Europarecht

Besteuerung auf remittance Basis

Aktenzeichen  8 K 883/17

Datum:
26.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 8552
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
AO § 88, § 164 Abs. 2
AStG § 2 Abs. 1
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3
DBA-GB Art. VII Abs. 1
EStG § 1 Abs. 3, § 34d
AEUV Art. 21, Art. 45, Art. 63
EG Art. 56 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der angegriffene Einkommensteuerbescheid vom 9. Juli 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. März 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
I.
Die Voraussetzungen für eine Besteuerung der Klägerin nach § 2 AStG in der im Streitjahr gültigen Fassung vom 19. Dezember 2000 liegen vor. Die Klägerin war im Streitjahr erweitert beschränkt einkommensteuerpflichtig, da sie in einem ausländischen Gebiet ansässig war, in dem sie mit ihrem Einkommen nur einer niedrigen Besteuerung unterlag (s. unten 1.), Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielte, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34c Abs. 1 EStG waren und die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AStG vorlagen (s. unten 2.).
1. Die „remittance basis“-Besteuerung nach britischem Recht ist eine Vorzugsbesteuerung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 AStG, weil die für britische Staatsangehörige mit ständigem Wohnsitz und Aufenthalt im Vereinigten Königreich („Resident“ und „Ordinary Resident“ und „domiciled“) im Streitjahr geltenden Einkommensteuervorschriften keine Besteuerung der Kapitaleinkünfte auf „remittance basis“ vorsahen.
a) Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG liegt eine niedrige Besteuerung im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 dann vor, wenn die Belastung der Person durch die in dem ausländischen Gebiet erhobene Einkommensteuer auf Grund einer gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumten Vorzugsbesteuerung erheblich gemindert sein kann, es sei denn, die Person weist nach, dass die von ihrem Einkommen insgesamt zu entrichtenden Steuern mindestens zwei Drittel der Einkommensteuer betragen, die sie bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG zu entrichten hätte. Die britische „remittance basis“-Besteuerung in ihrer im Streitjahr anwendbaren Ausgestaltung erfüllte das Kriterium der Vorzugsbesteuerung.
aa) Eine Besteuerung auf „remittance basis“ bedeutet, dass bei bestimmten Einkünften aus ausländischen Quellen von der Besteuerung zunächst abgesehen wird, sofern sie nicht in das Inland überführt werden. Erst dann, wenn dies geschieht, erfolgt die Besteuerung. Sie unterbleibt gegebenenfalls gänzlich, wenn deren Überführung in das Inland nicht erfolgt (Hahn in: Lademann, § 2 AStG Rz. 85).
Im Streitjahr 2006 kam in Großbritannien nach den unstreitigen Feststellungen des Sachverständigengutachtens folgende „remittance basis“-Besteuerung zur Anwendung:
Die Remittance Basis Taxation befand sich in Part 8 des ITTOIA 2005 und regelte eine Ausnahme zur Besteuerung des weltweiten Einkommens für bestimmte aus dem Ausland stammende Einkünfte („relevant foreign income“). Sie kam von vornherein nur für Steuerpflichtige in Betracht, die im Vereinigten Königreich ansässig (Resident) waren. Gemäß ITTOIA 2005 Sec. 831 (2), (3) und (4) war weiter erforderlich, dass der Steuerpflichtige dort entweder „non-domiciled“ war oder den Status „Ordinary Resident“ nicht inne hatte. Gemäß ITTOIA 2005 Sec. 831 (1) setzte die Anwendung der Remittance Basis Taxation außerdem einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus.
Der sachliche Anwendungsbereich der Remittance Basis Taxation erstreckte sich primär auf laufende Einkünfte (income) und hier insbesondere auf die in ITTOIA 2005 Sec. 830 (2) genannten Einkunftsarten. Zu diesen zählten u.a. interests (ITTOIA 2005 Part 4 Chapter 2) und dividends from non-UK resident companies (ITTOIA 2005 Part 4 Chapter 4).
Die Rechtsfolge der Remittance Basis Taxation war in ITTOIA 2005 Sec. 832 (1) geregelt. Hiernach wurden alle aus dem Ausland in das Vereinigte Königreich verbrachten und erhaltenen Einkünfte voll versteuert. Dies galt nach ITTOIA 2005 Sec. 403 (2) für Dividendeneinkünfte und nach ITTOIA 2005 Sec. 370 (2) für Zinseinkünfte.
(vgl. Gutachten S. 7 f., FG-Akte S. 240 f.).
bb) Der Status des Steuerpflichtigen als „Resident“, „Ordinary Resident“ und „domiciled“ bestimmte sich nach den ebenfalls unstreitigen Feststellungen des Sachverständigengutachtens im Streitjahr wie folgt:
„Das englische Einkommensteuerrecht unterscheidet zwischen „Residence/Resident“, „Ordinary Residence/Ordinarily Resident“ und „Domicile/domiciled“. Während die Rechtsfolgen dieser unterschiedlichen Status gesetzlich bestimmt wurden, fehlte – jedenfalls für das Jahr 2006 – jede gesetzliche Definition dieser Begriffe. Das bis April 2005 bestehende Inland Revenue (heute: HMRC) stellte im Jahr 2000 einen Leitfaden zur Bestimmung der Begriffe auf (Booklet IR 20). In der Praxis hielt sich die Finanzbehörde an die Bestimmungen im Booklet. Die Rechtsprechung sah dagegen mangels rechtlicher Verbindlichkeit des Booklets von dessen Anwendung ab. Da auch keine gesetzliche Definition bestand, zog die Rechtsprechung stattdessen den Wortsinn der o.g. Begriffe nach allgemeinem Sprachgebrauch als Ausgangslage heran. Durch eine Gesamtschau der Umstände wurde sodann das Ergebnis bestimmt.“
(vgl. Gutachten S. 2, FG-Akte S. 235)
Der Status „resident“ wurde von der britischen Finanzbehörde anhand des physischen Aufenthalts einer Person im Inland bestimmt. Dauerte dieser 183 Tage oder länger, galt die Person ausnahmslos als „Resident“. Ein kürzerer Aufenthalt schloss jedoch nicht aus, dennoch den Status „Resident“ zu erhalten. Daneben galt eine Person auch dann als „Resident“, wenn sie in das Vereinigte Königreich mit der Absicht kam, dauerhaft oder für mindestens drei Jahre dort zu leben. Nach der Rechtsprechung genügte allein die Dauer der physischen Präsenz nicht, um den Status „Resident“ zu begründen. Die physische Präsenz hatte vielmehr dienende Funktion, indem sie eine anhaltende Bindung zu einem Ort bewies.
(vgl. Gutachten S. 2 f., FG-Akte S. 235 f.).
Der Begriff „Ordinary Resident“ beschrieb einen Status, der auf einer Skala zwischen einem einfachen „Resident“ und dem eine Beziehung zwischen Mensch und Ort beschreibenden „Domicile“ lag. Nicht jeder, der im Vereinigten Königreich „Resident“ war, war dort zugleich auch „Ordinarily Resident“. Über die reine „Residency“ ging der Begriff der „Ordinary Residence“ nämlich insofern hinaus, als er den Aufenthalt im Vereinigten Königreich im Sinne eines gewöhnlichen und regulären Ablaufs des Lebens der Person beschrieb. Auch hier war nicht allein die zeitliche Dauer des Aufenthalts im Inland entscheidend für den Status „Ordinary Resident“. Vielmehr war entscheidend, ob es sich um einen regelmäßigen bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Leben der Person handelte im Unterschied zu gelegentlichen oder außerordentlichen Aufenthalten. Dabei wurden wiederholte Aufenthalte in einem Zeitraum von mindestens drei Jahren als Indiz für das Vorliegen eines „regular order of life“ im Vereinigten Königreich gesehen. Daneben waren zwei weitere Umstände entscheidend, ob sich die Person freiwillig im Inland aufhielt und ob ein feststehender Zweck (settled purpose) für den Aufenthalt bestand. Der feststehende Zweck musste dabei nicht zeitlich unbegrenzt sein. Der Status „Ordinary Resident“ konnte ein länger anhaltender Status als der Status „Resident“ sein. Zwar setzte die Begründung einer „Ordinary Residence“ voraus, dass der Steuerpflichtige (noch) „Resident“ war; nach Wegfall der „Residence“ konnte die Person aber – jedenfalls für einen Übergangszeitraum – weiterhin „Ordinarily Resident“ bleiben, ohne noch „Resident“ zu sein.
(vgl. Gutachten S. 3 f., FG-Akte S. 236 f.).
Auch den Status „domiciled“ bzw. „non-domiciled“ gab es im Jahr 2006. Dieser war jedoch gesetzlich nicht definiert. Eine einfache Definition beschrieb das Domizil als dauerhaftes Zuhause oder Heimat. Zur Einordnung entscheidend waren die zugrundeliegenden Prinzipien des Begriffs „domiciled“: 1) Jede Person hat zu jedem Zeitpunkt ein „Domicile“. 2) Niemand kann mehr als ein operatives „Domicile“ haben. 3) Das „Domicile“ muss sich in einem Territorium, welches einer einzigen Rechtsordnung unterfällt, befinden. 4) Eine Änderung des „Domicile“ kann nicht angenommen werden, sondern ist zu beweisen. 5) Maßgeblich ist das Verständnis nach britischem Recht.
Es gab drei Arten von „Domicile“: Domicile of Origin, Domicile of Dependency und Domicile of Choice. Bei Geburt erhielt jede Person ein „Domicile of Origin“, welches sich nach dem „Domicile“ des Vaters richtete. Dieses „Domicile“ bestand das ganze Leben und konnte nicht geändert werden, jedoch konnte eine andere Art von „Domicile“ das „Domicile of Origin“ überlagern, sodass ersteres nicht mehr galt. Falls das überlagernde „Domicile“ wegfiel, lebte das „Domicile of Origin“ wieder auf. Das „Domicile of Dependence“ galt für Personen, die (noch) nicht in der Lage waren ihr „Domicile“ selbständig rechtlich zu ändern. Schließlich konnte das „Domicile of Choice“ erworben werden. Eine Person konnte freiwillig ihren Hauptwohnsitz mit der Absicht, für eine unbegrenzte Zeit dort zu verweilen, an einen neuen Ort verlegen. Mit Hauptwohnsitz war damit nicht die „Residence“ im oben genannten Sinne zu verstehen, sondern der tatsächliche physische Aufenthalt in einem Land als Einwohner. Dabei musste es sich nach einer Abwägung der Umstände um den zentralen Wohnsitz einer Person handeln. Auch hier konnte die Dauer des Aufenthalts ein Indiz für das Vorliegen eines „Domicile of Choice“ sein, reichte jedoch nicht aus, um es zu begründen. Es bedurfte vielmehr noch eines Willenselements. Die betreffende Person musste die Absicht haben, einen Ort zu ihrer ständigen Wohnstätte zu machen. Eine von einem unsicheren zukünftigen Umstand abhängige Absicht, in Zukunft zum ursprünglichen „Domicile“ zurückzukehren, genügte nicht, um der Entstehung des „Domicile of Choice“ entgegenzuwirken.
(vgl. Gutachten S. 4 f., FG-Akte S. 237 f.).
cc) Für den Bereich des „income“, zu welchem Einkünfte aus Kapitalvermögen rechnen, waren nur bestimmte Steuerpflichtige berechtigt, die „remittance basis“-Besteuerung in Anspruch zu nehmen.
Grundsätzlich musste ein Steuerpflichtiger mindestens „resident“ sein, sonst unterfiel er von vornherein nicht der britischen Steuerpflicht mit seinem Welteinkommen („Arising Basis“).
(vgl. Gutachten S. 8, FG-Akte S. 241).
Die Inanspruchnahme der „remittance basis“-Besteuerung kam in Betracht, wenn er
– entweder nur „Resident“, aber nicht „“Ordinary Resident“ und nicht „domiciled“ war,
– oder „Resident“ und „Ordinary Resident“, aber nicht „domiciled“ war,
– oder „Resident“ und „domiciled“, aber nicht „Ordinary Resident“ war (praktisch selten).
Die „remittance basis“-Besteuerung stand denjenigen britischen Steuerpflichtigen nicht offen, die über den Status „Resident“ und „Ordinary Resident“ und „domiciled“ verfügten. Weitere Besonderheiten galten bei anderen Einkunftsarten.
(vgl. Gutachten S. 9, FG-Akte S. 242).
dd) Wegen der weiteren Einzelheiten des britischen Steuerrechts wird auf das Gutachten vom 4. Juni 2020 Bezug genommen.
b) Die Besteuerung der Steuerpflichtigen mit dem Status „Resident“ und „Ordinary Resident“ und „domiciled“ ist die allgemeine Besteuerung, die in das Vergleichspaar des § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG einzustellen ist. Danach war die „remittance basis“-Besteuerung eine Vorzugsbesteuerung, weil der Steuerpflichtige, der für die Anwendung optiert hat, in Großbritannien jedenfalls zunächst gar keine Steuer für die nicht transferierten Einkünfte zu entrichten hatte und deshalb gegenüber der allgemeinen Besteuerung erheblich besser gestellt wurde.
aa) Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG setzt die erweitert beschränkte Einkommensteuerpflicht nach deutschem Recht voraus, dass die Belastung der abgewanderten Person in ihrem neuen Ansässigkeitsstaat auf Grund einer gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumten Vorzugsbesteuerung erheblich gemindert sein kann. Der Begriff der Vorzugsbesteuerung ist gesetzlich nicht näher definiert, die Auslegung ist aus dem gebräuchlichen Wortsinn heraus zu entwickeln. Nach einer in der Literatur entwickelten Definition findet in einem Gebiet eine Vorzugsbesteuerung statt, wenn für einen bestimmten Personenkreis steuerliche Regeln gelten oder eine Verwaltungspraxis besteht, die sich von den allgemeinen, für jedermann in dieser Region geltenden Regeln unterscheidet und den Steuerpflichtigen günstiger stellt (Baßler in: F/W/B/Sch, § 2 AStG Rz. 223; Hahn in Lademann, § 2 AStG Rz. 92, jew. m.w.N.). Nach Baßler ist weiter entscheidend darauf abzustellen, ob es sich um eine Steuervergünstigung handelt, die wegen ihrer sachlichen Anknüpfungspunkte allgemein bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens zu beachten ist oder um eine solche, die wegen des persönlichen Anknüpfungspunktes nur dem Einwanderer bzw. ihm gleichzustellenden Personen gewährt wird. Niedrige Besteuerungen durch Tarifbegünstigungen sollen grundsätzlich dann keine Vorzugsbesteuerung darstellen, wenn die Person darauf nach sachlichen Tatbestandsmerkmalen einen Anspruch hat (Baßler, aaO Rz. 223). Die Verwaltung erläutert anhand von Beispielen, wann eine Vorzugsbesteuerung vorliegt (vgl. BMF vom 14. Mai 2004, BStBl I 2004, Sonder-Nr. 1, Tz. 2.2.2 Nr. 2).
Ausgehend von dieser Definition wird die britische „remittance basis“-Besteuerung unterschiedlich beurteilt. Baßler (aaO Rz. 223.1) führt aus, die „remittance basis“-Besteuerung sei dann keine Vorzugsbesteuerung, wenn sie – wie im Streitjahr in Großbritannien – auch Personen offenstehe, die zwar ein britisches „domicile“ haben, aber nicht über eine „ordinary residence“ verfügen. Letzteres sei ein sachliches Merkmal, weil es an äußeren (=sachlichen) Lebensumständen der Person und nicht an der Person selbst anknüpfe. Andere vertreten die Auffassung, die britische „remittance basis“-Besteuerung sei eine Vorzugsbesteuerung (Beckmann in: D/W, Art. 24 DBA-GB, Rz. 9 m.w.N.; Schwibinger/Anzinger, ISR 2014, 225) oder lassen die Frage offen (z.B. Hahn, jurisPR-SteuerR 22/2012, Anm. 3, E.II.3.; Lampert in: Blümich, EStG, § 2 AStG Rz. 23; Zimmermann/Könemann in: S/K/K, § 2 AStG Rz. 110). Die Finanzverwaltung erläutert zur „remittance basis“-Besteuerung, dass diese zwar dem Grunde nach zu keiner Vorzugsbesteuerung führe. Dies gelte aber nicht, wenn – wie nach britischem Recht – diese Besteuerung von besonderen, an die Ansässigkeit anknüpfenden Voraussetzungen abhängig sei, wie z.B. Auslandseinkünfte eines Ausländers, der zwar im Vereinigten Königreich ansässig sei („resident“), aber nicht über ein britisches „domicile“ verfüge (vgl. BMF vom 14. Mai 2004, BStBl I 2004, Sonder-Nr. 1, Tz. 2.2.2). Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 21. November 2011 (8 K 628/08) ebenfalls die Auffassung vertreten, die britische „remittance basis“-Besteuerung stelle eine Vorzugsbesteuerung i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG dar. Dieses Urteil wurde aus hier nicht streitigen Gründen aufgehoben (BFH-Urt. vom 26. Juni 2013 I R 4/12, BFH/NV 2013, 1925). Der BFH hat die Frage, ob er insoweit dem FG München folgen könnte, ausdrücklich offen gelassen.
bb) Der Senat hält nach nochmaliger Überprüfung für das Streitjahr 2006 daran fest, dass die britische für das „income“ geltende „remittance basis“-Besteuerung eine Vorzugsbesteuerung ist.
Aus der obigen Darstellung folgt, dass das britische Steuerrecht im Streitjahr eine gestufte Ansässigkeit kannte, nämlich den Status „Resident“, „Ordinary Resident“ und „domiciled“. Der Grad der Verwurzelung des Steuerpflichtigen in Großbritannien wurde dabei immer größer. Die Staatsangehörigkeit spielte hingegen keine Rolle. Weiter kann verallgemeinert werden, dass es sich bei den Steuerpflichtigen, die nur „Residents“ oder (gleichzeitig) „Ordinary Residents“ waren, typischerweise um Zuwanderer handelte, die den Status „domiciled“ noch nicht erlangt hatten. Dagegen waren diejenigen Personen, die in Großbritannien lebten und in ihrer Lebensführung keinen Auslandsbezug hatten, regelmäßig „domiciled“. Weiter kann verallgemeinert werden, dass diejenigen, die „Residents“ und „domiciled“ waren, aber nicht „Ordinary Residents“, sich wohl entweder im Stadium der Abwanderung aus dem oder im Stadium der Zuwanderung in das Vereinigte Königreich befunden haben dürften. Denn sie mussten bei bestehendem „domicile“ im Veranlagungszeitraum einerseits über eine Mindestaufenthaltsdauer im Vereinigten Königreich verfügt haben, ohne aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort zu haben. Dies trifft am ehesten auf Personen zu, die den gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich im Laufe des Jahres aufgegeben haben oder – z.B. bei einem bestehendem „domicile of origin“ – dorthin zurückkehrten. Hinzuweisen ist darauf, dass diese Kombination in der Praxis nur selten vorkommt und auch in der Literatur wenig diskutiert wird (vgl. Gutachten S. 9, FG-Akte S. 242).
Nach dem Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG ist darauf abzustellen, ob die Besteuerung des Wegzüglers im ausländischen Gebiet auf Grund einer gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumten Vorzugsbesteuerung erheblich gemindert sein kann. Ersichtlich stellt der Gesetzgeber somit darauf ab, dass die Bevorzugung gerade aus dem Zuwandererstatus resultiert. Entsprechend sind als Vergleichsgruppe diejenige Steuerpflichtigen heranzuziehen, die im Aufnahmestaat der allgemeinen Steuerpflicht unterliegen und keinen Auslandsbezug haben. Steuerpflichtige nach britischem Recht verfügen regelmäßig über den Status „resident“ und „ordinary resident“ und „domiciled“. Dies ist die maßgebliche Vergleichsgruppe. Da diese britischen Steuerpflichtigen die „remittance basis“-Besteuerung nicht für sich beanspruchen konnten, handelte es sich somit um eine Vorzugsbesteuerung i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG (h.M., vgl. Beckmann aaO, Art. 24 Rz. 9 m.w.N.).
Die von Baßler vertretene Gegenauffassung überzeugt nicht. Nach dieser Auffassung soll es entscheidend darauf ankommen, dass die „remittance basis“-Besteuerung auch Personen offen steht, die zwar ein britisches „domicile“ haben, aber im Vereinigten Königreich nicht über eine „ordinary residence“, sondern nur eine „residence“ verfügen. Letzteres sei ein sachliches Merkmal, weil es an den äußeren (=sachlichen) Lebensumständen der Person und nicht an der Person selbst anknüpfe. Damit sei die britische „remittance basis“-Besteuerung keine Vorzugsbesteuerung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden, weil danach einer in der Praxis nur selten vorkommenden Gruppe, die im Streitjahr ebenfalls die „remittance basis“-Besteuerung in Anspruch nehmen durfte, entscheidende Bedeutung für die Qualifizierung der Vergünstigung als Vorzugsbesteuerung zukommen soll. Dies steht offensichtlich im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut, der auf die allgemeine Besteuerung in Abgrenzung zur Vorzugsbesteuerung abstellt. Es handelt sich somit um kein geeignetes Abgrenzungskriterium (im Ergebnis ebenso Schwibinger/Anzinger, ISR 2014, 225, 230).
cc) Die weiteren von der Klägerin erhobenen Einwände greifen nicht durch.
aaa) Nach Auffassung der Klägerin könne die britische „remittance basis“-Besteuerung deshalb keine Vorzugsbesteuerung darstellen, weil auch Deutschland unterschiedliche Stufen der Steuerpflicht je nach der Intensität der persönlichen Beziehungen des Steuerpflichtigen zum Inland kenne (unbeschränkte Steuerpflicht, erweitert unbeschränkte Steuerpflicht, fiktive unbeschränkte Steuerpflicht, beschränkte Steuerpflicht, erweitert beschränkte Steuerpflicht) und gleichwohl keine Vorzugsbesteuerung gewähre. Entscheidend für den Begriff der Vorzugsbesteuerung ist – was die Klägerin verkennt – das Zusammenspiel der Besteuerungsart mit der Rechtsfolgenseite. Eine Vorzugsbesteuerung liegt erst dann vor, wenn bei einem nach dem Grad der persönlichen Beziehung des Steuersubjekts zum besteuernden Staat gestuften Besteuerungszugriff einem Steuerpflichtigen oder einer Gruppe von Steuerpflichtigen steuerliche Erleichterungen in erheblichem Umfang zugestanden werden, die den der allgemeinen Besteuerung in diesem Land unterliegenden Steuerpflichtigen nicht gewährt werden. Das Bestehen einer Regelung im deutschen Steuerrecht entsprechend der „remittance basis“-Besteuerung, die im Rahmen der unbeschränkten oder beschränkten Einkommensteuerpflicht zur Nichtbesteuerung von nicht ins Inland transferierten Einkünften führt, behauptet auch die Klägerin nicht. Im Übrigen wäre ein solcher Befund – so er denn gegeben wäre – für die vorliegend zu treffende Entscheidung unbehelflich.
bbb) Der Bejahung der Vorzugsbesteuerung kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die britische „remittance basis“-Besteuerung historisch gewachsen ist und für den unterschiedlichen Besteuerungszugriff seinerzeit vernünftige und nachvollziehbare Gründe bestanden. Es ist nicht das Anliegen des AStG, die durch den ausländischen Gesetzgeber getroffenen Be- bzw. Entlastungsentscheidungen danach zu bewerten, von welchen Erwägungen sie getragen wurden bzw. werden. Nach Auffassung des Senats kommt es auch nicht darauf an, ob es sich um eine ausländische Gesetzgebung handelt, die den Zuzug von wohlhabenden Einwanderern gezielt fördern soll. Für die Anwendung des § 2 AStG ist allein entscheidend, welche konkrete Regelung im Veranlagungszeitraum im Zuwanderungsstaat zur Anwendung kommt und ob es sich hierbei um eine Vorzugsbesteuerung im oben näher beschriebenen Sinne handelt. § 2 AStG will die Steuerflucht in Auswanderfällen, die als störend empfunden wird, regeln (vgl. Begründung zu Leitsätzen der Bundesregierung vom 17. Dezember 1970, abgedruckt bei F/W/B/Sch, Gesetzesmaterialien zu § 2 AStG und DB 1971, 16). Dies hat seinen Ansatzpunkt darin, dass der Auswanderer seine deutschen Wirtschaftsinteressen beibehält, dabei aber durch seinen Wegzug in ein steuergünstiges Gebiet eine erhebliche Minderung seiner Steuerlast erreicht. Deshalb knüpft das deutsche Steuerrecht in bestimmten Konstellationen Rechtsfolgen an die Abwanderung. Es handelt sich bei der Vorschrift um eine Lenkungsnorm, die den Zweck verfolgt, Deutsche mit wirtschaftlichen Interessen im Inland zur Rückkehr zu bewegen (vgl. Beschluss des BVerfG vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, unter C. I. 4. b) bb) der Gründe). Eine Bewertung des ausländischen Rechts ist damit nicht verbunden, die dortigen Motive für eine bestimmte Regelung sind deshalb unerheblich.
Nach Auffassung des Senats kommt auch der von der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob es sich bei der „remittance basis“ um ein allgemeines Prinzip des britischen Steuerrechts handelt, keine streitentscheidende Bedeutung zu. Der Sachverständige führte hierzu in der mündlichen Verhandlung ergänzend aus, sowohl die Besteuerung auf der Grundlage der „remittance basis“ als auch die Besteuerung nach dem Welteinkommensprinzip („arising basis“) seien in vielfältigen Ausprägungen anzutreffen, beide Formen gehörten zum allgemeinen Besteuerungssystem Großbritanniens. Diese Feststellungen blieben unbestritten. Wie bereits ausgeführt ist das Vorliegen einer Vorzugsbesteuerung jedoch nicht davon abhängig, dass ein Besteuerungsprinzip innerhalb des ausländischen Rechts an verschiedenen Stellen umgesetzt wird. Entscheidend ist nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 1. Halbsatz AStG vielmehr, ob der in das Ausland zuwandernde Steuerpflichtige bei der konkreten Besteuerung einer geringeren Belastung ausgesetzt ist als ein Steuerpflichtiger ohne diesen Hintergrund.
ccc) Soweit die Klägerin vorträgt, dass das Finanzamt im Hinblick auf das britische Steuerrecht seine Ermittlungspflicht gemäß § 88 AO verletzt habe, kann dies wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit dahingestellt bleiben. Die Aufklärung des Sachverhalts, zu dem auch das für den Einzelfall bedeutsame ausländische Recht gehört, kann im Klageverfahren nachgeholt werden. Die Gerichte sind gemäß § 76 FGO grundsätzlich verpflichtet, entscheidungsrelevante tatsächliche Umstände, die im steuerlichen Verwaltungsverfahren nicht ermittelt worden sind, selbst aufzuklären. Dem ist der Senat nachgekommen, auf den gerichtlichen Beweisbeschluss vom 20. April 2020 wird Bezug genommen.
Die Aufhebung verfahrensfehlerhafter Verwaltungsakte kann allgemein nur verlangt werden, wenn eine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können (§ 127 AO), so dass (auch) eine Verletzung des § 88 AO lediglich im Zusammenhang mit einem materiellen Rechtsverstoß beachtlich ist (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO,- H/H/Sp -, § 88 AO Rz. 375). Daraus ergibt sich für gebundene Verwaltungsakte, dass sie nicht allein deshalb aufgehoben werden dürfen, weil die Finanzbehörde den Sachverhalt unvollständig ermittelt hat. Nur sachlich unrichtige Verwaltungsakte unterliegen der gerichtlichen Kassation. Stützt der gerichtlich ermittelte Sachverhalt den angefochtenen Verwaltungsakt, so bleibt dieser bestehen (Söhn, aaO Rz. 376).
ddd) Das erkennende Gericht kann sich der Auffassung der Klägerin, wonach § 2 AStG verfassungswidrig sei, weil die Tatbestandsvoraussetzungen „Vorzugsbesteuerung“ und „erhebliche Minderung“ in Abs. 2 Nr. 2 nicht hinreichend bestimmt seien, nicht anschließen. Da der Senat selbst nicht von der Verfassungswidrigkeit überzeugt ist, kommt eine Vorlage an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 80 Bundesverfassungsgerichtsgesetz nicht in Betracht.
Wie bereits gezeigt wurde, ist der Begriff der Vorzugsbesteuerung durch Auslegung anhand des Wortlauts sowie des Sinnzusammenhangs und Zwecks der gesetzlichen Norm bestimmbar. Dies gilt in gleicher Weise für den Begriff der Erheblichkeit in § 2 Abs. 2 Nr. 2 AStG. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Rechtsnorm nimmt ihr nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit. Die Ausfüllung unbestimmter Gesetzesbegriffe aufgrund richtungsweisender und sich aus dem Gesetz ergebender Gesichtspunkte ist eine herkömmliche und anerkannte Aufgabe der Gerichte (vgl. Wernsmann in: H/H/Sp, § 4 AO Rz. 684 mit zahlreichen Nachweisen). Eine mangelnde Klarheit und Bestimmtheit einer Norm nimmt das BVerfG erst an, wenn „eine Entscheidung für eine der dargelegten Auslegungsmöglichkeiten den Rahmen der Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane, Zweifelsfragen zu klären und Auslegungsprobleme mit den herkömmlichen Mitteln juristischer Methode zu bewältigen, sprengen würde.“ (Wernsmann, aaO m.w.N.).
Der erkennende Senat teilt auch nicht die Auffassung der Klägerin, wonach § 2 AStG dem BVerfG erneut zur Prüfung vorzulegen sei, um die Vorschrift insbesondere am Leistungsfähigkeitsprinzip und am Folgerichtigkeitsgebot zu überprüfen. Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 14. Mai 1986 (BVerfGE 72, 200, BStBl II 1986, 628) den gesamten Regelungsgehalt des § 2 AStG anhand der Bestimmungen des GG überprüft und festgestellt, Grundrechte der Betroffenen werden auch nicht in Verbindung mit allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen verletzt (vgl. näher unter C. I. 4. der Entscheidungsgründe). Der erkennende Senat folgt dieser Rechtsauffassung. Die vom BVerfG angestellten Erwägungen haben auch in der Lebensrealität des Streitjahres 2006 weiterhin Gültigkeit.
Anderes folgt auch nicht aus der zitierten Rechtsprechung des BVerfG zur gleichheitswidrigen Begünstigung von Dritten, die eine steuerliche Gestaltung wählen, mit der das belastende Steuergesetz umgangen werden kann (BVerfG-Urt. vom 17. Dezember 2014 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136, BStBl II 2015, 50 zur cash-GmbH im Erbschaftssteuerrecht). Die Klägerin führt insoweit aus, dass eine Besteuerung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG dann nicht in Betracht käme, wenn sie das Kapitalvermögen nicht in Deutschland angelegt, sondern es statt dessen ins Ausland transferiert hätte. Dies mag zutreffen, führt jedoch nicht per se zur Verfassungswidrigkeit der im Streitfall anzuwendenden Vorschrift. Die Klägerin kann sich zur Begründung der Rechtswidrigkeit des angegriffenen Einkommensteuerbescheids nicht auf eine ihr nicht gewährte Begünstigung berufen. Das BVerfG führt hierzu in dem in Bezug genommenen Urteil aus, im Steuerrecht werde eine Regelung, auf die es für die Entscheidung des Ausgangsverfahren an sich nicht ankommt, nicht allein dadurch entscheidungserheblich, dass sie Steuerpflichtigen eine Vergünstigung einräumt, die dem Kläger des Ausgangsverfahrens nicht zusteht. Anderes gelte dann, wenn die Dritten gewährten Steuervergünstigungen für eine gleichheitsgerechte Belastung durch die betreffende Steuer insgesamt übergreifende Bedeutung habe. Dies sei der Fall, wenn die nur einer Gruppe gewährten Vergünstigungen nach Zahl oder Umfang ein solches Ausmaß erreichen oder nach ihrer strukturellen Bedeutung für die Steuer solches Gewicht hätten, dass im Falle der Verfassungswidrigkeit der Privilegierungsnorm die lastengleiche Besteuerung auch derjenigen in Frage gestellt sei, die von dieser Privilegierungsnorm an sich nicht erfasst würden.
Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der behaupteten verfassungswidrigen Ungleichbehandlung durch § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG ist vorliegend nicht erfolgt, derartige Verhältnisse sind für den Senat im Streitfall auch nicht ersichtlich.
c) Vorliegend optierte die Klägerin für die Anwendung der „remittance basis“-Besteuerung im Vereinigten Königreich. Da sie ihre Kapitaleinkünfte nicht nach Großbritannien transferierte, waren diese Einkünfte nicht in die britische Bemessungsgrundlage einzubeziehen und wurden von der Steuer freigestellt. Dies stellt jedenfalls eine erhebliche Minderung gegenüber der allgemeinen Besteuerung dar, so dass im Streitfall nicht weiter zu ermitteln ist, bei welchem Prozentsatz die Erheblichkeitsschwelle des § 2 Abs. 2 Nr. 2, 1. Halbsatz AStG überschritten ist. Den Entlastungsbeweis nach § 2 Abs. 2 Nr. 2, 2. Halbsatz AStG hat die Klägerin nicht angetreten.
Sollte die Klägerin ihre Kapitaleinkünfte in einem späteren Veranlagungszeitraum nach Großbritannien transferieren und dort auch zur Steuer herangezogen werden (zu den für das Streitjahr bestehenden Möglichkeiten, diese Rechtsfolge durch eine entsprechende Gestaltung zu vermeiden, s. Gutachten S. 10 f., FG-Akte S. 243 f.), käme insoweit grundsätzlich eine Änderung des angegriffenen Einkommensteuerbescheides nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO in Betracht. Nach dem Vorbringen der Klägerin ist ein Transfer der streitigen Kapitaleinkünfte bislang nicht erfolgt, über einen hypothetischen Ablauf hat der Senat nicht zu entscheiden.
2. Die Klägerin war unstreitig in den letzten zehn Jahren vor ihrem Wegzug nach Großbritannien als deutsche Staatsangehörige unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 2 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz AStG). Sie erzielte im Streitjahr 2006 Einkünfte aus Kapitalvermögen, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34c Abs. 1 EStG waren (§ 2 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz AStG).
Gemäß § 34d Nr. 6 EStG sind Kapitaleinkünfte ausländische Einkünfte im Sinne des § 34c Abs. 1 EStG, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in einem ausländischen Staat hat oder das Kapitalvermögen durch ausländischen Grundbesitz gesichert ist. Vorliegend erklärte die Klägerin selbst die hier streitigen Einkünfte als Einkünfte aus Kapitalvermögen, deren Schuldner seinen Wohnsitz, seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz im Inland hat, in Höhe von 30.979 €. Aus den beigefügten Bescheinigungen der Banken ergibt sich nichts anderes (vgl. Einkommensteuerakte S. 34ff).
Die Klägerin hatte im Streitjahr weiterhin wesentliche wirtschaftliche Interessen im Geltungsbereich des AStG, da sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von in Deutschland belegenem unbeweglichen Vermögen in Höhe von … € und damit von mehr als 62.000 € erzielte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 AStG i.V.m. §§ 34c Abs. 1, 34d Nr. 7 EStG). Die Freigrenze des § 2 Abs. 1 Satz 3 AStG von 16.500 € war überschritten.
II.
Das Besteuerungsrecht Deutschlands nach § 2 AStG wird nicht durch das DBA-GB ausgeschlossen. Deutschland ist nach Abkommensrecht berechtigt, für die hier streitigen Zinsund Dividendeneinkünfte Einkommensteuer nach § 2 AStG zu erheben. Für diese Kapitaleinkünfte besteht zwar ein Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats gemäß Art. VI und VII des DBA-GB (s. unten 1.). Das Besteuerungsrecht ist jedoch gemäß Art. II Abs. 2 DBA-GB auf Deutschland zurückgefallen (s. unten 2.) Die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer ist nicht zu beanstanden (s. unten 3.).
1. Die Zuweisung des Besteuerungsrechts nach DBA ergibt sich vorliegend für die Zinseinkünfte zunächst aus Art. VII DBA-GB und für die Dividenden zunächst aus Art. VI DBA-GB. Als natürliche Person ist die Klägerin abkommensberechtigt gemäß Art. II Abs. 1 Buchst. f DBA-GB.
a) Gemäß Art. VII Abs. 1 DBA-GB werden Zinsen oder Lizenzgebühren, die aus Quellen innerhalb eines der Gebiete von einer in dem anderen Gebiet ansässigen und damit dort steuerpflichtigen Person bezogen werden, nur in diesem anderen Gebiet besteuert. Das Abkommen weist somit das Besteuerungsrecht für Zinsen dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen zu.
Zwar trägt die Klägerin vor, dass Art. VII DBA-GB für die hier streitgegenständlichen Zinsen nicht zur Anwendung komme, weil es sich nicht um Zinsen, die aus Quellen innerhalb Deutschlands stammen, handle. Nach Art. II Abs. 3 DBA-GB sei zur Definition dieses Begriffs auf innerstaatliches Recht und hier wiederum auf § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c EStG zurückzugreifen, dessen Voraussetzungen jedoch nicht vorlägen. Dieser Auffassung kann für den Fall der erweitert beschränkten Steuerpflicht nicht gefolgt werden. Zwar definiert § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG, wann bei beschränkter Einkommensteuerpflicht inländische Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegen. § 2 AStG steht jedoch gegenüber § 49 EStG im Verhältnis der Spezialität. Die „einfache“ beschränkte Steuerpflicht einerseits und die erweitert beschränkte Steuerpflicht andererseits sind nach tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen voneinander zu unterscheiden und stellen dementsprechend isoliert zu betrachtende Einkünftegruppen dar (BFH-Urt. vom 19. Dezember 2007 I R 19/06, BStBl II 2010, 398). Für die erweitert beschränkte Steuerpflicht enthält § 2 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz AStG unter Verweis auf § 34c Abs. 1 EStG selbst eine Definition der inländischen Einkünfte. Inländische Kapitaleinkünfte sind demnach solche, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34c Abs. 1 EStG sind. Gemäß § 34d Nr. 6 EStG sind ausländische Einkünfte im Sinne des § 34c Abs. 1 EStG Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG), wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in einem ausländischen Staat hat oder das Kapitalvermögen durch ausländischen Grundbesitz gesichert ist. Bei erweitert beschränkter Steuerpflicht sind somit inländische Kapitaleinkünfte dann gegeben, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat.
Für die Anwendung von Art. VII DBA-GB kann dahingestellt bleiben, ob gemäß Art. II Abs. 3 DBA-GB eine Auslegung nach innerstaatlichem Recht des Anwenderstaates oder eine abkommensautonome Auslegung aus dem Zusammenhang des DBA vorzunehmen ist, da vorliegend beide Methoden zu demselben Ergebnis führen (so auch, ohne dies näher zu begründen, BFH-Urteil vom 9. Dezember 2010 I R 49/09, BStBl II 2011, 482 unter B I. 2. a) der Entscheidungsgründe). Die Klägerin hat unstreitig von Schuldnern mit Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland Zinsen in Höhe von 20.535 € erhalten. Es handelte sich hierbei um Kapitalanlagen bei deutschen Banken (vgl. Einkommensteuerakte S. 26, 46, 101). Der Begriff Zinsen umfasst dabei Zinsen aus Schuldverschreibungen, Wertpapieren, Wechseln, Obligationen oder irgendeiner anderen Schuldverpflichtung (Art. VII Abs. 2 Buchst. a DBA-GB). Bei abkommensautonomer Auslegung wäre für die Frage, ob die Zinsen aus deutschen Quellen stammen, unter Heranziehung von Art. 11 Abs. 5 Satz 1 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (OECD-MA) darauf abzustellen, dass es insoweit grundsätzlich auf die Ansässigkeit des Zinsschuldners ankommt (vgl. BFH-Urteil vom 28. April 2010 I R 81/09, BStBl II 2014, 754).
Aus Art. VII Abs. 1 DBA-GB folgt im Streitfall die abkommensrechtliche Zuweisung des ausschließlichen Besteuerungsrechts an Großbritannien.
b) Gemäß Art. VI Abs. 1 DBA-GB können Dividenden, die eine in einem der Gebiete ansässige Gesellschaft an eine in dem anderen Gebiet ansässige Person zahlt, auch in dem erstgenannten Gebiet besteuert werden. Die Steuer in dem erstgenannten Gebiet darf jedoch 15 von Hundert des Bruttobetrags der Dividenden nicht übersteigen, wenn die Dividenden in dem anderen Gebiet steuerpflichtig sind (die 2. Alternative kommt hier offensichtlich nicht in Betracht).
Aus dieser Verteilungsnorm folgt, dass dem Ansässigkeitsstaat Großbritannien das Besteuerungsrecht für Dividenden zusteht. Deutschland hat für die von deutschen Gesellschaften geleisteten Dividenden in Höhe von 10.444 € (vgl. Einkommensteuerakte S. 26, 102) nur ein Quellenbesteuerungsrecht in Höhe von 15 von Hundert.
2. Das Besteuerungsrecht für Zinsen und Dividenden fällt jedoch gemäß Art. II Abs. 2 DBA-GB auf Deutschland zurück, wenn das Vereinigte Königreich das ihm zugewiesene Besteuerungsrecht aufgrund seiner „remittance basis“-Regelung wegen des fehlenden Transfers der Kapitaleinkünfte nach Großbritannien nicht in Anspruch nimmt. Dieser Sachverhalt ist vorliegend gegeben.
Art. II Abs. 2 DBA-GB lautet: „Ist nach diesem Abkommen für Einkünfte aus Quellen innerhalb eines der Gebiete dort eine Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung zu gewähren, falls die Einkünfte in dem anderen Gebiet steuerpflichtig sind, und sind diese Einkünfte nach dem geltenden Recht des anderes Gebietes dort nur insoweit steuerpflichtig, als die entsprechenden Beträge in das andere Gebiet überwiesen oder dort entgegen genommen werden, so gilt die nach diesem Abkommen im erstgenannten Gebiet zu gewährende Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung nur für die in das andere Gebiet überwiesenen oder dort entgegen genommenen Beträge.“ Art. II Abs. 2 DBA-GB ist keine eigenständige Subject-to-tax-Klausel, die auf sämtliche Einkünfte anzuwenden ist. Er regelt lediglich die Anwendung von im Abkommen enthaltenen Subject-to-tax-Klauseln näher. Dies ergibt der Wortlaut seiner ersten Voraussetzung (FG Nürnberg, Urteil vom 14. Dezember 2010 1 K 1134/2008, EFG 2011, 1250). Diese verlangt, dass nach dem DBA für Einkünfte aus Quellen innerhalb eines der Gebiete dort eine Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung zu gewähren ist, falls die Einkünfte in dem anderen Gebiet steuerpflichtig sind. Der mit „falls“ beginnende Konditionalsatz bezieht sich auf die zu gewährende Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung (bei einer bestimmten Einkunftsart). Voraussetzung dieser Bestimmung ist also zunächst, dass nach dem Abkommen eine Steuerbefreiung/ -ermäßigung für Einkünfte für den Fall zu gewähren ist, dass diese Einkünfte in dem anderen Gebiet steuerpflichtig sind. Die Verteilungsnorm muss also für die einzelne Einkunftsart selbst regeln, dass eine Steuerermäßigung/-befreiung in dem einen Land (hier: Deutschland) davon abhängt, dass die Einkünfte im anderen Land (hier: Großbritannien) steuerpflichtig sind (subject-to-tax-Klausel; vgl. zur Literatur Beckmann in: D/W, Art. II Rz. 55; Portner, Besteuerung von Abfindungen nach dem DBA-Großbritannien – Anwendungsbereich der „Remittance-Base-Klausel“, IStR 2010, 837; Lemaitre/Brandtner, BB 2005, 18 ff., 24; Vogel in: Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl. 2008, vor Art. 6 bis 22 Rz. 32). Nur die Verteilungsnormen des DBA-GB für Dividenden (Art. VI Abs. 1 Satz 2, 2. HS), Zinsen und Lizenzgebühren (Art. VII Abs. 1), Ruhebezüge (Art. X Abs. 1), die unter die Auffangklausel fallenden Einkünfte (Art. XV) und Gewinne aus der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen (Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 1, 2. HS i.V.m. Art. VIII Abs. 1) setzen für die Gewährung von Abkommensvergünstigungen in Deutschland voraus, dass diese Einkünfte in Großbritannien tatsächlich steuerpflichtig sind (FG Nürnberg, aaO; s.a. Beckmann, aaO Art. 24 Rz. 11; Lemaitre/Brandtner, aaO, S. 24; Portner, aaO, S. 838).
Im Streitfall hat das Finanzamt die abkommensrechtliche Freistellung der Zins- und Dividendeneinkünfte zu Recht nach Art. II Abs. 2 DBA-GB versagt, weil die entsprechenden Einkünfte gerade wegen der Nichtüberweisung im anderen Vertragsstaat, also Großbritannien, nicht versteuert werden (s. auch bereits Senatsurteil vom 21. November 2011 8 K 628/08, aaO). Beide Verteilungsnormen enthalten eine subject-to-tax-Klausel mit der Folge, dass Art. II Abs. 2 DBA-GB zur Anwendung kommt. Ziel des Art. II Abs. 2 DBA-GB ist es gerade, die Doppelnichtbesteuerung zu vermeiden.
3. Gegen die Höhe der berechneten Einkommensteuer und die Einbeziehung der im Ausland erzielten Einkünfte für die Berechnung des Steuersatzes macht die Klägerin keine Einwände geltend, solche sind auch nach Aktenlage nicht ersichtlich. Art. XVIII DBA-GB kommt nicht zur Anwendung, da die Klägerin für die hier streitigen Kapitaleinkünfte im Vereinigten Königreich keine Einkommensteuer entrichtet hat.
III.
Die Anwendung des § 2 AStG führt im vorliegenden Streitfall nicht zu einem Verstoß gegen vorrangiges Europarecht. Die Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – AEUV – (Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C 115, 47) ist nicht erforderlich.
a) Die Kapitalverkehrsfreiheit wird durch Art. 56 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrags von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte – EG – (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2002, Nr. C 325, 1), jetzt Art. 63 AEUV gewährleistet. Danach sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten verboten.
Zu den Maßnahmen, die durch Art. 56 EG als Beschränkung des Kapitalverkehrs verboten sind, gehören auch solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat abzuhalten. Für die Beurteilung, ob ein grenzüberschreitender Sachverhalt aufgrund einer Regelung des nationalen Steuerrechts weniger attraktiv ist, wird grundsätzlich auf den vergleichbaren Inlandssachverhalt abgestellt (Baßler in: F/W/B/Sch, § 2 AStG Rz. 21f; Musil in: H/H/Sp, § 2 AO Rz. 276). Das Vergleichspaar bilden insoweit der ins Ausland verziehende Steuerpflichtige und der im Inland umziehende Steuerpflichtige. Diese Gegenüberstellung nimmt auch der EuGH in seinem Urteil van Hilten – van der Heijden (Urt. vom 23. Februar 2006 C-513/03, Slg. 2006, I-1957) vor, in welchem es um eine Regelung des niederländischen Erbschaftssteuerrechts geht, die in ihrer Wirkungsweise § 2 AStG entspricht. Danach folgt aus der Regelung des § 2 AStG keine Schlechterstellung der Klägerin, da die im Rahmen der erweitert beschränkten Steuerpflicht anfallende steuerliche Belastung nicht über die hinausgeht, die im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht entstünde. Das Gesetz stellt in § 2 Abs. 6 AStG auch sicher, dass die resultierende Steuerlast nicht über diejenige hinausgeht, die bei unbeschränkter Steuerpflicht bestünde (vgl. Baßler, aaO Rz. 22). Eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit ergäbe sich erst dann, wenn sich durch den Wegzug die gesamte Steuerbelastung erhöht. Es reicht dagegen nicht aus, dass die von der Klägerin angestrebte Senkung der Steuerbelastung nicht eintritt (vgl. auch Zimmermann/Könemann in: S/K/K, § 2 AStG Rn. 35.1).
Eine unzulässige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit liegt auch nicht darin, dass § 2 AStG an die Staatsangehörigkeit des Steuerpflichtigen anknüpft und diesem hieraus nachteilige Folgen erwachsen. Das aus den Grundfreiheiten entwickelte Diskriminierungsverbot schützt EU-Ausländer vor steuerlicher Benachteiligung (vgl. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 4.16; Musil, aaO Rz. 270). Darum geht es im Streitfall nicht, weil die Klägerin deutsche Staatsangehörige ist. Zudem ist mit dem EuGH im Urteil in der Rechtssache van Hilten – van der Heijden davon auszugehen, dass die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit zum Zwecke der Aufteilung der Steuerhoheit nicht als eine durch Artikel 73b EG verbotene unterschiedliche Behandlung anzusehen ist. Die Ungleichbehandlung von Gebietsansässigen mit der Staatsangehörigkeit des betreffenden Mitgliedsstaates und solchen mit der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedsstaates, die sich aus einer solchen Regelung wie der hier fraglichen ergibt, folgt in Ermangelung gemeinschaftsrechtlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen aus der Befugnis der Mitgliedstaaten, die Kriterien für die Aufteilung ihrer Steuerhoheit vertraglich oder einseitig festzulegen. Die Staatsangehörigkeit ist dabei ein zulässiger steuerlicher Anknüpfungspunkt für die Besteuerungsgewalt.
Der im Schrifttum vertretenen Auffassung, wonach § 2 AStG deshalb mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sei, weil sich für den deutschen Staatsangehörigen, der in ein Niedrigsteuerland verzieht, aus einer Kapitalanlage in Deutschland nachteiligere Folgen ergeben als für denjenigen, dessen Zuzugsstaat „normal“ besteuert (Baßler, aaO Rz. 24ff; Zimmermann/Könemann, aaO, Rz. 35.3ff; noch weiter differenzierend Hahn in: Lademann, § 2 AStG Anm. 12) kann nicht gefolgt werden. Dieses Vergleichspaar hat der EuGH in seinem Urteil in der Rechtssache van Hilten – van der Heijden bereits abgelehnt. Vielmehr ist die Situation des von § 2 AStG erfasste Wegzüglers mit derjenigen eines Steuerpflichtigen, der im Inland bleibt, zu vergleichen. Zwar trifft es zu, dass die Klägerin durch die in § 2 AStG getroffene Regelung von einer Kapitalanlage in Deutschland abgehalten werden könnte, weil das für sie nachteilige wirtschaftliche Folgen in der Form von Heranziehung zur erweitert beschränkten Einkommensteuer hat. Diese Beschränkung ist vorliegend jedoch gerechtfertigt. Die Heranziehung zur Einkommensteuer in Deutschland für die hier streitigen Kapitaleinkünfte erfolgt nur deshalb, weil die Klägerin in Großbritannien die „remittance basis“-Besteuerung gewählt hat. Es ist nicht Aufgabe der Grundfreiheiten, für Marktvorgänge eine Keinmalbesteuerung durchzusetzen (zum Rechtfertigungsgrund der Verhinderung einer steuermindernden Doppelentlastung vgl. EuGH-Urt. vom 13. Dezember 2005 C-446/03 Marks & Spencer, Slg. 2005 I-10837 sowie vom 15. Mai 2008 C-414/06 Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601).
b) Ein Verstoß gegen andere Grundfreiheiten als die Kapitalverkehrsfreiheit (Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 Abs. 1 EG – jetzt Art. 49 AEUV – und Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß Art. 39 EG – jetzt Art. 45 AEUV -) ist nach den obigen Ausführungen ebenfalls ausgeschlossen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen.


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