Erbrecht

Amtslöschung von Bebauungsbeschränkungen

Aktenzeichen  34 Wx 340/15

Datum:
20.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2016, 822
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GBO GBO § 53 Abs. 1 S. 2, § 71 Abs. 1, § 87 lit. b

 

Leitsatz

Die Ankündigung des Grundbuchamts, ein eingetragenes Recht (Bebauungsbeschränkung) zu löschen, ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar. (amtlicher Leitsatz)

Tenor

Die Vorlageverfügung des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck – Grundbuchamt – vom 26. Oktober 2015 wird aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über die Löschung an dieses Gericht zurückgegeben.

Gründe

I. Die Beteiligte zu 2 – ein Bauträger – war seit 3.4.2013 als Eigentümerin eines Grundstücks (FlSt …) im Grundbuch (Bl. …) eingetragen. Dieses war in der Zweiten Abteilung (Nr. 1) belastet wie folgt:
Bebauungsbeschränkungen – im Gleichrang unter sich – für den
a) jeweiligen Eigentümer des FlSt. …,
b) …;
gemäß Bewilligung vom 3.5.1968, eingetragen am 19.6.1968; umgeschrieben am 6.8.1985.
Wegen des näheren Inhalts der bezeichneten Bewilligung (Bebauungsbeschränkung), einer Änderung und Erstreckung im Jahr 1969 einschließlich des Grundbuchvollzugs, der Grundbuchumschreibung im Jahr 1985 und schließlich wegen des auf Anregung der Beteiligten zu 2 eingeleiteten Verfahrens nach § 53 Abs. 1 Satz 2, hilfsweise Satz 1 GBO, wird auf den Senatsbeschluss vom 16.6.2015 (Az. 34 Wx 462/14; Gründe zu I. 1. – 3.) Bezug genommen.
Der Senat hat am 16.6.2015 im Beschwerdeverfahren auf Amtslöschung unter Aufhebung des den Antrag der Beteiligten zu 2 zurückweisenden Beschlusses entschieden:
Das Grundbuchamt wird angewiesen, über die Amtslöschung der im Grundbuch von Türkenfeld Bl. … in der Zweiten Abteilung unter lfd. Nr. 1 eingetragenen Bebauungsbeschränkungen
a) für den jeweiligen Eigentümer von FlSt. …,
b) für den Freistaat Bayern
nach Maßgabe der folgenden Gründe neu zu entscheiden.
Wegen der hierfür maßgeblichen Gründe wird ebenfalls auf den genannten Senatsbeschluss Bezug genommen (Gründe unter II.)
Die Beteiligte zu 2 hat inzwischen nach § 8 WEG das Grundstück in zwei Miteigentumsanteile jeweils verbunden mit Sondereigentum an Räumen aufgeteilt; vollzogen wurde dies im Grundbuch am 25.6.2015. Von den so gebildeten Wohneinheiten (Bl. …, Bl. …) ist eine (Bl. …) weiterveräußert und seit 28.9.2015 auf die Erwerber umgeschrieben. Auf die jeweiligen Grundbuchblätter übertragen wurden die oben genannten Baubeschränkungen (Abt. II/1: neben dem Freistaat Bayern für den „jeweiligen Eigentümer des Flst. …“ – gemeint wohl …).
Bereits zu notarieller Urkunde vom 28.4.2014 einigten sich die Beteiligte zu 2 und die Beteiligten zu 3 bis 5 als Eigentümer des herrschenden Grundstücks Flst …, dass die Bebauungsbeschränkung (an Flst …) gelöscht werden soll. Der Vollzug ist aufgeschoben, (u. a.) bis die Löschungsbewilligung des Freistaats Bayern vorliegt.
Gemäß seiner Verfügung vom 23.6.2015 beabsichtigt das Grundbuchamt nun, „unter Berücksichtigung des gutgläubigen Erwerbs die Rechte von Amts wegen zu löschen“, und hat mit Verfügungen vom 23.6., 4. und 19.8.2015 die Berechtigten aus der Dienstbarkeit angehört.
Das Landratsamt F. hat für den Beteiligten zu 1 erklärt, einer Löschung nicht zuzustimmen. Es gebe verschiedene Unstimmigkeiten mit der Grundbucheintragung und deren Verständnis; ein gutgläubig lastenfreier Erwerb des dienenden Grundstücks Flst … sei zweifelhaft. Ebenfalls ablehnend geäußert hat sich der Beteiligte zu 6, der den Betrieb einer Solaranlage auf dem Dach seines Gebäudes ohne die bezeichnete Abstandsfläche als gefährdet erachtet.
Das Grundbuchamt hat am 26.10.2015 folgende Verfügung getroffen:
Gegen die beabsichtigte Löschung des Rechts (Baubeschränkung)
a) für den jeweiligen Eigentümer von Flst …,
b) für den Freistaat Bayern
sei Rechtsmittel durch den Freistaat Bayern eingelegt worden. Der Vorgang werde deshalb wegen Beschwerde gegen die Löschungsankündigung (§ 89 GBO) an das zuständige Rechtsmittelgericht abgegeben.
Die Beteiligte zu 2 sieht auch in Kenntnis der abgegebenen Stellungnahmen die Löschungsvoraussetzungen weiter als gegeben an.
II. Eine beschwerdefähige Entscheidung liegt nicht vor. Ebenso fehlt es an einem Rechtsmittel.
1. Das Grundbuchamt ist möglicherweise davon ausgegangen, dass nach der Senatsentscheidung vom 16.6.2015 die Eintragung im Verfahren nach §§ 84 ff. GBO als gegenstandslos gelöscht werden kann. Denn die Vorlage des Rechtspflegers weist mit dem Zitat von § 89 GBO auf eine ergangene Löschungsankündigung hin. Tatsächlich hat das Grundbuchamt die Beteiligten jedoch im Verfahren nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO (siehe zu den Unterschieden OLG Karlsruhe Rpfleger 1993, 192/193) über die beabsichtigte Löschung in Kenntnis und zur Stellungnahme eine Frist gesetzt. Diese Verfügung stellt sich als eine die künftige Löschungsanordnung und die Löschung lediglich vorbereitende Maßnahme dar, um dem Gebot rechtlichen Gehörs Rechnung zu tragen; überdies wäre sie auch als formelle Löschungsankündigung – wie sie (nur) das Amtsverfahren nach § 87 Buchst. b GBO kennt – mit der Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO nicht anfechtbar (vgl. BayObLGZ 1994, 199/201; OLG Karlsruhe Rpfleger 1993, 192; Meincke in Bauer/von Oefele § 53 Rn. 116 und 118). Denn sie bildet nicht das Ergebnis einer endgültigen Entschließung des Grundbuchamts, sondern gibt nur die unter dem Vorbehalt einer nochmaligen Prüfung der Rechtslage nach Eingang der anheimgestellten Gegenäußerungen der Berechtigten ergehende vorläufige Beurteilung wieder. Die Ankündigung der Löschungsabsicht hat deshalb die Eigenschaft einer mit der Beschwerde nicht anfechtbaren vorläufigen Meinungsäußerung (Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 74), die sich den Sachargumenten des Berechtigten gegenüber weiterhin aufgeschlossen zeigt (zu allem KG JFG 10, 214/216 f.; Demharter GBO 29. Aufl. § 87 Rn. 13). Diese Sichtweise wird von § 58 FamFG bestätigt; hiernach findet die Beschwerde – von Ausnahmen wie § 18 GBO abgesehen – nur gegen Endentscheidungen statt.
2. Es liegt zudem kein Rechtsmittel vor. Das am 16.10.2015 eingegangene Schreiben des Landratsamts, auf das sich das Grundbuchamt zur Beschwerdevorlage bezieht, bildet erkennbar die Stellungnahme im Rahmen der gewährten Anhörung. Nichts spricht für die Annahme, der Inhalt der Ankündigung solle sachlich durch die übergeordnete Instanz nachgeprüft werden (BayObLGZ 1999, 330/335; Budde in Bauer/von Oefele § 73 Rn. 4; Demharter § 74 Rn. 4).
3. Der Senat weist auf Folgendes hin:
In der Entscheidung vom 16.6.2015 wird davon ausgegangen, dass die im Grundbuch Bl. 1815 unter II/1 – jetzt Bl. 2702 und Bl. 2703 je unter II/1 – ausgewiesenen Bebauungsbeschränkungen an Flurstück 246 sich als inhaltlich unzulässige Eintragung erweist, die – vorbehaltlich abweichender Erkenntnisse im Rahmen der gebotenen Anhörung – von Amts wegen zu löschen sei (Gründe zu II. 1. d – S. 7). Nach Durchführung der Anhörung ist es nach Maßgabe des Beschlusses (Tenor zu II.) Aufgabe des Grundbuchamts, über die Löschung nun selbst und abschließend unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen zu befinden. Dabei hat es die von der Senatsentscheidung ausgehende Bindungswirkung zu beachten (Budde in Bauer/von Oefele § 77 Rn. 29/30; Hügel/Kramer § 77 Rn. 66 – 71), d . h. es ist mangels abweichender, dem Senat bis zu seiner Entscheidung vom 16.6.2015 unbekannt gebliebener Erkenntnisse an die tatsächliche und rechtliche Beurteilung, die die Aufhebung trägt, gebunden (Budde in Bauer/von Oefele § 77 Rn. 30; Hügel/Kramer § 77 Rn. 71). Die Bindung bezieht sich hier auf die Rechtsansicht des Senats von der Widersprüchlichkeit der aktuell verlautbarten Eintragung mit der daraus abgeleiteten Rechtsfolge der inhaltlichen Unzulässigkeit.
4. Eine Kostenentscheidung ergeht nicht. Ein Rechtsmittelverfahren, welches durch Endentscheidung grundsätzlich gemeinsam mit einer Entscheidung über die Kosten (vgl. §§ 81 ff. FamFG) abzuschließen ist, wurde durch die unzulässige Vorlage nicht ausgelöst; deshalb besteht auch keine Kostenschuldnerschaft (vgl. § 22 GNotKG). Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten ist ebenfalls kein Raum.
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.


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