Europarecht

Berufung, Fahrzeug, Schadensersatzanspruch, Rechtsanwaltskosten, Annahmeverzug, Sittenwidrigkeit, Sachmangel, untersagung, Widerruf, Unfall, Geschwindigkeit, Kommission, Software, Vorrichtung, Zug um Zug, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, arglistiges Verschweigen

Aktenzeichen  5 U 4788/19

Datum:
15.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 29943
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

24 O 351/19 2019-11-28 Urt LGAMBERG LG Amberg

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Amberg vom 28. November 2019, Az. 24 O 351/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil sowie das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Amberg sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.337,83 € festgesetzt.

Gründe

A.
Die Parteien streiten um Rückabwicklungs- und Schadensersatzansprüche aus einem Gebrauchtwagenkauf. Die Klägerin bestellte am 17. Juni 2015 bei der D. AG Niederlassung Regensburg das Gebrauchtfahrzeug Mercedes Benz Typ E 200 T BlueTEC, Erstzulassung 2. Dezember 2014, zum Kaufpreis von 38.500 €. Im Kaufpreis enthalten waren laut Rechnung vom 24. Juli 2015 vier Sommerreifen, eine Kofferraumwanne und die Tankfüllung (Anlage K 1). Für sonstige Lieferung und Leistungen fiel ein Betrag in Höhe von 2.000.- € an (Anlage K 2). Bei der Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin am 24. Juli 2015 wies es eine Laufleistung von 11.511 km auf. Der Kaufpreis wurde vollständig bezahlt. Das Fahrzeug ist mit dem von der Beklagten entwickelten Motor OM 651 der Euro 6 Norm ausgestattet. Es verfügt über eine EG-Typgenehmigung und ist unstreitig nicht von einem amtlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) betroffen. Mittlerweile hat die Klägerin das Fahrzeug am 15. Dezember 2020 zum Preis von 14.950.- Euro veräußert. Die Klägerin behauptete bereits vorprozessual einen Mangel des Fahrzeugs wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung und erklärte mit Schreiben vom 5. April 2019 den Rücktritt vom Kaufvertrag, ohne dass sie eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hätte.
In erster Instanz hat die Klägerin vorgetragen, dass in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei, die die Wirkung des Emissionskontrollsystems verringern würde, indem sie sich auf das Abgasrückführungs (AGR)-System und den Selective Catalytic Reduction (SCR)-Katalysator auswirken würde. Zu Beginn der Warmlaufphase und/oder bei tiefen Außentemperaturen würden die Systeme abgeschaltet, ohne dass dies aus Motorschutzgründen erforderlich wäre. Dadurch werde der Grad der Abgasrückführung reduziert. Die Abschalteinrichtungen wirkten zudem drehzahlabhängig. Die auf dem Prüfstand bei 20°C – 30°C erzielten Emissionswerte würden im realen Fahrbetrieb nicht eingehalten. Die gesetzlichen Grenzwerte für den Ausstoß von Stickoxiden würden dann überschritten. Die Beklagte biete für das Fahrzeug eine Kundendienstmaßnahme und ein softwareupdate an, diesbezüglich befürchte die Klägerin jedoch negative Auswirkungen. Ihr Werbeversprechen eines sauberen Motors habe die Beklagte nicht eingehalten. Es bestehe zudem das Risiko des Entzugs der Betriebserlaubnis. Im Zusammenhang mit den Abschalteinrichtungen seien erhebliche Einschränkungen der Funktionsfähigkeit des Fahrzeugs zu besorgen. Die von der Beklagten erteilte Übereinstimmungsbescheinigung erweise sich als unzutreffend. Die Abschalteinrichtung bewirke, dass die Zufuhr von Harnstofflösung (AdBlue) verringert oder ganz ausgesetzt werden würde. Aus der Medienberichterstattung schließe die Klägerin, dass in ihrem Fahrzeug auch eine sogenannte Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung enthalten sei. Damit habe die Beklagte im streitgegenständlichen Fahrzeugmodell eine Steuerung verbaut, die die Bedingungen des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) erkenne. Die Regelung werde außerhalb der Bedingungen des NEFZ abgeschaltet. Das Fahrzeug sei somit mangelhaft. Eine Fristsetzung vor Rücktritt sei nicht erforderlich gewesen, die Nachbesserung sei unzumutbar. Die Klägerin könne deshalb die Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß § 346 BGB i.V.m. § 437 Nr. 2, §§ 440, 323 BGB und im Wege des Schadensersatzes gemäß § 826 BGB und gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 236 StGB, Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007, § 16 UWG und § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EGFGV verlangen.
Die Klägerin hat in der ersten Instanz zuletzt beantragt,
1.die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei 30.337,83 € sowie Zinsen in Höhe von 6653,10 € nebst weiteren Zinsen aus 40.500 € in Höhe von 4% pro Jahr seit dem 01.09.2019 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges Mercedes-Benz E 200 BlueTEC mit der Fahrzeugidentifikationsnummer
2.festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1 genannten Fahrzeuges seit dem 24.04.2019 in Annahmeverzug befinde,
3.die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 150 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten, sowie die Klagepartei von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1883 € gegenüber der von Rueden Partnerschaft von Rechtsanwälten freizustellen.
Im Übrigen hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und insoweit beantragt,
die Kosten der Beklagten aufzuerlegen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Vortrag der Klägerin sei unschlüssig und unsubstantiiert. Er basiere auf pauschalen Behauptungen und zeige weder einen Sachmangel noch ein schadensersatzpflichtiges Verhalten der Beklagten auf. Die EG-Typgenehmigung bestehe (fort). Das Fahrzeug entspreche den geltenden Abgasgrenzwerten und weise keine unzulässige Abschalteinrichtung und keine Prüfstandserkennung auf, auch ein Prüfstandsbezug der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung werde bestritten. Ein Angebot eines freiwilligen softwareupdates lasse keinen Rückschluss auf eine unzulässige Abschalteinrichtung zu. Zudem werde die Einrede der Verjährung erhoben.
Für den weiteren Parteivortrag in erster Instanz wird ergänzend auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Landgericht Amberg hat die Klage ohne Beweiserhebung mit Endurteil vom 28. November 2019 abgewiesen. Ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages bestehe nach Gewährleistungsrecht nicht. Ein Sachmangel liege nicht vor. Zudem fehle es an der erforderlichen Fristsetzung zur Mängelbeseitigung. Die kaufrechtlichen Ansprüche seien schließlich verjährt. Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels habe die Klägerin nicht ausreichend substantiiert dargetan. Das Fahrzeug unterliege keinem Rückruf des KBA. Es drohe kein Widerruf der Typ-Genehmigung. Auch ein Schadensersatzanspruch aus Delikt bestehe nicht, insbesondere sei das Verhalten der Beklagten nicht als sittenwidrige Handlung einzustufen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 29. November 2019 zugestellte Urteil (zu Bl. 205 d.A.) hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2019 (Bl. 219 d.A.), eingegangen beim Oberlandesgericht Nürnberg am selben Tag, und rechtzeitig mit Schriftsatz vom 29. Januar 2020 (Bl. 227 d.A.) begründet.
Die Klägerin stützt ihre Berufung weiterhin auf die Behauptung, die Beklagte habe in den streitgegenständlichen PKW mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut. Fehlerhaft habe das Landgericht verneint, dass das Vorgehen der Beklagten sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB gewesen sei und der Klägerin ein Rücktrittsrecht nicht zugestanden habe. Die Beklagte habe das Emissionsreduzierungssystem auf die Bedingungen des NEFZ abgestimmt und ausgelegt. Dies stelle eine Prüfstandserkennung dar, die den Vorwurf der Verwerflichkeit gegen die Verantwortlichen der Herstellerin und eine Schadensersatzpflicht begründe. Im Einzelnen beanstandet die Klägerin als unzulässige Abschalteinrichtungen die außentemperaturabhängige Steuerung der AGR, die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung, die Steuerung der Kühlerjalousie, die Steuerung des Kühlwasserthermostatventils, die sogenannte Timerfunktion, sowie die Steuerung der Zuführung von AdBlue. Die Funktionen dienten sämtlich dazu, dass die Grenzwerte auf dem Prüfstand eingehalten würden. Zudem habe die Beklagte im Typgenehmigungsverfahren unzutreffende und unzureichende Angaben gemacht. Die Klägerin hat die gerügten Funktionen in der Berufungsinstanz, zuletzt mit Schriftsatz vom 9. Juni 2021, wie folgt dargestellt:
– Das Thermofenster reduziere außerhalb des Prüfstands abhängig von der Umgebungstemperatur die AGR-Rate bis hin zur Abschaltung.
– Die Funktion der sogenannten Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung erkenne das Prüfverfahren und verändere in Abhängigkeit dieser Erkennung die Solltemperatur des Kühlmittels und das verwendete AGR-Kennfeld. Zur genauen Funktionsweise trägt die Klägerin unter Berufung auf das von ihr als Anlage beigefügte Gutachten von vom 12. November 2020 (Anla ge „BK 5“ zu Bl. 333 ff. d.A.) unter anderem vor, die Motorsteuerung registriere unter anderem die Parameter Drehzahl und Luftmassestrom. Sei die Drehzahl geringer als 1500/min und der Luftmassestrom geringer als 300 kg/h, werde die Solltemperatur des Kühlmittels auf 70° eingestellt. Werde einer dieser Parameter alternativ für mindestens 5 Sekunden überschritten, werde die Solltemperatur auf 100° gesetzt. Sobald die Solltemperatur auf 100° gesetzt worden sei, erfolge eine Rückschaltung frühestens nach 3.276 Sekunden ohne Überschreitung einer Drehzahl von 1500/min bzw. eines Luftmassestroms von 300 kg/h für 5 Sekunden. Der Sachverständige habe zwar die Motorsteuerungssoftware von Fahr zeugen der EURO 5 Norm untersucht. Die Ergebnisse seien jedoch auf das Fahrzeug der Klägerin übertragbar. Der Sachverständige komme in einem Parallelverfahren zu dem Ergebnis, dass im normalen Betrieb mit einer höheren Drehzahl gefahren werde. Die Klägerin folgert daraus, dass die Motorsteuersoftware mit der von ihr beschriebenen Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung eine Vorrichtung enthalte, die den NEFZ an der geringen Motordrehzahl und dem geringen Luftmassenstrom erkenne. Jedenfalls orientiere sich die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung an den Rahmenbedingungen des NEFZ. Ohne die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung hielte das Fahrzeug die Grenzwerte im NEFZ nicht ein.
– Eine weitere Abschalteinrichtung steuere in Abhängigkeit von der Kühlmittel-Solltemperatur auf eine unzulässige Weise die Öffnung der Kühlerjalousie.
– Unter Berufung auf Ausführungen der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (BT-Drucks. 19/15320) betreffend den Rückruf eines Modells Sprinter der Beklagten trägt die Klägerin weiter vor, dass auch bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug außerhalb der Typprüfbedingungen die Rate der AGR verringert werde, indem über das elektrisch geschaltete Kühlwasserthermostatventil die Motorkühlwassertemperatur und damit die Motoröltemperatur zunächst niedrig gehalten werde. Außerhalb der Typprüfbedingungen werde ein AGR-Kennfeld mit niedrigeren AGR-Raten genutzt. Dadurch würden auf dem Prüfstand die Grenzwerte eingehalten, während der Stickoxidausstoß im normalen Fahrbetrieb höher sei. Dies stelle nach der Beurteilung des KBA eine unzulässige Abschalteinrichtung dar.
– Innerhalb der Bedingungen des NEFZ komme eine andere Strategie zur Steuerung der AGR-Rate zum Einsatz als außerhalb dieser Bedingungen. Die Strategie mit der höheren AGR-Rate starte unter den Bedingungen des NEFZ und werde nach Ablauf eines bestimmten Zeitintervalls abgeschaltet (Timerfunktion). Anknüpfungspunkt für diesen Vortrag sei eine KBA-Auskunft vom 29. April 2021 in einem Parallelverfahren zu der sogenannten „Strategie B“. Das KBA habe zu dieser Strategie B ausgeführt, in den betroffenen Fahrzeugen werde eine Strategie zur Erhöhung AGR-Rate genutzt. Die Strategie starte unter anderem unter Berücksichtigung der Ansauglufttemperatur des NEFZ und den dort definierten Prüfbedingungen. Nach Ablauf einer kumulierten Zeitdauer werde die Strategie abgeschaltet.
– Schließlich werde im streitgegenständlichen Fahrzeug dem SCR-Katalysator unter normalen Betriebsbedingungen weniger AdBlue zugeführt als für eine effektive Abgasreinigung notwendig wäre. Auf dem Prüfstand würden die Grenzwerte eingehalten, während die Motorsteuerung im normalen Fahrbetrieb länger als notwendig in einem Betriebsmodus mit reduzierter AdBlue-Zufuhr verweile. Das KBA werte auch dies als unzulässige Abschalteinrichtung. Nach Aussagen des KBA funktionierten die in Fahrzeugen der Beklagten verwendete Umschaltung der Betriebsmodi in Abhängigkeit der Prüfbedingungen. Während unter Bedingungen, wie sie auch für die Typprüfung vorgegeben sind, nach Motorstart ein vergleichsweise effektiver Modus geschaltet sei, werde nach dem Erreichen einer bestimmten Stickoxidmasse nach Ablauf des Prüfzyklus dauerhaft in einen weniger effektiven Modus umgeschaltet.
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin beantragt, das am 28. November 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Amberg (Aktenzeichen 24 O3 151/19) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
1.an die Klagepartei 15513,90 € sowie Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz ab dem 24. April 2019 zu zahlen,
2.festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1 genannten Fahrzeuges seit dem 24.04.2019 in Annahmeverzug befindet,
3.die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 150 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten, so wie die Klagepartei von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1883 € gegenüber der von Rueden Partnerschaft von Rechtsanwälten freizustellen,
hilfsweise das Urteil des Landgerichts Amberg aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Amberg zurückzuverweisen.
Im Übrigen hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten der Beklagten aufzuerlegen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Berufung der Klägerin sowohl für unzulässig als auch für unbegründet und beantragt deren Zurückweisung. Die Unzulässigkeit der Berufung rühre daher, dass der Schriftsatz der Klägerin weitgehend aus Textbausteinen und aus anderen Verfahren betreffenden Schriftsatzauszügen bestehe. Die Unbegründetheit der Berufung resultiere aus den unschlüssigen und unzutreffenden Ausführungen zu den klägerseits behaupteten Abschalteinrichtungen. Die Regelungen seien, wozu die Beklagte im Einzelnen ausführt, in ihren Zusammenhängen zu sehen. Nach der Konzeption des Fahrzeugs stelle sich die Steuerung der AGR-Rate und des SCR-Katalysators als ein aufeinander abgestimmtes System dar. Die Parameter der Steuerung seien technisch erforderlich und sinnvoll, alle erforderlichen Angaben im Typgenehmigungsverfahren seien erfolgt. Die Beklagte weist darauf hin, dass die Ausführungen der Klägerin zur Konditionierung im Zusammenhang mit der Kühlmittelsolltemperatur schon gar keinen Dieselmotor beträfen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Klägervortrag im Schriftsatz vom 9. Juni 2021 als verspätet gerügt und insoweit Schriftsatznachlass beantragt. Sie hat dargelegt, dass die sogenannte Strategie B im verfahrensgegenständlichen Fahrzeug nicht zur Anwendung komme und die Auskunft des KBA vom 29. April 2021 in diesem Verfahren daher keine Rolle spiele. Die Öffnung der Kühlerjalousie wirke nur bei hohen Geschwindigkeiten und betreffe auch nicht die Emission von Stickoxid. Es fände keine Luftkühlung der Abgasrückführung statt, diese werde dem Fahrtwind nicht ausgesetzt. Wegen der Steuerung der Kühlerjalousie sei bislang kein Fahrzeug vom KBA zurückgerufen worden. Auch sei kein Euro 6 Fahrzeug vom KBA im Hinblick auf die Kühlmittelsolltemperaturregelung zurückgerufen worden. Ein Rückruf sei auch nicht mehr zu erwarten, da die diesbezüglichen Untersuchungen bereits abgeschlossen worden seien. In Ihrem Schriftsatz vom 5. Juli 2021 hat die Beklagte zur Steuerung der Kühlerjalousie ergänzend ausgeführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat keinen Beweis erhoben.
B.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen von § 520 Abs. 3 ZPO. Die Ausführungen weisen einen hinreichenden Verfahrensbezug auf. Mit der Beanstandung, das Landgericht habe eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung und ein Rücktrittsrecht ohne die gebotene Beweisaufnahme fehlerhaft verneint, hat die Klägerin das Urteil in zulässiger Weise angegriffen.
C.
Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet. Der Klägerin stehen die von ihr geltend gemachten Ansprüche aus keinem rechtlichen Grund zu. Daher war auch der von der Beklagten begehrte Schriftsatznachlass nicht geboten. Auch auf die Frage, inwieweit der Vortrag der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 9. Juni 2021 als verspätet zurückzuweisen wäre, kommt es nicht an.
I.
Ansprüche aus einem Rückabwicklungsverhältnis nach wirksamem Rücktritt vom Kaufvertrag stehen der Klägerin nicht zu. Das Recht des Käufers, vom Vertrag gemäß § 437 Nr. 2 BGB nach den Bestimmungen der §§ 440, 323 BGB zurückzutreten, setzt nach § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung, § 439 BGB, bestimmt hat. Die Fristsetzung war hier nicht nach § 323 Abs. 2 oder § 440 BGB entbehrlich. Dass die Beklagte vor der Erklärung des Rücktritts durch den Kläger die Nachbesserung endgültig und ernsthaft verweigert hätte, § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB, (zu den strengen Voraussetzungen vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2015 – VIII ZR 226/14 -, Rn. 33, juris) kann der Senat nicht feststellen. Dass die Beklagte nach der Rücktrittserklärung einen Mangel in Abrede gestellt hat und die Rückzahlung des Kaufpreises verweigert hat und sich nunmehr zur Verteidigung gegen die Klage auch darauf beruft, dass das Fahrzeug mangelfrei sei, genügt nicht. Denn hierzu hätten weitere Umstände treten müssen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Beklagte bewusst und endgültig die Erfüllung ablehnt und es ausgeschlossen erscheint, dass sie sich von einer Fristsetzung hätte umstimmen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 – VII ZR 58/13 -, Rn. 24, juris). Dazu hat der Kläger aber nichts vorgetragen. Dass technisch oder elektronisch keine Möglichkeit zur Verfügung stehen würde, den von der Klägerin behaupteten Mangel zu beseitigen, und deshalb ein Rücktritt ohne Fristsetzung gerechtfertigt erscheint, trägt die Klägerin selbst nicht vor. Die Klägerin wäre daher verpflichtet gewesen, der Beklagten eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung zu setzen, zumal diese der Klägerin bereits eine Kundendienstmaßnahme angeboten hat. Soweit die Klägerin nach Aufspielen eines softwareupdates neue Nachteile befürchtet, führt diese Besorgnis nicht zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung. Denn dem Verkäufer sind nach der gesetzlichen Wertung (§ 440 S. 2 BGB) grundsätzlich zwei Nachbesserungsversuche zuzugestehen, ehe von einem Fehlschlag ausgegangen werden kann. Auch ist dem Vorbringen der Klägerin kein konkreter Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass eine neue Bedatung oder eine veränderte Abstimmung der von Seiten der Klägerin monierten Steuerung zu neuen Mängeln führen werde. Hinweise auf Unwägbarkeiten und nicht geklärte Langzeitfolgen genügen hierfür nicht (vgl. Saarländisches OLG Saarbrücken Urteil vom 14. Februar 2020 – 2 U 104/18-, juris; OLG Dresden Urteil vom 20. August 2019 – 9 U 1101/19 -, Rn. 22, juris; KG Urteil vom 18. November 2019 – 24 U 129/18 -, BeckRS 2019, 29883). Davon, dass der Klägerin eine etwaige Nacherfüllung unzumutbar wäre (§ 440 Satz 1 BGB), kann auch nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat bekanntlich in den Fällen, in denen das KBA eine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt und Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung verfügt hat, softwareupdates entwickelt, mit denen die Motorsteuerung so verändert wurde, dass den Forderungen des KBA entsprochen wurde. Das KBA hat daraufhin – nach Prüfung – die Freigabe dieser Updates erteilt; diejenigen Fahrzeughalter, die sodann die geänderte Software installieren ließen, hatten Maßnahmen der Zulassungsbehörden nicht mehr zu befürchten. Die Klägerin hatte zum Zeitpunkt des Rücktrittes keinen berechtigten Anlass zu der Annahme, im Falle ihres Fahrzeuges werde es sich anders verhalten. Der Gesichtspunkt, dass im Falle einer vorhergehenden arglistigen Täuschung durch den Verkäufer eine Nachbesserung durch eben diesen – weil nicht vertrauenswürdig – unzumutbar sein kann, greift im vorliegenden Fall nicht, weil die etwaige Nachbesserung in Gestalt eines Updates der Motorsteuerung unter amtlicher Aufsicht zu erfolgen hätte und die Installation der geänderten Software erst aufgrund einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des KBA erfolgen könnte (vgl. OLG München Beschluss vom 4. Januar 2021 – 20 U 6216/19 -, juris; OLG Stuttgart Urteil vom 11. Dezember 2020 – 3 U 101/18 -, juris; OLG Frankfurt NJW-RR 2019, 114).
II.
Auch die deliktischen Anspruchsgrundlagen versagen.
1. Ein Schadensersatzanspruch scheitert allerdings nicht bereits daran, dass die Klägerin das Fahrzeug mittlerweile veräußert hat. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH WM 2004, 1726; BGH WM 2013, 24), wonach ein Schadensersatzanspruch, der zum Inhalt hat, den Geschädigten so zu stellen, als sei die schadensersatzauslösende Handlung nicht erfolgt, nach Veräußerung des Objekts nicht erlischt, sondern so zu berechnen ist, dass auf den vom Geschädigten aufgewendeten Kaufpreis der Erlös aus dem Verkauf angerechnet wird (im Ergebnis ebenso OLG Nürnberg Urteil vom 28. April 2021 – 12 U 3275/19 -, Rn. 45, m.w.N., juris).
2. Jedoch hat die Klägerin die tatsächlichen Voraussetzungen einer deliktischen Haftung der Beklagten, wie vom Erstgericht zutreffend angenommen, nicht hinreichend substantiiert dargelegt.
a. Der Vortrag der Klägerin zu den im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Funktionen vermag einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 826, 31 BGB nicht zu rechtfertigen.
(1) Nach § 826 BGB ist, wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Nach gefestigter Rechtsprechung ist ein Verhalten dann als sittenwidrig zu qualifizieren, wenn die schädigende Handlung nach ihrem Inhalt ode ihrem Gesamtcharakter im Widerspruch zum Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden steht und daher mit den grundsätzlichen Wertungen der Rechts- und Sittenordnung unvereinbar ist (BGH NJW 2017, 250 Rdn. 16). Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (st. Rspr., vgl. BGH WM 2016, 1975; BGH NJW 2019, 2164 m.w.N.). Zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH WM 2016, 1975). Inbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (BGH NJW 2019, 2164 m.w.N.). 
Eine unternehmerische Entscheidung eines Fahrzeugherstellers kann sich auch gegenübe einem Käufer des Fahrzeugs als objektiv sittenwidrig darstellen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat dies angenommen, wenn Verantwortliche des Unternehmens auf der Grundlage einer für ihren Konzern getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung bei de Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und damit auch Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch, langjährig und in Bezug auf einen Dieselmotor einer bestimmten Baureihe in hohen Stückzahlen in Deutschland Fahrzeuge in Verkehr brachten, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden. Denn damit ging einerseits eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden und andererseits die Gefahr einher, dass bei eine Aufdeckung dieses Sachverhalts eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge erfolgen könnte. Ein solches Verhalten wurde von der Rechtsprechung im Verhältnis zu einer Person, die eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschalteinrichtung erwirbt, als besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung unvereinbar gewertet, und zwar auch dann, wenn es sich um den Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs handelte. Die Sittenwidrigkeit ergab sich in einem solchen Fall aus de Gesamtschau des festgestellten Verhaltens der Entscheidungsträger unter Berücksichtigung des verfolgten Ziels, der eingesetzten Mittel, der zutage getretenen Gesinnung und der eingetretenen Folgen (vgl. dazu BGHZ 225, 316 ff., Rdn. 16).
Allerdings ist das Verhalten der für einen Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie einen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben (vgl. zu dem von der Beklagten in ihren Motor OM 651 verbauten Thermofenster BGH BB 2021, 525 ff.. Dies gilt auch dann, wenn mit der Entwicklung und dem Einsatz dieser Steuerung eine Kostensenkung und die Erzielung von Gewinn erstrebt wurde. Die Anwendung einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems ist nämlich nicht mit der Verwendung der Prüfstandserkennungssoftware zu vergleichen, die zeitweise vom VW-Konzern zum Einsatz kam. Während letztere unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielte und einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugerwerber in der Bewertung gleichsteht, ist der Einsatz eine temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems nicht von vornherein durch Arglist geprägt (vgl. BGH a.a.O). Sie führt nicht dazu, dass nur bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und der Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert wird, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise (BGH a.a.O.). Unter den ür den Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen (Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit, Geschwindigkeit, Widerstand etc., vgl. Art. 5 Abs. 3 a) der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 i.V.m. Art. 3 Nr. 1 und 6, Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung 715/2007/EG (ABl. L 199 vom 28. Juli 2008, S. 1 ff.) in Verbindung mit Abs. 5.3.1 und Anhang 4 Abs. 5.3.1, Abs. 6.1.1 der UN/ECE-Regelung Nr. 83 (ABl. L 375 vom 27. Dezember 2006, S. 246 ff.) entspricht die Rate der Abgasrückführung im normalen Fahrbetrieb derjenigen auf dem Prüfstand (BGH a.a.O.). Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit ist in einem solchen Fall nur gegeben, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen. Dies könnte nach höchstrichterlicher Rechtsprechung etwa de Fall sein, wenn der Hersteller im Typgenehmigungsverfahren unzutreffende, verschleiernde Angaben über die Arbeitsweise der verbauten Abgasbehandlungssysteme gemacht hätte (BGH a.a.O.).
(2) Gemessen daran genügt das Vorbringen der Klägerin nicht, um eine Haftung der Beklagten nach § 826 BGB begründen zu können. Denn auch wenn zu Lasten der Beklagten unterstellt würde, dass in dem Fahrzeug eine oder mehrere kombinierte unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 17. Dezembe 2020 (NJW 2021, 1216-1221) verbaut sind, führt dies nicht ohne weiteres zur Anerkennung eines Anspruchs aus § 826 BGB, weil mit Blick auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Typengenehmigung auf der Grundlage allgemeinkundiger Tatsachen ein verwerfliches Handeln der verantwortlichen Entscheidungsträger der Beklagten nicht zu erkennen ist. Die exakte Abstimmung der elektronischen Motorsteuerung, die Programmierung der Emissionskontrolle und die Bestimmung der Schadstoffwerte des Fahrzeugs im Fahrbetrieb bedürfen hier demnach keiner näheren Feststellung im Wege des Sachverständigenbeweises. Es kann insbesondere dahinstehen, inwieweit die elektronische Motorsteuerung nebst der Programmierung und Konstruktion des Emissionssystems als eine unzulässige Abschalteinrichtung zu werten ist. Bei der Beurteilung des Verhaltens der Beklagten im Typgenehmigungsverfahren ist die damalige Rechtslage miteinzustellen. Im Einzelnen: 
i. Die Kontrolle der Stickoxidemissionen erfolgt in dem verfahrensgegenständlichen Fahrzeug unstreitig zum einen über die AGR. Dabei wird ein Teil der Abgase zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt und nimmt erneut an der Verbrennung teil. Eine software im Motorsteuergerät regelt diese Rückführung – auch – temperaturabhängig. Es ist allgemeinkundig, dass die AGR bei kühleren Temperaturen zurückgefahren werden muss. Denn mit abnehmenden Temperaturen steigt das Risiko einer erhöhten Ablagerungsbildung im AGR-System bis hin zu der Gefahr der Ausfälle von Komponenten; deshalb gibt es das sogenannte Thermofenster (vgl. DERC-Studie über das Potenzial einer Realisierung einer hardware-Nachrüstung für Dieselfahrzeuge EU 5 (EU 4) zur NOx-Reduzierung vom 8. Januar 2018, S. 3, veröffentlicht auf der homepage des BMVI unter https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/K/hardwarenachruestunggeneralisierendestudie.pdf). Die sogenannte AGR-Rate wird zudem begrenzt durch den „NOx-Ruß-Zielkonflikt“. Bei steigender Motorlast nimmt die Emission von Rußpartikeln zu, so dass es dann angezeigt ist, die AGR-Rate zu verringern. Bezüglich der Einzelheiten der entsprechenden Technologie und der Abhängigkeit der AGR-Rate von den Kraftstoffeinspritzmengen, den Motordrehzahlen und bestimmten Temperaturbereichen (Kühlmittel- und Umgebungslufttemperatur) nimmt der Senat Bezug auf den Bericht des KBA zur Wirksamkeit von software – updates mit Stand vom 10. Januar 2020 (Bericht des KBA zur Wirksamkeit von Software-Updates zur Reduzierung von Stickoxiden bei Dieselmotoren, S. 10 ff., https://www.kba.de/DE/ Marktueberwachung / Abgasthematik / bericht_Wirksamtkeit_SW_Updates.pdf). Wie dem Senat aus zahlreichen Parallelverfahren bekannt ist, hat das KBA in keinem Fall die unter anderem temperaturabhängige Steuerung der AGR-Rate als solche als unzulässige Abschalteinrichtung beanstandet.
Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügt ferner über ein SCR-System. Bei der SCR-Technologie werden die Stickoxidemissionen, die während des Verbrennungsprozesses im Dieselmotor entstehen anschließend in einem Katalysator in elementaren Stickstoff (N₂) und Wasser (H₂O) umgewandelt. Notwendig dafür ist das Reduktionsmittel AdBlue, das in einem separaten Tank im Fahrzeug mitgeführt wird und – in Abhängigkeit des Lastzustands – individuell in den Abgastrakt eingespritzt wird. Für den sicheren Ablauf der Reaktion muss im Katalysator ein genügend hohes Temperaturniveau (ab ca. 200°C) vorhanden sein. Hinsichtlich der Einzelheiten der Technologie wird verwiesen auf die oben benannte Studie über das Potenzial einer Realisierung einer Hardware-Nachrüstung für Dieselfahrzeuge EU 5 (EU 4) zur NOx-Reduzierung im Auftrag des BMVI vom 8. Januar 2018 (vgl. dort S. 4) und auf den oben bezeichneten Bericht des KBA vom 10. Januar 2020 (vgl. dort S. 10 f.). Danach ist allgemeinkundig, dass bei zu hohen Temperaturen die Gefahr des Austretens des giftigen Ammoniaks in die Umgebungsluft (sog. NH3- Schlupf) besteht, bei niedrigen Temperaturen die Gefahr von unerwünschten Ablagerungen (vgl. Bericht des KBA zur Wirksamkeit von software – updates mit Stand vom 10. Januar 2020 a.a.O., S. 11). Auch die Verwendung mehrerer Betriebsmodi als solches (Speicherund Onlinebetrieb) hat das KBA, wie dem Senat ebenfalls aus zahlreichen Parallelverfahren bekannt ist, nicht als unzulässige Abschalteinrichtung beanstandet.
ii. Nach dem Vortrag der Klägerin arbeitet das Emissionssystem sowohl bei der Regelung der Abgasrückführung als auch bei der Dosierung von AdBlue im streitgegenständlichen Fahrzeug in beiden Fahrsituationen, also auf dem Prüfstand wie auch im Fahrbetrieb unter vergleichbaren Bedingungen in gleicher Weise (vgl. zu diesem Aspekt beim Thermofenster BGH BB 2021, 525 ff.; OLG München Beschluss vom 29. September 2020 – 8 U 201/20 -, Rn. 28, juris; OLG Dresden ZfSch 2019, 673 f.; OLG Frankfurt/Main NJW-RR 2020, 476 ff.; OLG Stuttgart Urteil vom 11. Dezember 2020 – 3 U 101/18 -, Rn. 49 ff., zu entsprechenden Untersuchungen an einem Motor OM 651 Rn. 36, juris). Dem Vortrag der Klägerin ist auch nicht zu entnehmen, dass die in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unstreitig vorhandene Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung und die Steuerung der Kühlerjalousie in Abhängigkeit davon aktiviert werden, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand den NEFZ-Zyklus durchläuft oder ob unter vergleichbaren Bedingungen im wirklichen Straßenverkehr gefahren wird. Vielmehr greift nach der Darstellung der Klägerin, die wiederum den Kenntnissen des Senats aus Parallelverfahren und den amtlichen Auskünften des KBA entspricht, die Funktion der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung auch im realen Verkehr ein. Eine sogenannte Prüfstandserkennung hat das KBA selbst in den Fällen, in denen es zu einer Beanstandung gekommen ist, in der Einrichtung nicht erblickt (vgl. OLG Naumburg Urteil vom 18. September 2020 – 8 U 8/20 -, juris). Auch die vom Kläger angeführten Feststellungen des Sachverständigen be legen eine im wirklichen Straßenverkehr andere Funktion der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung als bei der Durchführung der Emissionsprüfung nicht. Entsprechendes gilt für die Funktion der Kühlerjalousie und die von der Klägerin beschriebenen weiteren Steuerungen einschließlich der Timerfunktion und der sogenannten Strategie B. Dass der Sachverständige der Ansicht ist, die Motorsteuerung erkenne die mit dem Prüfstandbetrieb einhergehende geringe Drehzahl und den geringen Luftmassenstrom, ändert an diesem Ergebnis nichts. Denn die von ihm festgestellten Parameter sind auch nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht derart prüfstandsbedingt, dass sie nicht auch im normalen Fahrbetrieb vorkommen würden.
iii. Ist also nach dem Klagevortrag davon auszugehen, dass die Motorsteuerung des streitgegenständlichen Fahrzeugs keine Prüfstandserkennung mit Modusumschaltung aufweist und sich das Emissionskontrollsystem des streitgegenständlichen Fahrzeuges – das sich hier aus verschiedenen Elementen zusammensetzt – im wirklichen Verkehr unter vergleichbaren Bedingungen nicht grundsätzlich anders verhält als bei der gesetzlichen Emissionsprüfung, käme eine Haftung wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach der vorzitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Betracht, wenn – mindestens – die für die Beklagte handelnden Personen bei der Entwicklung und Verwendung der die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems beeinflussenden Steuerungen – deren europarechtliche Unzulässigkeit unterstellt – in dem Bewusstsein gehandelt hätten, unzulässige Abschalteinrichtungen zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen hätten. Derartige Umstände, die auf ein entsprechendes Bewusstsein der verantwortlich für die Beklagte handelnden Personen hinweisen könnten, zeigt die Klägerin jedoch ebenfalls nicht auf. Insoweit spielt auch eine Rolle, dass der klägerische Vortrag zu den einzelnen Funktionen bereits das Ineinandergreifen der Steuerungen und die komplementäre Abstimmung der Regelungen nicht hinreichend berücksichtigt.
– Eine an den Bedingungen des Prüfstands orientierte Ausgestaltung der Steuerung auf die im Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen (Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit, Geschwindigkeit, Widerstand) hält der Senat entgegen der Beurteilung der Klägerin in Übereinstimmung mit der überwiegenden Auffassung der Obergerichte mit Blick auf die zum Zeitpunkt der Genehmigung bestehenden Rechtslage nicht per se als sittenwidrig (im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart Urteil vom 11. Dezember 2020 – 3 U 101/18 -, vgl. auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 03. Februar 2021 – 11 U 109/20 -Rn. 49 und 50 m.w.N.).
– Der Umstand, dass ein Fahrzeug außerhalb der Bedingungen des NEFZ ein abweichendes Emissionsverhalten zeigt gegenüber dem innerhalb, ist technisch bedingt und kann nicht als Beleg für ein verwerfliches Verhalten herangezogen werden. Die Tatsache, dass ein Fahrzeug im normalen Fahrbetrieb höhere Emissionen aufweist als im – für die Überprüfung der Einhaltung der Werte der Euro 6-Norm zum Zeitpunkt der Herstellung maßgeblichen – NEFZ (zu den Bedingungen des NEFZ vgl. OLG Stuttgart Urteil vom 11. Dezember 2020 – 3 U 101/18- Rdn. 23, juris), vermag einen Anspruch aus § 826 BGB ebenfalls nicht zu stützen (so auch OLG Stuttgart Urteil vom 11. Dezember 2020 – 3 U 101/18- Rdn. 39, juris; OLG Celle Urteil vom 13. November 2019 – 7 U 367/18-, juris). Der Umstand, dass die unter den Bedingungen des NEFZ auf dem Rollenprüfstand mit vorgegebenen Parametern gemessenen Werte nicht den tatsächlich im Straßenverkehr anfallenden Emissionswerten entsprechen, war nämlich ein Anlass dafür, dass der Europäische Gesetzgeber im Jahr 2017 mit Art. 3 VO (EU) 2017/1151 vom 01. Juni 2017 den früher geltenden gesetzlichen Prüfzyklus NEFZ durch den WLTC (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure) mit Ergänzung durch den RDE Test (Real Driving Emissions) ersetzt hat und mit den Verordnungen (EU) 2016/646 vom 20. April 2016 und 2017/1151 und 1154 vom 1./7. Juni 2017 das EU-Typgenehmigungsrecht umfassend reformiert hat (vgl. Erwägungsgrund 2 zur VO (EU) 2017/1151). Die technischen Schwierigkeiten einer Umsetzung der neuen Vorgaben waren damals durchaus bekannt. Dies belegt etwa der Erwägungsgrund 10 der VO (EU) 2016/646, in dem die Kommission ausgeführt hat: „Damit sich die Hersteller allmählich an die RDE-Vorschriften anpassen können, sollten die endgültigen quantitativen RDE-Anforderungen in zwei aufeinanderfolgenden Schritten eingeführt werden. In einem ersten Schritt, der ab vier Jahren nach den verbindlichen Daten für die verbindliche Anwendung von Euro 6 gelten sollte, sollte ein Übereinstimmungsfaktor von 2,1 gelten. Der zweite Schritt sollte ein Jahr und vier Monate nach dem ersten Schritt folgen; dann sollte die vollständige Einhaltung des Emissionsgrenzwertes für NOx von 80 mg/km gemäß der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zuzüglich einer Marge zur Berücksichtigung der zusätzlichen Messunsicherheiten beim Einsatz von portablen Emissionsmesssystemen (PEMS) gelten“. Der Kommission war demnach zum Zeitpunkt des Erlasses der VO (EU) 2016/646 bewusst, dass Abweichungen „in der Natur der Sache“ lägen (Erwägungsgrund 12). Den Herstellern sollte mit einer schrittweisen Erhöhung der Anforderungen innerhalb der kommenden Jahre an Emissionen im praktischen Fahrbetrieb ermöglicht werden, ihre Technik auf die neuen Vorschriften umzustellen.
– Mit seinem Vortrag zur AdBlue Dosierung und zur SCR-Technologie vermag die Klägerin ebenfalls kein verwerfliches Verhalten der Beklagten aufzuzeigen. Nach dem Vortrag der Klage kommen die Aktivierungsbedingungen der betreffenden Strategie auch im Realbetrieb vor. Die Notwendigkeit einer Regelung der AdBlue Dosierung ist allgemein anerkannt, die Technik wird von zahlreichen Herstellern eingesetzt. Da auch das KBA das streitgegenständliche Fahrzeugmodell bis zum heutigen Zeitpunkt nicht beanstandet, somit hier auch keine Unzulässigkeit des SCR-Steuerung gerügt hat, sieht der Senat insoweit keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Steuerung, erst recht nicht für eine bewusst normwidrige Implementierung.
– Für die Frage, ob nach dem Vorbringen der Klage ein Verschleiern der Beklagten im Typgenehmigungsverfahren in Betracht kommt, spielt die Rechtslage zum Zeitpunkt des Genehmigungsverfahrens eine maßgebliche Rolle. Während bei Lastkraftwagen bereits seit dem Jahr 2009 nach Art. 5 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 3 Nr. 8 VO (EG) Nr. 2009/595 vom 18. Juni 2009 für schwere Nutzfahrzeuge jegliche Art von „Umgehungsstrategien“ ausnahmslos für unzulässig erklärt worden war („Die Verwendung von Umgehungsstrategien, die die Wirksamkeit von emissionsmindernden Einrichtungen herabsetzen, ist unzulässig“), war die entsprechende für Personenkraftwagen geltende Vorschrift offen formuliert. Nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit a) VO (EG) 715/2007 vom 20. Juni 2007 war die Verwendung von Abschalteinrichtungen in Personenkraftwagen ausnahmsweise dann zulässig, „wenn … die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten“. Für die Erlangung der Typgenehmigung hatte der Hersteller gemäß Art. 3 Abs. 9 VO (EG) 692/2008 vom 18. Juli 2008 der Genehmigungsbehörde zunächst lediglich Angaben zur Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems (AGF) einschließlich ihres Funktionierens bei niedrigen Temperaturen zu machen. Erst im Jahr 2017 wurden die Hersteller von Personenkraftwagen unter der Zusage der Geheimhaltung verpflichtet, den Behörden im Typgenehmigungsverfahren eine „erweiterte“ Dokumentation über ihre Standard-Emissionsstrategien (BES) und über den Betrieb aller zusätzlichen Emissionsstrategien (AES) nebst Parametern und Grenzen vorzulegen (Art. 5 Abs. 11, 12 und Anhang I Anlage III a VO (EU) 2017/1151 vom 1. Juni 2017). Erhellend lässt sich dem Erwägungsgrund 2 zu der VO (EU) 2017/1151 vom 1.6.2017 entnehmen, dass der europäische Gesetzgeber die Informationen über den Kraftstoffverbrauch und die CO₂-Emissionen, die durch Prüfungen von Fahrzeugen gemäß dem NEFZ gewonnen werden, nicht mehr als ausreichend erachten würde. Mit Art. 25 Abs. 4 VO (EU) 2018/858 vom 30. Mai 2018 wurde der Genehmigungsbehörde und den technischen Diensten Zugang eingeräumt zur Software und zu den Algorithmen des Fahrzeugs, die sie für die Durchführung ihrer Tätigkeiten für erforderlich erachten.
Aus zahlreichen Parallelverfahren ist dem Senat bekannt, dass die Beklagte, was die Klägerin hier auch nicht in Abrede stellt, im Typgenehmigungsverfahren für Fahrzeuge, die mit einem Motor der Baureihe OM 651 ausgestattet werden sollten – wie auch das streitgegenständliche Fahrzeug – ein Dokument mit vorgelegt hat, in dem die für die Steuerung der Abgasrückführung maßgeblichen Parameter aufgelistet sind, wobei als ein solcher die „Lufttemperatur“ aufgeführt war. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 15. März 2021 – 5 U 88/20 – ausgeführt hat, kann ein Vorsatz der Beklagten hinsichtlich der etwaigen Unzulässigkeit der Steuerung der AGR nicht angenommen werden, wenn zumindest die Temperaturabhängigkeit der AGR im Genehmigungsverfahren offen gelegt worden und daraufhin die Typgenehmigung erteilt worden ist (ebenso OLG Koblenz Urteil vom 22. März 2021 – 12 U 1263/20 -, juris). Auch wenn die Einzelheiten der Steuerung der AGR hinsichtlich des Maßes der Absenkung der AGR-Rate in Abhängigkeit von der jeweiligen Temperatur und die Auswirkungen dieser Absenkung auf die Emissionen nicht im Detail im Genehmigungsverfahren offen gelegt worden wären, kann doch für das KBA nicht zweifelhaft gewesen sein, dass eine Variation der AGR-Rate auf Grund ihrer Temperaturabhängigkeit nicht ohne Auswirkung auf die Stickoxidemissionen bleiben konnte, dient doch die Einrichtung gerade der Verringerung dieser Emissionen. Hat sich das KBA gleichwohl nicht zu einer Nachfrage veranlasst gesehen, kann dies nur bedeuten, dass sich die Behörde durch die – nicht weiter detaillierte – Mitteilung der Temperaturabhängigkeit der AGR-Rate hinreichend unterrichtet gefühlt hat, so dass von einer Verschleierung oder gar Verheimlichung der Funktion des sogenannten Thermofensters nicht gesprochen werden kann (siehe dazu auch BGH BB 2021, 525 ff.). Damit ist davon auszugehen, dass die Genehmigungsbehörde von diesem Umstand bei Dieselmotoren der Beklagten Kenntnis hatte, so dass es für den hier maßgeblichen Vorwurf einer behaupteten vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung auf die Angaben der Beklagten im konkreten Fall nicht maßgeblich ankommen würde. Selbst wenn die Beklagte nämlich in einem einzelnen Typgenehmigungsverfahren oder für eine spezielle Motorisierung eine Angabe dazu unterlassen hätte, könnte dieser Umstand nicht für den Vorwurf herangezogen werden, die Beklagte habe die Genehmigungsbehörde systematisch getäuscht und gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen, was im Übrigen auch von Seiten des KBA in den offiziellen Verlautbarungen bislang nicht behauptet worden ist. Vielmehr konnte die Beklagte durchaus annehmen, dass die von ihr gewählte Steuerung der Abgasrückführung jedenfalls dem Grunde nach – damals – nicht zu beanstanden sei, weil sie ansonsten vom KBA eben beanstandet worden wäre. Eine Rechtspflicht zur Anzeige sämtlicher die Steuerung der Abgasrückführung bestimmenden Parameter bestand nach der damaligen Rechtslage nicht (so ebenfalls OLG Celle Urteil vom 14. April 2021 – 7 U 1955/19- Rn. 31, juris, m.w.N. auch unter Berufung auf eine Auskunft des KBA).
Bezüglich der AdBlue-Dosierung in den unterschiedlichen Betriebsmodi des SCR-Katalysators wurde eine ausführliche Beschreibung der Funktionen des Emissionskontrollsystems im Zeitpunkt der Erteilung der Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug nach den inhaltlich standardisierten Vorgaben in Anhang I Anlage 3 VO (EG) 692/2008 nicht präzise abgefragt (vgl. zu diesem Aspekt auch OLG Celle, Urteil vom 14. April 2021 – 7 U 1955/19 -, Rn. 38, juris; ebenfalls OLG Hamm Urteil vom 28. Januar 2021 – 18 U 21/20 -, Rn. 84, juris). Zu diesem Ergebnis ist im Übrigen auch bereits der 5. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode des Bundestags in seinem Bericht vom 22. Juni 2017 nach der Anhörung von Verantwortlichen des KBA gelangt (BT-Drs. 18/12900 S. 513; ähnlich auch OLG Hamm Urteil vom 28. Januar 2021 – 18 U 21/20 -, Rn. 85, juris). Erweisen sich jedoch die gesetzlichen Bestimmungen zur Anzeigepflicht als unscharf (dazu ausführlich OLG Koblenz DAR 2021, 204 ff. Rn. 54 ff. m.w.N. aus der obergerichtlichen Rspr.) und verlangte auch das KBA als zuständige Typgenehmigungsbehörde keine Offenlegung der Steuerungssoftware und der Emissionsminderungsstrategie bezüglich des SCR-Systems (vgl. auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 24. März 2021 – 11 U 109/20 -, Rn. 18, juris unter Hinweis auf entsprechende Auskünfte des KBA) obgleich die technische Notwendigkeit einer Steuerung bekannt war, so ist für den Vorwurf eines sittenwidrigen Verhaltens insbesondere mit Blick auf die damals geltende offen formulierte Ausnahmevorschrift zum Motorschutz und deren Interpretationsweite kein Raum. Wenn die Angaben der Beklagten aus der Sicht der Genehmigungsbehörde im Einzelfall unvollständig gewesen sein sollten oder Fragen aufwarfen, wäre es die Aufgabe des KBA gewesen, die fehlenden Angaben im Typgenehmigungsverfahren einzufordern. Dass es sich bei der Emissionstechnik der Beklagten um ein komplementäres System handelte, dessen Parameter zwingend aufeinander, aber auch auf die Temperatur der Außenluft und die Motorlast abgestimmt werden mussten, war für die Genehmigungsbehörde ohne weiteres erkennbar. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung.
Das Vorbringen der Klage führt im Übrigen nicht dazu, dass die Beklagte entgegen ihrer gesetzlich anerkannten Geheimhaltungsinteressen (vgl. Art. 5 Abs. 12 VO (EU) 2017/1151 vom 1. Juni 2017) und mit der Gefahr de Ausforschung einer technischen Entwicklung nunmehr ihre Emissionsstrategie im Detail der Klägerin offen legen und dezidiert darlegen müsste, welche konkreten Abschaltungen ein bestimmter Motor enthält und warum diese gegebenenfalls für notwendig gehalten werden, um den Motor vor Beschädigungen oder Unfällen zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten (eine derartige Aufklärungspflicht ebenfalls ablehnend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil vom 16. Februa 2021 – 7 U 68/20 -, Rn. 57, juris). Die Behauptung, die Beklagte habe im Typgenehmigungsverfahren unwahre oder ungenügende Angaben zum Emissionssystem gemacht, genügt aus den aufgezeigten Gründen dem Darlegungserfordernis eines Klägers für die Herleitung eines Anspruchs aus sittenwidriger Schädigung nicht. Hierbei ist wiederum zu berücksichtigen, dass die dem Hersteller abverlangten Angaben nach den europäischen Vorgaben zum Zeitpunkt der Genehmigung des Fahrzeugstyps im Typgenehmigungsverfahren standardisiert waren. Die Spekulation der Klägerin, es könne ein Widerruf der Typgenehmigung drohen, ist mangels tragfähige Anhaltspunkte auf eine derartige Entschließung des KBA nicht geeignet, den Vorwurf eines verwerflichen Verhaltens gegen die Beklagte zu stützen.
– Soweit die Klägerin vorbringt, die Beklagte habe die Genehmigungsbehörde getäuscht, indem sie für die Emissionsmessungen im NEFZ Luftwiderstandsdaten zur Verfügung gestellt habe, die bei geschlossener Kühlerjalousie gemessen worden seien, so dass den Emissionsmessungen ein zu geringer Luftwiderstandswert zugrunde liege, ist nicht dargetan, in wieweit die Angabe der angeblich falschen Daten überhaupt geeignet gewesen wäre, sich auf das Genehmigungsverfahren im konkreten Fall auszuwirken.
– Auch mit dem Vortrag, dass technische Alternativen in Betracht kämen, zeigt die Klägerin keine Anhaltspunkte für eine sittenwidrige Schädigung auf. Das System ist auch nach dem Vortrag der Klägerin bislang vom KBA unbeanstandet geblieben, auch wenn sie selbst eine andere Technik als vorzugswürdig erachtet.
Die Angriffe der Klägerin gegen die Genehmigungsfähigkeit des Fahrzeugs versagen ebenfalls. Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 15. März 2021 und vom 26. April 2021 ( – 5 U 88/20 – und – 5 U 1701/20 -) ausgeführt hat, umfasst die in der Erteilung der Typgenehmigung liegende Bestätigung der Vorschriftsmäßigkeit des geprüften Fahrzeuges auch die Bestätigung der Vorschriftsmäßigkeit im Hinblick auf die Emissionen und sind die Zivilgerichte auf Grund der Tatbestandswirkung der Typgenehmigung gehindert, etwas anderes anzunehmen. Mit der Tatbestandswirkung der hie auch nicht nachträglich – durch Nebenbestimmungen – eingeschränkten Typgenehmigung wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Senat annähme, die Beklagte habe der Klägerin gegenüber mit dem Inverkehrbringen eines Fahrzeuges, das einem genehmigten Typ entspricht, gegen die guten Sitten verstoßen, weil das Fahrzeug mit einer nicht zulässigen Abschalteinrichtung versehen sei, die der Erteilung der Typgenehmigung entgegengestanden hätte. Dies entspricht auch der Auffassung mehrerer andere Oberlandesgerichte (etwa OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 7. August 2019 – 7 U 626/19 -; OLG Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 27. Dezembe 2020 – 5 U 295/19 -; KG, Urteil vom 18. Februar 2020 – 14 U 74/19 – OLG Brandenburg, Beschluss vom 3. Februar 2021 – 11 U 109/20 -, sämtlich zitiert nach juris); explizit geäußerte Gegenauffassungen sind dem Senat nicht bekannt. Etwas anderes gälte zwar, wenn die Beklagte im Typgenehmigungsverfahren falsche oder bewusst unvollständige Angaben gemacht und damit die Genehmigung erschlichen hätte. Dies ist von der Klägerin jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht ausreichend dargelegt worden.
b. Eine deliktische Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 EG-FGV, Art. 18 der RL 2007/46/EG, Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 scheidet nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung aus. Die Vorgaben an den Hersteller stellen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes keine Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar, die eine Schadensersatzpflicht des Verkäufers oder Herstellers auf eine Erstattung des Kaufpreises in Bezug auf ein bereits zugelassenes Fahrzeug auslösen könnten (BGHZ 225, 316 ff., Rn. 72 ff., 76; BGH ZIP 2020, 1715 Rn. 10 ff., 17 ff.; BGH ZIP 2021, 84 Rn. 20).
Ein Betrug zum Nachteil der Klägerin kommt nach dem oben unter 2.a. Gesagten nicht in Betracht.
Auch soweit die Klägerin geltend macht, die Beklagte habe mit der „Blue TEC“-Technologie geworben, diese Werbeversprechen aber nicht eingehalten, steht ihr ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 UWG nicht zu. Ein entsprechender Anspruch würde zumindest bedingten Vorsatz der verantwortlich für die Beklagte handelnden Personen voraussetzen. Dafür liegen jedoch auch nach dem Vortrag der Klägerin nach dem oben Gesagten bezüglich der Abgasreinigung, wie sie die Beklagte vornimmt, keine tragfähigen Hinweise vor (vgl. auch OLG München Beschluss vom 1. März 2021 – 8 U 4122/20 -, juris).
3. Bleibt die Klage in der Hauptsache ohne Erfolg, gilt dies auch für die weiteren, vom Erfolg der Hauptsache abhängigen Ansprüche auf Zinsen, Erstattung und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie auf Feststellung des Annahmeverzuges.
4. Soweit die Klägerin ihre Anträge teilweise einseitig für erledigt erklärt hat, liegt darin eine Klageänderung. Der Antrag auf Feststellung des Eintritts der teilweisen Erledigung des Rechtsstreits scheitert ebenfalls. Denn die zunächst erhobene Zahlungsklage war von Anfang an vollumfänglich unbegründet, weshalb keine Erledigung eingetreten ist. Auch insoweit hat die Berufung keinen Erfolg.
D.
Die Berufung wird mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Der anfängliche Streitwert betrug 30.337,83 Euro. Da die Klage wie auch die Berufung von Anfang an nicht begründet waren, spielt die in der Berufungsinstanz vorgenommene einseitige Erledigterklärung der Klägerin insoweit keine Rolle. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs inzwischen geklärt. Der Senat weicht auch nicht von der Rechtsprechung anderer Obergerichte ab. Dies gilt auch für die Entscheidung des OLG Naumburg vom 18. September 2020 – 8 U 8/20 -; diese Entscheidung betrifft den hier nicht gegebenen Fall, dass wegen der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung ein Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes erfolgt ist.


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