Baurecht

Rücknahme eines rechtswidrigen Vorbescheides (hier: keine wegemäßige Erschließung des Baugrundstücks)

Aktenzeichen  1 ZB 15.1897

Datum:
14.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 2105
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 29 Abs. 1, § 34 Abs. 1 S. 1, § 123 Abs. 3
BayVwVfG Art. 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 2
VwGO § 117 Abs. 5

 

Leitsatz

1 Gehen die Beteiligten in früheren Genehmigungsverfahren nicht von der Notwendigkeit einer öffentlich gewidmeten Zuwegung aus, kann auch kein Vertrauenstatbestand entstehen, dass eine solche Zuwegung geschaffen wird. (Rn. 6) (red. LS Alexander Tauchert)
2 Liegt das Baugrundstück außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans, kann aus diesem Bebauungsplan keine Erschließungspflicht der Gemeinde abgeleitet werden. (Rn. 10) (red. LS Alexander Tauchert)
3 Einer Rücknahmeentscheidung gemäß Art. 48 BayVwVfG ist es regelmäßig immanent‚ dass die bisher vertretene Rechtsauffassung korrigiert wird. (Rn. 13) (red. LS Alexander Tauchert)
4 Wurde erstmals vor dem Verwaltungsgericht ein Hilfsantrag gestellt, wonach ein Rücknahmebescheid teilweise aufzuheben ist, lässt sich daraus ein Ermessensfehler der Behörde bzgl. ihrer letzten Behördenentscheidung (hier: Verzicht auf die Teilrücknahme) nicht ableiten. (Rn. 16) (red. LS Alexander Tauchert)

Verfahrensgang

M 11 K 14.982 2015-07-02 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und 2.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beteiligten streiten um die Rücknahme eines Vorbescheids für den Ersatzbau eines Wohnhauses auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung … mit Bescheid des Beklagten vom 20. Februar 2014. Der Beklagte führte im Rücknahmebescheid aus, der Vorbescheid sei rechtswidrig‚ da die wegemäßige Erschließung des Baugrundstücks nicht gesichert sei. Zu Unrecht sei im Vorbescheidsverfahren davon ausgegangen worden‚ dass zu Gunsten des Baugrundstücks Geh- und Fahrtrechte insbesondere auch für das Grundstück der Beigeladenen zu 2 bestünden. Mittlerweile habe sich durch ein notarielles Gutachten herausgestellt‚ dass die im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten das Baugrundstück nicht erfassen würden. Mit Urteil vom 2. Juli 2015 wies das Verwaltungsgericht München die Klage auf Aufhebung des Rücknahmebescheids vom 20. Februar 2014 ab. Der zurückgenommene Vorbescheid sei rechtswidrig‚ da das Baugrundstück nicht erschlossen sei. Eine Erschließungspflicht der Beigeladenen zu 1 bestehe weder aufgrund eines Bebauungsplans noch sonstiger Umstände. Die Ermessungserwägungen des Beklagten seien nicht zu beanstanden.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die fristgerecht geltend gemachten Zulassungsgründe‚ auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist, liegen nicht vor oder wurden nicht dargelegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ernstliche Zweifel‚ die die Zulassung der Berufung rechtfertigen‚ sind zu bejahen‚ wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG‚ B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011‚ 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG‚ B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004‚ 838). Das ist hier nicht der Fall.
1.1 Die mit Schriftsätzen vom 20. Juli 2017 und 8. August 2017 erstmals geltend gemachten Zulassungsgründe, wonach die Erschließung über einen Fußweg (Grundstücke FlNr. … und …*) gesichert sei und eine Erschließungspflicht wegen der Mitwirkung der Gemeinde an früheren Genehmigungen für Vorhaben auf dem Baugrundstück bestehe, können wegen der Versäumung der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht mehr berücksichtigt werden.
Die Zulassungsgründe können nach Ablauf der Darlegungsfrist nur noch insoweit ergänzt werden‚ als der konkret zu ergänzende Zulassungsgrund in offener Frist bereits dargelegt ist. Eine Ergänzung von Zulassungsgründen liegt dann nicht vor, wenn ein neuer, bislang noch nicht dargelegter Zulassungsgrund nach Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebracht wird oder innerhalb eines Zulassungsgrunds neue, selbständige Gründe angeführt werden (vgl. BayVGH‚ B.v. 20.4.2015 – 20 ZB 14.2038 – juris Rn. 3). Weder die Erschließungsvariante über einen Fußweg noch die behauptete Mitwirkung der Beigeladenen zu 1 an Baugenehmigungen und Teilungsgenehmigungen waren Gegenstand der fristgerechten Zulassungsbegründung.
Unabhängig davon ist festzustellen, dass ein schutzwürdiges Vertrauen des Eigentümers des Baugrundstücks auf die Herstellung einer öffentlichen Erschließung wegen der Mitwirkung der Beigeladenen zu 1 bei früheren Baugenehmigungen nicht entstehen konnte. Die wegemäßige Erschließung der im Umfeld und auf dem Baugrundstück zugelassenen Vorhaben war jeweils aufgrund privatrechtlicher Geh- und Fahrtrechte oder wegen der Eigentümeridentität als gesichert angenommen worden. Nachdem die Beteiligten in früheren Genehmigungsverfahren nicht von der Notwendigkeit einer öffentlich gewidmeten Zuwegung ausgingen, konnte auch kein Vertrauenstatbestand entstehen, dass eine solche geschaffen werde.
1.2 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich nicht aufgrund des fristgerechten Vortrags des Klägers‚ die Erschließung sei durch eine Erschließungspflicht der Beigeladenen zu 1 gesichert.
Die Sicherung der ausreichenden Erschließung als Voraussetzung für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit baulicher Anlagen setzt hinsichtlich ihrer verkehrlichen Erschließung voraus‚ dass das Baugrundstück für Kraftfahrzeuge, insbesondere solche der Polizei‚ der Feuerwehr‚ des Rettungswesens und der Ver- und Entsorgung, erreichbar ist. Sie ist gesichert‚ wenn damit gerechnet werden kann‚ dass sie bis zur Herstellung des Bauwerks funktionsfähig angelegt ist und zu erwarten ist‚ dass sie auf Dauer zur Verfügung stehen wird (vgl. BayVGH‚ U.v. 30.10.2014 – 5 ZB 13.2028 – juris Rn. 17 m.w.N.). Dies schließt die dauerhafte rechtliche Sicherung der Zugänglichkeit mit ein, die bundesrechtlich auch durch eine bloße Grunddienstbarkeit erfolgen kann (vgl. BVerwG‚ U.v. 3.5.1988 – 4 C 54.85 – NVwZ 1989‚ 353).
Es kann dahinstehen‚ ob die bloße Erschließungspflicht im vorliegenden Fall ausreicht, um von einer gesicherten Erschließung ausgehen zu können (vgl. zur Möglichkeit der Sicherung durch eine Erschließungspflicht: BVerwG‚ B.v. 23.12.1993 – 4 B 212.92 – juris). Das Verwaltungsgericht ist nämlich zutreffend davon ausgegangen, dass eine Erschließungspflicht nicht besteht. Das Zulassungsvorbringen erschöpft sich weitgehend in der bloßen Kritik des Urteils, ohne anhand der Rechtsprechung darzulegen‚ weshalb ausnahmsweise eine Erschließungspflicht der Beigeladenen zu 1 angenommen werden könnte. In der Rechtsprechung ist ein grundsätzlich gemäß § 123 Abs. 3 BauGB ausgeschlossener Erschließungsanspruch nur in wenigen Fallgestaltungen angenommen worden (vgl. BVerwG, U. v. 22.1.1993 – 8 C 46.91 – BVerwGE 92, 8; Molodovsky/Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, Stand September 2017, Art. 4 Rn. 40). Eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor.
Sie ergibt sich insbesondere nicht aus dem Erlass des Bebauungsplans „Bebauungsplan für die Wohnanlage S* … P* …“ vom 9. September 1983‚ bekannt gemacht am 10. Januar 1984. Selbst bei Lage des Baugrundstücks innerhalb eines Bebauungsplangebiets ist ein Anspruch auf Herstellung der Erschließung nur bei Hinzutreten weiterer Umstände zu bejahen. So etwa, wenn der Bebauungsplan einen bisher bestehenden Bauanspruch nach §§ 34‚ 35 BauGB sperrt (vgl. BVerwG‚ U.v. 3.5.1991 – 8 C 77.89 – BVerwGE 88‚ 166). Nachdem das Baugrundstück hier außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans liegt, kann aus diesem keine Erschließungspflicht abgeleitet werden. Zudem lässt sich weder aus den Festsetzungen des Bebauungsplans noch dessen Begründung eine Absicht des Plangebers erkennen‚ eine wegemäßige Erschließung für das Baugrundstück herzustellen. Die Schaffung einer mit Fahrzeugen befahrbaren öffentlichen Straße auf FlNr. … wäre im Zeitpunkt des Erlasses des Bebauungsplan auch gar nicht geeignet gewesen, die Erschließung des Baugrundstücks zu sichern. Die in der Planzeichnung festgesetzte öffentliche Verkehrsfläche führt nur bis an FlNr. … heran. Das Baugrundstück liegt jedoch nicht an der Wegefläche FlNr. … Die rechtliche Sicherung der Zuwegung über die Vorderliegergrundstücke erfolgte erst mit Gewährung des Geh- und Fahrtrechts durch die Bewilligung vom 20. Dezember 2011.
In der Zulassungsbegründung zählt der Kläger mehrere „Tatsachen“ auf, die aus seiner Sicht eine Erschließungspflicht der Beigeladenen zu 1 zu Folge haben. Es fehlt jedoch an der hinreichenden Darlegung, weshalb ein Dritter aus den genannten Umständen einen unbedingten Anspruch auf Erschließung ableiten kann. Das Vorhandensein eines Weges, der nach Auffassung des Klägers eine ausreichende Breite aufweist, zwingt die Beigeladene zu 1 nicht, diesen zu einem anderen als dem bisherigen Zweck zu widmen und zu unterhalten. Genausowenig ist nachvollziehbar, weshalb ein Erschließungsanspruch für das Baugrundstück bestehen soll, weil ein vergleichsweise geringes Teilstück der gewünschten Zuwegung als Erschließung für das Grundstück FlNr. … genutzt wird. Es kommt auch nicht darauf an, ob für den Altbestand auf dem Baugrundstück eine Erschließungspflicht besteht. Gegenstand der bauplanungsrechtlichen Prüfung im Rahmen des streitgegenständlichen Vorbescheids ist die Sicherung der Erschließung für die Neuerrichtung eines Wohnhauses.
1.3 Die Behauptung im Zulassungsantrag‚ die Erschließung sei durch einen Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis gesichert, ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen. Der Vortrag beschränkt sich insoweit darauf‚ dass die Begründung des Verwaltungsgerichts nicht ausreichend sei und möglicherweise die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis wegen einer Ermessensreduzierung auf Null beansprucht werden könne. Damit wird nicht dargelegt‚ inwiefern die Einschätzung des Verwaltungsgerichts unzutreffend sein könnte‚ dass die Sicherung der Erschließung durch einen Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ausscheide. Das Gericht bezieht sich in seiner Urteilsbegründung gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die Gründe des angefochtenen Bescheids. In diesem wird zutreffend darauf hingewiesen‚ dass eine gesicherte Erschließung nicht schon bei der bloßen rechtlichen Möglichkeit der Realisierung einer solchen angenommen werden kann (S. 10 des Bescheids vom 20.2.2014).
1.4 Der Zulassungsantrag legt auch nicht schlüssig dar‚ inwiefern das im Rahmen der Rücknahme des Vorbescheids auszuübende Ermessen an einem beachtlichen Ermessensdefizit leiden könnte. Ein solches lässt sich insbesondere nicht aus dem vom Kläger als Zusage gewerteten Schreiben des Landratsamts vom 17. Juli 2012 ableiten. Dieses Schreiben‚ das der Klagepartei zwar zuging‚ an diese aber nicht gerichtet war, wiederholt die bereits durch den Vorbescheid vom 10. Februar 2012 zum Ausdruck gebrachte frühere Rechtsauffassung des Landratsamts, dass die Erschließung gesichert sei. Mithin konnte das Schreiben vom 17. Juli 2012 beim Kläger kein Vertrauen erzeugen, das über das bereits durch den Vorbescheid erzeugte Vertrauen hinausgeht. Einer besonderen Berücksichtigung dieses Schreibens in den Ermessenserwägungen des Landratsamts bedurfte es daher nicht. Vielmehr ist es einer Rücknahmeentscheidung gemäß Art. 48 BayVwVfG regelmäßig immanent‚ dass die bisher vertretene Rechtsauffassung korrigiert wird.
Das Verwaltungsgericht ist zudem zutreffend davon ausgegangen, dass ein Vertrauensschutz des Klägers gem. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG nicht besteht, da die Angaben des Klägers im Vorbescheidsverfahren zur rechtlichen Sicherung der Erschließung unrichtig oder unvollständig waren. Der Vortrag des Klägers, er habe alle ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen weitergegeben, entkräftet die von der Vorinstanz getroffene Feststellung nicht. Es ist Aufgabe des Bauherrn, die rechtliche Sicherung der Erschließung vollständig darzulegen (§ 3 Nr. 6, § 5 BauVorlV). Die Reichweite der Geh- und Fahrtrechte konnte nicht ohne die Unterlagen beurteilt werden konnte, die Grundlage des Notargutachtens vom 22. Februar 2013 waren.
1.5 Es bestehen auch insofern keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils als geltend gemacht wird‚ die Jahresfrist für die Rücknahme des Vorbescheids gemäß Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG sei nicht eingehalten worden. Der Kläger bezieht sich schon auf einen unzutreffend wiedergegebenen Gesetzestext. Zu Unrecht geht er davon aus‚ die Rücknahme sei nur innerhalb eines Jahres „seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme hinsichtlich der Rechtswidrigkeit“ zulässig (vgl. Schriftsatz vom 28.9.2015‚ S. 14). Maßgeblich kommt es nach dem Wortlaut des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG auf die Kenntnis von Tatsachen an „welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen“. Die Jahresfrist beginnt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erst zu laufen‚ wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die weiteren für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. BVerwG‚ U.v. 20.9.2001 – 7 C 6.01 – NVwZ 2002‚ 485; BVerwG‚ B.v. 19.12.1984 – GrSen 1.84‚ GrSen2.84 – NJW 1985‚ 819). Der Fristbeginn setzt damit auch die Kenntnis aller für die Ermessensentscheidung relevanten Umstände voraus (vgl. BVerwG, B.v. 29.8.2014 – 4 B 1.14 – juris Rn. 11). Bei Berücksichtigung dieser Vorgabe ist es ausgeschlossen‚ dass bereits die von einer Nachbarin im Jahre 2012 vertretene Rechtsansicht maßgebend für den Fristbeginn sein könnte. Erst nachdem das Landratsamt nicht nur die zivilrechtlichen Rechtsverhältnisse geklärt, sondern vor allem auch die Möglichkeiten einer alternativen Erschließung geprüft hatte, kannte die Behörde die für die Ausübung des Rücknahmeermessens erforderlichen Umstände. Die Klärung der alternativen Erschließungsmöglichkeiten erfolgte erst infolge weiterer Korrespondenz mit dem Kläger und insbesondere einer Besprechung mit der Beigeladenen zu 1 am 3. Mai 2013 (Bl. 475 der Behördenakte).
1.6 Soweit im Zulassungsantrag geltend gemacht wird‚ das Erstgericht hätte auch über den hilfsweise gestellten Antrag auf teilweise Aufhebung des Rücknahmebescheids entscheiden müssen, fehlt es an der rechtlichen Einordnung dieses Umstands und damit an einer schlüssigen Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Ein Ermessensfehler bei der Ausübung des Rücknahmeermessens der Behörde lässt sich aus dem Verzicht auf Teilrücknahme nicht ableiten. Ein Interesse des Klägers an dem verbleibenden Vorbescheid war im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung nicht zu erkennen und wurde gegenüber der Behörde nicht geltend gemacht. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht formulierte Hilfsantrag mag ein solches Interesse nachträglich artikulieren, hat jedoch keinen Einfluss mehr auf die Rechtmäßigkeit der behördlichen Ermessensentscheidung.
2. Der Zulassungsgrund besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt ebenso nicht vor bzw. wurde nicht hinreichend dargelegt.
Eine Rechtssache weist besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf‚ wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet (vgl. BayVGH‚ B.v. 3.11.2009 – 1 ZB 06.1842 – juris; Kopp/Schenke‚ VwGO‚ 23. Aufl. 2017, § 124 Rn. 9). Die Frage müsste sich also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren herausheben. Die Darlegung besonderer Schwierigkeiten erfordert‚ dass der Kläger sich mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil substanziell auseinandersetzt und deutlich macht‚ hinsichtlich welcher aufgrund der erstinstanzlichen Entscheidung auftretenden Fragen sich besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten ergeben.
Besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sieht der Zulassungsantrag insbesondere in der Frage, ob für die bauplanungsrechtliche Erschließung schon die rechtliche Sicherung der Zuwegung für einen Teil des Baugrundstücks ausreicht. Die Begründung des Zulassungsantrags erschöpft sich hierzu indes in der Feststellung‚ der Kläger vertrete nach wie vor die Rechtsauffassung‚ dass ein Wegerecht‚ das eine Teilfläche des Baugrundstücks begünstige, dessen Erreichung gewährleiste und deshalb die Erschließung sichere. Unabhängig davon‚ dass diese Behauptung für die Darlegung tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten kaum ausreicht, bestehen solche bei der Beantwortung der Frage nicht. Welche rechtliche Sicherung für ein Bauvorhaben hinsichtlich der wegemäßigen Erschließung erforderlich ist, ergibt sich vielmehr schon aus dem Gesetzeswortlaut sowie der einschlägigen Kommentarliteratur. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein „…Vorhaben zulässig‚ wenn… und die Erschließung gesichert ist.“ Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit stellt somit auf das Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB ab. Auch die Anforderungen an den Umfang der Erschließung richten sich stets nach der konkreten Form des Bauvorhabens, das errichtet werden soll (vgl. BVerwG‚ B.v. 2.9.1999 – 4 B 47.99 – BauR 2000‚ 1173). Im Rahmen der wegemäßigen Erschließung kommt es deshalb nicht auf die Zugänglichkeit des Baugrundstücks, sondern des Vorhabens, hier des geplanten Wohngebäudes an (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2017, § 34 Rn. 65; OVG Koblenz‚ B.v. 20.10.2015 – 8 A 10833/15.OVG – juris Rn. 9). Nachdem der Bereich‚ in dem der Ersatzbau des Wohnhauses erfolgen soll, auch nach dem Vortrag des Klägers nicht von dem für das frühere Grundstück FlNr. … … bestehende Geh– und Fahrtrecht begünstigt ist, liegt eine ausreichende Sicherung der Erschließung für das streitgegenständliche Vorhaben nicht vor. Soweit der Zulassungsantrag darüber hinaus besondere Schwierigkeiten der Rechtssache in Fragen sieht‚ die auch zu dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel behandelt wurden, ergibt sich aus den dortigen Erwägungen‚ dass eine über das normale Maß hinausgehende Schwierigkeit nicht vorliegt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen‚ da sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit‚ dem Kläger gemäß § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 und 3‚ § 52 Abs. 1 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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