Europarecht

Eilverfahren, Vorwegnahme der Hauptsache, Fußballspiel, begehrte Ausnahme für die Zulassung von 3.000 Zuschauern im Stadion statt 1.000 Zuschauer, keine Ausnahmegenehmigung, kein atypischer Ausnahmefall, keine Willkür

Aktenzeichen  W 8 E 21.788

Datum:
11.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 14181
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
BayIfSMV § 12 Abs. 2 S. 1 13.
BayIfSMV § 27 Abs. 2 13.

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Bescheid der Stadt Schweinfurt vom 10. Juni 2021 und begehrt eine Ausnahmegenehmigung für die zulässige Höchstzuschauerzahl beim Fußballspiel von 3.000 anstatt der bislang ausnahmsweise zugelassenen 1.000 Zuschauer.
Die Antragstellerin beantragte bei der Antragsgegnerin am 7. Juni 2021 eine Ausnahmegenehmigung von der Höchstzuschauerzahl bei Sportveranstaltungen gemäß der 13. BayIfSMV für das Fußball-Relegationsspiel am 12. Juni 2021 um 13:00 Uhr im heimischen Stadion.
Die Antragsgegnerin, die Stadt Schweinfurt, ließ mit Bescheid vom 10. Juni 2021 für das Relegationsspiel am 12. Juni 2020 im Willy-Sachs-Stadion eine Gesamtzahl von 1.000 Zuschauern einschließlich geimpfter und genesener Personen zu. Insoweit wurde eine Ausnahmegenehmigung von der zulässigen Höchstzuschauerzahl des § 12 Abs. 2 der 13. BayIfSMV erteilt. Eine weitergehende Ausnahme wurde abgelehnt.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 der 13. BayIfSMV liege nur teilweise vor. So habe das Gesundheitsamt der Stadt Schweinfurt basierend auf dem vorgelegten Hygienekonzept die infektionsschutzrechtliche Vertretbarkeit der Sportveranstaltung nur für eine Zuschauerzahl von 1.000 Personen festgestellt. Demgegenüber sei die beantragte Zuschauerzahl von 3.000 Personen als infektionsschutzrechtlich nicht vertretbar erachtet worden. Die Beschränkung der Zuschauerzahl beruhe laut Gesundheitsamt auf einer hygienischen Entscheidung des Bayer. Gesundheitsministeriums, die insbesondere auch aufgrund der besorgniserregenden Mutationsvarianten getroffen worden sei. In der Begründung der 13. BayIfSMV heiße es hierzu, dass die Rücknahme von Maßnahmen aus infektionsschutzrechtlicher Sicht schrittweise und nicht zu schnell erfolgen sollte. Es handele sich laut Gesundheitsamt um eine einheitliche Sportveranstaltung. Die zulässige Zuschauerzahl gelte für den gesamten Stadionbereich. Die An- und Abfahrt der Besucher erfolge zur selben Uhrzeit. Auch die weiterhin in Bayern und im deutschlandweiten Vergleich hohe und instabile 7-Tage-Inzidenz der Stadt Schweinfurt trage zu dieser Einschätzung bei. Aktuell betrage die 7-Tage-Inzidenz 73,0 (Stand: 10.6.2021). Nachdem die infektionsschutzrechtliche Vertretbarkeit bis zu einer Zuschauerzahl von 1.000 Zuschauern gegeben sei, habe es unter Berücksichtigung des vorgelegten Hygienekonzepts und unter besonderer Bedeutung des Aufstiegsspiels pflichtgemäßem Ermessen entsprochen, die Ausnahmegenehmigung bis zur genannten Zuschauerzahl von 1.000 zu erteilen.
Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2021 ließ die Antragstellerin beantragen,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufzugeben, der Antragstellerin für das Relegationsspiel zwischen der 1. FC S. 05 … … und dem TSV H. am 12. Juni 2021 im Willy-Sachs-Stadion, …, … …, eine Gesamtzahl von 3.000 Zuschauern einschließlich die geimpften und genesen Personen zuzulassen. Der Antragstellerin ist insofern eine Ausnahmegenehmigung von der zulässigen Höchstzuschauerzahl des § 12 Abs. 2 der 13. BayIfSMV zu erteilen.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Antragstellerin habe gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 der 13. BayIfSMV einen Anspruch auf fehlerfreie und pflichtgemäße Ermessensausübung. Die beantragte Zuschauerzahl von 3.000 Personen sei zu gewähren. Es sei eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben. Die ablehnende Entscheidung sei aus der Sicht der Antragstellerin willkürlich. Aufgrund des vorgelegten Hygienekonzeptes sei eine max. Zuschauerzahl von 3.000 Personen infektionsschutzrechtlich vollständig vertretbar. Im Stadion gebe es abgetrennte Bereiche. Das Hygienekonzept gelte auch schon für die An- und Abreise. Nach § 12 Abs. 2 der 13. BayIfSMV sei sogar in Gebäuden eine höhere Höchstzuschauerzahl mit einer Einhaltung von 1,50 m Mindestabstand zulässig. Dies gelte dann erst recht bei Sportveranstaltungen im Freien. Die Antragstellerin begehre hier lediglich eine Zuschauerzahl von 3.000. Dies seien gerade 20% der gesamten Zuschauerkapazität. Die Antragstellerin verkenne, dass es sich um eine Sportveranstaltung im Freien handele und nicht um eine in einem Gebäude. Die Zuschauerblöcke hätten untereinander keinen Kontakt. Die Begrenzung auf 1.000 Zuschauer sei beliebig und letztlich sogar willkürlich. Die Zuschauer reisten teilweise bis zu 2 Stunden früher bei so einem Fußballspiel an. Dem angeblich hohen und instabilen Inzidenzwert werde durch das Hygienekonzept Rechnung getragen. Auch der hohe Teil der geimpften Personen werde verkannt. Auch bei Spielen der Europameisterschaft dürften mehr Zuschauer ins Stadion. Die Antragstellerin habe als GmbH einen Anspruch auf Ausübung ihres Gewerbes. Auch ihre Berufsfreiheit sei verletzt.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 11. Juni 2021,
der Antrag wird abgelehnt.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Antrag sei schon unzulässig, weil das Hygienekonzept überarbeitet worden sei und laut Hygienekonzept 2 auf die Zuschauerzahl von 1.506 reduziert worden sei. Unabhängig davon fehle die infektionsschutzrechtliche Vertretbarkeit von mehr als 1.000 Zuschauern. Dies ergebe sich aus der ergänzenden Stellungnahme des staatlichen Gesundheitsamts Schweinfurt vom 9. Juni 2021. Das staatliche Gesundheitsamt sei insoweit eine sachverständige Stelle, deren Einschätzung durch die Antragstellerin, wie durch das Gericht nur eingeschränkt überprüft werden könne. Die Antragsgegnerin habe keinen Anlass um an der zweiten ergänzten Einschätzung des Gesundheitsamtes zu zweifeln. Dieser besondere Hinweis auf die nach wie vor im Stadtgebiet deutlich über die durchschnittlichen Inzidenzzahlen und den neuerlichen Anstieg auf gestern 73 und deutschlandweiten Spitzenwert von 74,9 heute lasse eine Beschränkung der maximalen Zuschauerzahl auf das Doppelte der nach der 13. BayIfSMV zulässigen Zahl von 500 in jeder Hinsicht nachvollziehbar erscheinen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Sach- und Streitstand und auf die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten samt Anlagen Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Statthaft ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorliegend ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Antragstellerin begehrt eine Ausnahmegenehmigung von § 12 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV bezogen auf die Höchstzuschauerzahl gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 der 13. BayIfSMV. Dafür wäre in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO statthaft.
Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch dahingehend glaubhaft gemacht, einen Rechtsanspruch für die Erteilung einer dahingehenden Ausnahmegenehmigung zu haben.
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern oder wenn es aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung setzt nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO voraus, dass die Antragstellerin sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft machen kann. Eine Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sich als überwiegend wahrscheinlich darstellt.
Im Hinblick auf die durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes ist der Antrag dann begründet, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und es der Antragstellerin schlechthin unzumutbar ist, das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.
Vorliegend besteht zudem die Besonderheit, dass die Feststellung im Wege der einstweiligen Anordnung, dass die Zulassung von 3.000 Zuschauern zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde. Denn selbst bei einem Obsiegen in der Hauptsache könnte der Antragstellerin nicht mehr zugesprochen werden, als das, was sie ausgehend von dem gestellten Antrag sowie unter Berücksichtigung des Vorbringens begehrt. Eine Vorwegnahme der Hauptsache widerspricht grundsätzlich dem Wesen und dem Zweck der einstweiligen Anordnung. Im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einer Antragstellerin nicht schon im vollen Umfang, wenn auch nur unter Vorbehalt einer neuen Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was sie nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG, welcher einen effektiven Rechtsschutz gewährleistet, ist eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren ausnahmsweise dann zulässig, wenn dies im Interesse des Rechtsschutzes erforderlich ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für den Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123 Rn. 13 f.). Maßgeblich für die Entscheidung über das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123 Rn. 27 m.w.N.).
Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor. Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Erfolgsaussichten ihrer – noch zu erhebenden – Klage in der Hauptsache sind bei summarischer Prüfung offenkundig nicht gegeben.
Die Antragsgegnerin hat schon darauf hingewiesen, dass das aktualisierte Hygienekonzept 2 und die Reduzierung der Zuschauerzahl auf 1.506 zuletz Gegenstand des Antrags bei ihr waren, sodass die gleichwohl bei Gericht beantragten 3.000 Zuschauer fraglich sind.
Der Bescheid der Stadt Schweinfurt vom 10. Juni 2021 ist – unabhängig davon – im Ergebnis und in der wesentlichen Begründung nicht zu beanstanden. Das Gericht sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die Begründung des Bescheides Bezug (§ 117 Abs. 5 VwGO analog, § 122 VwGO).
Die Antragstellerin hat offenkundig keinen Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung betreffend eine weitere Anhebung der Höchstzuschauerzahl auf 3.000 Personen gemäß § 27 Abs. 2 13. BayIfSMV. Die Voraussetzungen für eine Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach § 27 Abs. 2 13. BayIfSMV liegen nicht vor. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 der 13. BayIfSMV können Ausnahmegenehmigungen im Einzelfall auf Antrag von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde erteilt werden, soweit dies aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist. Nach Satz 2 des § 27 Abs. 2 der 13. BayIfSMV dürfen Ausnahmegenehmigungen, die wie hier, einen generellen Personenkreis oder eine allgemeine Fallkonstellation betreffen, nur im Einvernehmen mit der zuständigen Regierung erteilt werden. Des Weiteren ist nach Satz 3 bei der Entscheidung auch das Verhältnis eines lokal beschränkten Infektionsereignisses zur infektiologischen Gesamtschau der betreffenden Gebietskörperschaft zu berücksichtigen.
Vorliegend ist schon nicht ersichtlich, dass in der streitgegenständlichen Angelegenheit der Antragstellerin ein Einzelfall, also ein atypischer Ausnahmefall vorliegt. Vielmehr betrifft das Begehren vorliegend eine allgemeine Fallkonstellation und einen generellen Personenkreis der Besucher eines Fußballspiels. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Ermessensspielraums zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung liegen bereits nicht vor, da die Antragstellerin nicht geltend machen kann, aufgrund einer Atypik ihres Falles einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zu haben. Es handelt sich vielmehr um einen Regelfall einer Sportveranstaltung. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung setzt voraus, dass ein besonders gelagerter Fall vorliegt, der ein Abweichen von der allgemeinen Regelung rechtfertigen kann. Es muss sich um einen atypischen Einzelfall handeln, den der Verordnungsgeber beim Erlass der allgemein gültigen Regelungen nicht in Blick hatte. Erst wenn ein solcher vorliegt, eröffnet sich überhaupt für die zuständige Behörde ein Ermessensspielraum. Diese Sichtweise folgt aus dem Wesen eines Ausnahmefalles. Es muss um eine besondere Fallgestaltung gehen, die, hätte der Verwaltungsgeber sie erkannt, er vermutlich von sich aus ausgenommen hätte und die vom Regelfall abweicht. Das Erfordernis einer atypischen Fallgestaltung hängt auch mit dem weiteren Merkmal der infektionsschutzrechtlichen Vertretbarkeit zusammen. Die Kreisverwaltungsbehörde – hier die Antragsgegnerin – hat die Wertungen des Verordnungsgebers für den Regelfall zu beachten (vgl. zum Ganzen VG Würzburg, B.v. 14.4.2021 – W 8 E 21.510; VG Regensburg, B.v. 9.3.2021 – RO 5 E 21.363 – juris Rn 35 ff.; B.v. 24.2.2021 – RO 5 E 21.170 – juris Rn. 32 ff.).
§ 12 Abs. 2 13. BayIfSMV regelt ausdrücklich die Anwesenheit der Zuschauer bei Sportveranstaltungen unter freiem Himmel und in Gebäuden und legt für Veranstaltungen unter freiem Himmel in Satz 1 die Anwesenheit von bis zu 500 Zuschauern einschließlich geimpfter und genesener Personen mit festen Sitzplätzen fest. Insofern unterscheidet sich die Regelung von § 12 Abs. 2 Satz 2 der 13. BayIfSMV, wonach bei Sportveranstaltungen in Gebäuden im Wesentlichen auf den Mindestabstand von 1,5 m abgestellt wird.
Des Weiteren ist im „Corona-Pandemie: Rahmenkonzept Sport vom 10. Juni 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 401 und Nr. 7) ausdrücklich betont, dass bei Veranstaltungen im Freien die Zuschauerzahl einschließlich geimpfter und genesener Personen auf 500 begrenzt ist. Für die Zuschauer sind fest zugewiesene Sitzplätze vorzusehen. Auch insoweit wird wieder ausdrücklich eine andere Regelung für Veranstaltungen in Gebäuden vorgesehen und anders als beim Gebäudeinneren wird nicht schwerpunktmäßig auf den 1,5 m Mindestabstand abgestellt.
Insofern hat der Verordnungsgeber eine klare Vorentscheidung getroffen, die es grundsätzlich zu beachten gilt.
Der Hinweis auf das Hygienekonzept ist Grundvoraussetzung, überhaupt Zuschauer für das Fußballspiel zuzulassen, belegt für sich aber noch nicht, dass eine Überschreitung der zulässigen Höchstzuschauerzahl zulässig wäre. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Bescheid unter Bezugnahme auf das Gesundheitsamt die infektionsschutzrechtliche Vertretbarkeit geprüft und mit plausibler Argumentation schon eine Ausnahme in Höhe von 1.000 Zuschauern gewährt und eine darüber hinausgehende Ausnahme für eine Zuschauerzahl bis 3.000 abgelehnt. Darauf wird verwiesen.
Ergänzend wird angemerkt, dass der Antragsgegnerin laut der betreffenden Bekanntmachung des Robert-Koch-Instituts den schlechtesten 7-Tage-Inzidenzwert bundesweit aufweist mit 74,9. Berücksichtigt man zudem das Infektionsgeschehen im Bereich der Antragsgegnerin in den letzten Tagen und auch in den letzten Wochen, das im Vergleich zu anderen Gebieten relativ lang hoch war und nur langsam zurückging, so scheint die Einschätzung des zuständigen Gesundheitsamtes nicht unvertretbar.
Des Weiteren dürfen nach § 27 Abs. 2 Satz 2 der 13. BayIfSMV Ausnahmegenehmigungen nur unter der zusätzlichen Voraussetzung eines Einvernehmens der zuständigen Regierung erteilt werden, weil der Besuch von Fußballspielen gerade in dieser Größenordnung einen generellen Personenkreis und eine allgemeine Fallkonstellation betreffen.
Abgesehen davon, dass demnach schon die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht vorliegen, ist nicht ersichtlich, dass unabhängig davon eine Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zwingend vorzunehmen wäre. Vielmehr wäre eine Ermessensentscheidung zu treffen. Jedenfalls fehlte es hierbei offenkundig an einer Ermessensreduzierung auf Null (vgl. näher VG Würzburg, B.v. 14.4.2021 – W 8 E 21.510; VG Regensburg, B.v. 9.3.2021 – RO 5 E 21.363 – juris Rn. 45 ff.).
Das Gericht kann im Gegensatz zum Vorbringen der Antragstellerin keine Ermessensreduzierung auf Null in der Weise erkennen, dass nur eine einzige Entscheidung, und zwar die Zulassung von 3.000 Zuschauern rechtmäßig wäre. Willkür wäre des Weiteren nur anzunehmen, wenn überhaupt kein vertretbarer Grund für eine abweichende Entscheidung gegeben wäre. Davon kann aber nach den vorstehenden Ausführungen nicht ausgegangen werden.
Auch der Hinweis auf Spiele der Europameisterschaft greift nicht, weil diese Sondersituation nicht vergleichbar ist. Zum einen besteht größenmäßig eine andere Dimension der dortigen Stadien. Soweit bei EM-Spielen 20% der Sitzplätze besetzt werden können, resultiert dies aus einer Sondersituation. Insoweit werde seitens des Freistaats Bayern eine Vorreiterrolle in Anspruch genommen; das Ganze solle ein Pilot- und Probelauf sein für den weiteren Profisport in Deutschland, wie dem von der Antragstellerin als Anlage 6 vorgelegten Zeitungsartikel der Süddeutschen Zeitung vom 4. Juni 2021 zu entnehmen ist. Diese Fallkonstellation ist offenkundig nicht mit der streitgegenständlichen Fallkonstellation vergleichbar.
Selbst wenn man im vorliegenden Verfahren davon ausgehen wollte, dass die Erfolgsaussichten offen wären, würde eine Folgeabwägung gerade vor dem Hintergrund des schon erwähnten Infektionsgeschehens gerade auch im Bereich der Stadt Schweinfurt mit einer 7-Tages-Inzidenz in den vergangenen Wochen lange und weit über 100 und sogar 200 und aktuell mit dem Höchstwert in Deutschland von 74,9 zu Lasten der Antragstellerin ausfallen. In Rede stehen vorliegend hochrangige Gemeinschaftsgüter, gerade auch der anreisenden Zuschauer. Die Nachteile der Antragstellerin auch unter Berücksichtigung ihrer Grundrechte, nur 1.000 anstatt 3.000 Zuschauern zuzulassen zu können, erachtet die Kammer als nicht höherrangig.
Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. In Ermangelung anderweitiger Angaben, war vom Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 EUR auszugehen. Eine Halbierung des Streitwerts nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes war nicht geboten, da die Antragstellerin, wie dargestellt, die Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.


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