Baurecht

Teilunwirksamkeit einer Landschaftsschutzgebietsverordnung

Aktenzeichen  14 N 14.1649

Datum:
24.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DÖV – 2016, 1010
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 47
BNatSchG BNatSchG § 26
BauGB BauGB § 34 Abs. 1, § 35 Abs. 1 Nr. 2, § 201

 

Leitsatz

1. Die Einbeziehung eines Bebauungsplangebiets in den Geltungsbereich einer Landschaftsschutzgebietsverordnung ist nicht per se ausgeschlossen; entscheidend ist, dass der Bebauungsplan und die Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht unauflösbar widersprüchliche planerische Aussagen enthalten. (amtlicher Leitsatz)
2. Die Schutzwürdigkeit eines Landschaftsteils geht durch eine Bebauung oder sonstige landschaftsfremde Nutzung nicht ohne Weiteres, sondern erst dann verloren, wenn der Landschaftsteil durch die der natürlichen Eigenart der Landschaft widersprechenden Eingriffe geprägt wird. (amtlicher Leitsatz)
3. Dem Verordnungsgeber kommt bei der Grenzziehung naturschutzrechtlicher Schutzgebiete insoweit ein weites Gestaltungsermessen zu, als er Schutzgebiete auch durch sogenannte Pufferzonen gegenüber der gebietsschutzfreien Umgebung abschirmen kann. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der zulässige Normenkontrollantrag ist nicht begründet.
I. Der Normenkontrollantrag ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.
1. Die vom Antragsteller beanstandete „Verordnung der Landeshauptstadt M. über das Landschaftsschutzgebiet,… und Obere …‘„ vom 2. August 2013 (nachfolgend: Landschaftsschutzgebietsverordnung) ist eine Rechtsvorschrift im Rang unter dem Landesgesetz, über deren Gültigkeit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO auf Antrag entscheidet.
2. Der Antragsteller ist i. S. d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Danach kann den Antrag u. a. jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragsbefugnis des Antragstellers ergibt sich aus einer möglichen Verletzung seines Eigentumsrechts aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG an seinem im Geltungsbereich der Landschaftsschutzgebietsverordnung gelegenen Grundstück FlNr. …/… der Gemarkung …, insbesondere wegen der in § 5 der Verordnung enthaltenen Erlaubnisvorbehalte (vgl. BayVGH, U.v. 17.6.2010 – 14 N 09.229 – VGH n. F. 63, 189).
3. Die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift ist gewahrt; die Landschaftsschutzgebietsverordnung ist am 20. August 2013 im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht worden, der Normenkontrollantrag des Antragstellers ist am 31. Juli 2014 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
II. Der Normenkontrollantrag ist nicht begründet. Die Landschaftsschutzgebietsverordnung verstößt auch insoweit nicht gegen höherrangiges Recht, als die im Geltungsbereich des Bebauungsplans mit Grünordnung Nr. … „O-S-Straße (beiderseits), … (westlich) – … … -“ (nachfolgend: Bebauungsplan Nr. …) liegenden Grundstücke in den Geltungsbereich der Verordnung einbezogen worden sind.
1. Fehler in Bezug auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeit und das Verfahren (Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 51 Abs. 1 Nr. 3, Art. 52 BayNatSchG, Art. 51 LStVG) wurden vom Antragsteller nicht gerügt und sind auch sonst nicht ersichtlich.
2. Die angegriffene Landschaftsschutzgebietsverordnung entspricht materiellem Recht. Der Bebauungsplan Nr. … stand dem Erlass der Landschaftsschutzgebietsverordnung für das Gebiet der … nicht entgegen (a). Die Festsetzung des streitgegenständlichen Landschaftsschutzgebiets unter Einbeziehung der … findet eine ausreichende Rechtsgrundlage in § 26 BNatSchG (b) und hält sich mit ihren Gebietsabgrenzungen und ihren Bestimmungen im Einzelnen innerhalb der Grenzen einer rechtmäßigen Abwägung (c).
a) Der Bebauungsplan Nr. … hinderte den Erlass der Landschaftsschutzgebietsverordnung für das Gebiet der … nicht.
Der Senat kann offen lassen, ob der Bebauungsplan Nr. … rechtswirksam ist. Dies könnte wegen der bei seinem Erlass geltenden „Gemeindeverordnung zum Schutze von Landschaftsteilen in der Landeshauptstadt M.“ vom 9. Oktober 1964 in der Fassung der Änderung vom 18.12.2000 (nachfolgend Landschaftsschutzverordnung) im Hinblick auf § 10 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 2 BauGB – bzw. auch aus anderen Gründen, vgl. dazu unten – fraglich sein. Im Falle seiner Unwirksamkeit konnte er dem Erlass der streitgegenständlichen Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht entgegenstehen. Nimmt man trotz der bei seinem Erlass bestehenden Landschaftsschutzverordnung seine Wirksamkeit an, hat dies auch zur Folge, dass im Hinblick auf die Bestimmungen der streitgegenständlichen Landschaftsschutzgebietsverordnung einerseits und des Bebauungsplans Nr. … andererseits für die … nicht unauflösbar widersprüchliche planerische Aussagen vorliegen (vgl. hierzu Dürr, NVwZ 1992, 833/836; BVerwG, U.v. 7.6.2001 – 4 CN 1.01 – BVerwGE 114, 301), obwohl die Ge- und Verbote der Landschaftsschutzgebietsverordnung in dieser nicht ausdrücklich für das Bebauungsplangebiet für unanwendbar erklärt worden sind (vgl. hierzu die Fallgestaltung bei VGH BW, B.v. 11.1.1995 – 5 S 227/94 – NVwZ-RR 1996, 14; vgl. auch BVerwG, B.v. 20.5.2003 – 4 BN 57.02 – NVwZ 2003, 1259). Die Landschaftsschutzgebietsverordnung, die ebenso wie der Bebauungsplan Nr. … von der Antragsgegnerin erlassen wurde, ist so auszulegen, dass das Baurecht, das der Bebauungsplan – seine Wirksamkeit unterstellt – einräumt, nicht beschnitten wird, sondern neben den Bestimmungen der Landschaftsschutzgebietsverordnung fortbestehen soll; über die im Baugenehmigungsverfahren zu beteiligende Naturschutzbehörde (vgl. Art. 18 Abs. 1 BayNatSchG, § 5 Abs. 9 der Landschaftsschutzgebietsverordnung) soll gegebenenfalls auf eine besondere Berücksichtigung der Zwecke der Landschaftsschutzgebietsverordnung, etwa durch entsprechende Situierung der Baukörper, hingewirkt werden. Diese Auslegung der Ge- und Verbote der Landschaftsschutzgebietsverordnung ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte sowohl des Bebauungsplans Nr. … als auch der der Landschaftsschutzgebietsverordnung sowie aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. ….
aa) Der Bebauungsplan Nr. … wurde von der Antragsgegnerin, die zugleich die zuständige Naturschutzbehörde ist, erlassen, als die … noch im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung lag. Diese beruhte auf der Ermächtigungsgrundlage des § 5 des – als Landesrecht fortgeltenden (vgl. BVerwG, U.v. 14.11.1975 – IV C 2.74 – BVerwGE 49, 365) – Naturschutzgesetzes vom 26. Juni 1935 und der Verordnung zur Durchführung des Naturschutzgesetzes vom 31. Oktober 1935 und galt trotz des Außerkrafttretens dieser Rechtsvorschriften mit Erlass des Bayerischen Naturschutzgesetzes im Jahre 1973 (Art. 59 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BayNatSchG 1973) fort (vgl. BayVerfGH, E.v. 29.9.1977 – Vf. 11-VII-76 – VerfGHE 30, 152). Eine Herausnahme der … aus der Landschaftsschutzverordnung erfolgte bei Erlass des Bebauungsplans Nr. … nicht, obwohl auch diese Landschaftsschutzverordnung ihre Regelungen nicht ausdrücklich für ein Bebauungsplangebiet für unanwendbar erklärt hat (vgl. BVerwG, B.v. 20.5.2003 – 4 BN 57.02 – NVwZ 2003, 1259), sondern nur den – zwischenzeitlich durch dessen im Jahre 1977 erfolgte Aufhebung obsoleten – Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 5 Abs. 6 Satz 2 BBauG 1960 enthielt. Nach § 3 Abs. 1 dieser Verordnung war es verboten, Veränderungen vorzunehmen, die geeignet sind, die Natur zu schädigen, den Naturgenuss zu beeinträchtigen oder das Landschaftsbild zu verunstalten; dementsprechend bedurfte u. a. die Anlage von Bauwerken aller Art, auch solcher, die keiner bauaufsichtlichen Genehmigung bedürfen, der vorgängigen Erlaubnis der Landeshauptstadt M. als unterer Naturschutzbehörde (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 der Landschaftsschutzverordnung).
Anhaltspunkte dafür, dass diese Landschaftsschutzverordnung für den Bereich der … vor Erlass des Bebauungsplans Nr. … von Anfang an nicht gegolten hätte bzw. funktionslos geworden wäre (so VG München, U.v. 22.7.2002 – M 8 K 02.2199 – juris), bestehen nicht (so wohl auch BayVGH, U.v. 26.2.2010 – 2 B 09.714 – juris Rn. 27). Denn obwohl § 5 des Naturschutzgesetzes vom 26. Juni 1935 die Schutzwürdigkeit von Landschaftsteilen auf die „freie Natur“ beschränkte, waren darunter nicht nur Flächen außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zu verstehen, die nicht durch bauliche oder sonstige Anlagen unmittelbar verändert waren, sondern auch größere Flächen innerhalb von Stadtgebieten oder von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen, wenn sie nicht entscheidend von der umliegenden Bebauung, sondern von ihrem natürlichen Erscheinungsbild geprägt wurden (BayVGH, U.v. 25.4.1996 – 9 N 94.599 – BayVBl 1997, 278 m. w. N.). Bei der aus der Plankarte des Bebauungsplans Nr. … ersichtlichen damaligen Bebauung, die in großen Teilen auch heute noch vorhanden ist (vgl. die Augenscheinsfeststellungen des Senats), handelte es sich um eine ganz überwiegend gärtnerisch genutzte Siedlung (vgl. auch BayVGH, U.v. 26.2.2010 a. a. O.) mit – in der Regel relativ kleinen – ein- bis zweigeschossigen Betriebs- und Wohngebäuden (mit Nebengebäuden) auf sehr großen Grundstücken mit großen Freiflächen, auf denen teilweise viele und auch große Gewächshäuser standen. Zwar wirkte (und wirkt) die Bebauung aufgrund der vorhandenen Gewächshäuser auf einzelnen Grundstücken relativ massiv. Nachdem aber – auch massive – Gewächshäuser als bloße – nicht zum ständigen Aufenthalt von Menschen bestimmte und für eine angemessene Fortentwicklung nicht maßstabsbildende – Nebenanlagen zur erwerbsgärtnerischen Nutzung nicht einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zugerechnet werden können (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.2015 – 4 C 5.14 – BVerwGE 152, 275 Rn. 19 ff.), teilt der Senat nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts München im o.g. Urteil, die … habe zum damaligen Zeitpunkt zusammen mit der südlich gelegenen Bebauung des … (Fernsehstudios …) bzw. auch für sich allein einen Ortsteil i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB dargestellt, also einen Bebauungskomplex, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B.v. 2.4.2007 – 4 B 7.07 – BauR 2007, 1383 Rn. 4). An der planungsrechtlichen Einordnung der Grundstücke der … als zum Innenbereich gehörig hatte bereits der zuständige Bausenat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Beschluss vom 28. November 2003 – 2 B 02.2475 – (n.v.) Zweifel. Diese Zweifel sieht der Senat nach Durchführung des Augenscheins bestätigt. Bei Außerachtlassung der die Siedlungsstruktur nicht prägenden Gewächshäuser lag (und liegt) zwischen der Bebauung auf dem Gelände des … und den (damaligen und jetzigen) Hauptanlagen (Betriebs- und Wohngebäude) der …, die in diesem Bereich sämtlich entlang der O-S-Straße angeordnet waren (und sind), eine große Freifläche mit einer Tiefe von ca. 100 m und einer Breite von ca. 250 m. Diese Freifläche im Umfang von ca. 25.000 m² konnte im Hinblick auf die beiden Siedlungen nicht den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der Bebauung vermitteln und stellte daher keine bloße Baulücke, sondern eine Außenbereichsfläche zwischen den beiden Siedlungen dar. Auch die auf den Grundstücken der … vorhandene Bebauung (Hauptanlagen) – es handelte (und handelt) sich mit Ausnahme des nördlichsten Grundstücks FlNr. …/… um an bzw. nahe der (zunächst nach Osten verlaufenden und dann nach Norden abknickenden) Straße gelegene Bebauung – vermittelte nicht den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit. Die damaligen, meist relativ kleinen Betriebs- und Wohngebäude auf den sehr großen und überwiegend gärtnerisch genutzten Grundstücken der … waren größtenteils weit voneinander entfernt und hatten, zumal in einem Siedlungsgebiet einer Großstadt wie München, angesichts ihrer Größe, Anzahl und Anordnung auch nicht das Gewicht, den Bebauungszusammenhang entlang der Straße herzustellen. Dies liegt für die westliche (bzw. vor dem Knick nördliche) Straßenseite der O-S-Straße auf der Hand. Die dort gelegenen vier Gebäude (Haus-Nr. 1, 1a, 3 und 5) waren (und sind) durch große Außenbereichsflächen getrennt und völlig regellos angeordnet; eine organische Siedlungsstruktur war hier nicht erkennbar. Gleiches galt aber auch für die südlich bzw. östlich der Straße gelegenen zehn Gebäude, die in der Regel ebenfalls durch große, allenfalls mit Nebengebäuden bestandene Flächen getrennt waren; sie vermittelten insbesondere im Hinblick auf die sehr großen Abstände zwischen den (Haupt-)Gebäuden auf den im südlichen und nördlichen Bereich der … gelegenen Grundstücken (ca. 70 bis 95 m) weniger den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit als den einer Streusiedlung. Bei Außerachtlassung der Gewächshäuser (und der Nebengebäude) handelte es sich um eine lockere Bebauung entlang der (Privat-)Straße, die nach ihrer Siedlungsstruktur eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb ihres Bereichs nicht erkennen ließ.
Nach ständiger Rechtsprechung geht die Schutzwürdigkeit eines Landschaftsteils durch eine Bebauung oder sonstige landschaftsfremde Nutzung nicht ohne Weiteres, sondern erst dann verloren, wenn der Landschaftsteil durch die der natürlichen Eigenart der Landschaft widersprechenden Eingriffe geprägt wird (vgl. BayVGH, U.v. 28.5.2001 – 9 N 99.2580 – BayVBl 2002, 272 m. w. N.). Eine Streubebauung hindert die Unterschutzstellung als Landschaftsschutzgebiet nicht, soweit im Ganzen noch der Charakter der Landschaft, nicht der der Ortschaft überwiegt (BayVGH, U.v. 28.5.2001 a. a. O.; U.v. 25.4.1996 – 9 N 94.599 – BayVBl 1997, 278; U.v. 15.12.1987 – 9 N 87.00667 – BayVBl 1988, 339; OVG Bbg, U.v. 10.8.2004 – 3a A 764/01 – NuR 2005, 45). Dies war (und ist) bei der … der Fall. Es handelt sich um eine durch die Tätigkeit des Menschen gestaltete Kulturlandschaft mit entsprechenden Betriebs- und Nebengebäuden sowie – jedenfalls weitgehend – betrieblicher Wohnnutzung auf großen Grundstücken mit vielen Freiflächen, die an drei Seiten in die Kulisse des sie umgebenden Auwalds eingebettet ist. Soweit die beim Augenschein festgestellten ungenehmigten Nutzungen, etwa von betrieblichen Wohnungen zu nichtbetrieblichen Wohnzwecken, von Nebengebäuden als Tonstudios oder von Gewächshäusern und Außenflächen als Lagerflächen für betriebsfremde Zwecke, bereits zum damaligen Zeitpunkt vorhanden gewesen sind, waren sie für das Gebiet nicht prägend. Denn eine vorhandene, nicht genehmigte Bebauung (oder Nutzung) kann nur dann prägen, wenn sie in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit dem Vorhandensein der Bauten (oder der Nutzung) abgefunden haben (vgl. BVerwG, B.v. 23.11.1998 – 4 B 29.98 – BauR 1999, 233 m. w. N.). Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte, zumal es der Antragsgegnerin bei Erlass des Bebauungsplans gerade um die Erhaltung und Stabilisierung des vorhandenen Erwerbsgartenbaus und die Verhinderung andersartiger Nutzung bzw. weiterer baulicher Verdichtung in diesem landschaftlich sensiblen Bereich gegangen ist (vgl. unten bb sowie BayVGH, U.v. 26.2.2010 – 2 B 09.714 – juris Rn. 30). Auch eine in einem Gebiet vorhandene Überlandleitung ist im Allgemeinen – so auch hier – nicht geeignet, die Schutzwürdigkeit eines trotz vorhandener Bebauung in großen Teilen freilandgärtnerisch genutzten Areals in Frage zu stellen (HessVGH, U.v. 28.6.1979 – IV OE 113/78 – NuR 1981, 183, nur LS).
bb) Planungsziel des Bebauungsplans Nr. … war die Erhaltung und Stabilisierung des vorhandenen Erwerbsgartenbaus in Verbindung mit einer Wohnnutzung durch Betriebsangehörige; dabei wurde eine bestandssichernde Entwicklung der … angestrebt, um den Fortbestand der gärtnerischen Nutzungen zu ermöglichen (Begründung des Bebauungsplans Nr. … S. 41, 66). Damit hat die Antragsgegnerin ein städtebauliches Ziel verfolgt, das mehr auf Bewahrung als auf Veränderung der vorhandenen Situation zielt (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 15.3.2012 – 4 BN 9.12 – BauR 2012, 1067 Rn. 3). Es sollten insbesondere negative städtebauliche Entwicklungen verhindert werden, vor allem die Etablierung gewerblicher Nutzungen, die sich nicht auf den Gartenbau beziehen, und nicht betriebsbezogener Wohnnutzung (Begründung des Bebauungsplans Nr. … S. 41). Aufgrund der Festsetzungen, insbesondere der Art der baulichen Nutzung bzw. Zweckbestimmung des aus zwei Teilen bestehenden Sondergebiets als „Gartenbauliche Erzeugung“, das ausschließlich der Unterbringung von Betrieben der gartenbaulichen Erzeugung i. S. d. § 201 BauGB dient (vgl. § 2 Abs. 1 des Bebauungsplans Nr. …), hat die Antragsgegnerin nachteilige Auswirkungen des Bebauungsplans auf das Landschafts- und Ortsbild als ausgeschlossen gesehen. Sie hat angenommen, dadurch werde das attraktive eigenständige Ortsbild der …, die wegen der umgebenden Kulisse des Auwalds eine gewisse ästhetische Qualität aufweise, gewahrt (Begründung des Bebauungsplans Nr. … S. 63, 66). Um der Lage des Planungsbereichs im Landschaftsschutzgebiet Rechnung zu tragen und negative Auswirkungen auf dieses zu vermeiden, wurde der im Flächennutzungsplan (nunmehr) als „Flächen für die Landwirtschaft“ dargestellte Bereich mit der landschaftsplanerischen Zielsetzung „Flächen mit Nutzungsbeschränkungen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft“ überlagert. Auf das Bestehen eines Landschaftsschutzgebiets wurde nachrichtlich durch das Zeichen „L“ auf der Plankarte des Bebauungsplans Nr. … hingewiesen. Damit hat die Antragsgegnerin die grundsätzliche Vereinbarkeit des durch den Bebauungsplan Nr. … eingeräumten Baurechts mit der ebenfalls von ihr erlassenen Landschaftsschutzverordnung bekundet.
Eine solche Wertung ist angesichts der Festsetzungen des Bebauungsplans vertretbar. Die Art der baulichen Nutzung ist entsprechend der Zweckbestimmung „Gartenbauliche Erzeugung“ gemäß § 2 Abs. 1 des Bebauungsplans Nr. … auf die Unterbringung von Betrieben der gartenbaulichen Erzeugung i. S. d. § 201 BauGB beschränkt; Landschaftsbaubetriebe sind nur als untergeordnete Nutzungen zu einem Erwerbsbetrieb für gartenbauliche Erzeugung zulässig (§ 2 Abs. 2 Buchst. b des Bebauungsplans Nr. …). Nur im Rahmen der Zweckbestimmung nach § 2 Abs. 1 des Bebauungsplans Nr. … dürfen Wohnungen für betriebliche Zwecke errichtet werden (§ 2 Abs. 2 Buchst. a und c des Bebauungsplans Nr. …). Nutzungsänderungen solcher Wohnungen sind nur bei erhaltenswerter Bausubstanz und vorheriger zulässiger Errichtung erlaubt, wobei in der Summe nicht mehr als drei Wohnungen entstehen dürfen (§ 2 Abs. 4 des Bebauungsplans Nr. …); das Überschreiten der höchstzulässigen Zahl von drei Wohnungen ist ausnahmsweise bei Nutzungsänderungen im Bestand von bereits genehmigten Wohngebäuden zulässig (§ 7 Abs. 2 des Bebauungsplans Nr. …).
Offen bleiben kann vorliegend, ob diese Festsetzungen so auszulegen sind, wie vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung dargestellt, nämlich, dass – letztlich ohne Prüfung der Frage des „Dienens“ – die Neuerrichtung von drei Wohnungen bzw. zwei Wohngebäuden für betriebliche Zwecke innerhalb des Bauraums und daneben noch Wohngebäude mit drei Wohnungen für nichtbetriebliche Zwecke (jedenfalls infolge Nutzungsänderung im Bestand) pro Bauraum zulässig sein sollen; dann wäre der Bebauungsplan Nr. … nämlich nichtig. Zum einen widerspräche eine derartige Auslegung dem erklärten Ziel des Bebauungsplans Nr. …, die Etablierung nicht betriebsbezogener Wohnnutzung zu verhindern (Begründung des Bebauungsplans Nr. … S. 41), und der Zweckbestimmung (bzw. der Art der baulichen Nutzung) des Sondergebiets „Gartenbauliche Erzeugung“, das ausschließlich der Unterbringung von Betrieben der gartenbaulichen Erzeugung i. S. d. § 201 BauGB dient und diese Prägung verlieren würde, wenn neben betrieblichen Zwecken dienender Wohnnutzung in nicht unerheblichem Maß Wohngebäude für nichtbetriebliche Zwecke zulässig wären (vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2013 – 4 CN 7.12 – BVerwGE 147, 138 Rn. 18 ff.; vgl. auch BayVGH, U.v. 26.2.2010 – 2 B 09.714 – juris Rn. 28). Zum anderen widerspricht die Festsetzung von Wohnbauflächen (jedenfalls größeren Umfangs) ohne Bezug zu im Außenbereich privilegierten Zwecken (vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) grundsätzlich dem Inhalt von Landschaftsschutzgebietsverordnungen (vgl. BVerwG, U.v. 21.10.1999 – 4 C 1.99 – BVerwGE 109, 371). Den Angaben des Antragstellers, die ihm unter dem 21. Mai 2014 erteilte Baugenehmigung spreche dafür, dass auch die Antragsgegnerin den Bebauungsplan in seinem Sinn auslegt, braucht daher nicht weiter nachgegangen zu werden, zumal darin auch nur eine rechtswidrige Vollzugspraxis liegen könnte.
Ausgehend davon, dass der Bebauungsplan die Neuerrichtung von Wohnungen für betriebliche Zwecke nur im Rahmen des „Dienens“ zulässt und eine Nutzungsänderung des Bestands nur ermöglicht, soweit eine solche aus Bestandsschutzgründen erforderlich ist, sprechen auch die weiteren Festsetzungen des Bebauungsplans für eine Vereinbarkeit des dort eingeräumten Baurechts mit der Landschaftsschutzverordnung. Die festgesetzten Bauräume für Wohn- und Betriebsgebäude sind im Verhältnis zu den Grundstücksgrößen sehr klein und befinden sich – mit Ausnahme des ganz im Norden gelegenen Grundstücks FlNr. …/… – nur entlang der O-S-Straße. Innerhalb der festgesetzten Bauräume ist die Geschossfläche auf maximal 500 m² je Bauraum festgesetzt (§ 3 Abs. 1 des Bebauungsplans Nr. …); die Firsthöhe der Gebäude – mit Dachform Satteldächer – ist auf 8,50 m beschränkt (§ 4 Abs. 1 des Bebauungsplans Nr. …). Insgesamt, d. h. auch mit den außerhalb des Bauraums zulässigen (Neben-)Anlagen ist die Grundflächenzahl auf 0,6 festgelegt, also auf das Maß der Bebauung, wie es laut Begründung des Bebauungsplans Nr. … (S. 60) bei dessen Erlass bereits vorhanden (bzw. teils überschritten) war. Zudem ist eine Mindestgröße der Grundstücke von 5000 m² festgesetzt (§ 5 des Bebauungsplans Nr. …) und Lagerflächen dürfen nur für betriebsnotwendige Materialien im Rahmen der zulässigen Grundflächenzahl errichtet werden (§ 10 des Bebauungsplans Nr. …). Einfriedungen sind nur offen, ohne durchgehenden Sockel, mit einer Bodenfreiheit von mindestens 15 cm zulässig (§ 12 des Bebauungsplans Nr. …). Durch diese Festsetzungen hat die Antragsgegnerin die grundsätzliche Vereinbarkeit des eingeräumten Baurechts mit der bestehenden Landschaftsschutzverordnung angenommen. Sie hat damit im Ergebnis hinsichtlich des eingeräumten Baurechts eine „Befreiungslage“ bezüglich des Landschaftsschutzgebiets bescheinigt, an die sie sich auch als Naturschutzbehörde halten wird (vgl. BVerwG, B.v. 9.2.2004 – 4 BN 28.03 – BauR 2004, 786). Bei dieser Auslegung fehlt es auch nicht an der Erforderlichkeit des Bebauungsplans (§ 1 Abs. 3 BauGB), da sich die (damals) entgegenstehenden naturschutzrechtlichen Bestimmungen nicht als dauerhaftes rechtliches Hindernis erweisen.
cc) Hiervon ist die Antragsgegnerin auch beim Erlass der streitgegenständlichen Landschaftsschutzgebietsverordnung ausgegangen. Nach der Beschlussvorlage für den Stadtrat vom 24. Juli 2013 (Akte V der Ag. S. 363 f.) wurde bereits im Rahmen der Bauleitplanung geprüft, ob durch die nach dem Bebauungsplan zulässigen Veränderungen das (frühere) Landschaftsschutzgebiet ganz oder teilweise funktionslos würde, was für den bestandsorientierten und bestandssichernden Bebauungsplan Nr. … eindeutig verneint wurde. Entsprechendes hat die Antragsgegnerin auch in Bezug auf die zu erlassende Landschaftsschutzgebietsverordnung angenommen, die ebenfalls einen Erlaubnisvorbehalt der Naturschutzbehörde in Bezug auf die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von baulichen Anlagen aller Art vorsieht (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Landschaftsschutzgebietsverordnung). Ein Widerspruch zwischen Bebauungsplan einerseits und Landsschaftsschutzgebietsverordnung andererseits bestehe vorliegend nicht, da Baurecht nicht beschnitten werde. Hieraus ist abzuleiten, dass die Antragsgegnerin davon abgesehen hat, den von ihr in der Landschaftsschutzgebietsverordnung getroffenen Verbotsregelungen absolute Geltung im Bereich der … beizulegen (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 – 4 C 15.01 – BVerwGE 117, 287), sondern vielmehr im Umfang des eingeräumten Baurechts objektiv eine Ausnahme- oder Befreiungslage als gegeben angesehen hat und entsprechende Erlaubnisse (bzw. ihr Einvernehmen, vgl. § 5 Abs. 9 der Landschaftsschutzgebietsverordnung) erteilen wird. Dies entspricht auch der Rechtspraxis, was an den zwischenzeitlich genehmigten Gebäuden sichtbar wird.
b) Für die Einbeziehung der … … in den Bereich der Landschaftsschutzgebietsverordnung besteht eine ausreichende Rechtsgrundlage.
Rechtsgrundlage der Unterschutzstellung der „Hirschau und Obere …au“ als Landschaftsschutzgebiet ist § 26 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2542), das zuletzt durch Gesetz vom 7. August 2013 (BGBl I S. 3154) geändert wurde. Als Landschaftsschutzgebiete können danach Gebiete festgesetzt werden, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist (1.) zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten, (2.) wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder (3.) wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die in § 3 der Landschaftsschutzgebietsverordnung genannten Schutzzwecke entsprechen – soweit hier von Relevanz – der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und rechtfertigen die Einbeziehung der … in den Geltungsbereich des Schutzgebiets, da auch die in diesem Bereich gelegenen Grundstücke in mehrfacher Hinsicht schutzwürdig und schutzbedürftig sind. Im Übrigen steht dem Verordnungsgeber bei der Grenzziehung von Landschaftsschutzgebieten, soweit die normativen Voraussetzungen nach § 26 BNatSchG vorliegen, ein weites Gestaltungsermessen zu. Dabei ist die Unterschutzstellung eines bestimmten Gebiets nicht erst bei natur- oder denkgesetzlicher Unabweislichkeit, sondern bereits dann erforderlich, wenn sie als vernünftig geboten erscheint (st. Rspr., vgl. z. B. BayVGH, U.v. 14.1.2002 – 9 N 98.3184 – juris Rn. 22). Dies ist hinsichtlich der Einbeziehung der – in einem landschaftlich sensiblen Bereich angrenzend an ein FFH-Gebiet liegenden – … in den Geltungsbereich der Landschaftsschutzgebietsverordnung zu bejahen, auch wenn einzuräumen ist, dass die Schutzwürdigkeit dieses Bereichs wesentlich geringer ist als die der umliegenden Auwälder.
aa) Die Schutzwürdigkeit des die … an drei Seiten umgebenden Auwalds wird vom Antragsteller nicht bestritten und ist – auch angesichts des Umstands, dass der nördliche und östliche Teil als FFH-Gebiet ausgewiesen ist – zweifellos zu bejahen. Der Antragsteller stellt die Schutzwürdigkeit nur in Bezug auf die innerhalb des Bebauungsplans Nr. … liegenden Grundstücke in Frage, weil dort aufgrund der vorhandenen bzw. noch zulässigen Bebauung die mit der Landschaftsschutzgebietsverordnung verfolgten Schutzziele von vornherein nicht erreicht werden könnten. Dies trifft, wie auch der durchgeführte Augenschein ergeben hat, nicht zu.
Es ist grundsätzlich zulässig, in ein großes Schutzgebiet (hier ca. 738 ha) auch weniger schutzwürdige Flächen einzubeziehen, die im jeweiligen Landschaftsraum liegen. Wie bereits ausgeführt (vgl. oben II 2 a aa), geht die Schutzwürdigkeit eines Landschaftsteils durch eine Bebauung oder sonstige landschaftsfremde Nutzung nicht ohne Weiteres, sondern erst dann verloren, wenn der Landschaftsteil durch die der natürlichen Eigenart der Landschaft widersprechenden Eingriffe geprägt wird (vgl. BayVGH, U.v. 28.5.2001 – 9 N 99.2580 – BayVBl 2002, 272 m. w. N.). Letzteres war im Zeitpunkt des Erlasses des Bebauungsplans Nr. … im Februar 2012 noch nicht der Fall (vgl. die Ausführungen unter II 2 a aa). Gleiches gilt für den Zeitpunkt des Erlasses der Landschaftsschutzgebietsverordnung im August 2013 sowie den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats, und zwar unabhängig davon, ob der Bebauungsplan Nr. … gültig ist oder nicht. Für den Fall der Gültigkeit des Bebauungsplans Nr. … kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Auch für den Fall der Ungültigkeit des Bebauungsplans Nr. … bliebe es bei der oben unter II 2 a aa dargestellten Bewertung des Gebiets, nämlich als einer im Außenbereich liegenden Streusiedlung; die auf den Grundstücken FlNr. …/…, …/… und …/… neu genehmigten und errichteten Wohnhäuser gebieten keine andere Sicht. Zwar wird dadurch die Bebauung an der O-S-Straße südlich und östlich der Straße etwas dichter. Die letztlich neu hinzugekommenen zwei Häuser – das neue Gebäude auf dem Grundstück FlNr. …/… hat das alte Gebäude ersetzt – ändern aber nichts daran, dass sich zwischen den Gebäuden westlich (bzw. vor dem Knick nördlich) der O-S-Straße große Außenbereichsflächen befinden und die Abstände zwischen den Gebäuden im nördlichen Bereich der Siedlung sehr groß sind, so dass die Bebauung, zumal bezogen auf die Siedlungsstruktur einer Großstadt, insgesamt nicht den Eindruck der Zusammengehörigkeit der gesamten Bebauung vermittelt bzw. eine organische Siedlungsstruktur erkennen lässt. Die ungenehmigten Nutzungen bzw. Lagerflächen sind dabei unbeachtlich, da – wie oben ausgeführt – eine vorhandene, nicht genehmigte Bebauung (bzw. Nutzung) nur dann zum Bebauungszusammenhang gehört, wenn sie in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit dem Vorhandensein der Bauten (bzw. der Nutzung) abgefunden haben (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B.v. 23.11.1998 – 4 B 29.98 – BauR 1999, 233), wofür hier keine Anhaltspunkte bestehen. Selbst wenn der Bereich entlang der O-S-Straße als bebauter Ortsteil i. S. d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einzuordnen wäre, überwiegt im gesamten Gebiet der … aufgrund der überwiegenden Prägung durch die gärtnerische Nutzung, der großen Freiflächen bzw. der nur mit Gewächshäusern bebauten Flächen, die auf den Betrachter nicht als Teil einer Ortschaft wirken, der Charakter der Landschaft und nicht der der Ortschaft. Diese Wertung ist nach den Feststellungen des Augenscheins auch dadurch gerechtfertigt, dass die Siedlung von drei Seiten vollständig vom naturnahen Auwald umgeben ist und dieser die errichteten Gebäude überragt, also das Landschaftsbild in der … optisch mitprägt. Die Belange des Landschaftsschutzes sind im betreffenden Bereich daher nicht zugunsten der Bebauung auf unabsehbare Zeit verdrängt, eine Funktionslosigkeit der Landschaftsschutzgebietsverordnung durch die nach ihrem Erlass aufgrund von Genehmigungen errichteten Gebäude ist nicht eingetreten. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass dem Verordnungsgeber bei der Grenzziehung naturschutzrechtlicher Schutzgebiete ein weites Gestaltungsermessen insoweit zukommt, als er Schutzgebiete auch durch sogenannte Pufferzonen gegenüber der gebietsschutzfreien Umgebung, hier zum Gelände des … und zur …, abschirmen kann (BayVGH, U.v. 25.4.1996 – 9 N 94.599 – BayVBl 1997, 278 m. w. N.).
bb) Die Unterschutzstellung der … findet einmal durch den in § 3 Abs. 1 Nr. 9 der Landschaftsschutzgebietsverordnung (vgl. § 26 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) normierten Schutzzweck ihre Rechtfertigung. Danach sollen Habitatfunktionen für lebensraumtypische Tiergruppen, z. B. Spechte, Eulen und sonstige typische Vogelarten, Fledermäuse, Kleinsäuger, Amphibien, Käfer, Nacht- und Tagfalter und andere Insekten erhalten und entwickelt werden. Wie die Antragsgegnerin nachvollziehbar dargelegt hat, stellt der Auwald, der die … an drei Seiten umgibt, mit seinen u. a. 27 Vogelarten einen äußerst artenreichen Biotopkomplex dar, der unmittelbar angrenzend an die … im Norden und im Osten auch als FFH-Gebiet „Unterföhring bis Landshut“ ausgewiesen ist. Insoweit übernehmen die Bereiche der … für sich betrachtet im Landschaftsschutzgebiet eine wichtige naturschutzfachliche Rolle. Denn neben den typischen Auwaldbewohnern leben in den … im Münchner Norden zahlreiche Tierarten, die den Auwald nur als Teillebensraum nutzen, z. B. als Brutplatz (Vögel), als Tagesversteck oder als Jagdgebiet (u. a. Fledermäuse). Diese Tierarten benötigen für ihr Überleben neben den Waldflächen den Kontakt zu offenen Flächen, wie sie sie auch in der … noch vorfinden. …, die außerhalb des … nach Nahrung auf Freiflächen suchen bzw. dort jagen, sind beispielsweise Spatzen, Grünspechte und Fledermäuse. Zudem wird das Vorkommen der Zauneidechse (FFH-Richtlinie Anhang IV) im Bereich der … vermutet.
Des Weiteren ist die Einbeziehung der … durch den Schutzzweck des § 3 Abs. 1 Nr. 6 der Landschaftsschutzgebietsverordnung (vgl. § 26 Abs. 1 Nr. 1, 3 BNatSchG) gerechtfertigt, wonach ein für die Erholung, das Stadtklima und die Lufthygiene wichtiger zusammenhängender Landschaftsraum zu erhalten ist. Die Wälder der … besitzen eine besondere stadtklimatische Bedeutung – Wald mit besonderer Bedeutung für den regionalen Klimaschutz laut Waldfunktionsplan der Oberforstdirektion M. (1998). Die dort aufgrund ihrer temperaturausgleichenden Wirkung entstehende kühlere Luft verhindert u. a. in austauscharmen Wetterlagen ein Zusammenfließen der über dem westlichen und östlichen Stadtgebiet entstehenden Warmluft. Zu diesem System gehören auch die von der umgebenden Landschaft überragten Gärtnereien mit ihrem hohen Anteil an gartenbaulichen Nutz- und Freiflächen. Nach dem Bayerischen Landesplanungsgesetz liegt die … vollständig innerhalb von Flächen, in denen den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ein besonderes Gewicht zukommt (landschaftliches Vorbehaltsgebiet anderweitig rechtlich gesichert) und innerhalb des regionalen Grünzugs „…“. Auch die von der Antragsgegnerin angeführte Erholungsfunktion ist dem Gebiet jedenfalls nicht vollständig abzusprechen. Zwar ist dem Antragsteller einzuräumen, dass die Eignung der Flächen für die Erholung eingeschränkt ist, weil die Grundstücke selbst nicht betreten werden können. Allerdings überwiegt in der Siedlung trotz der dort vorhandenen baulichen Anlagen – die Gewächshäuser wirken dabei auf den Betrachter nicht als Teil einer Ortschaft – der Landschaftscharakter und die gartenbaulich genutzten Flächen stellen in einem Ballungsraum wie München einen wohltuenden Kontrast zur Stadtlandschaft dar. Dem Erholungszweck wird auch dadurch Rechnung getragen, dass dem Betrachter der Anblick großer Freiflächen ermöglicht wird (vgl. BayVGH, U.v. 21.7.1988 -9 N 87.02020 – BayVBl 1989, 46), die zudem mit dem Auwald durch Trampelpfade verbunden sind.
Hinzu kommt auch der Schutzzweck nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 der Landschaftsschutzgebietsverordnung (vgl. § 26 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG), wonach die u. a. durch die Nutzungsgeschichte bestimmte natürliche Eigenart des Gebiets bewahrt werden oder durch Pflege wiederhergestellt werden soll. Das Entstehen der … ist deshalb von gewisser historischer Bedeutung, weil diese nach dem Krieg zur Verbesserung der Lebensmittelversorgung in der Stadt errichtet wurde und dazu in diesem Bereich der Auwald gerodet worden ist. Diese frühere Form der Landnutzung ist anhand der Kulisse des umgebenden Auwalds, dessen die Bebauung überragenden Bäume die Siedlung als Insel erscheinen lassen, noch sichtbar.
Die vorgenannte, der … nicht abzusprechende Ästhetik der Landschaft in einem durch dichte Bebauung geprägten Ballungsraum wie M. lässt auch den Schutzzweck nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 der Landschaftsschutzgebietsverordnung (vgl. § 26 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) als einschlägig erscheinen, wonach das charakteristische Landschaftsbild sowie dessen Vielfalt, Eigenart und Schönheit zu erhalten ist.
cc) Gegen die Schutzbedürftigkeit des Bereichs der … bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Diese ist schon deshalb gegeben, weil gerade auf innerörtlich gelegenen Flächen gewöhnlich ein starker Siedlungsdruck lastet (vgl. BayVGH, U.v. 14.1.2002 – 9 N 98.3184 – juris Rn. 28); hinzu kommt, dass für Ballungsräume wie München die Erhaltung einer gärtnerischen Versorgung und damit der Schutz des prägenden Charakters einer solchen Siedlung strukturell sehr wünschenswert ist (vgl. BayVGH, U.v. 26.2.2010 – 2 B 09.714 – juris Rn. 28) . Die Notwendigkeit der Schutzgebietsausweisung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die weitere Bebauung bereits durch den Bebauungsplan Nr. … eingeschränkt ist bzw. – im Falle von dessen Unwirksamkeit – weitgehend über § 35 BauGB verhindert werden kann. Maßnahmen des Natur- und Landschaftsschutzes erübrigen sich nicht schon deshalb, weil auch mit Maßnahmen des Baurechts eine weitere Besiedlung des Gebiets verhindert werden kann (BayVGH, U.v. 14.1.2002 – 9 N 98.3184 – juris Rn. 28; U.v. 15.12.1987 – 9 N 87.00667 – BayVBl 1988, 339).
dd) Ein Verstoß der Landschaftsschutzgebietsverordnung gegen § 7 BauGB wird nicht (mehr) geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Die … ist im Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin als „Fläche für Landwirtschaft“ dargestellt. Überlagernde Darstellungen im integrierten Landschaftsplan sind „Flächen mit Nutzungsbeschränkungen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft“ sowie „örtliche Grünverbindung“; nachrichtliche Übernahmen sind „Regionaler Grünzug“, „Landschaftsschutzgebiet“ und „Bannwald“.
c) Die Unterschutzstellung beruht auch nicht auf einer fehlerhaften Abwägung der unterschiedlichen, zum Teil gegenläufigen öffentlichen und privaten Belange (§ 2 Abs. 3 BNatSchG).
Die Antragsgegnerin hat sich im Normsetzungsverfahren mit den für und gegen eine Einbeziehung der … sprechenden Belangen und insbesondere mit den privaten Interessen des Antragstellers an der künftigen Nutzung seines Grundstücks auseinandergesetzt, hat diese in die Abwägung miteingestellt und sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit entsprechend der ihnen zukommenden Gewichtigkeit gegeneinander abgewogen. Sie hat insbesondere den Bestand des Bebauungsplans Nr. … berücksichtigt (vgl. Akte V der Ag. S. 363 f.) und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass durch die Landschaftsschutzgebietsverordnung das im Bebauungsplan Nr. … ausgewiesene Baurecht nicht beschnitten wird, nachdem bereits im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens die Abwägung dahingehend erfolgt sei, dass sich das dort ausgewiesene Baurecht mit Blick auf die besondere Zweckbestimmung „Gartenbauliche Erzeugung i. S. d. § 201 BauGB“ und die in erster Linie bestandserhaltende Funktion mit den Schutzzwecken eines Landschaftsschutzgebiets verträgt. Damit hat die Antragsgegnerin im Umfang des eingeräumten Baurechts objektiv eine Ausnahme- oder Befreiungslage bestätigt, die sie in der Praxis auch entsprechend handhabt. Des Weiteren ist sie davon ausgegangen, dass eine nach der guten fachlichen Praxis betriebene landwirtschaftliche Nutzung, zu der auch die gartenbauliche Erzeugung gehört, in der Regel nicht den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege widerspricht. Dementsprechend nimmt auch § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Landschaftsschutzgebietsverordnung die ordnungsgemäße land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung i. S. d. Art. 3 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 4 BayNatSchG auf den bisher land-, forst- und fischereiwirtschaftlich genutzten Flächen in der bisherigen Art und im bisher üblichen Umfang aus (vgl. auch § 26 Abs. 2 BNatSchG). Soweit der Antragsteller insoweit auf die Rückausnahme des § 6 Abs. 2 der Landschaftsschutzgebietsverordnung verweist, ist nicht ersichtlich, inwieweit durch die gärtnerische Nutzung der Grundstücke in der … die in § 3 Abs. 2 bzw. 3 der Landschaftsschutzgebietsverordnung für das FFH-Gebiet genannten Erhaltungsziele beeinträchtigt werden könnten. Im Übrigen verbietet schon § 33 BNatSchG auch ohne Schutzverordnung jedenfalls alle Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets, d. h. auch des vorhandenen FFH-Gebiets (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 BNatSchG), in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können. Zudem enthält § 44 BNatSchG für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten zahlreiche Verbote, die der Antragsteller auch unabhängig von der Schutzverordnung zu beachten hätte. Die Befürchtung des Antragstellers, er könne aufgrund der Erlaubnisvorbehalte des § 5 der Landschaftsschutzgebietsverordnung sein Privatgrundstück nicht mehr in angemessener Weise nutzen und müsse hierzu, etwa zum Parken oder Befahren, jeweils eine Erlaubnis einholen, ist nicht gerechtfertigt. Zum einen sind gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 der Landschaftsschutzgebietsverordnung Handlungen nur dann erlaubnispflichtig, wenn sie den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck in § 3 Abs. 1 der Verordnung zuwiderlaufen. Zum anderen sind gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 der Landschaftsschutzgebietsverordnung zahlreiche Handlungen hinsichtlich der Nutzung von Privatgrundstücken ausdrücklich von der Erlaubnispflicht ausgenommen, wie etwa das Fahren und Parken mit Kraftfahrzeugen. Insgesamt kann der Antragsgegnerin daher nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe keine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der gegenüberstehenden Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes auf der einen und der Nutzerinteressen der von Nutzungsbeschränkungen betroffenen Grundeigentümer der … auf der anderen Seite vorgenommen (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 1.2.2007 – 7 BN 1.07 – juris Rn. 7).
Der Antragsgegnerin kann entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht entgegengehalten werden, sie habe unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz willkürlich die …, nicht aber die Bereiche des … und der … in den Schutzbereich aufgenommen. Was den Bereich des … betrifft, wurden zum einen Randbereiche dieses Geländes in den Schutzbereich mit aufgenommen. Zum anderen unterscheiden sich die Bebauungspläne für die … und für das Rundfunkgelände stark voneinander. Dies gilt zunächst für die festgesetzte Art der baulichen Nutzung, die im Gebiet der … grundsätzlich nur bauliche Anlagen zulässt, die der gartenbaulichen Erzeugung i. S. d. § 201 BauGB dienen. Zudem hat der Bebauungsplan Nr. … vorwiegend bestandssichernden Charakter, wogegen der Bebauungsplan Nr. 553 b für das Rundfunkgelände … vom 10. Oktober 1974 in größerem Umfang noch nicht realisiertes Baurecht einräumt, durch das sich das Gebiet stark weiter entwickeln kann (vgl. Akte IV der Ag. S. 314 R). Die unterschiedliche Behandlung dieser Bebauungsplangebiete ist daher von sachlichen Gesichtspunkten geleitet. Gleiches gilt hinsichtlich der Nichtaufnahme der dicht bebauten und wesentlich größeren … aus dem Geltungsbereich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


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