Europarecht

Abschiebung nach Portugal mangels systemischer Mängel des Asylverfahrens – Verlängerung der Überstellungsfrist

Aktenzeichen  AN 14 E 17.51100, AN 14 E 17.51101

Datum:
26.9.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 29 Abs. 1, § 34a Abs. 1 S. 1, § 77 Abs. 1
Dublin III-​VO Art. 3 Abs. 2, Art. 17 Abs. 1, Art. 29 Abs. 2 S. 2 Alt. 2

 

Leitsatz

1. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass auf Grund systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen iSd Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO für Asylsuchende in Portugal eine menschenunwürdige oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK drohen würde. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Fristenregelungen der Dublin III-​VO begründen für sich genommen keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Asylbewerber ist „flüchtig“ iSd Art. 29 Abs. 2 S. 2 Dublin III-VO bei jeder Form eines unbekannten Aufenthalts, mit der er sich vorsätzlich und unentschuldigt seiner sonst möglichen Überstellung entzieht (vgl. BayVGH BeckRS 2016, 45993). (Rn. 39 – 41) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der europarechtlich fundierte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt die Möglichkeit der Verlängerung der Überstellungsfrist, wenn der Ausländer nur für eine unerheblich kurze Zeit oder unverschuldet unangemeldet unauffindbar ist. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten der gerichtskostenfreien Verfahren.

Gründe

I.
Die Antragsteller sind irakische Staatsangehörige. Sie reisten am 23. Januar 2017 nach Deutschland ein und stellten am 3. Februar 2017 Asylantrag. Nach den vorliegenden Erkenntnissen (Eurodac-​Treffer der Kategorie 1) richtete die Antragsgegnerin am 7. Februar 2017 ein Übernahmeersuchen an Portugal, das mit Schreiben vom 7. Februar 2017 positiv beantwortet wurde im Sinne der Zuständigkeit Portugals nach Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-​VO.
Mit Bescheid vom 10. März 2017 lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag der Antragsteller ab und ordnete die Abschiebung nach Portugal an. Gegen diesen Bescheid klagten die Antragsteller am 22. März 2017. Über die Klage ist noch nicht entschieden. Die Kläger und Antragsteller begründeten ihre Klage im Wesentlichen mit der Verfolgung als Christen im Irak.
Am 3. August 2017 teilte die Antragsgegnerin Portugal mit, dass die Antragsteller flüchtig sind, und an die Zentrale Ausländerbehörde, dass die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-​VO bis zum 7. August 2018 verlängert wird. Denn am 3. August 2017 fand um 6.30 Uhr morgens ein Abschiebeversuch statt, der mangels Anwesenheit und Auffindbarkeit der Antragsteller scheiterte. Die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller legten mit Schriftsatz vom 11. August 2017 eine „eidesstattliche Versicherung“ des Antragstellers zu 1) vor, wonach die Angaben in ihrem Schriftsatz vom 10. August 2017 zutreffend sind. In letzterem Schriftsatz ist wiedergegeben, dass am 3. August 2017 ein Abschiebeversuch unternommen worden war, bei dem die Antragstellerfamilie nicht angetroffen wurde. Die Familie habe bei Freunden in … übernachtet und am 3. August um 8 Uhr einen Termin bei der Caritas gehabt.
Der Caritas-​Sozialberater, Herr …, hat versichert, dass die Familie der Antragsteller am 3. August 2017 vormittags bei ihm war, ebenso, dass er zusammen mit den Antragstellern am 7. August 2017 einen Termin beim zuständigen Sozialamt wahrgenommen hat.
Daher haben die Antragsteller, die laut Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten u.a. vom 21. August 2017 „hin und wieder“, auch in der Nacht vom 3. auf den 4. August 2017, bei Freunden übernachtet haben, behauptet, nicht flüchtig gewesen zu sein, so dass die 6-​monatige Überstellungsfrist abgelaufen sei.
Die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller haben mit Schriftsatz vom 20. September 2017 vorgetragen, dass sich die Antragsteller noch am 2. August 2017 abends in der Unterkunft aufgehalten haben, unter Verweis auf eine Stellungnahme des Sicherheitsdienstes vom 19. September 2017, derzufolge sich am 3. August 2017 noch persönliche Sachen in der Unterkunft befanden. Der Antragsteller zu 1.) hat sich mit eidesstattlicher Versicherung vom 4. September 2017 dahingehend geäußert, dass er am 2. August 2017 spätabends von seiner Cousine nach … abgeholt worden sei (sieben km von der Unterkunft entfernt). Zuletzt haben die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller mit Schriftsatz vom 25. September 2017 darauf verwiesen, dass der stellvertretende Objekteiter, Herr …, mitgeteilt hat, dass im Zimmer der Antragsteller am 3. August 2017 zwar keine Personen anzutreffen waren, sowie dass das Zimmer voller Einrichtungsgegenstände war. Die Antragsteller hätten die Nacht zum 3. August 2017 nicht in der Unterkunft verbracht, seien aber hierzu auch nicht verpflichtet.
Die Antragsteller haben mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 10. August 2017, bei Gericht eingegangen am 10. August 2017, beantragt,
1.im Wege der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. März 2017 aufzuheben, sowie
2.im Wege der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin zu verpflichten, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass keine weiteren Abschiebeversuche unternommen werden.
Die Beklagte hat sinngemäß mit Schriftsatz vom 11. September 2017 beantragt, die Anträge abzulehnen.
Im Übrigen wird auf den Akteninhalt und die zahlreichen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben keinen Erfolg.
1. Das Verwaltungsgericht Ansbach ist, auch wenn die Antragsteller im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ihren Aufenthalt in … zu nehmen haben, örtlich zuständig, da die Antragsteller im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung und Eilantragstellung (vgl. Kopp/Schen-​ke, VwGO, 23. Auflage, Rn. 11 zu § 52, unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 28.07.1997 – 9 AV 3.97, juris) ihren Aufenthalt in Zirndorf, also im Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts Ansbach zu nehmen gehabt haben (§ 52 Nr. 2 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung – AGVwGO – i.V.m. § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG). Es handelt sich um eine Streitigkeit nach dem Asylgesetz i.S.v. § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO.
1.1. Der Antrag zu 1.) nach § 123 VwGO ist nicht statthaft, da gegen den Verwaltungsakt vom 10. März 2017 im Wege der Anfechtungsklage vorgegangen wird (und werden muss, vgl. § 113 Abs. 5 VwGO; isolierte Anfechtungsklage) und – fristgerecht – vorgegangen wurde.
Die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig und die Anordnung der Abschiebung sind Verwaltungsakte i.S.v. § 35 Satz 1 VwVfG, ebenso die Feststellung, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen (sog. regelnde Feststellung). Eine Verpflichtungsklage im Sinn eines Bescheidungsurteils nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO kommt hier also nicht in Betracht (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2014 – 13a B 13.30295, juris).
1.2. Falls der Antrag zu 1.) gemäß § 88 VwGO dahingehend ausgelegt werden könnte, dass ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gestellt werden sollte, wäre dieser Antrag (vom 10. August 2017) wegen § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG verfristet (Frist von einer Woche). Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO wiederum ist nicht statthaft. Gemäß § 123 Abs. 5 VwGO ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in den Fällen der §§ 80 und 80a VwGO ausgeschlossen. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO anordnen. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG hat eine Anfechtungsklage gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung. Nach § 34a Abs. 2 AsylVfG ist in diesem Fall vielmehr ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bzw. § 80 Abs. 7 VwGO der statthafte Rechtsbehelf. Vorliegend richtet sich die Klage in der Hauptsache gegen die im Bescheid des Bundesamtes vom 10. März 2017 in Ziffer 3 enthaltene Abschiebungsanordnung. Vorläufiger Rechtsschutz wird in diesem Fall nach § 80 Abs. 5 VwGO bzw. gemäß § 80 Abs. 7 VwGO gewährt, weshalb ein Antrag nach § 123 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 VwGO unstatthaft ist. Ein – fristgerechter – Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wurde jedoch nicht gestellt.
2. Der Antrag zu 1.) ist jedenfalls unbegründet.
2.1. Die im Bescheid vom 10. März 2017 enthaltene und sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift hat das Bundesamt unter anderem dann eine Abschiebungsanordnung zu erlassen, wenn der Ausländer in den für die Durchführung des Asylverfahrens nach der Dublin III-​VO zuständigen Staat abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
2.2. Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin in Nummer 1) des angefochtenen Bescheids den Asylantrag der Antragsteller gemäß § 29 Abs. 1 AsylG zu Recht als unzulässig abgelehnt, da nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft Portugal für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragsteller zuständig ist.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Abl. L 180 v. 19. Juni 2013, S.31; Dublin III VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die – wie hier – nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.
Die Antragsgegnerin ist zutreffend davon ausgegangen, dass Portugal der zuständige Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragsteller ist.
Es liegen auch keine Umstände vor, die die Zuständigkeit Portugals in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-​Verordnungen entfallen ließen. Besondere Umstände, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-​VO durch die Bundesrepublik Deutschland führen würden, sind seitens der Antragsteller weder konkret vorgetragen noch ersichtlich. Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C 4 11/10 und C 493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer ernsthaften und durch Tatsachen bestätigten Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 Grundrechtscharta bzw. Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Ein Asylbewerber kann der Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat mithin nur mit dem Einwand sogenannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten (so grundsätzlich EUGH, U.v. 10.12.2013, RS: 10-​394/12, juris). So bestimmt Art. 3 Abs. 2 Dublin III-​VO, dass im Falle systemischer Schwachstellen in einem Mitgliedsstaat für den Fall, dass keine anderen zuständigen Staaten gefunden werden können, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat der zuständige Mitgliedsstaat wird. An die Feststellung systemischer Mängel sind hohe Anforderungen zu stellen. Einzelne Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Art. 3 EMRK der zuständigen Mitgliedstaaten genügen hierfür nicht. Von systemischen Mängeln ist vielmehr erst dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 -, juris; B.v. 6.6.2014, 10 B 25/14, juris).
Hiervon ausgehend bestehen nach dem der Kammer vorliegenden Erkenntnismaterial im gegenwärtigen Zeitpunkt (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) keine Anhaltspunkte dafür, dass den Antragstellern im Falle ihrer Rücküberstellung nach Portugal auf Grund dort vorhandener systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber eine menschenunwürdige oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-​Grundrechtecharta (GRCh) bzw. Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) drohen würde. Die Antragsteller haben keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die auf systemische Mängel bzw. Schwachstellen im Asylverfahren in Portugal schließen lassen, von denen sie individuell betroffen sein könnten. Solche sind dem Gericht auch nicht bekannt. Die Verneinung systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Portugal entspricht zudem der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Menschengerichtshofs.
Es ergeben sich keine Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Portugal (vgl. statt vieler VG Minden, B.v. 13.08.2015 – 10 L 614/15.A, juris). Fehler im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung noch nicht in Frage. Auch wenn die sozialen und medizinischen Bedingungen in Portugal aufgrund der dort herrschenden Wirtschaftssituation schlechter sein sollten als in Deutschland, genügt es, dass Portugal die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern wahrt, denn einzeln auftretende Missstände begründen noch keine systemischen Mängel. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat ausgeführt, dass die Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche oder soziale Situation schlechter ist als im überstellenden Vertragsstaat, nicht hinreichend ist, um die Schwelle der unmenschlichen Behandlung (Art. 3 EMRK) zu überschreiten (EGMR, B.v. 2.4.2013 – 27725/10, juris sowie B.v.18.6.2013 – 53852/11, juris). Auch die Argumentation, die ärztliche Versorgung in Deutschland sei besser als in Portugal, begründete mithin keinen systemischen Mangel.
Ergänzend wird hierzu auf die ausführliche Begründung des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamtes vom 10. März 2017 Bezug genommen.
2.3. Anhaltspunkte für das Vorliegen außergewöhnlicher humanitärer Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-​VO auszuüben, sind nicht gegeben. Auch einen Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland gem. Art. 17 Abs. 2 Dublin III-​VO aus humanitären Gründen hat das Bundesamt ermessensfehlerfrei abgelehnt. Dass der Antragsteller zu 3) Augen-​, Atem- und Herzprobleme aufweist, wurde nicht genügend substantiiert vorgetragen. Es fehlt auch ein fachärztliches Attest. Es bestehen seitens des Gerichts keine Bedenken, dass die vorgetragenen Krankheiten auch in Portugal behandlungsfähig sind. Reiseunfähigkeit ist erst recht nicht erkennbar. Die vorgetragenen Umstände der Unterbringung in Portugal genügen ebenso wenig, um ein Abschiebeverbot zu begründen. Dass die Mutter und die volljährigen Geschwister sowie Onkel des Antragstellers zu 1) und der Bruder der Antragstellerin zu 2) in Deutschland leben, ist unbehelflich, da diese keine Angehörigen im Sinne von Art. 2 lit. g Dublin III-​VO sind. Die – durchaus aufschlussreiche – Darstellung der Verfolgung als Christen im Irak ist hier im Dublin-​Verfahren nicht relevant, weil es nur um die Ermittlung des für das Asylverfahren der Antragsteller zuständigen Mitgliedstaates geht.
2.4. Weiter kann aus dem Umstand, dass die Antragsteller zu 1.) und 2.) im Rahmen ihrer Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nur zum Reiseweg, sondern ausführlich auch zu den Gründen ihres Schutzbegehrens befragt worden sind, nicht schon gefolgert werden, dass die Beklagte bereits von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 VO (EG) 343/2003 Gebrauch gemacht hat (a.A.: VG Hamburg, B.v. 20.8.2008 – 8 AE 365/09, juris). Gerade angesichts der Unwägbarkeiten des Dublin-​Systems erscheint es zweckmäßig, die Asylbewerber zeitnah nach ihrer Einreise vorsorglich auch zu den Asylgründen anzuhören. Es erscheint übertrieben, bereits hierin die Ausübung des Selbsteintrittsrechts zu sehen, auch wenn dabei § 25 AsylG zitiert wird. Vielmehr ist dafür die Abgabe einer bindenden, zweifelsfreien Willenserklärung erforderlich (vgl. VG Regensburg, Gerichtsbescheid v. 26.2.2013 – 9 K 11.30445, juris).
Denn ob eine Anhörung der Asylbewerber zu den Gründen der Verfolgungsfurcht bereits hinreichend zweifelsfrei die Ausübung des Selbsteintrittsrecht zum Ausdruck bringt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend kommt es dabei auf alle die Anhörung begleitenden Umstände an. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Verfahrens kommt vorliegend durch die Anhörung der Antragsteller zu ihrem Verfolgungsschicksal nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen wollte.
Dies gilt zumal dann, wenn das Bundesamt, wie hier, den Vorgang im Anschluss an die Anhörung nicht sachlich weiter bearbeitet, sondern unmittelbar die Rückübernahme durch den nach der Dublin III-​VO zuständigen Mitgliedsstaat in die Wege geleitet hat (s. hierzu auch BayVGH, B.v. 3.3.2010 – 15 ZB 10.30005 – juris, Rn. 5). Die Anhörung diente ausschließlich der ordnungsgemäßen Abwicklung eines aus damaliger Sicht noch möglicherweise durchzuführenden Asylverfahrens im Bundesgebiet, bietet jedoch keinen Anlass, von einer Ausübung des Selbsteintrittsrechts auszugehen.
2.5. Die (zunächst 6-​monatige) Überstellungsfrist ist zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht abgelaufen. Denn die Antragsgegnerin hat von der Möglichkeit gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-​VO Gebrauch gemacht. Danach kann die Überstellungsfrist auf höchstens 18 Monate verlängert werden, wenn die betreffende Person flüchtig ist.
Die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller haben ausführlich dargelegt, dass die Antragsteller Kontakte und Termine mit Caritas (und Sozialamt) wahrgenommen haben, und die Gründe ihrer Abwesenheit am 3. August 2017 erläutert. Aber der Umstand, dass die Antragsteller im relevanten Zeitpunkt, und zwar am 3. August um 6.30 Uhr morgens, unangemeldet abwesend gewesen waren, steht fest (Schreiben der Polizeiinspektion … vom 3. August 2017). Die Fachabteilung der Beklagten in Dortmund gibt nach einer Recherche bei der Unterkunftsleitung in … mit Aktenvermerk vom 11. September 2017 zu bedenken, dass sich die Antragsteller mehrere Tage nicht in der Unterkunft aufhielten und am 3. August 2017 um 6 Uhr bereits nicht angetroffen werden konnten. Zum Zeitpunkt der versuchten Überstellung am 3. August 2017 waren die Antragsteller für die Behörden also nicht auffindbar. Im fraglichen Zeitrahmen galt die Zuweisung an die genannte Unterkunft in …, in der die Antragsteller nicht anwesend waren. Die zuständige Zentrale Ausländerbehörde schrieb am 3. August 2017 an die Beklagte, dass sich in der Unterkunft keine Sachen der Antragsteller mehr befunden haben. Die Antragsteller räumten selbst ein, hin und wieder bei Freunden übernachtet zu haben.
Im Lichte von Sinn und Zweck der Vorschrift des Art. 29 Abs. 2 Satz 2, Alt. 2 Dublin III-​VO konnte die Verlängerung der Überstellungfrist durch die Antragsgegnerin erfolgen, weil dadurch vermieden wird (und werden soll), dass sich der Zuständigkeitsübergang durch pflichtwidriges Tun oder Unterlassen vollzieht.
Die Fristenregelungen der Dublin III-​VO begründen zwar für sich genommen keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers. Die Antragsteller haben aber aus dem materiellen Asylrecht nach inzwischen gefestigter Meinung einen Anspruch darauf, dass der nach der Dublin III-​VO zuständige Staat das Asylverfahren durchführt (vgl. noch zur Dublin II-​VO Berlit, jurisPR-​BVerwG 12/2014, Anm. 3, wonach der Asylbewerber kein umfassendes subjektiv-​öffentliches Recht auf eine Überprüfung hat, ob der zur Aufnahme bereite Mitgliedstaat tatsächlich nach objektivem Recht der nach dem Zuständigkeitsregime der Dublin II-​VO auch zuständige Mitgliedstaat ist oder ob nicht zwischenzeitlich ein anderer Mitgliedstaat zuständig geworden ist). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der an sich unzuständige Mitgliedstaat (hier: Deutschland) den Asylbewerber aufnimmt und das Asylverfahren durchführt (Selbsteintrittsrecht). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
Wie erwähnt, begründen die Bestimmungen der Dublin III-​VO grundsätzlich keine subjektiven Rechten des Schutzsuchenden. Sie erfüllen nur den Zweck der internen Verteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedsstaaten. Wenn allerdings hier die Überstellungsfrist abgelaufen wäre und der ursprünglich zuständige Mitgliedsstaat nicht mehr zur Übernahme bereit wäre, bestünde für das Asylverfahren die Zuständigkeit der Beklagten. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens wäre dann notwendiger Inhalt des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem nunmehr zuständigen Staat.
Die Antragsgegnerin hat aber von der Möglichkeit der Verlängerung der Überstellungsfrist am 3. August 2017 Gebrauch gemacht. Dabei ist dies – und das genügt mangels entgegenstehenden Unionsrechts – dadurch dokumentiert, dass die Antragsgegnerin am 3. August 2017 Portugal mitgeteilt hat, dass die Antragsteller flüchtig sind, und an die Zentrale Ausländerbehörde, dass die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-​VO bis zum 7. August 2018 verlängert wird, und zwar innerhalb des Laufs der zunächst geltenden 6-​monatigen Überstellungsfrist. Die Antragsgegnerin hat Portugal über die Flüchtigkeit der Antragsteller und die daraus folgende Unmöglichkeit der Überstellung informiert. Das Erfordernis der Information des Zielstaates vor Ablauf der Überstellungsfrist folgt aus Art. 9 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 in der Fassung von Art. 1 Nr. 5 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 i.V.m. Art. 29 Abs. 4 Dublin III-​VO. Dem hat die Antragsgegnerin mit ihrem Schreiben an die polnischen Behörden genügt. Darin liegt auch eine – jedenfalls konkludente getroffene – nach dem Wortlaut von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-​VO („Die Frist […] kann verlängert werden […]“) erforderliche Entscheidung der Antragsgegnerin über die Fristverlängerung (vgl. zur Notwendigkeit einer Entscheidung der Antragsgegnerin über die Fristverlängerung VG Dresden, U.v. 12.06.2015 – 7 K 2951/14.A, juris). Nach der VO (EU) Nr. 118/2014 vom 30. Januar 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 erhielt Artikel 9 Absatz 2 folgende Fassung: „(2) Ein Mitgliedstaat, der aus einem der in Artikel 29 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 genannten Gründe die Überstellung nicht innerhalb der üblichen Frist von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Annahme des Gesuchs um Aufnahme oder Wiederaufnahme der betroffenen Person oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese aufschiebende Wirkung hat, vornehmen kann, unterrichtet den zuständigen Mitgliedstaat darüber vor Ablauf dieser Frist. Ansonsten fallen die Zuständigkeit für die Behandlung des Antrags auf internationalen Schutz bzw. die sonstigen Verpflichtungen aus der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gemäß Artikel 29 Absatz 2 der genannten Verordnung dem ersuchenden Mitgliedstaat zu.“ Einen Verwaltungsakt mit Außenwirkung gegenüber den Antragstellern stellt die Verlängerung der Überstellungsfrist nach einhelliger Rechtsauffassung nicht dar. Im Übrigen hat die Regelung zur Überstellungsfrist in der Dublin III-​VO wie erwähnt nicht den Normzweck, Asylbewerber zu schützen, sondern nur den Zweck, die Zuständigkeit unter den Mitgliedstaaten der Dublin III-​VO zu regeln. Freilich hat der Antragsteller aber das subjektiv-​öffentliche Recht, sein Asylverfahren in dem zuständigen Mitgliedstaat durchführen zu lassen.
Es kann dahinstehen, ob Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 Dublin III-​VO die Befugnis verleiht, die Höchstdauer der Verlängerung der Überstellungsfrist stets auszuschöpfen. Da hier nämlich die Frist im Zeitpunkt der Unauffindbarkeit verlängert wurde, ist dies nicht fehlerhaft, zumal diese Frist nur einmal (aufgrund eines Fluchttatbestandes) verlängerungsfähig ist. Aus letzterem Grund ist auch aus keiner unionsrechtlichen Vorschrift die Pflicht der Beklagten zu erkennen, nach dem Wiederauftauchen der Antragsteller die rechtskonform verlängerte Frist zu begrenzen.
Die Antragsteller können sich mithin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Frist des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-​VO von 6 Monaten abgelaufen ist.
Denn ein Asylbewerber ist bereits dann „flüchtig“, wenn er sich seiner sonst möglichen Überstellung durch sein Nichtdasein bewusst entzieht. „Erforderlich ist nicht, dass er seine Wohnung (dauerhaft) verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch dem Zugriff der Behörden entzieht. Die Formulierung ‚flüchtig ist‘ knüpft nämlich an die ‚Überstellung‘ an. In einem solchen Fall hat nicht der Mitgliedstaat, sondern der Asylbewerber den Ablauf der Frist zu vertreten“ (vgl. VG Regensburg, U.v. 20.2.2015 – RN 3 K 14.50264, juris, sowie VG Magdeburg, B.v. 11.12.2014 Az. 1 B 1196/14 m.w.N., juris).
Dies gilt insbesondere im Betrachte des § 10 Abs. 1 AsylG, über den die Antragsteller belehrt wurden, wonach der Asylbewerber („Ausländer“) während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen hat, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können. Ein Asylbewerber gilt als „flüchtig“ im Sinne von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-​VO bei jeder Form eines unbekannten Aufenthalts, mit der er sich vorsätzlich und unentschuldigt seiner Abschiebung entzieht (BayVGH, B.v. 29.4.2016 – 11 ZB 16.50024, juris). Dieses subjektive Moment im Sinne eines dolus eventualis ergibt sich aus dem Wort „flüchtig“, das eben mehr voraussetzt als nur „abwesend“ oder “nicht erreichbar“, aber die Inkaufnahme einer vergeblichen Abschiebung genügen lässt.
Im vorliegenden Fall sollten die Antragsteller am 3. August 2017 nach Portugal abgeschoben werden. Dieser Überstellung entzogen sie sich faktisch, zumindest mit bedingtem Vorsatz, durch ihre zeitweise ungeklärte Abwesenheit, denn es erfolgte weder Abmeldung noch Nachricht über den Ort, an dem sie sich aufhalten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob den Antragstellern die bevorstehende Abschiebung bekannt war oder nicht. Denn sie mussten jedenfalls mit einer Überstellung nach Portugal rechnen, insbesondere in diesem Fall, nämlich wenige Tage vor Ablauf der 6-​monatigen Überstellungsfrist.
Eine Stellungnahme des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages bringt es auf den Punkt: „Eine Verlängerung, weil der Asylbewerber flüchtig ist, ist dann möglich, wenn ein Überstellungsverfahren bereits gescheitert oder aussichtlos ist, weil die Person ohne Verschulden der Behörden nicht auffindbar ist oder rechtmäßigen Anordnungen, ihren Aufenthaltsort mitzuteilen oder sonstigen Pflichten zur Mitwirkung an einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht nachkommt“ (wiss. Dienst des BT, AZ: WD 3 – 3000 – 115/15, vgl. auch Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Anm. 49 zu § 29 AsylG).
Ebenso urteilte das VG Schwerin (B.v. 24.08.2016, 3 B 2176/16 As SN, juris): „…hat die Antragsgegnerin am 7.6.2016 vor Ablauf der Überstellungsfrist am 10.6.2016 einen Überstellungsversuch unternommen, dem sich der Antragsteller in zurechenbarer Weise entzogen hat mit der Folge, dass er als flüchtig im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-​VO anzusehen war…Unter ‚flüchtig‘ sind alle Sachverhalte zu subsumieren, in denen der Antragsteller aus von diesem zu vertretenden Gründen für die Behörden des die Überstellung durchführen wollenden Staates nicht auffindbar ist oder sonst wie das Verfahren absichtlich behindert (Filzwieser/Sprung, Dublin III-​Verordnung, Stand: 1.2.2014, Art. 29 K12 m.w.N.). Erforderlich ist nicht, dass er seine Wohnung dauerhaft verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch den Zugriff der Behörden entzieht. Die Formulierung ‚flüchtig ist‘ knüpft nämlich an die ‚Überstellung‘ an. In einem solchen Fall hat nicht der Mitgliedstaat, sondern der Asylbewerber den Ablauf der Frist zu vertreten (vgl. VG Regensburg, U.v. 20.2.2015 – RN 3 K 14.50264 – Rn. 54 ff., juris m.w.N.).“
Ähnlich judiziert das Verwaltungsgericht Greifswald (U.v. 16.12.2016 – 3 A 231/16 As HGW, juris sowie Gerichtsbescheid v. 31.5.2016 – 3 A 256/16 As HGW, juris): „Flüchtig … ist eine Person dann, wenn sie über einen erheblichen Zeitraum hinweg aus von ihr zu vertretenden Gründen nicht auffindbar ist.“
Im vorliegenden Fall hatten die Antragsteller ihre Unauffindbarkeit (und diese nicht nur über eine kurze Zeitspanne, etwa zum Einkaufen oder Abendbummel) auch zu vertreten: Sie hatten selbst vorgetragen, dass sie sich hin und wieder bei Freunden aufhalten und nichts dazu geäußert, woraus sich ergibt, dass auch der Beklagten oder der zuständigen Ausländerbehörde bzw. der Unterkunftsleitung ihr Aufenthaltsort bekannt gewesen ist.
Zwar trugen die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller mit Schriftsatz vom 20. September 2017 vor, dass sich die Antragsteller noch am 2. August 201 abends in der Unterkunft aufhielten und verwiesen auf eine Stellungnahme des Sicherheitsdienstes vom 19. September, demzufolge sich am 3. August 2017 noch persönliche Sachen in der Unterkunft befanden. Der Antragsteller zu 1.) äußert sich mit eidesstattlicher Versicherung vom 4. September 2017, dass er am 2. August 2017 spätabends von seiner Cousine nach … abgeholt worden ist (dies ist nur 7 km entfernt von der Unterkunft). Laut Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 20. September 2017 ist die Unterkunft in der … wiederum 5 km von der Caritas-​Beratungsstelle entfernt, bei der am 3. August 2017 ein Termin wahrgenommen wurde. Es ist mangels einer Abmeldung der Antragsteller nicht nachvollziehbar, wenn zwischen 6.00 Uhr und 6.30 Uhr morgens die Antragsteller in ihrer zugewiesenen Unterkunft nicht anwesend sind. Ein Auszug aus der Unterkunft, also ein „Untertauchen“, ist aufgrund der schlüssigen Vorbringens im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 20. September 2017 samt Anlagen zwar nicht anzunehmen, aber auch gar nicht erforderlich zur Annahme von „Flüchtigkeit“. Auch das wiederholte Sich-​Entfernen von der Unterkunft ohne Abmeldung wie hier genügt, um eben zu verhindern, dass die Beklagte 6 Monate ununterbrochen zur Verfügung hat, um die Abschiebung zu planen, vorzubereiten und durchzuführen.
Die hier ausgeführten Grundsätze müssen übrigens auch unabhängig davon gelten, ob ein Überstellungsversuch – wie hier – konkret stattgefunden hat oder nicht. Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-​VO kommt es bei der 2. Alternative nicht darauf an, ob ein Abschiebungsversuch unternommen wurde: „Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.“ Es ist dem betreffenden abschiebewilligen Mitgliedstaat, so die ratio dieser unionsrechtlichen Vorschrift, nicht zuzumuten, mit ständigen Unwägbarkeiten zu rechnen, sondern ihm soll die 6-​monatige Überstellungsfrist ununterbrochen zur Verfügung stehen (vgl. EuGH, U.v. 29.1.2009 – C-​19/08, Petrosian – Rn. 43 ff.), um die Überstellung in Abstimmung mit dem zuständigen Mitgliedstaat vernünftig und für den Asylbewerber sozialverträglich zu organisieren. Dieser Wertung entspricht auch die gängige Rechtsprechung, dass durch einen Eilantrag und Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts die 6-​Monatsfrist zur Überstellung unterbrochen wird. Die Überstellungsfrist beginnt mithin ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe eines ablehnenden Eilbeschlusses vollständig neu zu laufen (BVerwG, B.v. 27.4.2016 – 1 C 22.15 – und U.v. 26.5.2016 – 1 C15.15 – juris; OVG NRW – B.v. 7.7.2016 – 13 A 2302/15.A -, juris).
Freilich begrenzt der auch europarechtlich fundierte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. statt vieler EuGH, U.v. 11.7.1989, C-​265/87, Slg. 1989, 2237, zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts) die Möglichkeit der Verlängerung der Überstellungsfrist: ist der Ausländer nur für eine unerheblich kurze Zeit oder unverschuldet unangemeldet unauffindbar (Einkauf, sonstige private Erledigung, Arztbesuch, Unfall), ist selbstverständlich nicht von Flüchtigkeit auszugehen. Bei der hier streitgegenständlichen Zeitspanne des Fernbleibens verhält es sich jedoch anders.
Die Verlängerung der Überstellungsfrist war also rechtlich korrekt, da die Antragsteller a.) für eine nicht unerheblich kurze Zeit unentschuldigt und ohne Abmeldung unauffindbar waren und b.) dies dem Bundesamt bekannt wurde.
3. Nach dem Gesagten ist der Antrag zu 2.) folgerichtig zumindest unbegründet, so dass sich weitere Ausführungen zur Zulässigkeit erübrigen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG)


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