksichtnahme, noch gegen nachbarschützende, bauordnungsrechtliche Normen. Eine aus der Kubatur des Vorhabens herrührende Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme scheide aus, weil die Abstandsflächen eingehalten seien. Es sei auch zu berücksichtigen, dass das streitgegenständliche Vorhaben und das Gebäude des Antragsstellers deutlich versetzt zueinander stünden, womit eine Einsichtnahme entschärft sei. Das beantragte Vorhaben habe weiterhin keine „erdrückende“, „einmauernde“ oder „abriegelnde Wirkung“. Es besitze eine für das Geviert übliche Höhenentwicklung und Grundfläche und lasse keine aus der Kubatur folgende Unzumutbarkeit erkennen.
Unzumutbare Auswirkungen in Form von Belästigungen und Störungen – auch durch Fensteröffnungen – seien nicht zu erwarten, da das Wohnhaus sowie dessen Stellplatz in einem reinen Wohngebiet allgemein zulässig seien. Die Zufahrt liege an der östlichen Grundstücksgrenze bereits etwa drei Meter niedriger als das Gebäude des Klägers und verlaufe weiter hinab in das Erdreich.
Schließlich gebe es keine Anhaltspunkte für eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Abstandsflächensatzung. Die Regelung zur Anrechnung der Dach- und Giebelhöhen in § 2 Abs. 3 der Abstandsflächensatzung sei von der Ermächtigungsgrundlage in Art. 6 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 lit. a) BayBO gedeckt; die Grenzen der Satzungsermächtigung würden nicht überschritten. Unabhängig davon seien die Abstandsflächen auch nach Art. 6 BayBO in der aktuell gültigen Fassung eingehalten.
Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 14. Februar 2022 beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsund Behördenakten in diesem sowie im zugehörigen Klageverfahren M 11 K 21.5547 Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Gemäß § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung anordnen. Hierbei kommt es auf eine Abwägung der Interessen des Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung mit den Interessen des Dritten, keine vollendeten, nur schwer wieder rückgängig zu machenden Tatsachen entstehen zu lassen, an.
Im Regelfall ist es unbillig, einem Bauwilligen die Nutzung seines Eigentums durch Gebrauch der ihm erteilten Baugenehmigung zu verwehren, wenn eine dem summarischen Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entsprechende vorläufige Prüfung des Rechtsbehelfs ergibt, dass dieser letztlich erfolglos bleiben wird. Ist demgegenüber der Rechtsbehelf offensichtlich begründet, so überwiegt das Interesse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, so kommt es darauf an, ob das Interesse eines Beteiligten es verlangt, dass die Betroffenen sich so behandeln lassen müssen, als ob der Verwaltungsakt bereits unanfechtbar sei. Bei der Abwägung ist den Belangen der Betroffenen umso mehr Gewicht beizumessen, je stärker und je irreparabler der Eingriff in ihre Rechte wäre (BVerfG, B.v. 18.07.1973 – 1 BvR 155/73 -, 1 BvR 23/73 -, BVerfGE 35, 382; zur Bewertung der Interessenlage vgl. auch BayVGH, B.v. 14.01.1991 – 14 CS 90.3166 -, BayVBl 1991, 275).
Die im Eilverfahren auch ohne Durchführung eines Augenscheins mögliche Überprüfung der Angelegenheit anhand der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behördenakten samt Plänen ergibt, dass die Klage des Antragstellers aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird.
Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Fall, dass Nachbarn – wie sich aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergibt – eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten können, wenn sie hierdurch in einem ihnen zustehenden subjektiv öffentlichen Recht verletzt werden. Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke dienen. Eine baurechtliche Nachbarklage kann allerdings auch dann Erfolg haben, wenn ein Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt (BVerwG, U.v. 25.02.1977 – 4 C 22.75 – BVerwGE 52, 122).
Vorliegend verletzt die angefochtene Baugenehmigung den Antragsteller voraussichtlich nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der Antragsteller wird weder durch die Befreiung von der Festsetzung in Ziffer 2.2 des Bebauungsplans verletzt (a) noch kann er geltend machen, dass die Befreiung für ihn unzumutbar ist, mithin das Gebot der Rücksichtnahme beeinträchtigt ist (b).
a) Bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans hängt der Umfang des Rechtsschutzes des Nachbarn davon ab, ob die Festsetzungen, von deren Einhaltung dispensiert wird, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Im Falle einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39/13 – juris Rn. 3 m.w.N.).
Es sind weder Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Ziffer 2.2 des Bebauungsplans nachbarschützende Wirkung haben soll, noch wurde hierzu substantiiert vorgetragen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nach der Begründung des Bebauungsplans gerade die Nachverdichtung des Baugebiets und weniger der Erhalt des „parkähnlichen Charakters“ des Plangebiets angestrebt.
b) Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht zumindest auch den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Gebots der Rücksichtnahme. Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung aus irgendeinem Grund rechtswidrig ist, sondern nur, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (BVerwG, B.v. 8.7.1998 – 4 B 64/98 – NVwZ-RR 1999, 8 = juris Rn. 5; vgl. auch BayVGH, B.v. 20.2.2013 – 1 ZB 11.2893 – juris Rn. 6 m.w.N.). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängen wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerwG, B. v. 20.03.2003 – 4 B 59/02 – juris Rn. 11). Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen.
Unter Anwendung dieser Grundsätze wird der Antragsteller durch die gewährte Befreiung von Ziffer 2.2. Bebauungsplans voraussichtlich nicht unzumutbar beeinträchtigt. Die Beigeladene ist gemäß Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBO dazu verpflichtet, Stellplätze für die auf ihrem Grundstück geplante Wohnbebauung zu errichten und hat bereits deshalb ein berechtigtes Interesse an der Zufahrt zu diesen. Zudem sind Stellplätze und Garagen nach § 12 Abs. 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) in allen Baugebieten zulässig und damit die hieraus erwachsenden Störungen regelmäßig hinzunehmen (BayVGH, B.v. 2.9.2013 – 14 ZB 13.1193 – juris 14). Im vorliegenden Fall sind keine Besonderheiten ersichtlich, welche zu einer abweichenden Beurteilung führen. Auch im Rahmen einer Gesamtbetrachtung mit dem bereits vorhandenen Verkehrslärm ist der hinzukommende Lärm durch den An- und Abfahrtsverkehr voraussichtlich nicht unzumutbar. Dabei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die geplante Zufahrt in das Erdreich eingegraben werden und nach den vorgelegten Plänen lediglich im überdachten, untergeschossigen Bereich eine Breite von sechs Metern haben soll. Der unter Umständen immissionsträchtige Rangiervorgang, für den die Befreiung erteilt wurde, wird damit gerade in den Bereich der Tiefgarage verlagert. Dies vermindert etwaige Lärmbelästigungen am Grundstück des Antragstellers. Zudem liegt die Zufahrt an der östlichen Grundstücksgrenze der Beigeladenen drei Meter tiefer als das Wohnhaus des Klägers.
2. Das Vorhaben verletzt nach summarischer Prüfung auch im Übrigen nicht das sich aus dem Erfordernis des “Sich-Einfügens“ nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bzw. aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 BauNVO ergebende nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme.
a) Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung scheidet in aller Regel aus, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten werden (BayVGH, B.v. 03.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 15.2.2017 – 1 CS 16.2396 – juris Rn. 10). Dies ist nach den vorgelegten Planunterlagen – insbesondere auch an der nordwestlichen Ecke zum Grundstück des Antragstellers – augenscheinlich der Fall.
Dabei kann dahinstehen, ob die gemeindliche Abstandsflächensatzung wirksam ist. Die Abstandsflächen sind sowohl nach den Vorgaben der Abstandsflächensatzung als auch – im Falle von deren Unwirksamkeit – unter Anwendung des Art. 6 BayBO eingehalten. Eine etwaige Unwirksamkeit der Regelung des § 2 Abs. 3 der Abstandsflächensatzung würde zur vollständigen Unwirksamkeit der Abstandsflächensatzung führen, weil die Regelungen der Abstandsflächensatzung in einem untrennbaren Zusammenhang stehen und anzunehmen ist, dass diese nach dem Willen der Gemeinde in einer gegenseitigen Wechselbeziehung stehen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 06. Dezember 2021 – 1 CS 21.2191 -, juris, Rn. 11).
b) Das Bauvorhaben ist auch nicht deshalb gegenüber dem Antragsteller „rücksichtslos“, weil das Gebäude des Beigeladenen zum Grundstück des Antragstellers hin mit zahlreichen Fenstern versehen und damit eine direkte Einsichtnahme in dessen Grundstück gegeben wäre.
In bebauten Ortslagen vermittelt das Gebot der Rücksichtnahme grundsätzlich keinen Schutz des Nachbarn vor jeglichen (weiteren) Einsichtsmöglichkeiten. „Parkähnliche“ Grundstücke genießen insoweit keinen höheren Schutz als andere Wohngrundstücke. Allenfalls in besonderen, von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls geprägten Ausnahmefällen kann sich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme etwas Anderes ergeben (BayVGH v. 15.1.2018 Az. 15 ZB 16.2508 – juris, Rn. 20, m.w.N.). Voraussetzung hierfür wäre, dass sich besondere – außergewöhnliche, über die herkömmlichen Einsichtsmöglichkeiten in Innerortslagen hinausgehende – Belastungen für den Nachbarn ergeben (vgl. BayVGH v. 15.1.2018 a.a.O., Rn. 21).
Ein Ausnahmefall im vorgenannten Sinn liegt nicht vor. Nach dem vom Antragsgegner vorgelegten Eingabeplan E03 sind an der zum Antragsteller hin gerichteten nördlichen Gebäudeseite sowie an der westlichen Gebäudeseite bereits nicht übermäßig zahlreiche Fenster geplant. An der westlichen Gebäudeseite befindet sich in jedem Stockwerk jeweils ein Fenster. An der nördlichen Gebäudeseite befinden sich im Erdgeschoss lediglich zwei, im Obergeschoss drei Fenster und im Dachgeschoss drei kleinere Dachfenster.
c) Das Vorhaben der Beigeladenen hat zudem keine für das Grundstück des Antragstellers einschließlich seines Gartens erdrückende oder unzumutbar einengende Wirkung. Eine solche ist nur anzunehmen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht, oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls derart übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden Gebäude“ dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird. Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung sind die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2018 – 2 ZB 16.2168 – juris Rn. 4 m.w.N.).
Vorliegend besitzt das Vorhaben der Beigeladenen nach dem von dem Antragsgegner vorgelegten Umgebungsplan eine für das Geviert übliche Kubatur sowie eine übliche Grundfläche. Zu berücksichtigen ist wiederum die versetzte Bauweise; das Vorhaben der Beigeladenen soll etwa 15 Meter von dem Wohnhaus des Antragstellers entfernt errichtet werden. Überdies verläuft das Gelände zum Grundstück der Beigeladenen abschüssig. Auch hinsichtlich des Gartens des Antragstellers ist nach den oben dargelegten Maßstäben keine erdrückende oder unzumutbar einengende Wirkung ersichtlich.
e) Der vom Antragsteller geäußerte Einwand, er wolle sein Grundstück samt der damit verbundenen Rückzugmöglichkeiten wie bisher nutzen, ist bereits kein geeignetes Kriterium bei der Beurteilung des Nachbarschutzes im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme. Auch die vom Antragsteller vorgebrachte Minderung des Grundstückswertes ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Beeinträchtigungen nicht maßgeblich (BVerwG 13.11.1997 – 4 B 195.97, NVwZ-RR 1998, 540; 6.12.1986 – 4 B 215.96).
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und Abs. 8 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs. Der Streitwert beträgt die Hälfte des im Hauptsacheverfahren voraussichtlich anzusetzenden Streitwerts.


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