Baurecht

Zulässigkeit einer Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren

Aktenzeichen  1 CS 16.1436

Datum:
14.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 146 Abs. 4 S. 3, S. 4

 

Leitsatz

Die pauschale Behauptung, eine Baugenehmigung verletze das Gebot der Rücksichtnahme und vollziehe einen Eingriff in das Eigentumsrecht nach Art. 14 GG, lässt eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts vermissen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

1 SN 16.1950 2016-06-22 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750‚- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. April 2016‚ mit dem der Beigeladenen die Baugenehmigung u. a. für die Errichtung einer Zweiradgarage zwischen der Lagerhalle auf ihrem Grundstück und der Grenze zum Grundstück der Antragstellerin erteilt wurde. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin Klage und beantragte ferner‚ die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. Juni 2016 ab.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der der Antragsgegner und die Beigeladene entgegentreten.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO als unzulässig zu verwerfen‚ weil sie nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise begründet wurde (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Nach dieser Vorschrift muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten‚ die Gründe darlegen‚ aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung liegt nur vor, wenn sich aus den fristgerecht dargelegten Gesichtspunkten die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses und die Notwendigkeit seiner Aufhebung ergeben (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 146 Rn. 41). Ausgehend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts muss der Beschwerdeführer aufzeigen, in welchen Punkten und weshalb sie aus seiner Sicht nicht tragfähig ist. Das setzt voraus, dass er den Streitstoff prüft, sichtet und rechtlich durchdringt und sich mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses befasst. An der nötigen inhaltlichen Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung fehlt es, wenn der Beschwerdeführer lediglich sein Vorbringen aus erster Instanz wiederholt oder sich mit pauschalen, formelhaften Rügen begnügt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 146 Rn. 22).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Das Verwaltungsgericht hat ausführlich begründet, dass die Antragstellerin durch die Baugenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt wird und sich insbesondere nicht auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme berufen kann. Es hat insbesondere ausgeführt‚ dass im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO die Einhaltung von Abstandsflächenbestimmungen nur bei beantragten Abweichungen geprüft wird, das Bestehen einer in Art. 5 Abs. 1 BayBO geregelten Feuerwehrzufahrt nicht vom Prüfungsumfang umfasst wird, der Eigentümer des Grundstücks der Antragstellerin im Jahr 1999 der (vormals bestehenden) Grenzbebauung zugestimmt hatte, das Grundstück der Antragstellerin für Feuerwehrfahrzeuge befahrbar ist und auch das rückwärtige Gebäude auf dem Grundstück der Beigeladenen aufgrund ihrer Firmenzufahrt im nördlichen Bereich des Grundstücks erreichbar erscheint sowie die Antragstellerin eine eingetragene Dienstbarkeit aufgrund von Art. 68 Abs. 4 BayBO gegebenenfalls auf den Zivilrechtsweg verteidigen kann.
Mit diesen Gründen setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander. Sie wiederholt vielmehr das Argument der Verbauung eines Rettungswegs durch die angefochtene Baugenehmigung‚ mit dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung begründet worden war. Die pauschale Behauptung – unter Hinweis auf die Kommentierung in Kopp/Schenke‚ VwGO‚ 22. Aufl. 2016, § 42 Rn. 98, 122 – die Fläche des Rettungswegs werde durch die Baugenehmigung „partiell nachbarschützend“ betroffen, die Baugenehmigung verletze damit das Gebot der Rücksichtnahme und vollziehe einen Eingriff in ihr Eigentumsrecht nach Art. 14 GG, lässt eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts vermissen. Welche Beeinträchtigungen seines Grundeigentums der Nachbar hinnehmen muss und wann er sich gegen ein Bauvorhaben wenden kann, richtet sich nach den Grundsätzen des Rücksichtnahmegebots. Für selbstständige Ansprüche aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG bleibt daneben kein Raum (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1991 – 4 C 5.87 – BVerwGE 89, 69).
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen‚ weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit‚ der Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten‚ weil sie einen Antrag gestellt und sich damit einen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3‚ § 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 52 Abs. 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Nummer 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).


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