Europarecht

Keine Haftung von VW für vom Diesel-Abgasskandal betroffenes gebrauchtes Fahrzeug bei Kauf im Juli 2016

Aktenzeichen  21 U 4721/19

Datum:
19.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 45188
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 826
VO (EG) 715/2007 Art. 5
ZPO § 522 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Vgl. zum Kauf nach Bekanntwerden des Dieselskandals: BGH BeckRS 2020, 19146; für Konzernmarken bestätigt mit BGH BeckRS 2020, 45195; OLG Frankfurt BeckRS 2020, 33026; OLG München BeckRS 2020, 33025; BeckRS 2020, 33054; BeckRS 2020, 34843; OLG Bamberg BeckRS 2020, 33158; OLG Brandenburg BeckRS 2020, 40118; BeckRS 2020, 45120; KG BeckRS 2020, 16615; OLG Jena BeckRS 2020, 31770; BeckRS 2020, 41011; sowie mit zahlreichen weiteren Nachweisen OLG Bamberg BeckRS 2020, 33154 (dort Ls. 1); OLG München BeckRS 2020, 27980 (dort Ls. 1); OLG Stuttgart BeckRS 2020, 7457 (dort Ls. 4); noch weitergehend: OLG Braunschweig BeckRS 2020, 28511; zur früheren a.A. vgl. zusammenfassend OLG München BeckRS 2020, 33025 (Ls. 1 am Ende); OLG Oldenburg BeckRS 2020, 31981. (redaktioneller Leitsatz)
2. Ab Herbst 2015 ist nicht mehr von einem sittenwidrigen Verhalten der Herstellerin des Motors auszugehen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Hat die Herstellerin des Motors im Hinblick auf ein eingebautes Thermofenster die Rechtslage fahrlässig verkannt, dann fehlt es sowohl am erforderlichen Schädigungsvorsatz als auch an dem für die Sittenwidrigkeit in subjektiver Hinsicht erforderlichen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit sowie der Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Tatumstände. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

31 O 1633/18 2019-07-19 LGINGOLSTADT LG Ingolstadt

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 19.07.2019, Aktenzeichen 31 O 1633/18, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieser Beschluss und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 24.990,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um Ansprüche nach einem Pkw-Kauf im Zusammenhang mit dem sog. „Diesel Abgasskandal“.
Der Kläger erwarb am 16.07.2016 – neun Monate nach Bekanntwerden des sog. Abgasskandals – von einem Händler in Brautlach den streitgegenständlichen gebrauchten …, Erstzulassung 2014, zu einem Kaufpreis von 24.990,00 € (Anlage K 50). Dieses Fahrzeug ist mit dem Dieselmotor EA 189 ausgerüstet. Es war bis zum nach Kauf durchgeführten Update mit einem Softwareprogramm ausgestattet, das erkennt, wenn sich der Wagen im Prüfstandlauf (NEFZ) befindet. Durch Umschalten in einen anderen Modus werden auf diese Art im Prüfstandlauf günstigere Stickoxidwerte (NOx) erzielt als im realen Fahrbetrieb.
Die Beklagte ist Herstellerin des Motors und veröffentlichte im September 2015 eine adhoc Mitteilung über Softwaremanipulationen an Dieselfahrzeugen und im Oktober 2015 im Internet eine Pressemitteilung, auf der sich Kunden über die Betroffenheit von konkreten Fahrzeugen informieren konnten und können. Der „Dieselskandal“ war Gegenstand einer breiten Berichterstattung in vielen Medien.
Der Kläger verlangt die Feststellung, dass die Beklagte ihm Schadensersatz zu leisten hat „für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs … (…) durch die Beklagtenpartei entstehen“. Der Feststellungsantrag sei zulässig, wirtschaftlich, anspruchserhaltend und „elastisch“. Der Kläger habe zur Vermeidung eines Verjährungseintritts Klage erhoben. Er habe sich noch nicht entschlossen (und müsse dies aktuell auch noch nicht), ob er den Wagen zurückgeben oder behalten wolle und könne auf diese Weise im Verlauf des Verfahrens noch seine Rechtsschutzziele finden oder ändern, je nach der weiteren Entwicklung. Der Schaden sei noch nicht abschließend bezifferbar. Zukünftige Schäden, z.B. durch das Software-Update, durch Steuernachforderungen oder durch weiteres Vorgehen der Zulassungsbehörden, insbesondere infolge neuer unzulässiger Abschalteinrichtungen durch das Update, seien zu erwarten.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe. Sie hafte als Herstellerin des Motors. Schriftsätzlich wurde vorgetragen, dass der Kläger zwar vom Dieselskandal gehört habe, vom Verkäufer aber nicht über die Betroffenheit des Fahrzeugs informiert worden sei. Auch nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals seien die betroffenen Fahrzeuge von der Beklagten als uneingeschränkt nutzbar und technisch sicher beschrieben worden. Durch das sogenannte Update sei er erneut getäuscht worden. Die Probleme seien heruntergespielt worden. Das Update führe zu vielfältigen Problemen bei einer Vielzahl von Fahrzeugen.
Die Beklagte hält den Feststellungsantrag für unzulässig, weil hinsichtlich bereits entstandener Schäden eine vorrangige Leistungsklage erhoben werden könne, etwaige zukünftige Schäden seien nicht hinreichend dargelegt.
Sie bestreitet, dass das Fahrzeug überhaupt mangelhaft ist, insbesondere jetzt, nachdem das Fahrzeug nachgerüstet worden ist. Vor allem aber fehle es an einer Täuschung und an einem Irrtum, weil der Kläger das Fahrzeug nach Bekanntwerden des Abgasskandals in Kenntnis der Betroffenheit erworben habe. Das Update habe keine negativen Auswirkungen.
Im Einzelnen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 ZPO.
Das Landgericht Ingolstadt hat den Kläger angehört. Bei seiner Anhörung hat der Kläger angegeben, der Händler haben ihm erklärt, es müsse ein Software-Update gemacht werden, man würde benachrichtigt. Es sei irgendetwas nicht korrekt. Es sei gesagt worden, es wäre kein Nachteil. Es sei ihm klar gewesen, dass diese Problematik etwas mit den Abgasen zu tun habe. Das Landgericht hat mit Urteil vom 19.07.2019 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Feststellungsklage unzulässig sei. Der Kläger hätte vorrangig eine Leistungsklage erheben müssen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche vollumfänglich weiter verfolgt. Der Kläger ist weiter der Auffassung, dass der Feststellungsantrag zulässig sei. Der mögliche Eintritt weiterer Schäden sei von der Klagepartei schlüssig vorgetragen worden. Die Schadensentwicklung sei noch nicht abgeschlossen. Ein Feststellungsinteresse bestehe bereits wegen drohender Verjährung. Bezüglich des Vortrags im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung vom 02.03.2020 Bezug genommen, Bl. 430 ff. d.A.
Der Kläger beantragte im Berufungsverfahren zunächst:
1. Das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 19.07.2019, 31 O 1633/18 wird aufgehoben und wie folgt abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs … (Fahrzeugidentifikationsnummer: …) durch die Beklagtenpartei resultieren.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 1.195,95 freizustellen.
Mit Schriftsatz vom 03.08.2020 hat er noch folgende Hilfsanträge gestellt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei € 24.990,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zugum-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW …
(Fahrzeugidentifikationsnummer: …).
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu bezahlen für weitere Schäden, die daraus resultieren, dass die Klagepartei in den Motor, Typ EA 189, des Fahrzeugs … (Fahrzeugidentifikationsnummer: …) mindestens eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Form einer Software eingebaut hat, welche bei Erkennung standartisierter Prüfstandsituationen (NEFZ) die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenige Stickoxide (NOx) entstehen und Stickstoffemissionswerte reduziert werden, und die im Normalbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb setzt, so dass es zu einem höheren NOx-Ausstoß führt.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Sie ist der Auffassung, das Urteil des Landgerichts sei zutreffend. Der Leistungsantrag sei unbegründet, ebenso die Feststellungsklage, die bereits unzulässig sei.
Mit Beschluss vom 08.06.2020 hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Klagepartei hat hierzu mit Schriftsatz vom 03.08.2020 Stellung genommen und die oben zitierten Hilfsanträge gestellt.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 19.07.2019, Aktenzeichen 31 O 1633/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 08.06.2020 Bezug genommen, allerdings mit folgender Maßgabe:
1. Mit Schriftsatz vom 03.08.2020 hat die Klagepartei unter Zitierung mehrerer Entscheidungen nochmals auf die divergierende Rechtsprechung zur Zulässigkeit des Feststellungsantrags hingewiesen. Der Senat hält an seinen Ausführungen im Beschluss vom 08.06.2020 fest und erachtet den Feststellungsantrag auch weiterhin für unzulässig, stützt aber seine Zurückweisungsentscheidung ausdrücklich nicht hierauf. Zwar ist grundsätzlich über die Zulässigkeit eines Antrags von Amts wegen vorab zu befinden, doch kann diese im Hinblick auf das Feststellungsinteresse und das Rechtsschutzbedürfnis ausnahmsweise offen gelassen werden. Der Bundesgerichtshof hat hierzu bereits im Jahr 1995 ausgeführt:
Bei dieser Sachlage ist eine Prüfung, ob für die Feststellungsanträge ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist, entbehrlich. Dagegen spricht nicht, dass grundsätzlich in die Sachprüfung erst eingetreten werden darf, wenn feststeht, dass die Prozessvoraussetzungen gegeben sind (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 333 = WM 1991, 239). Das Rechtsschutzbedürfnis hat als Prozessvoraussetzung gerade die Funktion zu verhindern, dass Gegner und Gericht ohne ausreichendes Interesse an gerichtlichem Rechtsschutz durch ein Verfahren belastet werden. Dem würde es widersprechen, wenn die Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses als Zulässigkeitsvoraussetzung auch dann gefordert würde, wenn – wie im vorliegenden Fall – die Unbegründetheit eines Antrags bereits feststeht (BGH, NJW 1996, 193; auch BGH, BeckRS 2013, 11007, Rn. 10).
Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Der Senat kann damit den Feststellungsantrag als unbegründet abweisen, ohne dass das Verbot der reformatio in peius dem entgegensteht (vgl. BGH, NJW 2018, 235, Rn. 19 mwN).
2. Der Feststellungsantrag und in der Folge auch der Antrag auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind unbegründet. Der Klagepartei steht ein Anspruch auf Schadenersatz nicht zu. Zwar gab es für den Kauf von vom „Dieselskandal“ betroffenen Fahrzeugen nach der adhoc Mitteilung der …-AG durchaus divergierende obergerichtliche Rechtsprechung, doch ist am 30.07.2020 ein Urteil des Bundesgerichtshofs zum Az. VI ZR 5/20 ergangen, mit dem die offenen Fragen obergerichtlich geklärt wurden. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich ausgeführt, dass ab Herbst 2015 nicht mehr von einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten auszugehen ist. Auch einen Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 Abs. 1 StGB oder aus §§ 823 Abs. 2 iVm§ 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 VO 715/2007/EG hat er abgelehnt (hierzu im Einzelnen BGH, Urteil vom 30.07.2020, Az. VI ZR 5/20).
Es kommt mithin für die Entscheidung auch nicht darauf an, ob/dass der Kläger Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom „Abgasskandal“ hatte.
3. Soweit die Klagepartei von einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten wegen Aufspielen eines nach Auffassung des Klägers rechtswidrigen Updates ausgeht, greift auch dies nicht durch, weil die nach dem Kauf mit dem Update vorgenommenen Maßnahmen zur Beseitigung der Abschalteinrichtung – unabhängig davon, ob sie tauglich sind oder nicht – jedenfalls nicht kausal für den Kauf des Fahrzeugs geworden sein können.
Im Übrigen kann hinsichtlich des sog. Thermofensters dahinstehen, ob es in seiner konkreten Ausgestaltung eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt. Sein Einsatz ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats jedenfalls nicht sittenwidrig, zumal es vom Kraftfahrtbundesamt genehmigt und damit als geeignetes, rechtlich zulässiges und taugliches Mittel qualifiziert wurde, die vorhandene unzulässige Abschalteinrichtung zu beseitigen. Eine Sittenwidrigkeit kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn über die bloße Kenntnis von dem Einbau einer Einrichtung mit der in Rede stehenden Funktionsweise in den streitgegenständlichen Motor hinaus zugleich auch Anhaltspunkte dafür erkennbar wären, dass dies von Seiten der Beklagten in dem Bewusstsein geschah, hiermit möglicherweise gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen, und dieser Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde (OLG Köln, Beschluss vom 04.07.2019, Az.: 3 U 148/18, juris Rdnr. 6).
Angesichts der kontrovers geführten Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 S. 2 a) VO 2007/715/EG, muss eine möglicherweise falsche, aber dennoch vertretbare Gesetzesauslegung und -anwendung durch die Organe der Beklagten in Betracht gezogen werden (vgl. ebenso OLG Köln, Beschluss vom 04.07.2019, Az.: 3 U 148/18, juris Rdnr. 6; OLG Nürnberg, Urteil vom 19.07.2019, Az.: 5 U 1670/18; OLG Stuttgart, Urteil vom 30.07.2019, Az.: 10 U 134/19; OLG Koblenz, Urteil vom 18.06.2019, Az.: 3 U 416/19).
Hat die Beklagte aber die Rechtslage fahrlässig verkannt, dann fehlt es sowohl am erforderlichen Schädigungsvorsatz als auch an dem für die Sittenwidrigkeit in subjektiver Hinsicht erforderlichen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl. 2020, § 826, Rdnr. 8) wie der Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Tatumstände. Soweit der Kläger vorträgt, dass auf Seiten der Beklagten im Hinblick auf die beim Update verwendete Technik das Bewusstsein eines möglichen Gesetzesverstoßes vorhanden gewesen sei (S. 8 der Stellungnahme = Bl. 538 d.A.), heißt es doch im Folgenden, Gespräche über die Illegalität des Updates hätten mit dem Kraftfahrtbundesamt stattgefunden. Wenn aber die Problematik besprochen und anschließend das Update unter Berücksichtigung von Abschalteinrichtungen vom Kraftfahrtbundesamt geprüft wurde, ist ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten nach wie vor nicht ersichtlich und aufgrund der Genehmigung durch das Kraftfahrtbundesamt auch fernliegend.
4. Auf den erst in zweiter Instanz gestellten Hilfsantrag der Klagepartei kommt es für die Entscheidung nicht an, weil die insoweit erfolgte Klageerweiterung aufgrund der Berufungszurückweisung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO wirkungslos ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10.06.2015, IV ZR 366/14, Beschluss vom 6. November 2014 – IX ZR 204/13). Dies gilt auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 533, 264 Nr. 2 oder 3 ZPO (vgl. z.B. die Anmerkungen Bub zu NJW 2016, 2058; OLG Nürnberg, Beschluss vom 23.06.2006, Az. 2 U 759/06). Es kommt daher hier auch nicht darauf an, ob die zusätzliche Stellung eines hilfsweisen Leistungsantrags eine „echte“ Klageänderung nach § 263 ZPO oder „nur“ eine Änderung nach § 264 ZPO ist.
Etwas anderes gilt – ausnahmsweise – nur dann, wenn der Senat mit dem Hinweisbeschluss erstmals Hinweise erteilt hat, auf die mit einer Antragsmodifizierung reagiert wird (BGH, Beschluss vom 10.03.2016, Az. VII ZR 47/13). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor: Die Klageänderung nimmt den Hinweis des Senats auf, dass der Feststellungsantrag unzulässig ist. Dieser Hinweis war aber nicht neu, sondern war bereits Gegenstand der erstinstanzlichen Erörterungen. So hatte die Beklagte in ihrer Klageerwiderung, dort S. 2, 63 (Bl. 148, 209 d.A.) sowie das Landgericht in seiner Terminsverfügung vom 29.03.2019 (Bl. 329 d.A.) auf die Problematik hingewiesen und der Kläger mit Schriftsatz vom 28.05.2019, dort S.1 f (Bl. 334 d.A.) dazu Stellung genommen. Nochmals mit der Urteilsbegründung wurde der Kläger auf die Problematik des Feststellungsinteresses aufmerksam gemacht. Eine Antragserweiterung/-änderung hätte damit in erster Instanz, allenfalls noch mit der Berufungsbegründung erfolgen müssen.
Nach alledem war die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Klageerweiterung ist wirkungslos.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


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