Baurecht

Wasserrechtliche Plangenehmigung für Nassauskiesung

Aktenzeichen  8 CS 20.1973

Datum:
7.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 36181
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 80a, § 146 Abs. 4 S. 6, § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3
WHG § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 3, Abs. 4, § 68 Abs. 2, Abs. 3, § 70 Abs. 1 Hs. 1
BayStrWG Art. 14 Abs. 3
FlurbG § 39, § 58 Abs. 4
UmwRG § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2
GG Art. 14 Abs. 1
UVPG § 5 Abs. 3 S. 2

 

Leitsatz

1. Das flurbereinigungsrechtliche Sonderregime schützt nicht nur den Weg oder Wegeteil, auf den Grundeigentümer für die Zugänglichkeit ihres Grundstücks angewiesen sind, sondern den konkreten Erschließungsvorteil, den der Teilnehmer als Ausgleich für den entschädigungslosen Landabzug betrachten darf. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Flurbereinigungswege fallen als gemeinschaftliche Anlagen nicht immer – d.h. auch ohne ausdrückliche Bestimmung im Flurbereinigungsplan – unter die Regelung des § 58 Abs. 4 FlurbG. (Rn. 17 und 19 – 24) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 4 S 20.938 2020-08-11 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 11. August 2020 für beide Rechtszüge auf jeweils 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den angeordneten Sofortvollzug einer der Beigeladenen erteilten wasserrechtlichen Plangenehmigung zum Sand- und Kiesabbau.
Der Antragsteller ist Vollerwerbslandwirt und Eigentümer des landwirtschaftlichen Grundstücks FlNr. 8980 Gemarkung S* … Das Grundstück grenzt im Nordwesten an das Wegegrundstück FlNr. 8985, das in Abschnitt M („öffentliche und gemeinschaftliche Anlagen“) des Flurbereinigungsplans G* … (Teil II) vom 27. April 1972 unter Ziffer II. („Straßen und Wege“) als „öffentlicher Feld- und Waldweg“ aufgeführt ist. Die Grundstücke FlNr. 8981, 8982 und 8983 schließen sich in südwestlicher Richtung nacheinander an das o.g. Grundstück des Antragstellers an.
Mit Bescheid vom 21. Februar 2020 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Plangenehmigung für die Erweiterung der Sand- und Kiesgewinnung in einem Bauabschnitt V auf den Grundstücken FlNr. 8981, 8982, 8983 und 8985 (Teilfläche) mit anschließender Renaturierung mit Gewässerausbau. Die Plangenehmigung sieht in den Nebenbestimmungen Nr. 4.35 bis 4.40 vor, dass die Beigeladene eine neue Zufahrt nebst Abstell- und Wendeplatz für landwirtschaftlichen Fahrzeugen herstellt. Mit Nebenbestimmung Nr. 4.41 wird der Beigeladenen auferlegt, geeignete Schutzmaßnahmen, mit welchen noch nicht flugfähige Gänse abgehalten werden können, in Abstimmung mit dem Eigentümer des Grundstücks FlNr. 8980 durchzuführen.
Am 24. März 2020 ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage gegen den Bescheid vom 21. Februar 2020 erheben.
Mit Bescheid vom 9. Juli 2020 ordnete die Antragsgegnerin auf Antrag der Beigeladenen die sofortige Vollziehung der Plangenehmigung an. Der zeitnahe Beginn des Abbaus sei notwendig, um eine nahtlose Versorgung des Kieswerks G* … sicherzustellen und einen dortigen Abbau von Arbeitsplätzen zu verhindern.
Das Verwaltungsgericht Würzburg hat den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 24. März 2020 wiederherzustellen, mit Beschluss vom 11. August 2020 abgelehnt. Die erteilte Plangenehmigung verletze den Antragsteller als Drittbetroffenen nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten. Der Antragsteller könne aus dem Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs an dem Weg auf FlNr. 8985 herleiten, weil die von der Beigeladenen neu herzustellende Zufahrt für ihn nicht unzumutbar sei. § 58 Abs. 4 FlurbG ändere daran nichts, weil sich aus den Festsetzungen im Flurbereinigungsplan selbst nicht ergebe, dass der Weg diesem besonderen Schutz unterfalle. Eine schwere und unerträgliche Beeinträchtigung seines Grundstücks ergebe sich auch nicht aus einer Zunahme der Wildgänsepopulation, der Ansiedlung von Bibern oder Einschränkungen beim Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Mängel der UVP-Vorprüfung, auf die sich der Antragsteller berufen könne, lägen nicht vor.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Das Vorhaben nehme ihm die funktionsfähige Zufahrt und ersetze diese durch eine absolut ungenügende Alternative; dies beeinträchtige die Nutzbarkeit seines Grundstücks schwer und entwerte sein Eigentum substanziell. Flurbereinigungswege seien als Anlagen im gemeinschaftlichen Interesse immer von § 58 Abs. 4 FlurbG geschützt; einer ausdrücklichen Verlautbarung im Flurbereinigungsplan bedürfe es dafür nicht. Auch die weiteren mit dem neuen Bauabschnitt verbundenen Wirkungen (Wildgänse, Biber, Beschränkung der Düngung) überschritten die Schwelle des Zumutbaren. Die UVP-Vorprüfung enthalte inhaltliche und methodische Mängel, weil der Sachverhalt nicht vollständig ermittelt worden sei. Selbst wenn man offene Erfolgsaussichten annähme, überwiege bei der Folgenabwägung sein Aussetzungsinteresse, weil die von der Beigeladenen behauptete Dringlichkeit des Abbaus unglaubhaft sei.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene treten der Beschwerde entgegen und beantragen deren Zurückweisung.
II.
A.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, rechtfertigt keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 5, § 80a VwGO erweist sich im Ergebnis (vgl. BayVGH, B.v. 21.5.2003 – 1 CS 03.60 – NVwZ 2004, 251 = juris Rn. 16; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 29 ff.) als richtig. Die der Beigeladenen erteilte Plangenehmigung wirkt nach summarischer Prüfung nicht nachteilig in Rechte des Antragstellers oder dessen sonstige rechtlich geschützte Belange ein, ohne dass dies nicht durch die in der Genehmigung festgelegten Inhalts- und Nebenbestimmungen vermieden oder ausgeglichen wird (vgl. § 68 Abs. 2 und 3, § 70 Abs. 1 Halbs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 WHG).
1. Diese Vorschriften entfalten nach Maßgabe des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots Drittschutz (vgl. BVerwG, U.v. 12.4.2018 – 3 A 16.15 – BVerwGE 161, 356 = juris Rn. 16 ff.; U.v. 15.7.1987 – 4 C 56.83 – BVerwGE 78, 40 = juris Rn. 11 ff.; vgl. auch Pape in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Februar 2020, § 14 WHG Rn. 33). Hieraus folgt, dass im Rahmen des eingeräumten Bewirtschaftungsermessens (§ 12 Abs. 2 WHG) auch Belange Dritter einzubeziehen sind, die in individualisierter und qualifizierter Weise betroffen werden. Diesen steht ein Anspruch auf ermessensgerechte – d.h. insbesondere rücksichtnehmende – Beachtung und Würdigung ihrer Belange mit dem ihnen objektiv zustehenden Gewicht zu (vgl. BVerwG, U.v. 6.9.2004 – 7 B 62.04 – ZfW 2005, 227 = juris Rn. 10; U.v. 3.7.1987 – 4 C 41.86 – ZfW 1988, 337 = juris Rn. 10 ff.; BayVGH, U.v. 8.10.2019 – 8 B 18.809 – juris Rn. 42).
Der Antragsteller gehört als Eigentümer des Grundstücks FlNr. 8980 in Bezug auf die der Beigeladenen erteilte Plangenehmigung zu einem von der Allgemeinheit abgrenzbaren Personenkreis. Die Planungsbehörde musste daher seine Rechte und rechtlich geschützten Interessen einschließlich der Nutzungskonflikte, die das plangenehmigte Vorhaben u.a. auf die durch den Flurbereinigungsplan gestalteten Verhältnisse hat, in seine Abwägung einbeziehen. Dies hat die Antragsgegnerin bei ihrer Abwägung beachtet. Das Eigentumsrecht (Art. 14 GG) des Antragstellers, seine Rechte als Straßenanlieger, sein Interesse an der Nachhaltigkeit der Festsetzung des Wegs FlNr. 8985 als öffentliche bzw. gemeinschaftliche Anlage (vgl. BVerwG, B.v. 20.5.2020 – 7 B 13.19 – NVwZ 2020, 1531 = juris Rn. 15) und sein Interesse an der Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Nutzung im bisherigen Umfang (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WHG) wurden nicht verkannt und mit dem ihnen objektiv zustehenden Gewicht berücksichtigt. Dass sich die Planungsbehörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat, ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und führt nicht zu einem Abwägungsmangel (stRspr, vgl. nur BVerwG, B.v. 27.07.2020 – 4 VR 7.19 – ZNER 2020, 438 = juris Rn. 66).
2. Im Rahmen ihrer Abwägung hat die Antragsgegnerin maßgeblich darauf abgestellt, dass sowohl die Zufahrt als auch die Bewirtschaftung des Grundstücks FlNr. 8980 weiterhin möglich sind (vgl. Plangenehmigung S. 14 und 34). Damit wurde in straßenrechtlicher Hinsicht der Kern der Erschließungsinteressen (Anliegergebrauch) sowie daneben die weitere landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmöglichkeit (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WHG) berücksichtigt. Der konkrete Erschließungsvorteil, den der Antragsteller als Ausgleich für den entschädigungslosen Landabzug im früheren Flurbereinigungsverfahren geltend macht, wurde als nicht besonders geschützt und somit nicht als abwägungsleitend betrachtet (vgl. Anhänge 2 und 3 zur Plangenehmigung). Diese Gewichtung erweist sich bei summarischer Prüfung nicht als rechtsfehlerhaft.
2.1 Hinsichtlich der Reichweite des straßenrechtlichen Anliegergebrauchs verletzt die Abwägung keine rechtlich geschützten Belange des Antragstellers.
Der Anliegergebrauch vermittelt keine aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ableitbare Rechtsposition. Wie weit er gewährleistet ist, richtet sich vielmehr nach dem einschlägigen Straßenrecht, dessen Regelungsbereich das Nachbarschaftsverhältnis zwischen Straße und angrenzenden Grundstücken mit umfasst (BVerwG, U.v. 11.5.1999 – 4 VR 7.99 – NVwZ 1999, 1341 = juris Rn. 5). Aus Art. 14 Abs. 1 GG kann – entgegen der einfachgesetzlichen Ausgestaltung in Art. 14 Abs. 3 BayStrWG – kein Anspruch auf Aufrechterhaltung des bestehenden Gemeingebrauchs an einer öffentlichen Straße abgeleitet werden (BayVGH, B.v. 6.10.2011 – 8 CS 11.1220 – BayVBl 2012, 666 = juris Rn. 14; vgl. auch Wiget in Zeitler, BayStrWG, Stand März 2020, Art. 14 Rn. 7 und 70). Das Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs schützt nur den Kernbereich der Erschließungsinteressen der Grundstückseigentümer vor straßenrechtlichen Veränderungen (vgl. BVerfG, B.v. 10.6.2009 – 1 BvR 198/08 – NVwZ 2009, 1426 = juris Rn. 24; B.v. 11.9.1990 – 1 BvR 988/90 – UPR 1991, 100 = juris Rn. 5). Es sichert die Erreichbarkeit innerörtlichen Grundstücke nur im Kern, d.h. seine Zugänglichkeit zum öffentlichen Straßenraum überhaupt; nicht geschützt sind demgegenüber bloße Einschränkungen oder Erschwernisse bei den Zufahrtsmöglichkeiten (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 8 ZB 18.734 – NVWZ-RR 2018, 758 = juris Rn. 9 f. m.w.N.).
Das Grundstück FlNr. 8980 liegt außerhalb einer geschlossenen Ortschaft. Die Beschwerde legt nicht dar und es ist auch sonst nicht erkennbar, dass der Antragsteller bei der Bewirtschaftung des Grundstücks auf den Weg auf FlNr. 8985 in dem Sinne angewiesen wäre, dass dieser für eine wirtschaftliche Nutzung der Fläche geradezu unentbehrlich wäre (vgl. Papier/Shirvani in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand April 2020, Art. 14 Rn. 223). Soweit der Antragsteller zahlreiche Erschwernisse oder künftig wegfallende Vorteile anführt (Umweg, mehr Rangiervorgänge, Auffahrt nur noch an einer Stelle, keine Abstellmöglichkeit von Fahrzeugen entlang des Felds, längere Wegstrecke auf der Kreisstraße, vgl. insbesondere Schriftsatz vom 14.9.2020 S. 10 ff. und S. 37 ff.) wird die Erreichbarkeit oder landwirtschaftliche Nutzbarkeit nicht grundsätzlich infrage gestellt. Auch die Befürchtung, das Grundstück in der Sommerzeit infolge vorschriftswidrigen Parkens von Badegästen des benachbarten Baggersees nicht jederzeit – vor allem zur Ernte – erreichen zu können, greift nicht durch; einem „wilden Parken“ wäre mit straßenverkehrsrechtlichen Mitteln zu begegnen (vgl. BayVGH, U.v. 28.8.2019 – 8 N 17.523 – W+B 2019, 244 = juris Rn. 105).
2.2 Das Beschwerdevorbringen, die Planungsbehörde hätte eine schutzwürdige Rechtsposition des Antragstellers zudem aus dem flurbereinigungsrechtlichen Sonderregime (§ 58 Abs. 4 FlurbG) entnehmen und in die Abwägung einbeziehen müssen, greift nicht durch. Die diesbezüglich geschützten Interessen sind zwar im Einzelfall in die planerische Abwägung im Rahmen eines Plangenehmigungsverfahren einzustellen, auch wenn die Verfahrensanforderungen des § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG (Aufhebung durch Gemeindesatzung mit Zustimmung der Gemeindeaufsichtsbehörde) nicht einzuhalten sind, weil die Plangenehmigung nicht auf eine Änderung des Flurbereinigungsplans abzielt (vgl. BVerwG, B.v. 20.5.2020 – 7 B 13.19 – NVwZ 2020, 1531 = juris Rn. 15). Allerdings fehlt es vorliegend an der notwendigen Verlautbarung im Flurbereinigungsplan, dass die Festsetzung des Wegs FlNr. 8985 als öffentlicher bzw. gemeinschaftlicher Weg im Eigentum der Gemeinde den besonderen Schutz nach § 58 Abs. 4 FlurbG haben soll (vgl. Flurbereinigungsplan Teil II, Abschnitt O).
2.2.1 Die Rechtsposition eines Teilnehmers an der Flurbereinigung reicht weiter als die Rechtsposition des Anliegers nach dem Wegerecht (vgl. dazu oben Rn. 15). Ein durch die Flurbereinigung geschaffenes Wegenetz dient speziellen Interessen der Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens und unterliegt – auch bei einer eventuellen Widmung für den Gemeingebrauch – weiterhin einem flurbereinigungsrechtlichen Sonderregime. Anders als bei der Entscheidung über eine wegerechtliche Einziehung muss sich der Teilnehmer eines Flurbereinigungsverfahrens, wenn ihm ein Verzicht auf fortbestehende Erschließungsfunktionen zugemutet werden soll, nicht entgegenhalten lassen, dass seine Grundstücke weiterhin „hinreichend“ erschlossen sind. Das flurbereinigungsrechtliche Sonderregime schützt nämlich nicht nur den Weg oder Wegeteil, auf den Grundeigentümer für die Zugänglichkeit ihres Grundstücks angewiesen sind, sondern den konkreten Erschließungsvorteil, den der Teilnehmer als Ausgleich für den entschädigungslosen Landabzug betrachten darf. Bei der Genehmigung eines Plans, mit dem ein Flurbereinigungsweg aufgegeben werden soll, sind die Erschließungsvorteile einzelner Teilnehmer schon dann abwägungsrelevant, wenn die in Rede stehenden Fläche für die Hofstelle und/oder die zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb zählenden Nutzflächen bestimmungsgemäß Erschließungsfunktionen haben, die für die wertgleiche Abfindung gemäß § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG von Bedeutung waren (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2015 – 9 CN 1.14 – DVBl 2015, 702 = juris Rn. 20; U.v. 18.11.2002 – 9 CN 1.02 – BVerwGE 117, 209 = juris Rn. 66; BayVGH, U.v. 11.5.2011 – 13a N 10.577 – juris Rn. 31).
2.2.2 Der Flurbereinigungsplan G* … hat das Straßen- und Wegenetz des Flurbereinigungsgebiets (vgl. Teil II, Abschnitt M.II.) und damit auch den streitgegenständlichen Weg FlNr. 8985 (vgl. Flurbereinigungsplan Teil II, Abschnitt M.II.1.b.aa, dort noch als FlNr. 1985 Gemarkung G* …*) indessen nicht bei den Festsetzungen aufgeführt, welche die Wirkung des § 58 Abs. 4 FlurbG haben sollen (vgl. Teil II, Abschnitt O); vielmehr wird in Bezug auf Straßen und Wege lediglich auf Abschnitt M.II.2 (Straßenbaulast, Gebrauch und Nutzung) verwiesen. Die Auffassung der Beschwerde, Flurbereinigungswege fielen als gemeinschaftliche Anlagen immer – d.h. auch ohne ausdrückliche Bestimmung im Flurbereinigungsplan – unter die Regelung des § 58 Abs. 4 FlurbG, trifft nicht zu (so auch OVG NW, U.v. 6.6.2019 – 20 D 33/18.AK – juris Rn. 42 ff.; offengelassen nachgehend BVerwG, B.v. 20.5.2020 – 7 B 13.19 – NVwZ 2020, 1531 = juris Rn. 10).
Maßgebend für die Auslegung einer Norm ist der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl. BVerfG, U.v. 30.3.2004 – 2 BvR 1520/01 u.a. – BVerfGE 110, 226 – juris Rn. 91; BVerwG, U.v. 25.1.2017 – 9 C 30.15 – BVerwGE 157, 203 – juris Rn. 14). Für die Erfassung des objektiven Willens des Normgebers sind alle anerkannten Auslegungsmethoden heranzuziehen, d.h. die grammatikalische, systematische, teleologische und historische Auslegung. Diese Methoden ergänzen sich gegenseitig, wobei keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen hat (vgl. BVerfG, B.v. 31.03.2016 – 2 BvR 1576/13 – NVwZ-RR 2016, 521 – juris Rn. 63 m.w.N.). Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt allerdings nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich, der sich der Richter nicht entgegenstellen darf (vgl. BVerfG, B.v. 26.8.2014 – 2 BvR 2172/13 – EuGRZ 2014, 646 – juris Rn. 16).
Nach § 58 Abs. 4 FlurbG hat der Flurbereinigungsplan für Festsetzungen, die im gemeinschaftlichen Interesse der Beteiligten oder im öffentlichen Interesse getroffen werden, die Wirkung von Gemeindesatzungen. Nach Beendigung des Flurbereinigungsverfahrens können die Festsetzungen mit Zustimmung der Gemeindeaufsichtsbehörde durch Gemeindesatzung geändert oder aufgehoben werden. Der Wortlaut der Norm stützt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach sich aus den Festsetzungen im Flurbereinigungsplan selbst ergeben muss, ob und inwieweit eine Anlage dem besonderen Schutz nach § 58 Abs. 4 FlurbG unterfällt (vgl. UA S. 11). Die Umschreibung mit (bestimmten) „Festsetzungen“, die „getroffen“ werden, spricht gegen eine Auslegung, wonach das Wegenetz stets gemäß § 58 Abs. 4 FlurbG vor späteren Änderungen geschützt werden soll, ohne dass es einer ausdrücklichen Verlautbarung im Flurbereinigungsplan bedürfte. Vielmehr kommt darin zum Ausdruck, dass sich bestimmte Festsetzungen des Flurbereinigungsplans, die mit einer besonderen Schutzwirkung zugunsten der Teilnehmer ausgestattet werden, insoweit von anderen Festsetzungen unterscheiden (vgl. OVG NW, U.v. 6.6.2019 – 20 D 33/18.AK – juris Rn. 44). Der Flurbereinigungsplan legt also jeweils fest, welche Festsetzungen, die im gemeinschaftlichen Interesse getroffen werden, den besonderen Schutz nach § 58 Abs. 4 FlurbG haben sollen (vgl. NdsOVG, U.v. 22.1.2014 – 7 LC 76/12 – RdL 2014, 260 = juris Rn. 49; Wingerter/Mayr, FlurbG, 10. Aufl. 2018, § 58 Rn. 31 m.w.N.). Dass § 58 Abs. 4 Satz 1 FlurbG keinen dies explizit klarstellenden Zusatz enthält (z.B. „sofern dies im Flurbereinigungsplan ausdrücklich bestimmt ist“, vgl. Beschwerdeschriftsatz vom 14.9.2020 S. 18), steht der dargestellten Wortlautauslegung, die von den Gesetzgebungsmaterialien gestützt wird (vgl. unten Rn. 22), nicht entgegen (vgl. auch BVerfG, B.v. 12.10.2010 – 2 BvL 59/06 – BVerfGE 127, 335 = juris Rn. 62).
Die historische Auslegung stützt diese Annahme. Die Regelung des § 58 Abs. 4 FlurbG wurde im Wesentlichen unverändert aus § 61 Abs. 4 der Reichsumlegungsordnung (RUO) vom 16. Juni 1937 (RGBl I S. 629) übernommen (vgl. Entwurf eines Flurbereinigungsgesetzes vom 16.5.1952, BT-Drs. 3385 S. 40). Im Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 28. Mai 1953 wird zum dritten Abschnitt (Flurbereinigungsplan, §§ 56 bis 60) ausgeführt: „Der Flurbereinigungsplan hat für gewisse Festsetzungen im gemeinschaftlichen oder öffentlichen Interesse die Wirkung von Gemeindesatzungen. Diese Festsetzungen werden dadurch gesichert, dass sie nach Beendigung des Verfahrens nur mit Zustimmung der Gemeindeaufsichtsbehörde geändert oder aufgehoben werden können.“ (vgl. BT-Drs. 4396 S. 6). Diese Begründung im Gesetzgebungsverfahren zeigt, dass es gerade nicht dem gesetzgeberischen Willen entsprach, alle Festsetzungen betreffend gemeinschaftliche Anlagen (§ 39 FlurbG) – unabhängig von einer ausdrücklichen Verlautbarung – unter den besonderen Schutz des § 58 Abs. 4 FlurbG zu stellen.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde gebietet auch der Normzweck keine andere Auslegung. Die Regelung des § 58 Abs. 4 FlurbG soll die mit der Flurbereinigung erzielten Ergebnisse sichern. Dahinter steht der Gedanke, dass sich der angestrebte volks- und betriebswirtschaftliche Erfolg der Flurbereinigung (vgl. § 1, § 37 Abs. 1 FlurbG) erst einstellt, wenn deren Ergebnisse nachhaltig sind. Veränderungen, die die Ergebnisse der Flurbereinigung in Frage stellen können, sollen deshalb erschwert werden, was § 58 Abs. 4 FlurbG bewirkt. Dieser Gedanke der Nachhaltigkeit gilt zwar auch für das Wegenetz, durch das im Zuge der Flurbereinigung das „Gerippe“ für die Bodenneuordnung geschaffen worden ist (BVerwG, U.v. 18.11.2002 – 9 CN 1.02 – BVerwGE 117, 209 = juris Rn. 61; U.v. 6.3.1986 – 5 C 36.82 – BVerwGE 74, 84 = juris Rn. 17). Der hinter § 58 Abs. 4 FlurbG stehende Sicherungszweck verlangt aber nicht, die Schutzwirkung der Norm zwingend und automatisch – d.h. unabhängig vom Willen der Beteiligten im Einzelfall und ohne eine Verlautbarung im Flurbereinigungsplan – auf alle gemeinschaftlichen Anlagen (§ 39 FlurbG) zu erstrecken. Soweit die Beschwerde frühere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts gegenteilig interpretiert, lässt sie außer Betracht, dass dem aktuellen Beschluss vom 20. Mai 2020 (Az. 7 B 13.19 – NVwZ 2020, 1531 – juris) gleichfalls gemeinschaftliche bzw. öffentliche Anlagen zugrunde lagen (Be- und Entwässerungssystem, vgl. dort Rn. 2 und vorgehend OVG NW, U.v. 6.6.2019 – 20 D 33/18.AK – juris Rn. 3, 7 ff. und 115), ohne dass eine solche Rechtsprechung bestätigt worden wäre (vgl. dort Rn. 10).
2.2.3 Die im Flurbereinigungsplan (Teil II, Abschnitt O) nicht getroffene Bestimmung, dass die Festsetzungen in Abschnitt M.II.1 nach § 58 Abs. 4 FlurbG die Wirkung von Gemeindesatzungen haben sollen, kann auch nicht durch die in Abschnitt M.II.1 angeordnete Verfügungsbeschränkung der Gemeinden betreffend das Eigentum an den Straßen und Wegen, die gemeinschaftliche und öffentliche Anlagen geworden sind, ersetzt werden. Eine solche Verfügungsbeschränkung des Eigentümers kann schon im Hinblick auf deren Inhalt und Rechtsfolgen nicht mit einer Anordnung, dass bestimmte Festsetzungen nach § 58 Abs. 4 FlurbG die Wirkung von Gemeindesatzungen haben sollen und nur mit Zustimmung der Gemeindeaufsichtsbehörde durch Gemeindesatzung geändert oder aufgehoben werden dürfen, gleichgesetzt werden.
2.3 Dass die Anliegerinteressen des Antragstellers unterhalb der vom Anliegergebrauch geschützten Schwelle liegen und nicht die besondere Schutzwirkung nach § 58 Abs. 4 FlurbG in Anspruch nehmen können, bedeutet indessen nicht, dass sie außer Betracht zu bleiben hätten. Sie sind vielmehr, sofern sie nicht nur geringfügig sind, in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerwG, B.v. 11.5.1999 – 4 VR 7.99 – NVwZ 1999, 1341 = juris Rn. 8). Dem trägt die Plangenehmigung hinreichend Rechnung. Die Beigeladene hat hiernach eine neue Zufahrt nebst Abstell- und Wendeplatz mit einem – am Bedarf landwirtschaftlicher Nutzfahrzeuge ausgerichteten – Durchmesser von 25 m herzustellen (vgl. Plangenehmigung, Nr. 4.35; Bestands- und Abbauplan, S. A 32 Behördenakte 1 und Anhang 1, S. 428 Behördenakte 1). Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten S* … hat eine solche Zufahrt, die im Rahmen einer eingehenden Voruntersuchung (vgl. hierzu die fachlichen Stellungnahmen auf S. 145 ff. Behördenakte 1) ausgewählt wurde, mitgetragen (vgl. abschließende Stellungnahme vom 30.9.2019, S. 266 Behördenakte 1); die Vorgabe, die Zufahrt auf einer Breite von mindestens 5 m frei von Gehölzbewuchs zu halten, um ein ungestörtes Befahren mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen zu ermöglichen, wurde in Nebenbestimmung Nr. 4.38 übernommen. Im Übrigen ergeben sich die für die Abwägung relevanten Erwägungen auch aus den Anhängen 1 und 2 zur Plangenehmigung (vgl. S. 428 f. und 439 ff. Behördenakte 2). Ein Abwägungsmangel ist hieraus nicht zu entnehmen.
3. Auch soweit die Beschwerde vorbringt, die Nutzbarkeit des Grundstücks FlNr. 8980 sei durch den genehmigten Kiesabbau unzumutbar beeinträchtigt sieht, kann der Senat zumindest im Eilverfahren, bei der dort nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 14) anhand den von der Beschwerde dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) und ohne Beweiserhebung (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2020 – 8 CS 20.772 – juris Rn. 14 m.w.N.) nicht erkennen, dass das Eigentumsrecht des Antragstellers aus Art. 14 Abs. 1 GG oder der einfachgesetzlich gewährte Drittschutz (§ 14 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WHG) verletzt wären. Nicht entscheidungserheblich ist daher, ob öffentlich-rechtlicher Nachbarschutz überhaupt unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 GG hergeleitet werden kann, wenn drittschützende Regelungen des einfachen Rechts – wie hier – vorhanden sind (kritisch BVerwG, U.v. 26.9.1991 – 4 C 5.87 – BVerwGE 89, 69 = juris Rn. 40; Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 960; bejahend BVerwG, U.v. 26.3.1976 – IV C 7.74 – BVerwGE 50, 282 = juris Rn. 20 ff.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 14 Rn. 67; Knopp in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand August 2019, § 14 WHG Rn. 112).
3.1 Dass mit dem genehmigten Vorhaben eine deutliche Zunahme der Wildgänsepopulation auf dem Grundstück FlNr. 8980 verbunden ist, kann der Senat bei summarischer Prüfung anhand der Aktenlage nicht feststellen. Die von der Planungsbehörde eingeholten fachlichen Stellungnahmen stützen diese Befürchtung des Antragstellers für die Zeit nach Beendigung des Abbaus mit Renaturierung (vgl. Stellungnahmen des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 15.2.2018 und des Bayerischen Bauernverbands vom 22.6.2018, Behördenakte 1 S. 126 f.). Die Antragsgegnerin hat dies aber dazu veranlasst, der Beigeladenen „geeignete Schutzmaßnahmen“ aufzuerlegen, mit denen noch nicht flugfähige Gänse abgehalten werden sollen, auf das Grundstück FlNr. 8980 zu gelangen (vgl. Plangenehmigungsbescheid, Nr. 4.41 und Anhang 2, Behördenakte 2 S. 445 f.). Im Übrigen wird erwogen, die Schonzeit für die Bejagung zu verkürzen (vgl. Anhang 1 zum Plangenehmigungsbescheid, Behördenakte 1 S. 426). Die Planungsbehörde hat den diesbezüglich bestehenden Nutzungskonflikt zwischen dem Kiesabbau und der Landwirtschaft somit erkannt und Maßnahmen zur Bewältigung dieses Konflikts getroffen oder vorgesehen. Dass diese von vorneherein ungeeignet wären, evtl. nachteilige Wirkungen auf die bisherige landwirtschaftliche Nutzung (vgl. dazu auch die mit der Beschwerdebegründung in Anlagen BF12 und 13 vorgelegten Schätzungsprotokolle für Flur- und Aufwuchsschäden, Gerichtsakte S. 123 f.) zu vermeiden oder auszugleichen (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 WHG), kann der Senat nicht erkennen; ob sie dies hinreichend sicherstellen können, bedarf einer abschließenden Klärung im Hauptsacheverfahren.
3.2 Soweit der Antragsteller „potentiell“ Schäden durch den Biber befürchtet, insbesondere durch Untertunnelung des in die Wasserfläche hineinragenden Grundstücks, fehlt – wie bereits das Verwaltungsgericht festgestellt hat (vgl. UA S. 14) – ein substanzieller Vortrag. Nachteilige Wirkungen sind „zu erwarten“ (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 WHG), wenn solche nicht bloß theoretisch möglich, sondern in dem Sinn wahrscheinlich sind, dass überwiegende Gründe für ihren Eintritt sprechen (BayVGH, B.v. 5.3.2018 – 8 ZB 17.867 – juris Rn. 17; NdsOVG, U.v. 14.12.2016 – 13 LC 48/14 – ZfW 2017, 158 = juris Rn. 71; Pape in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 14 WHG Rn. 53 ff.). Dies ist betreffend den Biber nicht erkennbar.
3.3 Bei summarischer Überprüfung ist auch nicht zu erwarten, dass die Rekultivierung die bisherige landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks FlNr. 8980 nachteilig beeinträchtigt, indem der Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln zusätzlich eingeschränkt würde. Soweit der Antragsteller – nicht näher substanziierte – Beschränkungen aus der Düngeverordnung befürchtet (gemeint ist wohl § 5 Abs. 2 und 3 DüV), hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar berücksichtigt, dass die geplanten Abstände der Uferzonen zur Grundstücksgrenze und die Erdwälle einen Eintrag von Düngemitteln in das offene Gewässer verhindern sollen (vgl. Anhang 2 zur Plangenehmigung, S. 446 Behördenakte 2; vgl. dazu auch die Bekanntmachung über das Ergebnis der UVP-Vorprüfung vom 10.12.2019, Behördenakte 2 S. 499). Das Beschwerdevorbringen betreffend der Situation nach der Rekultivierung, auf dem verbleibenden Streifen rund um das Abbaugebiet sei bis an die Grundstücksgrenze extensives Grünland (G212) geplant, sodass auch insoweit Abstände einzuhalten wären, lässt außer Acht, dass der plangenehmigte Rekultivierungsplan zwischen der Grundstücksgrenze und extensivem Grünland einen zusätzlichen Streifen „Gras- und Krautflur (K122) – Wall / Wegnebenflächen“ vorsieht (vgl. Behördenakte 1, S. A34). Selbst wenn sich die Aussage des landschaftspflegerischen Begleitplans, wonach auf erhöhten Uferböschungen und Plateauflächen, ehemaligen Sicherheits- und Abstandsflächen extensive Wiesengemeinschaften vorgesehen sind, auf welchen auf Düngung und Pflanzenbehandlungsmittel zu verzichten sei (vgl. dort S. 19 unter Nr. 5), auch auf diesen Flächenbereich beziehen sollte, ist nicht erkennbar, dass dies die Einhaltung von Abständen auch auf dem angrenzenden Grundstück FlNr. 8980 erfordert.
4. Durchgreifende Mängel bei der UVP-Vorprüfung führt die Beschwerde ebenfalls nicht an. Geltend gemacht werden methodische und inhaltliche Mängel, weil beim Schutzgut „Fläche“ nur unmittelbar vom Abbau beanspruchte, nicht aber vorübergehend genutzte Flächen (z.B. für Aushub, Zufahrtswege) berücksichtigt worden seien; zudem fehle ein Beitrag zu Auswirkungen auf den Gewässerzustand.
4.1 Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG verlangt werden, wenn eine u.a. nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (a.) oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit (b.) weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b UmwRG gleich. Beruht die Feststellung auf einer Vorprüfung, so ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulassungsentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 (hier i.V.m. § 9 Abs. 4 UVPG) durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (§ 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG). Der Antragsteller kann sich hierauf nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG berufen, auch wenn er durch den Fehler der Vorprüfung nicht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in eigenen Rechten verletzt ist (BVerwG, U.v. 25.5.2016 – 3 C 2.15 – BVerwGE 155, 218 = juris Rn. 33). § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG, der zusätzlich verlangt, dass der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat, ist entgegen der Auffassung des Erstgerichts (UA S. 17) nur auf Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG anzuwenden.
4.2 Die UVP-Vorprüfung der Antragstellerin hält der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG stand. Diese beschränkt sich darauf, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Nachvollziehbarkeitskontrolle bedeutet, dass das Ergebnis der behördlichen Prognose durch das Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist, wobei die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist (BVerwG, U.v. 18.12.2014 – 4 C 36.13 – BVerwGE 151, 138 = juris Rn. 30; vgl. auch Peters/Balla/Hesselbarth, UVPG, 4. Aufl. 2018, § 5 Rn. 17).
4.2.1 Die UVP-Vorprüfung hat sich auf eine überschlägige Vorausschau zu beschränken. Die Planungsbehörde darf nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermitteln“ und damit letztere unter Missachtung der für sie obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 – 9 A 1.13 – BVerwGE 150, 92 = juris Rn. 18; U.v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 – BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 24). Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die ggf. durch zusätzliche Ermittlungen der Planungsbehörde ergänzt werden können (BVerwG, U.v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 – BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 25). Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Planungsbehörde ein Einschätzungsspielraum zu (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 – 9 A 1.13 – BVerwGE 150, 92 = juris Rn. 18 m.w.N.).
4.2.2 Dass sich die Antragsgegnerin nicht innerhalb der so gezogenen Grenzen gehalten hätte, legt die Beschwerde nicht dar. Bei der Beurteilung der Merkmale des Vorhabens hinsichtlich des Kriteriums Nutzung natürlicher Ressourcen (vgl. § 9 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 2 UVPG und Anlage 3 Kriterien für die Vorprüfung im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung, Nr. 1.3) ist nicht erkennbar, dass ein vorübergehender Flächenverbrauch in erheblichem Umfang unberücksichtigt geblieben wäre. Im Gegenteil ist aus dem Prüfkatalog (Behördenakte 2 S. 489 ff.) zu entnehmen, dass der Flächenbedarf für die Zwischenlagerung von Abraum, Oberboden u.a. einbezogen wurde (vgl. Behördenakte 2 S. 490 unter 1.3). Aus den Unterlagen ergibt sich zudem, dass abbaubedingt keine neuen Zufahrtswege gebaut werden sollen (vgl. Behördenakte 2 S. 490 unter Nr. 1.5). Im Übrigen legt die Beschwerde nicht konkret dar, inwieweit eine weitere vorübergehende Inanspruchnahme von Flächen rechtsfehlerhaft unberücksichtigt geblieben wäre (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO).
Soweit die Beschwerde einen Fachbeitrag zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit der Wasserrahmenrichtlinie vermisst, verkennt sie die Reichweite UVP-Prüfung, die sich entsprechend ihrer verfahrenslenkenden Funktion auf eine überschlägige Vorausschau zu beschränken hat (vgl. oben Rn. 33). Aus der von der Beschwerde angeführten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Mai 2020 (Az. C-535/18 – NVwZ 2020, 1177 – juris), der eine Planfeststellung mit durchgeführter Umweltverträglichkeitsprüfung zugrunde lag (vgl. dort juris Rn. 50), ergibt sich nichts Anderes. Im Übrigen hat die Planungsbehörde nachvollziehbar darauf abgestellt, dass die Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser nur von geringer Schwere seien, weil das Grundwasser nicht neu aufgedeckt wird, sondern es sich um eine Erweiterung des Abbaugewässers handelt (vgl. Bekanntmachung des Ergebnisses der allgemeinen Vorprüfung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 UVPG, Behördenakte 2 S. 499).
B.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und damit wegen § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist und weil sie das Verfahren durch eigenen Tatsachen- und Rechtsvortrag gefördert hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 162 Rn. 41).
C.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.2.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Hiernach ist für die Klage eines drittbetroffenen Vollerwerblandwirts gegen eine Planfeststellung ein Streitwert von 60.000 Euro angemessen. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist dieser Betrag zu halbieren (Nr. 1.5 Streitwertkatalog). Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung war entsprechend abzuändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).


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