Baurecht

Nachbarklage, Bauunternehmen, faktisches Dorfgebiet

Aktenzeichen  9 ZB 21/1537

Datum:
6.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31014
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 4 K 20.70 2021-03-23 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt, zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Kläger wenden sich gegen die der Beigeladenen vom Landratsamt Rhön-Grabfeld mit Bescheid vom 28. November 2019 erteilte Baugenehmigung für den Teilabbruch und die Ergänzung einer Halle, die Nutzungsänderung der landwirtschaftlich genutzten Halle zur Unterbringung von Baufahrzeugen und Baumaterialien, der Ergänzung einer Dachterrasse auf einem teilabgebrochenen Bereich der Halle und der Errichtung eines Schüttgutlagers auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung F. Sie sehen hierdurch vor allem den neben ihrer Landwirtschaft im Nebenerwerb geführten Beherbergungsbetrieb auf ihrem Grundstück FlNr. … Gemarkung F. beeinträchtigt. Dieses Grundstück der Antragsteller liegt, getrennt durch die F. straße, dem Baugrundstück nordwestlich gegenüber.
Das Verwaltungsgericht Würzburg hat die Klage der Kläger mit Urteil vom 23. März 2021 abgewiesen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass der genehmigte Betrieb als nicht wesentlich störender Gewerbebetrieb in dem faktischen Dorfgebiet bauplanungsrechtlich zulässig sei und das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber den Klägern nicht verletzt werde. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung der Kläger.
Bezüglich der näheren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg. Es liegen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch ein Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) vor.
1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) haben darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel hier nicht.
Das Zulassungsvorbringen der Kläger, wonach aufgrund der deutlich mehr beschäftigten Personen, des höheren Verkehrsaufkommens, der ganztägigen Be- und Entladevorgänge, des Schüttgutlagers und der Größe des Betriebes dieser nicht mehr als dorfgebietstypisch angesehen werden könne, wird schon dem Darlegungsgebot (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) nicht gerecht. Zu fordern ist eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes sowie eine erkennbare Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs, vor allem eine substanzielle Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil. Dazu muss der Rechtsmittelführer im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen die Annahmen des Verwaltungsgerichts ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. BayVGH, B.v. 23.4.2021 – 9 ZB 20.874 – juris Rn. 9 m.w.N.). Dem genügen die Kläger, die im Rahmen ihrer Zulassungsbegründung im Wesentlichen auf den ihrer Ansicht nach tatsächlich ausgeübten Betrieb der Beigeladenen abstellen und ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholen, nicht. Sie übersehen, dass Streitgegenstand allein das genehmigte Vorhaben und Betriebkonzept einschließlich der zum Gegenstand der Baugenehmigung gemachten Betriebsbeschreibung vom 30. August 2018 ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 18). Mit dem Vortrag, der genehmigte Betrieb und die Betriebsbeschreibung entsprächen nicht dem tatsächlichen ausgeführten Betrieb der Beigeladenen, sind die Kläger auf gegebenenfalls in Betracht kommendes bauaufsichtliches Einschreiten zu verweisen (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2018 – 9 CS 17.2099 – juris Rn. 22; U.v. 25.11.2013 – 9 B 09.952 – juris Rn. 51).
2. Der von den Klägern geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor.
Die Kläger führen aus, das Verwaltungsgericht habe keine Feststellungen zu den tatsächlichen Gegebenheiten des Betriebs der Beigeladenen getroffen. Damit machen sie eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO geltend, was hier jedoch nicht zum Erfolg führen kann.
Abgesehen davon, dass eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht grundsätzlich nicht geltend gemacht werden kann, wenn anwaltlich vertretene Beteiligte – wie hier die Kläger – es unterlassen haben, einen Beweisantrag zu stellen (vgl. BVerwG, B.v. 4.12.2019 – 4 B 40.19 – juris Rn. 7), sind Beweise auch nur insoweit zu erheben, als es für die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts hierauf ankommt (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2006 – 4 BN 30.06 – juris Rn. 2). Das Verwaltungsgericht hat jedoch in der hier streitgegenständlichen Nachbarklage zutreffend auf das genehmigte Vorhaben und das genehmigte Betriebskonzept abgestellt (vgl. BayVGH, U.v. 25.11.2013 – 9 B 09.952 – juris Rn. 51). Der von den Klägern beanstandete, möglicherweise darüber hinausgehende tatsächliche Betrieb der Beigeladenen ist – wie oben bereits ausgeführt – nicht entscheidungserheblich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert hat und keinen sachdienlichen Beitrag geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Sie entspricht der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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