Baurecht

Nachbarklage gegen Baugenehmigung für Sanierung und Teilumnutzung eines Gasthauses

Aktenzeichen  AN 3 K 17.02482

Datum:
3.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 3921
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 29 Abs. 1
BayBO Art. 2 Abs. 4, Art. 13, Art. 54, Art. 60, Art. 68
GastG § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1
BauNVO § 1 Abs. 5, § 6 Abs. 2 Nr. 3

 

Leitsatz

1. Der Bauherr legt mit seinem Bauantrag den Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens fest. Dass die Behörde ein „überschießendes“ Gutachten zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht hat, ändert hieran nichts. (Rn. 50 – 51) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei „sehr alten Anlagen“ besteht eine Rechtsvermutung dafür, dass sie seinerzeit ordnungsgemäß und in Übereinstimmung mit den damals bestehenden Gesetzen errichtet worden sind. (Rn. 60) (redaktioneller Leitsatz)
3. Allein der Zeitablauf reicht nicht aus, um einen Wegfall des Bestandsschutzes zu begründen. Es müssen andere Umstände hinzutreten, etwa die Aufnahme einer anderen Nutzungsart oder der erkennbare Wille, die bislang ausgeübte Nutzung tatsächlich nicht mehr wieder aufzunehmen. (Rn. 69) (redaktioneller Leitsatz)
4. Gelegentliche Tanz- und Musikveranstaltungen machen eine Schank- und Speisewirtschaft nicht zu einer Vergnügungsstätte. (Rn. 79) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Streitgegenstand vorliegender Klage ist die der Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 11. Oktober 2017 einschließlich Ergänzungsbescheid vom 12. Februar 2018 in der Fassung der am 30. Januar 2019 öffentlich bekannt gemachten Änderungs-/ Ergänzungsgenehmigung Nr. 1 für die Sanierung und Teilumnutzung des Gasthauses „… …“ in … Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die streitgegenständlichen Bescheide verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer erteilten Baugenehmigung, die gemäß Art. 68 Abs. 1 BayBO zu erteilen ist, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, entgegenstehen, haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass die Nachbarn durch die Genehmigung zugleich in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (vgl. etwa BVerwG, U.v. 6.10.1989 – 4 C 14.87 – juris).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Durch das inmitten stehende Vorhaben wird der Kläger nicht in Vorschriften des öffentlichen Baurechts, die dem Schutz seiner individuellen Interessen dienen, verletzt.
1. Inhalt der streitgegenständlichen Baugenehmigungen ist nach den insoweit allein maßgeblichen Anträgen der Beigeladenen vom 21. Dezember 2016 und 19. Juli 2017 sowie 9. Juli 2018 die Sanierung und Teilumnutzung des Gasthauses „…“.
Der Bauherr legt mit seinem Bauantrag den Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens fest. Ausweislich der Bauantragsunterlagen beschränken sich die Baumaßnahmen insbesondere auf den Einbau einer Küche in den bisherigen Saal im Erdgeschoss, die Verlegung der Toiletten und Gasträume in bisherige Lager- und Technikräume und die Verlegung der Wirtewohnung ins zweite Obergeschoss sowie Grundrissänderungen. Der Umbau soll ausweislich der eingereichten Bauvorlagen ohne Erhöhung der bisherigen Gastraumflächen erfolgen. Eine (erstmalige) Nutzung des Gebäudes als Schank- und Speisewirtschaft bzw. eine (planungsrechtlich relevante) Erweiterung/Änderung der Nutzung ist nicht zur Genehmigung gestellt worden.
Dass die Beklagte ein sich zum Gesamtbetrieb der Gaststätte und damit ein „überschießendes“ Gutachten zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht hat, führt nicht dazu, dass über das von der Beigeladenen Beantragte hinaus der Gesamtbetrieb der Gaststätte zum Regelungsgegenstand der inmitten stehenden Genehmigungen wird.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt hierzu in seinem Beschluss vom 31. August 2018 – 9 CS 18.1076 – juris Folgendes aus:
„Fehlt dem Vorhaben mithin wohl eine bauplanungsrechtliche Relevanz i.S.d. § 29 Abs. 1 BauGB, stellt sich aus Anlass der genehmigten baulichen Maßnahmen voraussichtlich auch nicht die Frage, ob von der bestandsgeschützten Nutzung Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind (vgl. § 30 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1990). Dass die Antragsgegnerin gleichwohl mit dem Baugenehmigungsbescheid vom 11. Oktober 2017 „Auflagen zum Immissionsschutz“ festgelegt hat, ändert hieran nichts (…).
Im Übrigen ergibt sich aus dem Schallgutachten vom 14. Juli 2017, das nach der Auflage A555 Bestandteil der Baugenehmigung ist, zwar auch, dass die Gaststättennutzung mit den Vorgaben der TA Lärm in Einklang zu bringen ist. Es ist aber wohl auszuschließen, dass die Auflage A555 auch die sachverständige Bewertung im Hinblick auf die Wahrung der gebietsbezogenen Anforderungen nach Nr. 6 TA Lärm durch den Gesamtbetrieb der Gaststätte erfasst. Denn die Wahrung der gebietsbezogenen Anforderungen nach Nr. 6 TA Lärm durch den Gesamtbetrieb der Gaststätte dürfte mangels planungsrechtlicher Relevanz der genehmigten baulichen Maßnahmen weder vom Prüfungsumfang des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 i.V.m. Art. 59 Satz 1 oder Art. 60 Satz 1 BayBO erfasst sein, noch wurden mit der Baugenehmigung selbst oder in den Auflagen zum Immissionsschutz bestimmte Immissionswerte bzw. Immissionsrichtwertanteile festgelegt, die beim Betrieb der Gaststätte am nächstgelegenen Immissionsort einzuhalten sind (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 26 m.w.N.).“
Die von der Beklagten genehmigte Tekturplanung der Beigeladenen vom 9. Juli 2018, welche ebenfalls zu keiner Erhöhung der bisherigen Gastraumfläche führt, führt zu keiner anderen Bewertung. Das gemäß der Formulierung im Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung als Sonderbau (Art. 60, 2 Abs. 4 BayBO i.V.m. 55 Abs. 1, 68 BayBO) zu genehmigende Vorhaben der Beigeladenen hat aufgrund des für die Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft zu bejahenden Bestandsschutzes (siehe hierzu 2.) keine planungsrechtliche Relevanz, so dass die Vorschriften der §§ 29 ff. BauGB nicht Prüfungsgegenstand im Baugenehmigungsverfahren sind. Da die Feststellungswirkung der erteilten Baugenehmigung (Art. 68 Abs. 1 BayBO) zu Recht planungsrechtliche Fragen nicht erfasst, kann der Kläger schon dem Grunde nach keinen Abwehranspruch aus § 30 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO wegen der geltend gemachten Lärmbelastung seines Grundstücks durch das streitgegenständliche Vorhaben herleiten. Auch handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben weder dem Inhalt der erteilten Baugenehmigung nach, noch tatsächlich um eine nach den Festsetzungen des Bebauungsplans ausgeschlossene Vergnügungsstätte (siehe hierzu 3.).
Indes ist gemäß Art. 68 Abs. 4 BayBO die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit privaten Rechten Dritter nicht Prüfungsgegenstand im Baugenehmigungsverfahren (BayVGH, B.v. 1.6.2016 – 15 CS 16.789 – juris), so dass etwaige zivilrechtliche Abwehransprüche nicht Prüfungsgegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sind.
2. Da für die Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft jedenfalls materieller Bestandsschutz besteht, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf die insoweit Drittschutz vermittelnde Norm Ziffer 2.1 des Bebauungsplans Nr. 001Ä vom 8. Februar 1997 der Beklagten berufen, wonach Schank- und Speisewirtschaften in dem im Planblatt mit A gekennzeichneten Bereich grundsätzlich ausgeschlossen sind.
Wie bereits im Urteil der erkennenden Kammer vom 18.2.2014 – AN 3 K 13.02115 – juris ausgeführt, liegt der Festsetzung 2.1 erkennbar eine städtebauliche Zielvorstellung der Beklagten zugrunde, mit welcher sie dem Entstehen einer einseitigen Nutzungsstruktur vorbeugen wollte. Es sollten die Wohnverhältnisse in der … aufrechterhalten und verbessert werden, indem Schank- und Speisewirtschaften ausgeschlossen und bestehende Betriebe „auf den Bestandsschutz gesetzt“ wurden. Vom Bestandsschutz nicht gedeckte Änderungen unterliegen dem in 2.1 normierten Verbot.
Das Vorhaben überschreitet jedoch nicht die Schwelle des bestehenden Bestandsschutzes. Es handelt sich weder um eine erstmals zur Genehmigung gestellte Schank- und Speisewirtschaft, die von dem grundsätzlichen Verbot der Festsetzung 2.1 erfasst werden soll, noch um eine nach den Vorgaben des Bebauungsplans unzulässige Erweiterung.
a. Zwar ist festzustellen, dass sich eine formelle Baugenehmigung für die Nutzung des Gebäudekomplexes als Schank- und Speisewirtschaft den vorliegenden Behördenakten nicht entnehmen lässt. Jedoch ist nach der bei den Akten befindlichen Festschrift „300 Jahre Gasthof … …“ 1632-1932, …, (Blatt 70 ff. der Behördenakte) und nach den seit 1847 vorliegenden Planzeichnungen und Genehmigungen für Umbauten die Nutzung als historisches Gasthaus (mit Saal) seit annähernd 390 Jahren dokumentiert. In den – historischen – Behördenakten befinden sich eine Vielzahl baupolizeilicher Genehmigungen für Veränderungen am Gebäude nach der Bayerischen Bauordnung von 1901 und ihren späteren Fassungen.
Die ältesten Planzeichnungen stammen aus dem Jahr 1847 und zeigen das Gebäude in der heute noch bestehenden Form, so dass von einem baurechtlich genehmigten Zustand bzw. von einem im Einklang mit dem öffentlichen Recht stehenden Zustand ausgegangen werden kann, der Bestandsschutz vermittelt.
In der Rechtsprechung wird vertreten, dass bei „sehr alten Anlagen“ eine Rechtsvermutung dafür besteht, dass sie seinerzeit ordnungsgemäß und in Übereinstimmung mit den damals bestehenden Gesetzen errichtet worden sind (OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 12.12.2012 – 8 A 10875/12 – juris m.w.N.). Dieser Rechtsprechung folgt die Kammer.
Der Kläger kann diese Vermutung auch nicht durch einfaches Bestreiten dergestalt, dass eine Baugenehmigung nie erteilt worden sei, entkräften. Da er sich auf das Nichtbestehen des Bestandsschutzes zu seinen Gunsten beruft, treffen ihn insoweit erhöhte Darlegungsanforderungen. Der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, dass entgegen der oben dargelegten Vermutung Anhaltspunkte für das Bestehen der materiellen Rechtswidrigkeit der Anlage bis ins Jahr 2014 vorliegen.
Nachdem bei den nun zur Genehmigung gestellten Umbau- und Sanierungsmaßnahmen im Gebäude die Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft mit Saalnutzung aufrecht erhalten werden soll, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Variationsbreite der bis zum Jahr 2014 bestehenden Nutzung überschritten wird und sich damit die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit erneut stellen würde (BayVGH, B.v. 9.9.2013 – 14 ZB 12.1899 – juris), so dass von einem fortbestehenden Bestandsschutz auszugehen ist.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt diesbezüglich in seinem Beschluss vom 31. August 2018 – 9 CS 18.1076 – juris Folgendes aus:
„Materiell oder formell zulässigerweise errichtete Vorhaben – wie voraussichtlich die gegenständliche Gastwirtschaft – bleiben von den Festsetzungen eines Bebauungsplans unberührt, auch wenn sie diesen widersprechen; sie genießen Bestandsschutz (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Februar 2018, § 30 Rn. 24; BVerwG, U.v. 17.1.1986 – 4 C 80.82 – BVerwGE 72, 362 = juris Rn. 10). Wie schon aus der Formulierung „materiell oder formell zulässigerweise errichtete Vorhaben“ folgt, kann sich ein geschützter Baubestand nicht nur aus der Erteilung einer förmlichen Baugenehmigung ergeben, sondern auch dann, wenn ein Gebäude materiell rechtmäßig errichtet oder zumindest zu einem Zeitraum während seiner Existenz baurechtlich genehmigungsfähig gewesen ist. Ist dies der Fall, so wird das Gebäude im Umfang seines vorhandenen baulichen Bestands und in seiner Funktion geschützt (vgl. Söfker a.a.O. § 35 Rn. 179 m.w.N.). Mit der Wendung in Nr. 2.1 der textlichen Festsetzung, „bestehende Betriebe genießen Bestandsschutz“, stellt die Antragsgegnerin lediglich klar, dass sich der Bestandsschutz gegenüber den Festsetzungen eines Bebauungsplans durchsetzt.
Dass die Gastwirtschaft „G…“ jedenfalls bis zu ihrer Schließung im Jahr 2014 Bestandsschutz genoss, bezweifelt auch der Antragsteller nicht (vgl. die zum Bauantrag eingereichte Festschrift „Gasthof ‚G…‘ 1632-1932“; Denkmalliste des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege Denkmalnummer …; Altakten der Antragsgegnerin „G… Straße 34“, Band I und II mit einer Vielzahl von Bauvorlagen, Lageplänen, baupolizeilicher, baurechtlicher und sonstiger Genehmigungen). (…)
Der Bestandsschutz wird auch nicht dadurch infrage gestellt, dass bauliche Maßnahmen, die nach Landesrecht genehmigungsbedürftig sind, an dem geschützten Gebäude oder darüber hinausgreifend durchgeführt werden, sofern die Identität mit dem ursprünglichen Bauwerk gewahrt bleibt, also das ursprüngliche Gebäude nach wie vor als die „Hauptsache“ erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 17.1.1986 a.a.O juris Rn. 12; bes. BVerwG, B.v. 21.3.2001 – 4 B 18.01 – NVwZ 2002, 92 = juris Rn. 11; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger; BauGB, Stand Februar 2018, § 29 Rn. 46, jeweils m.w.N.). So liegt es voraussichtlich hier.
Ausweislich der mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen beschränken sich die baulichen Änderungsmaßnahmen im Wesentlichen auf den Abbruch und den Neubau von Innenwänden, Fußböden, Fenstern und Türen, die Erneuerung haustechnischer Anlagen sowie Veränderungen in der Raumausstattung und -nutzung (vgl. Bauvorlagepläne Grundrisse sowie Ansichten und Schnitte vom 21.12.2016; s. auch Brandschutznachweis vom 7.7.2017). Eine bauliche Erweiterung des Gebäudes ist nicht vorgesehen oder genehmigt. Ebenso wenig ist mit den baulichen Maßnahmen eine Erhöhung des Nutzungsmaßes verbunden, auch eine Nutzungserweiterung findet – entgegen den Darlegungen des Antragstellers – ausweislich der Bauvorlagen nicht statt (vgl. z.B. Bauvorlageplan Gastraumflächen vom 21.12.2016/11.7.2017). Es trifft zwar zu, dass einzelne Räume als Gastraumflächen genutzt werden sollen, die vormals zu anderen Zwecken genutzt wurden. Dem steht aber die Umnutzung bisher genutzter Gasträume zu anderen Zwecken gegenüber (z.B. „…“ sowie „…“ nunmehr als Küchenräume). Insgesamt wird die Gastraumfläche von 555,90 m² im Bestand auf 535,23 m² in der genehmigten Planung verringert, das „Vereinszimmer“ bleibt unverändert (vgl. Bauvorlageplan „Gastraumflächen“ vom 21.12.2016/11.7.2018). Da die Gastwirtschaft „G…“ mit seinem bestandsgeschützten Gebäude bzw. seinen Gebäudeteilen (Vorderhaus, Saalgebäude, Hinterhaus und Hofanbau) als eine bauliche Anlage i.S.d. § 29 Abs. 1 BauGB und im Sinn der Regelungen der Baunutzungsverordnung gilt, ist es planungsrechtlich hier voraussichtlich ohne Belang, in welchen Gebäudeteilen, Geschossen oder Räumen die Gastraum-, Küchen- oder sonstigen Nutzungen im Rahmen des Betriebs der Gastwirtschaft stattfinden (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1996 – 4 C 17.95 – BVerwGE 102, 351 = juris Rn. 32; vgl. auch U.v. 18.4.1996 – 4 C 17.94 – BauR 1996, 674 = juris Rn. 17 f. zur geänderten Raumaufteilung einer Spielhalle). Insbesondere führen die Änderungen der Raumnutzung wohl zu keiner Verschlechterung, sondern zu einer Verbesserung der Immissionssituation, weil nach dem genehmigten Bauantrag für die Gasträume im Erd- und Obergeschoss sowie für den Saal im Obergeschoss im Unterschied zum Bestand mechanische Lüftungsanlagen vorgesehen sind und die (schallgedämmten) Fenster während des gesamten Betriebs geschlossen gehalten werden und zu halten sind (vgl. Nr. 7.1 des Schallgutachtens vom 14. Juli 2017 sowie „Auflagen Immissionsschutz“).
Der vonseiten des Antragstellers beanstandete Betrieb mit „zweimal zirka 200 Gästen“, u.a. aufgrund der Saalnutzung, ist nach vorstehenden Ausführungen aller Voraussicht nach bestandsgeschützt; eine Ausweitung des bisherigen Betriebs oder eine Nutzungserhöhung findet wohl nicht statt. Insbesondere bestehen keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass bei der bisherigen Saalnutzung lediglich „von einem Versammlungsraum mit der Verabreichung von Getränken ausgegangen werden kann“. Der bestehende und in seinen Abmessungen unverändert bleibende Saal im 1. Obergeschoss (eigentlicher Saal mit Bühne) und im 2. Obergeschoss (Luftraum/Galerie) besteht nach dem „Baualtersplan, 1. Obergeschoss“ (Kenntnisstand Dezember 2016) wohl schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Er ist auch Gegenstand einer Erlaubnis vom 24. Januar 1939 nach dem Gaststättengesetz „zum Fortbetrieb der Gastwirtschaft“ (Saal, Bühne, Saalschänke, Galerie Schmal- und Längsseite; vgl. auch Grundrissplan von 1925). Eine irgendwie geartete Beschränkung auf Versammlungen oder Anhaltspunkte für den Ausschluss der Verabreichung von Speisen ergibt sich aus dieser Wirtschaftserlaubnis von 1939 nicht. Nichts anderes gilt wohl hinsichtlich der geplanten Betriebszeiten (vgl. Betriebsbeschreibung zum Bauantrag und deren Anlage 1 vom 13.7.2017 Bl. 238 der Bauakte der Antragsgegnerin). Im Baugenehmigungsbescheid vom 11. Oktober 2017 wird im Übrigen darauf hingewiesen, dass „die Bestimmungen und Auflagen der gültigen Sperrzeitverordnung für Freischankflächen oder evtl. Sonderregelungen (Gaststättenrechtlicher Bescheid) zu beachten“ sind (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1998 – 4 C 9.97 – BauR 1999, 228 = juris Rn. 20, zu § 11 Abs. 1 Buchst. b GastG 1930, nunmehr: § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG).
Die in den Bauvorlagen dargestellte „Sondernutzung“ einer Freischankfläche vor dem Eingang des Gasthauses an der G… Straße ist weder Gegenstand des Bauantrags noch der Baugenehmigung (vgl. Bauvorlage „Grundrisse“ v. 21.12.2016 und Auflage A101/Hinweis). (…)
Da Regelungsgegenstand der Baugenehmigung vom 11. Oktober 2017 nur die zur Genehmigung gestellten baulichen Maßnahmen sind, die – wie bereits ausgeführt wurde – voraussichtlich keine planungsrechtliche Relevanz aufweisen, finden die §§ 30 ff BauGB und damit auch das aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO folgende planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme aller Voraussicht nach keine Anwendung.“
b. Der Bestandsschutz ist auch nicht durch die im Jahr 2014 erfolgte Betriebsaufgabe der Vorbesitzerin erloschen.
Denn unabhängig von der Frage des Vorliegens einer formellen Baugenehmigung trägt der aus der o.g. dargestellten Vermutung der Übereinstimmung mit materiellem Recht abgeleitete materielle Bestandsschutz die weitere unveränderte Nutzung des Gebäudes trotz zwischenzeitlicher vierjähriger Nutzungsunterbrechung.
Unter Anwendung der von der Rechtsprechung – so auch des „Zeitmodells“ in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Vorliegen einer formellen Baugenehmigung (BVerwG U.v. 18.5.1995 – 4 C 20.94 – juris und BVerwG, U.v. 7.11.1997 – 4 C 7.97 – juris) – entwickelten Grundsätze kann sich vorliegend der Kläger als Nachbar nicht darauf berufen, dass der – wie oben dargelegt jedenfalls materielle – Bestandsschutz der baulichen Anlage durch die vierjährige Nutzungsunterbrechung erloschen sei, da nicht von einer endgültigen Nutzungsaufgabe als Grenze des materiellen Bestandsschutzes auszugehen ist.
Daran ändert auch die Formulierung im Bebauungsplan der Beklagten, wonach „bestehende Betriebe“ Bestandsschutz genießen, nichts. Die insoweit einer Auslegung zugängliche Bestimmung hat den Inhalt, bereits genehmigte bzw. jedenfalls materiell legale Nutzungen auf den (sich ohnehin aus Art. 14 Abs. 1 GG abgeleiteten) Bestandsschutz zu setzen, ohne das Bestehen an sich und den Umfang des Bestandsschutzes an engere rechtliche Voraussetzungen zu knüpfen.
Ein Bestandsschutz, der sich aus dem In-Einklang-Stehen des Vorhabens mit materiellem Recht ergibt, ist ebenso wie ein aus einer formellen Baugenehmigung abgeleiteter Bestandsschutz geeignet, Planänderungen, die die Zulässigkeitsvoraussetzungen für neu zu genehmigende Vorhaben verschärfen oder diese gar untersagen, entgegenzustehen, sofern die Nutzungsunterbrechung, die vorliegend vier Jahre bestand, nicht zu seinem Wegfall geführt hat.
In Anlehnung an die oben dargestellten Kriterien reicht Zeitablauf allein nicht aus, um einen Wegfall der Rechtsposition zu begründen. Es müssen andere Umstände hinzutreten, etwa die Aufnahme einer anderen Nutzungsart oder der erkennbare Wille, die bislang ausgeübte Nutzung tatsächlich nicht mehr wieder aufzunehmen. Für ein derartiges subjektives Element fehlen vorliegend Anhaltspunkte. Aus den Umständen des Einzelfalls ergibt sich vielmehr, dass die Wiederaufnahme der bisherigen Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft nach der Verkehrsauffassung erwartet werden konnte. Denn die Vorbesitzerin gab die Nutzung nicht freiwillig, sondern – unbestritten – infolge einer Insolvenz auf. Sie erklärte auch nicht, dass es sich hierbei um eine endgültige Aufgabe der Nutzung als Gasthaus handeln solle. Auch wurde der Gebäudekomplex seither nicht anderweitig genutzt.
Vielmehr sind die Suche nach einem neuen Investor und das Interesse der Beklagten an der Erhaltung der Traditionsgaststätte ebenso wie die örtlichen Verhältnisse in der … Kriterien dafür, trotz der vierjährigen Nutzungsunterbrechung von einem Fortdauern des Bestandsschutzes auszugehen. Nachdem es sich um ein Gebäude mit einer jahrhundertealten Geschichte als Gasthaus, handelt und es in der Vergangenheit lückenlos als solches genutzt wurde, ist ein – gemessen an der Nutzungsdauer insgesamt – vergleichsweise geringer Zeitraum von vier Jahren Nutzungsunterbrechung mangels Hinzutretens weiterer Umstände nicht geeignet, um den Bestandsschutz entfallen zu lassen.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Beschluss vom 31. August 2018 – 9 CS 18.1076 – juris hierzu Folgendes aus:
„Der Antragsteller geht aber davon aus, dass kein bestehender Betrieb und damit auch kein Bestandsschutz mehr vorliege, weil die Nutzung im Jahr 2014 aufgegeben worden sei. Diese Wertung trifft wohl nicht zu. Denn aus der vier Jahre andauernden Unterbrechung der Nutzung der Gastwirtschaft aus Anlass der Insolvenz der Vorbesitzerin ergibt sich weder ein Verzicht auf die weitere Ausübung der genehmigten und/oder materiell bestandsgeschützten Nutzung, noch hat sich die Nutzungsunterbrechung auf die Nutzungstauglichkeit des Gebäudes als Gastwirtschaft ausgewirkt. Auch sonstige Anhaltspunkte, die auf einen dauerhaften Verzichtswillen schließen oder einen solchen auch nur vermuten lassen könnten, bestehen nicht (vgl. Söfker a.a.O. § 35 Rn. 179; Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, § 29 Rn. 18; Spannowsky in Spannowsky/Uechtritz, BeckOK BauGB, § 34 Rn. 74.5; BayVGH, B.v. 6.2.2014 – 1 ZB 11.1675 – juris Rn. 3 sowie B.v. 28.6.2016 – 15 CS 15.44 – juris Rn. 20; vgl. auch BVerwG, B.v. 5.6.2007 – 4 B 20.07 – BauR 2007, 1967 = juris Rn. 5 sowie B.v. 5.5.2015 – 4 BN 2.15 – juris Rn. 18, jeweils m.w.N.). Hiervon geht auch das Verwaltungsgericht mit einer überzeugenden Begründung aus.“
c. Ein Abwehranspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus Ziffer 2.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans, wonach Erweiterungen auf der Grundlage bestandsgeschützter Nutzungen nur unter den genannten Einschränkungen durchgeführt werden dürfen. Dieser Festsetzung kommt, da sie im Interesse des bereits dargelegten Schutzes der im Baugebiet vorhandenen Wohnnutzung getroffen wurde, drittschützende Wirkung zu (vgl. VG Ansbach, U.v. 18.2.2014 – AN 3 K 13.02115 – juris), so dass ein Vorhaben, welches unter Verletzung des Regelungsgehalts genehmigt würde, durch den Kläger abgewehrt werden könnte.
Eine Erweiterung im Sinn der genannten Festsetzung liegt jedoch nicht vor, da sich das Bauvorhaben – wie bereits dargelegt – sowohl von der Nutzungsart als auch vom räumlichen und zeitlichen Ausmaß der gaststättenrechtlichen Nutzung im Rahmen des bisher bestandsgeschützen Zustandes hält. So wird sich nach den genehmigten Bauvorlagen die Gastraumfläche durch die räumliche Umgestaltung im Inneren des Gebäudes von bisher 556 m² auf 535 m² verringern. Auch die Nutzung des Saalgebäudes wird im bisherigen Umfang stattfinden. In den Behördenakten finden sich keinerlei Hinweise darauf, dass die Saalnutzung bislang Einschränkungen unterlegen hätte.
Hierzu führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 31. August 2018 – 9 CS 18.1076 – juris Folgendes aus:
„Ausweislich der Bauvorlagen wird die Wirtewohnung vom 1. Obergeschoss in das 2. Obergeschoss verlegt. Im Vergleich mit der bisherigen Nutzung dieser Räume als Fremden- und Mädchenzimmer, die aufgegeben wird, bleibt die künftige Nutzung im Rahmen dessen, was schon bislang zulässig war; eine Erweiterung des Nutzungsspektrums erfolgt nicht (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2010 – 4 C 10.09 – BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 12 m.w.N.). Auch der Einbau einer neuen Küche im Saalgebäude führt zu keiner Erweiterung des Nutzungsspektrums der baulichen Anlage (…).
Nach der zum Bauantrag eingereichten Zusammenstellung U108 bleibt die Nutzung des Saals im „Saalgebäude“ als „Tanz-/Gastraumsaal“ unverändert (vgl. Stellungnahme, Zusammenstellung, Bl. 100 ff. [103] der Bauakte der Antragsgegnerin).“
3. Nachdem es sich bei dem zur Genehmigung gestellten Vorhaben auch nach dem Inhalt der erteilten Baugenehmigungen offensichtlich nicht – entgegen der Behauptung des Klägers – um die Errichtung einer nach Ziffer 2.6 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 001Ä der Beklagten vom 8. Februar 1997 in zulässiger Weise nach § 1 Abs. 5 BauNVO ausgeschlossene Vergnügungsstätte handelt (so auch BayVGH, B.v. 31.8.2018 – 9 CS 18.1076 -juris), steht ihm auch insoweit kein Abwehranspruch zur Seite.
Zwar hat diese Festsetzung über die rein städtebauliche Funktion hinaus die Zielrichtung, die Nachbarschaft vor insbesondere von Vergnügungsstätten erheblich ausgehenden Lärmbelästigungen zu schützen.
Um eine Vergnügungsstätte handelt es sich bei dem als Schank- und Speisewirtschaft nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO allgemein zulässigen genehmigten Vorhaben schon begrifflich nicht.
Zur Frage der Abgrenzung von Schank- und Speisewirtschaften zu Vergnügungsstätten führt der BayVGH in einer Entscheidung vom 4. Oktober 2017 – 1 ZB 15.1673 – juris aus:
„Ausgangspunkt der Begriffsbestimmung für die Schank- und Speisewirtschaft ist die Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 1 GastG (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-berger, BauGB, Stand 1. Februar 2017, § 4 BauNVO Rn. 57). Der Grundtyp der Schank- und Speisewirtschaft – also die Gaststätte ohne Betriebseigentümlichkeit – wird geprägt vom Ausschank von Getränken und vom Verzehr zubereiteter Speisen. Ob Musik und Tanz der Gaststätte ein besonderes Gepräge geben, hängt davon ab, in welchem Maße Musik und Tanz den Gaststättenbetrieb beherrschen (vgl. BVerwG, B.v. 22.7.1988 – 1 B 89.88 – NVwZ-RR 1989, 14). Die Vergnügungsstätte ist als bauplanungsrechtlicher Nutzungsbegriff durch kommerzielle Freizeitgestaltung und Amüsierbetrieb gekennzeichnet (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 1. Februar 2017, § 6 BauNVO Rn. 42). Nicht entscheidend ist die konkrete Bezeichnung der Einrichtung oder deren eindeutige Zuordnung zu einer der unstreitig als Vergnügungsstätte zu wertenden Betriebe wie z.B. Diskotheken, Nachtclubs oder Nachtbars, sondern ob die Einrichtung bei wertender Gesamtbetrachtung von ihrem Gesamterscheinungsbild und ihrer Angebotspalette her den Charakter einer Vergnügungsstätte hat (vgl. HessVGH, B.v. 22.2.2012 – 3 A 1112/ 11.Z – juris Rn. 10).“
Gelegentliche Tanz- und Musikveranstaltungen machen eine Schank- und Speisewirtschaft nicht zu einer Vergnügungsstätte (Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Oktober 2017, § 4a BauNVO, Rn. 69 und § 4 BauNVO Rn. 60 f.)
Der Schwerpunkt der Saalnutzung liegt nach dem Inhalt der Baugenehmigung nicht auf den gemeinhin für die Annahme einer Vergnügungsstätte charakteristischen Veranstaltungen. Insbesondere sind die Durchführung privater Feiern, wie Hochzeiten, und die Abhaltung von Seminaren und Kleinkunstveranstaltungen sowie Musikdarbietungen geplant. Unter Zugrundelegung der o.g. Abgrenzungskriterien ergibt sich im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung, dass vorliegend nicht von einer Vergnügungsstätte ausgegangen werden kann (vgl. auch König/Roeser/Stock, a.a.O. § 7 BauNVO Rn. 16), weshalb eine Rechtsverletzung des Klägers aufgrund des drittschützenden Charakters der Bebauungsplanfestsetzung ausscheidet.
4. Die streitgegenständlichen Baugenehmigungen haben mithin allein bauordnungsrechtliche Fragen zum Inhalt. Eine Verletzung drittschützender Normen des Bauordnungsrechts ist jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr verbessern die auf Art. 54 BayBO gestützten Auflagen zum Lärm- und Brandschutz die Situation des Klägers, nachdem erstmals zum Schutz der Nachbarschaft Regelungen zu Art und Umfang des Betriebs verbindlich getroffen werden. Subjektive Abwehrrechte zugunsten des Klägers ergeben sich hieraus nicht.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Beschluss vom 31. August 2018 – 9 CS 18.1076 – juris Folgendes aus:
„Angesichts der zwischen den Beteiligten umstrittenen Lärmsituation im Bereich der … dürfte eine den gebotenen Prüfumfang übersteigende Anforderung wohl als (nachträgliche) Anordnung etwa nach Art. 54 Abs. 2 und Abs. 4 BayBO zu werten sein. Danach haben die Bauaufsichtsbehörden nicht nur bei der Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung, sondern auch bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Sie können in Wahrnehmung dieser Aufgaben die erforderlichen Maßnahmen treffen. Ob dies hier Sache der Bauaufsichtsbehörde ist (vgl. Art. 54 Abs. 2 Satz 1 BayBO, „soweit nicht andere Behörden zuständig sind“; vgl. etwa §§ 24 f. BImSchG, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) oder die Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO für Anordnungen gegenüber bestandsgeschützten Anlagen vorliegen, sofern sie angesichts der dynamisch angelegten Grundpflichten aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG überhaupt vorliegen müssen (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.1999 – 4 C 20.94 – BVerwGE 98, 235 = juris Rn. 26; vgl. auch BVerwG, B.v. 26.8.1988 – 7 B 124.88 – NVwZ 1989, 257 = juris Rn 5 und U.v. 25.2.1992 – 1 C 7.90 – BVerwGE 90, 53 = juris Rn. 16, jeweils m.w.N.), bedarf wohl keiner Klärung, weil die Beigeladene etwaige sich aus den „Auflagen zum Immissionsschutz“ ergebende, den Bestandsschutz einschränkende Anordnungen hingenommen hat. Auch hat der Antragsteller mangels planungsrechtlicher Relevanz der genehmigten Baumaßnahmen wohl keinen Anspruch auf Verbesserung einer gegebenen Lärmsituation.“
Entgegen dem klägerischen Vorbringen liegt vorliegend auch keine Verletzung der bauordnungsrechtlichen Vorschrift des Art. 13 BayBO, die hier nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 4, Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO zum Prüfprogramm über die Zulässigkeit des Vorhabens gehört, vor.
Soweit – wie im vorliegenden Fall – einzelne Baumaßnahmen an einer bestehenden baulichen Anlage vorgenommen werden, sind die gesetzlichen Forderungen des Schall- und Erschütterungsschutzes nur hinsichtlich der Bauteile, auf die sich die Änderungen beziehen, zu erfüllen. Die nicht von der Änderung berührten Bauteile, die gegebenenfalls noch keinen ausreichenden Schutz bieten, unterliegen nicht diesen Vorschriften. Dass der Gesetzgeber soweit gehen wollte, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen (vgl. hierzu Simon/Busse/Nolte, 131. EL Oktober 2018, BayBO Art. 13 Rn. 6 – beck-online).
Vorliegend ist im Rahmen der Prüfung der Anforderungen des Art. 13 BayBO nicht auf den Gesamtbetrieb der Gaststätte der Beigeladenen und einen entsprechenden gebietsbezogenen Schallschutz, sondern vielmehr auf die Einzelbaumaßnahmen abzustellen. Diesbezüglich kann durch die teilweise Erneuerung der in die Jahre gekommenen Fenster- und Türenelemente bereits denknotwendig nicht von einer Verschlechterung gegenüber der Bestandsnutzung ausgegangen werden.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt hierzu in seinem Beschluss vom 31. August 2018 – 9 CS 18.1076 – juris indes Folgendes aus: „Ausweislich des Schallgutachtens vom 14. Juli 2017 spricht überwiegendes dafür, dass sich die Lärmsituation aufgrund der bauantragsgemäß vorgesehenen Maßnahmen zum Schallschutz (vgl. Nr. 7 des Schallgutachtens vom 14. Juli 2017, u.a. Einbau von Lüftungsanlagen für die Gasträume im Erdgeschoss und Obergeschoss sowie für den Saal im Obergeschoss und Schließung der Fenster während des gesamten Betriebs, teilweise Erneuerung der Türen und Fenster mit entsprechendem Schalldämmmaßen) gegenüber der Bestandsnutzung sogar verbessert; eine Nutzungserweiterung erfolgt – wie bereits ausgeführt wurde – wohl nicht.“
Im Übrigen wurde im Hinblick auf die unter Verweis auf die von der Beigeladenen vorgelegten Gutachten unter A 556 sowie A 558 festgelegten Schalldämmmaße der neuen Fenster- und Türenelemente sowie mittleren Schallleistungspegel für die Abluftanlagen und Zuluftanlagen klägerseits nicht vorgetragen, dass die diesbezüglich herangezogenen Werte unzutreffend sind.
Nach alldem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2, 173 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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