Baurecht

Nachbarklage gegen Erweiterung eines Bremsenprüfstandes

Aktenzeichen  AN 9 K 19.00890

Datum:
14.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 32250
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 2
BImSchG § 3 Abs. 1
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Immissionen sind dann unzumutbar, wenn sie im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen, wobei sich die Erheblichkeitsgrenze nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Umgebung richtet. (Rn. 78) (redaktioneller Leitsatz)
2. Als Maßstab für die Zumutbarkeit der Störung für einen Nachbarn ist die TA Lärm heranzuziehen, der als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift eine auch im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu kommt. Dabei ist die Konkretisierung der gesetzlichen Maßstäbe jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschemissionen vorschreibt. (Rn. 78) (redaktioneller Leitsatz)
3. In nachbarrechtlichen Streitigkeiten ist die Bestimmtheit der Baugenehmigung daraufhin zu prüfen, ob es dem Nachbarn möglich ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang er durch das Vorhaben in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird. (Rn. 92) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Klagegegenstand ist die gegenüber dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für das Bauvorhaben „Erweiterung des bestehenden Bremsenprüfstandes“ auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung …
1. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
Die Klagebefugnis liegt vor. Insbesondere kann die Klägerin geltend machen, möglicherweise in ihren drittschützenden Rechten aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme verletzt zu sein (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V. m. § 15 BauNVO). Die ursprüngliche Klägerin hat ihr Einverständnis zu dem Klägerwechsel erklärt, die übrigen Beteiligten haben die Übernahme der Prozessführung durch die Klägerin nicht widersprochen.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
Da für das streitgegenständliche Gebiet kein Bebauungsplan existiert, beurteilt sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens des Beigeladenen nach § 34 Abs. 2 BauGB. Unstrittig zwischen den Beteiligten ist die maßgebende Umgebung des Baugrundstücks als faktisches Gewerbegebiet einzustufen, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO sind die bisher genehmigte wie die durch die angefochtene Baugenehmigung erweiterte Nutzung dort allgemein zulässig.
Das beantragte Bauvorhaben „Erweiterung des bestehenden Bremsenprüfstandes“ der FlNr. … verstößt auch nicht gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO.
Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid zum Schutz der Klägerin vor unzumutbarer Lärmbelästigung geeignete und ausreichende Auflagen zum Lärmschutz aufgenommen (2.1).
Durch das Gutachten der Handwerkskammer für Mittelfranken vom 3. Mai 2018 in der Fassung des Ergänzungsgutachtens vom 25. September 2020 steht fest, dass die festgesetzten Immissionsrichtwerte an den das Gebäude der Klägerin abdeckenden Immissionsorten 1, 2 und 3 beim genehmigten Betrieb eingehalten werden (2.2). Die Lärmschutzauflagen in der Baugenehmigung sind hinreichend bestimmt (2.3).
2.1 Die Klägerin ist nach der Baugenehmigung und den darin enthaltenen Auflagen keinen schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG ausgesetzt.
In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen nach § 3 Abs. 1 BImSchG folgt der nachbarliche Drittschutz gegen eine Baugenehmigung aus dem Gebot der Rücksichtnahme, dessen Beachtung sich hier aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergibt. Ob den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots genügt ist, hängt davon ab, was den Betroffenen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Immissionen sind dann unzumutbar, wenn sie im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen, wobei sich die Erheblichkeitsgrenze nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Umgebung richtet, (BVerwG, U.v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – juris; BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris Rn. 4 ff.; B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061 – juris). Soweit sich die Klägerin auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme wegen schädlicher Geräuschimmissionen beruft, ist als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung für einen Nachbarn die 6. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm/TA Lärm) heranzuziehen, der als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift eine auch im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu kommt. Dabei ist die Konkretisierung der gesetzlichen Maßstäbe jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschemissionen vorschreibt (BayVGH, B.v. 16.10.2013 – 15 B 12.1808 – juris Rn. 20; VG Würzburg, B.v. 12.12.2016 – W 4 S 16.1201 – juris).
Nach Ziffer 6.1 b) der TA Lärm sind in Gewerbegebieten tags 65 dB(A) zulässig. Durch den Abzug von 6 dB(A) hat die Beklagte sichergestellt, dass auch unter Berücksichtigung einer eventuell vorhandenen Vorbelastung der zulässige Immissionsrichtwert tags nicht überschritten wird, die als Immissionsrichtwert festgesetzten 59 dB(A) tags tragen deshalb dem Schutz der Klägerin hinreichend Rechnung. Da der genehmigte Betrieb keine Tätigkeit in der Nachtzeit von 22:00 bis 6:00 Uhr entfaltet, ist eine Beeinträchtigung der Klägerin während der Nachtzeit ausgeschlossen, aber auch insoweit genügt der festgesetzte Immissionsrichtwert von 44 dB(A) nachts dem Schutzbedürfnis der Klägerin, da hier wieder von den in Gewerbegebieten zulässigen 50 dB(A) nachts 6 dB(A) abgezogen wurden.
Auch die zulässigen Spitzenpegel nach Ziffer 6.1 der TA Lärm wurden zutreffend festgesetzt, das Gebäude der Klägerin … … als Immissionsort aufgenommen.
Die Beklagte hat dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme hinreichend Rechnung getragen, indem sie in der Baugenehmigung in der Auflage 2 auf die Angaben der Betriebsbeschreibung des Beigeladenen vom 12. April 2018 mit handschriftlichen Ergänzungen vom 19. März 2019 Bezug genommen und die Auflagen 5 – 9 zum Lärmschutz erlassen hat.
2.2 Entsprechend der Schallimmissionsprognose der Handwerkskammer Mittelfranken vom 3. Mai 2018 sowie der ergänzenden Stellungnahme der Handwerkskammer Mittelfranken vom 25. September 2020, die in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2020 zum Gegenstand der Betriebsbeschreibung des Beigeladenen und damit zum Gegenstand der Baugenehmigung vom 29. März 2019 gemacht wurde, werden die Immissionsrichtwerte an den maßgeblichen Immissionsorten entsprechend der TA Lärm eingehalten bzw. unterschritten, dies gilt sogar bei geöffneten Toren.
Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass das vorgelegte Gutachten vom 3. Mai 2018 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 25. September 2020 umfassend zur Entscheidungsfindung herangezogen werden können. Sie sind in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar und gehen von zutreffenden Eckpunkten aus. Das Gutachten lässt keine entscheidungserheblichen Parameter bei der Beurteilung der Lärmwerte außer Betracht. Unter Zugrundelegung einer höchsten Auslastung („worst-case Szenario“) des Bauvorhabens „Erweiterung des Bremsenprüfstandes“ von 100 Fahrzeugbewegungen pro Tag kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass an allen drei Immissionsorten der reduzierte Immissionsrichtwert von 59 dB(A) sowohl bei geöffneten als auch bei geschlossenen Toren unterschritten wird.
Die maßgeblichen drei Immissionsorte (IO 1, IO 2 und IO 3) wurden in der Lärmimmissionsprognose vom 3. Mai 2018 sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 25. September 2020 entsprechend den Vorgaben der TA Lärm festgelegt, vgl. 2.3 TA Lärm i.V. m. Nr. A. 1.3 des Anhangs, wonach maßgeblicher Immissionsort der zu ermittelnde Ort im Einwirkungsbereich der Anlage darstellt, an dem eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten ist.
Durch die Aufnahme des Immissionsortes 3 entsprechend der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 25. September 2020 als Teil der Bauvorlagen und damit als Teil der streitgegenständlichen Baugenehmigung ist der Einwand der Klägerin, in nordöstlicher Richtung fehle die Festsetzung eines weiteren Immissionsortes, obsolet geworden. In der ergänzenden Stellungnahme der Handwerkskammer Mittelfranken vom 25. September 2020 wurde ein dritter Immissionsort, nordöstlich gelegen zu den beiden bisherigen Immissionsorten (IO 1 und IO 2), herangezogen und Berechnungen führen zu dem Ergebnis, dass der reduzierte Immissionsrichtwert von tags 59 dB(A) auch bei dem neuen Immissionsort 3 sowohl bei geöffneten als auch geschlossenen Toren unterschritten wird.
Entgegen dem Vortrag der Klägerin wurden in der Schallimmissionsprognose der Handwerkskammer Mittelfranken vom 3. Mai 2018 sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 25. September 2020 alle relevanten Lärmquellen aufgenommen. Insbesondere entsteht kein zusätzlicher Lärm durch das streitgegenständliche Bauvorhaben aufgrund von Anlieferungen durch Lastkraftwagen. Nach den Angaben des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2020 finden keinerlei Anlieferungen von Lastkraftwagen zu seinem Betrieb statt. Die Anlieferung von für den Betrieb erforderlichen Materialien von ca. ein bis zweimal pro Tag mit einem Pkw, wie beispielsweise einem Sprinter, kann hierbei unberücksichtigt bleiben.
Unerheblich ist der Vortrag der Klägerin dahingehend, dass das Schallgeräusch der Hupe nicht in der Schallimmissionsprognose berücksichtigt wurde. Aus der ergänzenden Stellungnahme der Handwerkskammer Mittelfranken ergibt sich hierzu, dass es sich bei dem Schallgeräusch der Hupe um kurzzeitige Geräuschspitzen – Spitzenpegel – handelt, die innerhalb der Prüfhalle durch die abschirmende Wirkung keinerlei Einfluss auf die Einhaltung des Spitzenpegelkriteriums an den maßgeblichen Immissionsorten haben und durch die sehr kurze gesamte Einwirkzeit eine Berücksichtigung beim Halleninnenpegel im vorliegenden Fall vernachlässigt werden können. Bei der Berechnung mit einem Halleninnenpegel von Li = 81,7 dB (A) über die gesamte Arbeitszeit errechneten sich an den maßgeblichen Immissionsorten Beurteilungspegel, die nur um 0,2 dB(A) erhöht waren.
Unbeachtlich ist der Einwand der Klägerin, seit dem 1. Juli 2012 sei innerhalb der TÜV-Abnahme eine Probefahrt vorzunehmen und diese zusätzlichen Fahrzeugbewegungen seien in der Lärmimmissionsprognose der Handwerkskammer Mittelfranken nicht berücksichtigt worden. Entsprechend den Ausführungen des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2020 findet keine zusätzliche Probefahrt im Rahmen der TÜV-Abnahme statt. Vielmehr prüft der Prüfer beim Hineinfahren des jeweiligen Kraftfahrzeugs in die Bremsenprüfhalle, ob die Lenkvorrichtung fachgemäß funktioniert. Insoweit sind daher die Fahrzeugbewegungen in dem worst-case Szenario der Schallimmissionsprognose umfassend berücksichtigt worden.
Die weiteren Fahrzeugbewegungen der Mitarbeiter des Beigeladenen konnten zu Recht in der Lärmimmissionsprognose der Handwerkskammer Mittelfranken außer Betracht bleiben, da der Beigeladene lediglich über 3 – 5 Mitarbeiter verfügt, die ihr Fahrzeug im hinteren Bereich der Karosseriewerkstatt parken. Durch das streitgegenständliche Bauvorhaben „Erweiterung des Bremsenprüfstandes“ erhöht sich die Anzahl der Mitarbeiter nicht (vgl. Betriebsbeschreibung des Beigeladenen vom 12. April 2018).
2.3 Entgegen den Ausführungen der Klägerin ist die Baugenehmigung in der Auflage Nr. 6 bestimmt genug und steht nicht im Widerspruch zu der Betriebsbeschreibung des Beigeladenen.
In dem beantragten Nutzungsumfang des Erweiterungsbaus des Bremsenprüfstandes, wie er sich aus der Betriebsbeschreibung des Beigeladenen ergibt, ist die Einhaltung der Auflage nach Art. 37 BayVwVfG ausreichend bestimmt.
Die Baugenehmigung als Verwaltungsakt muss hinreichend bestimmt sein und das genehmigte Vorhaben, insbesondere Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung, eindeutig erkennen lassen, damit die am Verfahren Beteiligten die mit dem Genehmigungsbescheid getroffene Regelung nachvollziehen können (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Hinreichend bestimmt ist eine Baugenehmigung in objektiv-rechtlicher Hinsicht dann, wenn die getroffene Regelung für jeden Beteiligten – gegebenenfalls nach objektivierender Auslegung – eindeutig zu erkennen und deshalb keiner unterschiedlichen Bewertung zugänglich ist (BayVGH, B.v. 18.05.2018 – 9 CS 18.10 – Beck RS 2018,10045). Dem Gegenstand der Baugenehmigung bestimmt der Bauherr durch seinen Bauantrag, auf den in der Baugenehmigung verwiesen wird. In nachbarrechtlichen Streitigkeiten ist die Bestimmtheit der Baugenehmigung daraufhin zu prüfen, ob es dem Nachbarn möglich ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang er durch das Vorhaben in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird (BayVGH, B.v. 05.07.2017 – 9 CS 17.603 – juris; BVerwG, B.v. 20.05.2014 – 4 B 21.14 – juris).
Hiervon ausgehend ist die Auflage Nr. 6 in dem Baugenehmigungsbescheid der Beklagten nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hinreichend bestimmt, da zweifelsfrei festgestellt werden kann, ob und in welchem Umfang durch die Zulassung des Vorhabens schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG in Form von Geräuschimmissionen zu erwarten sind.
Entsprechend der Auflage Nr. 6 des Baugenehmigungsbescheides vom 29. März 2019 sind bei lärmintensiven Arbeiten (z. B. während der Abgasuntersuchungen etc.) Fenster und Tore des neu zu errichtenden Anbaus mit Bremsenprüfstand antragsgemäß geschlossen zu halten. Es ist nicht erforderlich, weitere Beispiele an lärmintensiven Arbeiten zu benennen. Die Formulierung „lärmintensive Arbeiten“ in Nebenbestimmungen zu einem Genehmigungsbescheid ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. BayVGH, B. v. 15.2.2017 – 9 ZB 15.2092 – juris).
Unschädlich ist die Formulierung in der Auflage Nr. 6, dass „antragsgemäß“ Fenster und Tore des neu zu errichtenden Anbaus geschlossen zu halten sind, während der Beigeladene in seinem Antrag lediglich die Schließung der Tore beantragte. Weichen Darstellungen und Angaben in den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen vom Inhalt des Genehmigungsbescheides ab, geht der Inhalt des Baugenehmigungsbescheides vor (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, 2018, Art. 68 Rn. 466; VG Ansbach, B.v. 24.5.2012 – AN 9 S 12.00292 – juris).
Die Einhaltung der Auflage Nr. 6 ist zudem für einen Bremsenprüfstand mit TÜV-Abnahme geradezu betriebstypisch und durchführbar. Der Einwand der Klägerin unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BayVGH vom 26. März 1984 (14 B 81 A. 817) geht fehl. Hiernach bleiben mögliche Schutzmaßnahmen oder Beschränkungen aufgrund der typisierenden Betrachtungsweise im Planungsrecht außer Betracht, wenn diese bei einem Betrieb ungewöhnlich oder betriebsfremd wären und daher auf Dauer ein Bedürfnis nach ihrer Beseitigung auslösen würde oder deren Einhaltung sonst von der Bauaufsichtsbehörde mit zumutbarem Aufwand nicht zuverlässig überwacht werden könnte. Anhaltspunkte dafür, dass es in einem Bremsenprüfstand betriebsfremd bzw. ungewöhnlich wäre, Fenster und Tore bei lärmintensiven Arbeiten (vgl. Auflage 6 des Bescheides vom 29. März 2019) geschlossen zu halten, liegen gerade nicht vor und wurden seitens der Klägerin auch nicht konkret vorgetragen.
Soweit die Klägerin vorträgt, die Auflage Nr. 6 des Baugenehmigungsbescheides werde durch die Mitarbeiter des Beigeladenen nicht eingehalten, wird ein auflagenverletzendes Verhalten unterstellt.
Zwar mag es in der Vergangenheit bereits zu Beschwerden der Mieterin der Klägerin gekommen sein, dass vor allem bei wärmeren Temperaturen die Tore des bisherigen Bremsenprüfstandes geöffnet gewesen seien. In dem Fall wäre die Beklagte verantwortlich, hier gegebenenfalls bauaufsichtlich tätig zu werden. Im Übrigen ist auf die Schallimmissionsprognose vom 3. Mai 2018 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 25. September 2020 zu überweisen, wonach selbst bei geöffneten Toren die reduzierten Immissionsrichtwerte an allen drei Immissionsorten eingehalten werden.
3. Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Luftverschmutzungen durch Abgase und Feinstaub nicht berücksichtigt worden seien, wird auf die Betriebsbeschreibung des Beigeladenen vom 12. April 2018 verwiesen, wonach die bei der TÜV Abnahme entstehenden Motorenabgase über eine Absaugvorrichtung ins Freie geleitet werden. In der mündlichen Verhandlung ergänzte der Beigeladene, dass bei den modernen Fahrzeugen ein Motorhochlaufen nicht mehr notwendig sei, da dies auch elektronisch erfolgen könne. Bei Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Grenzwerte am Arbeitsplatz des Bremsenprüfstandes stellen zudem die Abgase in einer Entfernung von mindestens 14 m zum klägerischen Gebäude keine unzumutbaren Beeinträchtigungen dar.
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und sich damit nicht einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen selbst trägt, §§ 154 Abs. 3,162 Abs. 3 VwGO.


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