Europarecht

Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer

Aktenzeichen  6 K 821/17

Datum:
30.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 153027
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
KraftStG § 3 Nr. 5
PBefG § 1 Abs. 1 S. 1
SGB V § 60 Abs. 2 Nr. 4, § 73 Abs. 2 S. 1 Nr. 7

 

Leitsatz

Tenor

1. Der KFZ-Steuerbescheid vom 29.12.2016 und die Einspruchsentscheidung vom 24.05.2017 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen K werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, das Fahrzeug ab 07.11.2016 von der KFZ-Steuer zu befreien.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Der Kfz-Steuerbescheid vom 29.12.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.05.2017 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen K ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO).
Für das Fahrzeug K ist eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG zu gewähren.
Das Klagebegehren des Klägers auf Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer wird im Rahmen einer zulässigen Anfechtungsklage gegen den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 29.12.2016 geltend gemacht.
Die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer ist nicht einem selbständig neben die Kraftfahrzeugsteuererhebung tretenden Steuerbefreiungsverfahren vorbehalten, sondern eine rechtlich unselbständige Vorentscheidung im Rahmen der Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung; der Kraftfahrzeugsteuerbescheid ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen des § 3 Nr. 5 KraftStG erfüllt sind (vgl. BFH-Urteil vom 12.06.2012 VII R 40/11, BStBl II 2012, 797 m.w.N.).
Der Ausspruch des Senats ist in diesem Sinne als Festlegung des Vorliegens der Voraussetzung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG zu sehen.
Von der Steuer befreit ist nach § 3 Nr. 5 S. 1 bis 3 KraftStG das Halten von Fahrzeugen, solange sie ausschließlich im Feuerwehrdienst, im Katastrophenschutz, für Zwecke des zivilen Luftschutzes, bei Unglücksfällen, im Rettungsdienst oder zur Krankenbeförderung verwendet werden. Voraussetzung ist, dass die Fahrzeuge äußerlich als für diese Zwecke bestimmt erkennbar sind. Bei Fahrzeugen, die nicht für den Bund, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband oder einen Zweckverband zugelassen sind, ist außerdem Voraussetzung, dass sie nach ihrer Bauart und Einrichtung den bezeichneten Verwendungszwecken angepasst sind.
Die Beförderung von Kranken und Behinderten im Patientenfahrdienst des Klägers ist nach § 3 Nr. 5 S. 1 KraftStG als „Krankenbeförderung“ begünstigt.
Die „Krankenbeförderung“ als Tatbestand des heutigen § 3 Nr. 5 S. 1 KraftStG hat sich legislativ wie folgt entwickelt.
Im KraftStG 1955 wird die Krankenbeförderung durch Gebietskörperschaften erstmals genannt; für die private Krankenbeförderung besteht eine Erlassmöglichkeit nach der Durchführungsverordnung.
Nach § 2 Nr. 1 KraftStG in der Fassung vom 30.06.1955 (KraftStG 1955, BGBl I 1955, 417) ist von der Steuer befreit das Halten von Kraftfahrzeugen, solange sie für den Bund, ein Land oder eine Gemeinde zugelassen sind und ausschließlich im Feuerlöschdienst, zur Krankenbeförderung, zum Wegebau oder zur Straßenreinigung verwendet werden.
Nach § 34 Abs. 1 Durchführungsverordnung zum Kraftfahrzeugsteuergesetz in der Fassung vom 12.07.1955 (KraftStDV 1955, BGBl I 1955, 423) kann für Feuerwehr- und Krankenfahrzeuge, die nicht für den Bund, ein Land oder eine Gemeinde zugelassen sind (§ 2 Nr. 1 des Gesetzes), die Steuer auf Antrag erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass die Fahrzeuge der Allgemeinheit unentgeltlich oder lediglich gegen Ersatz der Selbstkosten zur Verfügung gestellt werden. Als Kranken- und Feuerwehrfahrzeuge im Sinne des Abs. 1 sind nur solche Kraftfahrzeuge anzusehen, die nach ihrer Bauart und Einrichtung dem Verwendungszweck der Krankenbeförderung oder des Feuerwehrdienstes angepasst sind (§ 34 Abs. 2 KraftStDV 1955).
Die „allgemeine“ Aufnahme in einen gesetzlichen Befreiungstatbestand erfolgte mit KraftStG 1961.
Nach § 2 Nr. 4 KraftStG in der Fassung vom 02.01.1961 (KraftStG 1961, BGBl I 1961, 2) ist von der Steuer befreit das Halten von Kraftfahrzeugen, solange sie ausschließlich im Feuerwehrdienst, im Katastrophenschutz, für Zwecke des zivilen Luftschutzes, bei Unglücksfällen oder zur Krankenbeförderung verwendet werden. Voraussetzung ist, dass die Fahrzeuge äußerlich als für diese Zwecke bestimmt erkennbar sind. Bei Fahrzeugen, die nicht für den Bund, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband oder einen Zweckverband zugelassen sind, ist außerdem Voraussetzung, dass sie nach ihrer Bauart und ihren besonderen, mit ihnen fest verbundenen Einrichtungen nur für die bezeichneten Verwendungszwecke geeignet und bestimmt sind.
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf (BTDrucks 3. Wahlperiode 1621) vom 13.02.1960 soll § 2 Nr. 4 KraftStG die in § 34 KraftStDV enthaltene Vorschrift über den Steuererlass für Feuerwehr- und Krankenfahrzeuge privater Eigentümer ersetzen. Den Fahrzeugen, die ausschließlich im Feuerwehrdienst oder zur Krankenbeförderung verwendet werden, sollen künftig die ausschließlich im Katastrophenschutz, für Zwecke des zivilen Luftschutzes oder bei Unglücksfällen verwendeten Fahrzeuge gleichstehen. Die äußerliche Erkennbarkeit soll wie bei den in dem [§ 2] Nrn. 2 und 3 bezeichneten Fahrzeugen auch hier Voraussetzung für die Steuerbefreiung sein. Bei den nicht für inländische Gebietskörperschaften zugelassenen Fahrzeugen soll darüber hinaus die Steuerbefreiung der bisherigen Regelung entsprechend auf Spezialfahrzeuge beschränkt werden. Aus dem Bericht des Finanzausschusses (BTDrucks 3. Wahlperiode 2178) ergibt sich hierzu keine Änderung.
Die Formulierung „im Rettungsdienst“ wurde (erst) 1964 in das KraftStG aufgenommen.
Durch Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 17.03.1964 (BGBl I 1964, 145) wurden in § 2 Nr. 4 KraftStG 1961 die Worte „im Rettungsdienst“ eingefügt. Satz 3 erhielt die Fassung: Bei Fahrzeugen, die nicht für den Bund, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband oder einen Zweckverband zugelassen sind, ist außerdem Voraussetzung, dass sie nach ihrer Bauart und Einrichtung den bezeichneten Verwendungszwecken angepasst sind.
Auf Vorschlag des Finanzausschusses (BTDrucks IV/1281) sollte die neue Vergünstigung nicht, wie im Gesetzentwurf Drucksache IV/1208 vorgesehen, auf Fahrzeuge des Bergrettungsdienstes beschränkt sein, sondern wegen der bei anderen Rettungsdiensten durchaus ähnlichen Verhältnisse ganz allgemein für den Rettungsdienst gelten.
Nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz in der Fassung vom 01.12.1972 (KraftStG 1972, BGBl I 1979, 2210) gilt § 2 Nr. 4 KraftStG unverändert fort.
Durch Kraftfahrzeugsteuergesetz in der Fassung vom 01.02.1979 (KraftStG 1979, BGBl I 1979, 132) wurde die bisherige Regelung inhaltlich unverändert in § 3 Nr. 5 KraftStG 1979 übernommen.
Seitdem gilt sie ohne Änderung fort.
Aus der Rechtsprechung ergibt sich für den Tatbestand des § 3 Nr. 5 KraftStG – soweit für die Konstellation des Streitfalls von Bedeutung – folgende Anwendung.
Nach BFH-Urteil vom 07.11.1989 VII R 115/87, BStBl II 1990, 251, steht es bei einem als Krankenkraftwagen (Erste-Hilfe-Wagen) anerkannten, zum Kranken- und Behindertentransport dienenden Fahrzeug, das äußerlich mit dem Symbol des Roten Kreuzes, verbunden mit dem Zusatz „Kreisverband …“, versehen war, der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung nicht entgegen, wenn die Verwendung des Fahrzeugs mit der entsprechenden Kennzeichnung verkehrsrechtlich nicht zugelassen ist, ein Krankenfahrzeug aber als solches äußerlich erkennbar (hier: Kennzeichnung mit Rotkreuz-Symbol) ist. Der BFH geht nach den Feststellungen der Vorinstanz (nicht dokumentiert) davon aus, dass das Fahrzeug allen für die Kraftfahrzeugsteuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 5 KraftStG 1979 erforderlichen Voraussetzungen (mit Verweis auf BFH-Urteil vom 02.08.1988 VII R 144/85, BStBl II 1988, 904) genügt. Das gelte insbesondere hinsichtlich seiner Widmung zu dem begünstigten Zweck – Krankenbeförderung -, zu dem auch die Beförderung behinderter Personen zu rechnen sei, aber auch für das Erfordernis der äußerlichen Erkennbarkeit der Zweckbestimmung.
Das BFH-Urteil vom 02.08.1988 VII R 144/85, BStBl II 1988, 904, behandelt die äußerliche Erkennbarkeit von Fahrzeugen für einen begünstigten Zweck i.S. von § 3 Nr. 5 KraftStG 1979 (die im dortigen Fall abgelehnt wurde), konkret von sog. Behelfskrankenwagen. Die Fahrzeuge dienten der Beförderung von Kranken, die nicht in Rettungs- und Krankentransportwagen gefahren werden müssen, von eiligen Blutkonserven usw. und dem Transport des Notarztes.
Das BFH-Urteil vom 22.08.1989 VII R 9/87, BStBl II 1989, 936, beschäftigt sich mit der Frage, ob Fahrzeuge des kassenärztlichen Not- und Bereitschaftsdienstes nicht ausschließlich im Rettungsdienst verwendet werden, und damit mit der Fallgruppe „Rettungsdienst“ des § 3 Nr. 5 KraftStG. In diesem Zusammenhang führt der BFH aus, die Verwendung im Rettungsdienst sei in § 3 Nr. 5 KraftStG 1979 neben der Verwendung im Feuerwehrdienst, Katastrophenschutz, zivilen Luftschutz, in Unglücksfällen oder zur Krankenbeförderung aufgeführt, neben Verwendungen also, die durch die Notwendigkeit eines dringenden Soforteinsatzes gekennzeichnet seien.
Im Fall des FG Düsseldorf, Urteil vom 11.04.2002 8 K 6038/01, EFG 2002, 1058, wurden Fahrzeuge für Fahrten geistig und psychisch Behinderter zur krankenfürsorgerischen Betreuung und Behandlung verwendet. Das FG Düsseldorf nimmt auf die Rechtsprechung des BFH vom 22.08.1989 VII R 9/87 Bezug und sieht die Voraussetzungen des § 3 Nr. 5 KraftStG als nicht erfüllt an, da die dortige Klägerin regelmäßig keine Soforteinsätze durchführte. Zwar mögen sich hiernach bei der Beförderung der Behinderten zu „krankenfürsorgerischen Zwecken“, d.h. insbesondere zu Tageseinrichtungen mit krankenfürsorgerischer Betreuung, ausnahmsweise in gelegentlichen Einzelfällen auch Fahrten ergeben, bei denen sich die Kranken in unmittelbarer Gefahr schwerer gesundheitlicher Beeinträchtigung befinden. Die Klägerin selbst habe den Einsatz „in erster Linie“ mit „Beförderung der behinderten Menschen“ bzw. „Beförderung zur krankenfürsorgerischen Behandlung/Betreuung“ beschrieben, also ohne Bezug zu Noteinsätzen oder Eilfällen. Im dortigen Fall scheiterte die Steuerbefreiung an der hohen Quote der anderweitigen Fahrten, die nicht mit der Beförderung von Behinderten in Zusammenhang standen.
Nach der Kommentierung bei Strodthoff, KraftStG-Kommentar, Stand Februar 2018, § 3 Rz. 48ff, setzt die Begünstigung unter Bezugnahme auf die Urteile des FG Düsseldorf vom 11.04.2002 8 K 6038/01 und des BFH vom 22.08.1989 VII R 9/87 eine ausschließliche Verwendung des Fahrzeugs zu dringenden Soforteinsätzen voraus, durch die akuten Notständen, also Situationen, in denen unmittelbar Gefahr für Leib und Leben besteht, begegnet wird. Darunter fielen insbesondere Notfallrettungen und Krankentransporte unter fachgerechter Betreuung nach den auf landesrechtlicher Grundlage geregelten Vorschriften für Notfallrettung, Krankentransport und Rettungsdienst (bspw. Bayerisches Rettungsdienstgesetz). Nicht begünstigt seien hiernach i.d.R. sog. Gewerbliche Krankenfahrten durch gemeinnützige oder mildtätige Organisationen, bei denen keine fachgerechte Betreuung der erkrankten Personen während der Fahrt notwendig ist. Darunter fielen z.B. Fahrten, bei denen Fahrzeuge im funktionalen Sinn eines Taxis verwendet werden, um Personen (auf Zuruf) zu einer ärztlichen Routineuntersuchung zu befördern. In diesen Fällen handele es sich regelmäßig nicht um Soforteinsätze i.S.d. genannten BFH-Rechtsprechung.
Zur Krankenbeförderung verwendet würden auch Fahrzeuge, mit denen geistig oder körperlich behinderte Personen zu Tageseinrichtungen befördert würden. Von den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und den Behindertenorganisationen bereitgestellte, besonders hergerichtete und äußerlich für ihre besondere Zweckbestimmung erkennbare Behindertenmietwagen und Behindertenbusse zum Transport von schwerbehinderten Personen seien auch dann steuerbefreit, wenn die Fahrzeuge neben den vorgenannten Fahrten zur krankenfürsorgerischen Betreuung ausschließlich der Beförderung der behinderten Personen zur Teilnahme an allgemeinen Ereignissen des täglichen Lebens dienten. Verwaltungsanweisungen und -praxis hätten dem Urteil des FG Düsseldorf vom 11.04.2002 8 K 6038/01 insofern entgegengestanden.
Aus den schriftsätzlichen Stellungnahmen des Klägers sowie aus dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung wird deutlich, dass für die Praxis des Klägers als Träger der Wohlfahrtspflege für die Erbringung von Leistungen im Rahmen des sog. Patientenfahrdienstes das Vorliegen einer ärztlichen Verordnung (Verordnung von Krankentransporten durch den Vertragsarzt i.S.d. § 73 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 SGB V) und die Erstattungsregelungen der Krankenkassen bzw. von deren Erstattungspraxis von ausschlaggebender Bedeutung sind. Die Rahmenbedingungen für das Tätigwerden des Klägers werden maßgeblich von sozialrechtlichen Regelungen bestimmt.
Eine Feststellung (und weitergehend Dokumentation), ob die beförderte Person behindert ist, findet nicht statt. Es ist auch durch den Senat mangels entsprechender Aufzeichnungen des Klägers nicht verlässlich einzuschätzen, wie hoch die absolute Anzahl bzw. das Verhältnis der Transporte von behinderten Personen zu Transporten von nichtbehinderten Personen ist.
Die durchgeführten Fahrten fallen unter den Begriff der ‚Krankenfahrten‘ nach § 7 der Krankentransport-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses als oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland (vgl. www.g-ba.de).
Diesbezüglich besteht auch Einigkeit zwischen den Beteiligten.
Rechtsgrundlage von Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ist § 92 SGB V. Die Richtlinie regelt die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransporten und Rettungsfahrten durch Vertragsärzte (vgl. § 1 Krankentransport-Richtlinie).
Krankenfahrten sind nach § 7 Abs. 1 Krankentransport-Richtlinie Fahrten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln, privaten Kraftfahrzeugen, Mietwagen oder Taxen durchgeführt werden. Zu den Mietwagen zählen z.B. auch Wagen mit behindertengerechter Einrichtung zur Beförderung von Rollstuhlfahrern. Eine medizinisch-fachliche Betreuung findet in diesen Fällen nicht statt. Diese Krankenfahrten werden auch als „nicht qualifizierter Krankentransport“ bezeichnet.
Die weiteren Absätze von § 7 Krankentransport-Richtlinie regeln die Zulässigkeit einer Verordnung und die zu benutzenden Fahrzeuge.
Hiervon zu unterscheiden sind Krankentransporte nach § 6 Krankentransport-Richtlinie (auch als „qualifizierte Krankentransporte“ bezeichnet). Ein Krankentransport kann nach § 6 Abs. 1 S. 1 Krankentransport-Richtlinie verordnet werden, wenn Patientinnen oder Patienten während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen des Krankentransportwagens bedürfen oder deren Erforderlichkeit aufgrund ihres Zustandes zu erwarten ist. Die fachliche Betreuung in Krankentransportwagen wird nach den maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften durch qualifiziertes nicht-ärztliches Personal gewährleistet. Die medizinisch-technische Einrichtung ist nicht auf die Beförderung in Notfällen ausgelegt (§ 6 Abs. 1 S. 2 und 3 Krankentransport-Richtlinie).
Die Verwendung des Fahrzeugs K im Patientenfahrdienst des Klägers erfolgt zur Krankenbeförderung i.S.v. § 3 Nr. 5 KraftStG. Das Halten des Fahrzeugs ist von der Steuer befreit.
Der Senat folgt hier dem ursprünglichen Verständnis des historischen Gesetzgebers.
Wie der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung für den Senat überzeugend ausführte, stand zum Zeitpunkt, als die Begünstigung der Krankenbeförderung erstmals erfolgte, nur ein Fahrzeug für alle Transportzwecke zur Verfügung, mit dem sämtliche Transporte von aus gesundheitlichen Gründen transportbedürftigen Personen erfolgten.
Diese Transporte umfassten sowohl den Notfalltransport als auch die Transporte, die heute unter die Begriffe des qualifizierten und des nicht qualifizierten Krankentransports fallen, also auch die Beförderung von Personen zu einer ärztlichen Behandlung bzw. in das Krankenhaus und vom Krankenhaus und den Transport behinderter Menschen. Die seinerzeitigen Fahrzeuge entsprachen nach ihrer Ausstattung der heutigen Ausstattung der Fahrzeuge im Patientenfahrdienst, d.h. Tragestuhl und Liegendtrage, ohne eine medizinische Ausstattung. Das Personal der Fahrzeuge hatte ursprünglich lediglich die Funktion eines Tragehelfers und Fahrers ohne eigentliche medizinische Aufgabe. Die Fahrzeuge waren nicht mit Blaulicht, sondern nur mit einem Rot-Kreuz-Licht ausgestattet.
Mit der fortschreitenden technischen und medizinischen Entwicklung verbesserte sich die Ausstattung der Fahrzeuge und die Qualifikation des Personals, so dass in Folge auch bei einfachen Fahrdiensten (über-)qualifiziertes Personal und entsprechende Fahrzeuge zum Einsatz kamen.
Aus Wirtschaftlichkeitsgründen, insbesondere wegen des Kostendrucks der Krankenkassen, kam es zu einer Aufgliederung der Transportarten und zu einer Differenzierung der Personalausstattung der Fahrzeuge und in diesem Zuge erst zur Schaffung der Rettungsdienstberufe.
Aus der historischen Entwicklung der Vorschrift ergibt sich, dass in § 2 Nr. 1 KraftStG 1955 und in § 34 KraftStDV 1955 – verglichen mit den aktuellen begünstigten Verwendungen in § 3 Nr. 5 KraftStG – nur Fahrzeuge zur Verwendung im Feuerlöschdienst bzw. Feuerwehrfahrzeuge und Fahrzeuge zur Verwendung zur Krankenbeförderung bzw. Krankenfahrzeuge (öffentlicher und privater Eigentümer) begünstigt werden (durch Steuerbefreiung bzw. Erlass). Es handelt sich bei der Krankenbeförderung somit um einen der „alten“ und ursprünglichen Begünstigungstatbestände und um den Kern-/Ursprungsbereich dieser Vorschrift. Aus der Gesetzesbegründung für das KraftStG 1961 (BTDrucks 3. Wahlperiode 1621, S. 6), dass zu einer Erweiterung der Begünstigung auf die Verwendung von Fahrzeugen im Katastrophenschutz, für Zwecke des zivilen Luftschutzes oder bei Unglücksfällen führte, ergibt sich (lediglich), dass diese Fahrzeuge den Fahrzeugen, die ausschließlich im Feuerwehrdienst oder zur Krankenbeförderung verwendet werden, zukünftig gleichstehen sollen.
Während der unter III. 6. a) dargestellten tatsächlichen Entwicklung über den Zeitraum der letzten 5 bis 6 Jahrzehnte blieb die gesetzliche Regelung der „Krankenbeförderung“ unverändert bei der Formulierung des heutigen § 3 Nr. 5 KraftStG. Der Senat geht infolgedessen davon aus, dass sämtliche bei Schaffung der Erstregelung 1955 als Krankenbeförderung als begünstigt angesehenen Transporte von transportbedürftigen Personen weiterhin begünstigt und unter den Begriff Krankenbeförderung zu fassen sind, soweit nicht inzwischen eine gesonderte Regelung erfolgt ist. Somit sind entsprechend den ursprünglich (weit gefassten) Anwendungsfällen der „Krankenbeförderung“ Beförderungen, die heute als qualifizierte und nicht qualifizierte Krankentransporte und Behindertenbeförderungen anzusehen sind, solche im Sinne des § 3 Nr. 5 KraftStG.
Die Einfügung des Bereichs „im Rettungsdienst“ im Jahr 1964 stellt aus Sicht des Senats keine Fortentwicklung mit Erhöhung der Anforderungen an die Krankenbeförderung dar.
Wie sich aus BTDrucks IV/1208 ergibt, war zunächst durch die Einfügung von „und im Bergrettungsdienst“ eine Erweiterung zur Begünstigung der Fahrzeuge des Bergrettungsdienstes geplant. Der Finanzausschuss (BTDrucks IV/1281) schlug vor, „die neue Vergünstigung“ nicht auf die Fahrzeuge des Bergrettungsdienstes zu beschränken; sie sollte wegen der bei anderen Rettungsdiensten durchaus ähnlichen Verhältnisse ganz allgemein für den Rettungsdienst gelten. Ob es angesichts der Entwicklung des Rettungswesens aus der Beförderung kranker/transportbedürftiger Personen mit einem Fahrzeug einer derartigen Regelung überhaupt bedurft hat, kann dahingestellt bleiben. Der Senat wertet die Einfügung jedoch als Beleg für die Etablierung eines gesonderten Rettungswesens (vgl. hierzu auch Wikipedia Stichwort „Rettungsdienst“, „Rettungswagen“). Eine Auseinandersetzung mit der bereits vorhandenen Verwendung zur Krankenbeförderung bei Änderung des § 2 Nr. 4 KraftStG 1964 hat – zumindest soweit aus den Bundestagsdrucksachen als den Motiven des Gesetzgebers ersichtlich – nicht stattgefunden.
Auf den Begriff der Krankenbeförderung hat die Einfügung nach dem Verständnis des Senats lediglich zur Folge, dass die Krankenbeförderung im Rahmen der Notfall-Rettung nunmehr im gesonderten Bereich Rettungsdienst geregelt und aus dem Bereich der Krankenbeförderung auszunehmen ist. Weitere Einschränkungen oder höhere Anforderungen an das Vorliegen einer Krankenbeförderung ergeben sich hieraus nicht. Insbesondere ist aus der unveränderten gesetzlichen Beibehaltung zu schließen, dass es weiterhin einen entsprechenden Begünstigungstatbestand gibt.
Aus der teils weit zurückliegenden BFH-Rechtsprechung ergibt sich kein zwingend anderes Ergebnis.
Insbesondere ist der BFH-Rechtsprechung nicht eindeutig zu entnehmen, dass Krankenbeförderungen, die nicht durch die Notwendigkeit des dringenden Soforteinsatzes gekennzeichnet sind, nicht begünstigt sein können.
Im BFH-Urteil vom 02.08.1988 VII R 144/85, BStBl II 1988, 904, kamen sog. Behelfskrankenwagen, die der Beförderung von Kranken, die nicht in Rettungs- und Krankentransportwagen gefahren werden müssen, von eiligen Blutkonserven usw. und dem Transport des Notarztes dienten, zum Einsatz. Im Gegensatz zum Streitfall waren sie mit einer Sondersignalanlage (blaues Rundumlicht, Mehrklanghorn) ausgestattet. Der BFH beschäftigt sich in der Entscheidung (nur) mit der äußerlichen Erkennbarkeit von Fahrzeugen für einen begünstigten Zweck, die abgelehnt wurde; eine Aussage, dass die durchgeführten Fahrten keine Krankenbeförderungen darstellen, wird nicht getroffen.
In der Entscheidung vom 22.08.1989 VII R 9/87, BStBl II 1989, 936, zu Fahrzeugen des kassenärztlichen Not- und Bereitschaftsdienstes setzt sich der BFH mit der Begünstigung des „Rettungsdienstes“ auseinander. Die in diesem Zusammenhang verwendete Aussage, wonach die Verwendung im Rettungsdienst neben der Verwendung im Feuerwehrdienst, Katastrophenschutz, zivilen Luftschutz, in Unglücksfällen oder zur Krankenbeförderung aufgeführt sei, neben Verwendungen also, die durch die Notwendigkeit eines dringenden Soforteinsatzes gekennzeichnet seien, wird in der weiteren Rechtsprechung auch im Zusammenhang mit der Krankenbeförderung herangezogen.
Eine dezidierte Prüfung durch den BFH, ob dieses Merkmal tatsächlich auch die Krankenbeförderung kennzeichnet, ist zumindest nicht ersichtlich, wenngleich es für die übrigen Verwendungen des § 3 Nr. 5 KraftStG prima vista zu bejahen ist.
Aus Sicht des Senats ist deshalb dem BFH-Urteil VII R 9/87 zum Rettungsdienst nicht mit Eindeutigkeit zu entnehmen, dass Krankenbeförderungen, die nicht durch die Notwendigkeit des dringenden Soforteinsatzes gekennzeichnet sind, nicht begünstigt sein können.
Der Senat fühlt sich durch die Entscheidung des BFH vom 07.11.1989 VII R 115/87, BStBl II 1990, 251, in seiner Auffassung bestärkt: In diesem Fall verweist der BFH auf die ihn bindenden Feststellungen der Vorinstanz (nicht dokumentiert) und geht davon aus, dass das Fahrzeug allen für die Kraftfahrzeugsteuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 5 KraftStG 1979 erforderlichen Voraussetzungen (mit Verweis auf BFH-Urteil vom 02.08.1988 VII R 144/85, BStBl II 1988, 904) genüge. Das gelte insbesondere hinsichtlich seiner Widmung zu dem begünstigten Zweck -Krankenbeförderung-, zu dem auch die Beförderung behinderter Personen zu rechnen sei (mit Verweis auf Klein/Olbertz; Kraftfahrzeugsteuergesetz, 2. Aufl. 1987, § 3 Anm. 6), aber auch für das Erfordernis der äußerlichen Erkennbarkeit der Zweckbestimmung.
Eine explizite Prüfung bzw. Auseinandersetzung des BFH mit der Kennzeichnung dieser Verwendung durch die Notwendigkeit des dringenden Soforteinsatzes erfolgt nicht, obwohl diese Frage beim Transport von Behinderten wohl nahegelegen hätte.
Forderte der BFH auch für die Krankenbeförderung die Notwendigkeit des dringenden Soforteinsatzes, wie man aus dem Urteil vom 22.08.1898 VII R 9/87 schließen könnte, so käme es zu einer für den Senat nicht erklärlichen Diskrepanz zum wenige Wochen später gefällten Urteil vom 07.11.1989 VII R 115/87, in dem der BFH gleichsam en passant die Beförderung Behinderter als Krankenbeförderung einordnet, ohne die hier üblicherweise fehlende Dringlichkeit zu problematisieren.
Weiter lässt sich auch dem BFH-Beschluss vom 29.05.2002 VII B 72/02, BFH/NV 2002, 1180, nicht letztlich eindeutig entnehmen, dass alle Verwendungen durch die Notwendigkeit des dringenden Soforteinsatzes gekennzeichnet sind. In dieser Entscheidung geht es um einen als „Zivilschutz-Arzttruppwagen“ bezeichneten und dem Roten Kreuz für Übungs-, Ausbildungs- und Einsatzzwecke im Katastrophenschutz zur Verfügung gestellten Kastenwagen mit Blaulicht, bei dem streitig war, ob die Widmung und Verwendung im Katastrophenschutz erkennbar ist. Der BFH nimmt Bezug auf seine Rechtsprechung im Urteil VII R 9/87 und die Formulierung, wonach das Halten von Kfz von der Steuer zu befreien sei, mit deren Hilfe im Wege „sofortiger Einsätze … akuten Notständen begegnet werden soll“ bzw. geht von in der Vorschrift bezeichneten Fällen aus, in denen wegen unmittelbarer Gefahr für Leib oder Leben Sofortmaßnahmen zur Errettung aus solchen Gefahren geboten erscheinen.
Aus Sicht des Senats ist jedoch auch mit dieser Entscheidung keine eindeutige Aussage verbunden, dass die Krankenbeförderung ohne die Notwendigkeit des dringenden Soforteinsatzes nicht begünstigt sein kann.
Folgte man der gegenteiligen Auffassung, so wäre die Begünstigung der Krankenbeförderung in § 3 Nr. 5 KraftStG wohl inhaltslos.
Die Krankenbeförderung betrifft im Gegensatz zum Rettungsdienst, bei dessen Verwendung sofortige Einsätze gemeint sind, durch die akuten Notständen begegnet werden soll (vgl. BFH-Urteil vom 22.08.1989 VII R 9/87, BStBl II 1989, 936), Verwendungen, bei denen sich Personen gerade nicht in akuten Notlagen befinden und die nicht durch besondere Eilbedürftigkeit gekennzeichnet sind. Würde man für die begünstigte Krankenbeförderung dieses Merkmal und damit entsprechende faktische Gegebenheiten als zwingend voraussetzen, würden die Betroffenen in ihrer Notsituation immer durch den Rettungsdienst transportiert. Damit hätte die Begünstigung „Krankenbeförderung“ keinen Anwendungsbereich mehr. Denn eine Krankenbeförderung könnte schon mangels adäquater Versorgung nicht durchgeführt werden.
Aus Sicht des Senats sind Krankenbeförderungen, die dringende Soforteinsätze darstellen und nicht zugleich Rettungsdiensteinsätze sind, nicht vorstellbar.
Der Senat vertritt eine andere Auffassung als das Finanzgericht Düsseldorf im Urteil vom 11.04.2002 8 K 6038/01, EFG 2002, 1058.
Das Finanzgericht Düsseldorf verneint für die erbrachte Beförderung von Behinderten zu krankenfürsorgerischen Zwecken in Anwendung der Formulierung des BFH-Urteils VII R 9/87 – Fahrzeugverwendungen, die durch die Notwendigkeit eines dringenden Soforteinsatz gekennzeichnet sind – auch für den Bereich der Krankenbeförderung die begünstigte Verwendung, da es sich bei Fahrten, bei denen sich die Kranken in unmittelbarer Gefahr schwerer gesundheitlicher Beeinträchtigungen befinden, nur um Einzelfälle handeln möge.
Von Klägerseite wird zur Begriffsklärung angeführt, der Begriff der Krankenbeförderung sei zum Begriff des Rettungsdienstes nach den Rettungsdienstgesetzen der Länder abzugrenzen. Der Oberbegriff des Rettungsdienstes enthalte die Anwendungsbereiche „Notfallrettung“ und „Krankentransport“. Der Patientenfahrdienst falle unter die Krankenbeförderung im Sinn von § 3 Nr. 5 KraftStG, weil die Notfallrettung und der Krankentransport schon als Teil des Rettungsdienstes im Sinn der Landesgesetze unter den Rettungsdienst im Sinn von § 3 Nr. 5 KraftStG fielen.
Die Ausführungen des Klägers beispielsweise zu Art. 1, 2 Bayerisches Rettungsdienstgesetz 2008 (BayRDG) treffen zu. Art. 2 Abs. 5 BayRDG bestimmt den Begriff des Krankentransports; die Definition entspricht in etwa dem qualifizierten Krankentransport in § 6 Krankentransport-Richtlinie. In Art. 2 Abs. 5 S. 3 BayRDG heißt es zudem: Nicht Gegenstand des Krankentransports ist die Beförderung Behinderter, sofern deren Betreuungsbedürftigkeit ausschließlich auf die Behinderung zurückzuführen ist.
Nach Auffassung des Senats ist es jedoch fraglich, ob sich der Begriff der Krankenbeförderung mit dieser Negativabgrenzung zum Rettungsdienst bzw. Krankentransport nach Landesrecht zutreffend bestimmen lässt.
Allerdings sieht sich der Senat in seiner Wertung der Ausganglage bestätigt, wonach die Krankenbeförderung seit 1955 statisch und ohne Begriffsanpassung im KraftStG genannt wird, während die tatsächliche Entwicklung sowie die rechtliche Entwicklung für den Bereich des Rettungswesens voranschritt, wie im Bayerischen Rettungsdienstgesetz vom 22.07.2008 (BayRS 215-5-1-I), BayGVBl 2008, 429, und seinen Vorgängerregelungen vom 11.01.1974, BayGVBl 1974, 1, vom 10.08.1990 (215-5-1-1) BayGVBl 1990, 282, und Neubekanntmachung vom 08.01.1998 (215-5-1-1), BayGVBl 1998, 9, deutlich wird.
Gegen eine konkrete Bestimmung des Inhalts der Krankenbeförderung durch Ausnehmen der Bereiche Notfallrettung und Krankentransport als Unterbereich des Rettungsdienstes nach Landesrecht spricht aus Sicht des Senats die unterschiedliche Zielsetzung der Regelungen (steuerrechtliche Begünstigungsvorschrift vs Regelung der Rechtsverhältnisse des Rettungsdienstes). Zudem stellte sich dann für den Krankentransport, der landesrechtlich Teil des Rettungsdienstes ist, die weiter komplizierende Frage der Notwendigkeit des dringenden Soforteinsatzes, die den Rettungsdienst im Sinn von § 3 Nr. 5 KraftStG kennzeichnet (vgl. BFH-Urteil vom 22.08.1989 VII R 9/87, BStBl II 1989, 936). Beim Krankentransport ist diese jedoch nicht gegeben, was wieder zur Frage führte, ob der Krankentransport als Teil der Krankenbeförderung ohne Notwendigkeit des dringenden Soforteinsatzes begünstigt ist.
Das Fahrzeug K wird ausschließlich zur Krankenbeförderung verwendet.
Das Merkmal der „ausschließlichen“ Verwendung für KFZ-Steuerprivilegierte Zwecke verlangt, dass das Fahrzeug tatsächlich nur zu dem begünstigten Zweck verwendet wird.
So hat der BFH zur Frage, ob das Halten eines Fahrzeugs zur Straßenreinigung (§ 3 Nr. 4 KraftStG) begünstigt ist, ausgeführt (BFH-Urteile vom 12.06.2012 II R 40/11, BStBl II 2012, 797, II R 41/11 (juris) und II R 39/11, BFH/NV 2012, 1664), das in § 3 Nr. 4 KraftStG aufgestellte Erfordernis einer „ausschließlichen“ Verwendung des Fahrzeugs zur Reinigung von Straßen verlange, dass das Fahrzeug tatsächlich nur zu dem begünstigten Zweck verwendet wird (unter Verweis auf BFH-Urteile vom 02.08.1972 II R 43/71, BStBl II 1972, 867, und vom 12.05.1965 II 59/62 U, BStBl III 1965, 425) und auch keine anderweitige „Mitbenutzung“ vorliegt (BFH-Urteil vom 23.05.1989 VII R 110/86, BStBl II 1989, 907).
Nach Auswertung des von Klägerseite vorgelegten Fahrtenbuches sowie der Excel-Tabelle hat der Senat keinen Zweifel daran, dass das Fahrzeug seit 07.11.2016 ausschließlich für Krankenbeförderung verwendet wurde.
Dies ist auch zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig.
Die ausschließliche Verwendung für Krankenbeförderung wird auch durch die Inanspruchnahme des Fahrdienstes für Fahrten eines 93-jährigen Herrn, für die keine ärztliche Verordnung vorlag, nicht in Frage gestellt.
Der Anteil der Fahrten macht 2,7% der gesamten Fahrten aus. Der Herr musste, weil er nicht mehr eigenständig laufen konnte, von 2 Personen sitzend im Tragestuhl aus oberen Stockwerken getragen werden. Die Fahrt erfolgte nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung in einen Park, wo er mit seiner Tochter Gehübungen machte, und zurück. Entsprechende Einträge finden sich auch in der Excel-Tabelle.
Ob für den Herrn ein Behindertenausweis ausgestellt ist, ist nicht bekannt.
Infolge der Schilderung der gesundheitlichen Verhältnisse des Fahrgastes ist der Senat der Auffassung, dass hier keine zweckfremde Verwendung, sondern eine „Kranken“-beförderung vorliegt. Diese Einschätzung ist nicht vom Vorliegen einer ärztlichen Verordnung der Fahrt abhängig; diese ist (nur) für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse von Bedeutung.
Die Voraussetzung des § 3 Nr. 5 S. 2 und 3 KraftStG sind erfüllt.
Die äußerliche Erkennbarkeit des Fahrzeugs als für begünstigte Zwecke bestimmt (§ 3 Nr. 5 S. 2 KraftStG) setzt entsprechende äußere Merkmale voraus, die allein für sich die Widmung des Fahrzeugs deutlich werden lassen. Beschaffenheitsmerkmale anderer Art (z.B. eine für den Verwendungszweck bestimmte Polsterung) genügen nicht, auch wenn sie von außen wahrnehmbar sind. Nicht bestimmt ist die Art der äußeren Merkmale, die das Fahrzeug entsprechend erkennbar machen. Sie können sich aus der besonderen Bauart des Fahrzeugs -z.B. herkömmliche Krankenwagen- oder etwa einer geeigneten Beschriftung, Beschilderung oder ähnlichen Kenntlichmachung ergeben (vgl. BFH-Urteil vom 02.08.1988 VII R 144/85, BStBl II 1988, 904; BFH-Beschluss vom 29.05.2002 VII B 72/02, BFH/NV 2002, 1180).
Nach der Kommentierung in Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuergesetz (Lfg 76/Feb 2017), § 3, Rz. 18, liegt bei zur Krankenbeförderung verwendeten Fahrzeugen, mit denen geistig oder körperlich behinderte Menschen befördert werden, eine äußere Erkennbarkeit des Verwendungszwecks vor, wenn sie mit Rollstuhlsymbol für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung gekennzeichnet sind; eine zusätzliche Kennzeichnung mit einer besonderen Beschriftung ist insoweit nicht erforderlich.
Nach Auffassung des Senats gilt dies auch im Streitfall; hier werden Personen liegend, in speziellen Stühlen oder im eigenen Rollstuhl überwiegend zu ärztlichen Behandlungen befördert (vgl. Excel-Tabelle).
Das Fahrzeug ist mit einem Aufkleber mit Rollstuhlsymbol versehen und daher äußerlich als für den Zweck der Krankenbeförderung bestimmt erkennbar.
Das Fahrzeug ist außerdem entsprechend § 3 Nr. 5 S. 3 KraftStG nach seiner Bauart und Einrichtung dem Verwendungszweck der Krankenbeförderung angepasst.
Wie sich aus den vorgelegten Bildern des Fahrzeugs ergibt, ist es mit Liege/Liegendtrage und einem Tragstuhl ausgestattet. In den Boden sind Schienen zur Fixierung eingelassen.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Die Einordnung von Patientenfahrdiensten im Rahmen der Begünstigung der Krankenbeförderung nach § 3 Nr. 5 KraftStG ist für Träger der Wohlfahrtspflege allgemein von Bedeutung.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO.


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