Europarecht

Keine Reduzierung des Selbsteintrittrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO zum Schutz des Rechts auf Familie – keine systemischen Mängel in Italien

Aktenzeichen  M 10 S7 19.50049

Datum:
6.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 5145
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 6
VwGO § 80 Abs. 7
Dublin III-VO Art. 3, Art. 9, Art. 10, Art. 17
AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 6, § 60a
AsylG § 34a Abs. 1
EMRK Art. 8 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Das Ermessen des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ist nicht dahingehend reduziert, dass das Bundesamt zum Schutz des Rechts auf Familie Gebrauch von seinem Selbsteintrittsrecht machen muss. Obwohl die Dublin III-VO auf dem Grundsatz der Familieneinheit beruht, hat der Verordnungsgeber sich bewusst auf den Bestand der Familie im Heimatland beschränkt und die Familie dementsprechend in Art. 2 lit. g Dublin III-VO definiert. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Berufung auf Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK begründet keine Unzumutbarkeit der Nachholung eines Visumsverfahrens und damit einer vorübergehenden Trennung auch von Kleinkindern, da sie kein Recht auf Einreise und Aufenthalt gewährleisten; dies gilt auch für den Nachzug zu berechtigterweise in Deutschland Lebenden, sogar für den Nachzug zu deutschen Familienangehörigen und muss daher erst Recht für den Nachzug zu Personen ohne gefestigten Aufenthalt gelten. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Zuständigkeit der Bundesrepublik folgt auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 UAbs. 3 der Dublin III-VO, da im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht anzunehmen ist, dass aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien tatsächlich die Gefahr besteht, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. (Rn. 29 – 40) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt nach § 80 Abs. 7 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 24. Juli 2018 unter Abänderung eines ablehnenden Beschlusses vom 20. August 2018.
Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger und stellte am 20. Juli 2018 einen Asylantrag. Es liegt ein Eurodac-Ergebnis vor, wonach der Antragsteller am 30. Dezember 2013 einen Asylantrag in Italien gestellt hat. Der Antragsteller hat selbst angegeben, er habe in Italien einen Asylantrag gestellt und dieser sei zweimal abgelehnt worden.
Am 25. Juni 2018 wurde vom Bundesamt ein Übernahmegesuch an Italien gerichtet. In der Akte des Bundesamts findet sich neben dem Gesuch eine automatisch generierte Eingangsbestätigung Italiens vom selben Tag.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 24. Juli 2018 wurde in Ziff. 1 der Antrag auf Asyl als unzulässig abgelehnt, in Ziff. 2 festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen, in Ziff. 3 die Abschiebung nach Italien angeordnet und in Ziff. 4 das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
Am 31. Juli 2018 hat der Antragsteller über seine Bevollmächtigte Klage beim Verwaltungsgericht München erhoben. Gleichzeitig begehrte er einstweiligen Rechtsschutz im Wege des § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und beantragte, die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Abschiebungsandrohung anzuordnen. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wurde mit Beschluss vom 20. August 2018 (M 10 S 18.52425) abgelehnt.
Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2018 hat die Bevollmächtigte des Antragstellers im Klageverfahren eine Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft für das am 26. Juli 2018 geborene Kind sowie eine Urkunde über die Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung vorgelegt. Zudem wurde eine Urkunde über die Erklärung der gemeinsamen elterlichen Sorge vorgelegt. Die Urkunden enthalten den Hinweis, dass die Identitäten der Mutter des Kindes sowie des Antragstellers auf eigenen Angaben beruhten und nicht nachgewiesen seien.
Am 31. Januar 2019 hat die Bevollmächtigte des Antragstellers sinngemäß beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage unter Aufhebung des Beschlusses vom 20. August 2018 nach § 80 Abs. 7 VwGO anzuordnen.
Zur Begründung wird ausgeführt: Der Bescheid sei rechtswidrig aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Familieneinheit. Die Aufnahmebedingungen in Italien hätten sich seit Oktober 2018 derart verschlechtert, dass der Kläger, der zu den vulnerablen Personen zähle, einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt sei. Das sogenannte „SalviniGesetz“ habe die Aufnahmebedingungen für Rückkehrer verschlechtert: ab dem 5. Oktober 2018 seien Dublin-Rückkehrer nicht mehr berechtigt, einen Platz in einen SPRARZentrum zu erhalten. Vielmehr seien sie darauf angewiesen, eine Unterkunft Platz in einem der größeren Kollektivzentren (CDA oder CARA) zugeteilt zu bekommen. Dort fehle es an ausreichender medizinischer und psychologischer Versorgung. Die Aufnahmebedingungen entsprächen nicht den rechtlichen Mindestanforderungen. Tatsächlich seien darüber hinaus gerade DublinRückkehrer in der Praxis oft obdachlos. Der Antragsteller sei aufgrund einer schweren Stichverletzung im Bauchbereich auf medizinische Versorgung angewiesen. Die familiäre Bindung des Antragstellers sei durch die Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft vom 19. Dezember 2018 nachgewiesen.
Es wurde eine Seite eines Arztberichts des Notfallzentrums Klinikum … vom 7. Dezember 2018 eingereicht. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Behördenakte sowie auf die Gerichtsakte, auch im Verfahren M 10 K 18. 2424 Bezug genommen.
II.
Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs jederzeit ändern oder aufheben; jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO). Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO stellt kein Rechtsmittelverfahren dar, sondern ein gegenüber dem ersten Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes selbstständiges neues Verfahren, dessen Gegenstand nicht die Überprüfung dieser Entscheidung, sondern die Neuregelung der Vollziehung des Verwaltungsakts für die Zukunft in einem abweichenden Sinn ist. Die Abänderungsbefugnis des Gerichts ist dabei nicht auf stattgebende Entscheidungen beschränkt (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 80 Rn. 190 ff.).
Ein Anspruch auf Abänderung einer getroffenen Entscheidung im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ist dann gegeben, wenn sich nach der gerichtlichen Entscheidung im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO eine Veränderung der für die Entscheidung maßgeblichen Sach- oder Rechtslage ergeben hat und sich aus den veränderten Umständen zumindest die Möglichkeit einer Abänderung der früheren Eilentscheidung ergibt (vgl. BVerwG, B.v. 21.1.1999 – 11 VR 8.98 – NVwZ 1999, 650; Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 197).
Unter Zugrundelegen dieser Maßstäbe ist der Antrag abzulehnen. Zwar liegen mit der Vaterschaftsanerkennung und der Sorgerechtserklärung neue Beweismittel vor, die zulässigerweise mit einem Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO dem Gericht zur erneuten Überprüfung der Sach- und Rechtslage vorgelegt werden können. Jedoch wird die Hauptsache nach summarischer Prüfung weiterhin auch trotz des neuen Vortrags keinen Erfolg haben, so dass der Antrag unbegründet ist.
Italien ist weiterhin für das Asylverfahren des Antragstellers zuständig. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 v. 29.6.2013, S. 31) – im Folgenden: Dublin III-VO – für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen im Beschluss vom 20. August 2018 Bezug genommen, mit dem im Verfahren des Antragstellers M 10 S 18.52425 der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt wurde. Die sechsmonatige Überstellungfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO ist noch nicht abgelaufen, nachdem der Beschluss erst am 20. August 2018 ergangen ist.
Die vorgelegten Unterlagen über die Vaterschaft des Antragstellers (dazu unter 1.) vermögen daran ebenso wenig zu ändern wie die vorgetragenen politischen Veränderungen in Italien (dazu unter 2.)
1. Die bestehende Zuständigkeit Italiens ändert sich nicht deshalb, weil durch die vom Antragsteller vorgetragene Vaterschaft eine Zuständigkeit der Bundesrepublik nach Art. 9 oder Art. 10 Dublin III-VO – jeweils in Verbindung mit Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO – begründet würde.
Ein Fall nach Art. 9 Dublin III-VO liegt nicht vor. Ungeachtet der Frage, ob die Partnerin des Antragstellers oder dessen Kind den Status eines Familienangehörigen im Sinne von Art. 2 Buchst. g Dublin III-VO innehaben, fehlt es schon daran, dass eine der genannten Personen als Begünstigter internationalen Schutzes in der Bundesrepublik aufenthaltsberechtigt ist. Hierzu ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.
Die Voraussetzungen des Art. 10 Dublin III-VO liegen ebenfalls nicht vor.
Die Tochter des Antragstellers ist keine Familienangehörige nach Art. 2 Buchst. g Dublin-III-VO, da diese Norm nur Verwandte erfasst, sofern die Familie bereits im Herkunftsland bestand.
Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin-III-VO notwendig machen, sind wegen der Geburt der Tochter ebenso wenig ersichtlich wie inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Vaterschaftsanerkennung und die Sorgerechtserklärung überhaupt als Nachweis der Vaterschaft anzusehen sind, nachdem der Antragsteller keine Möglichkeit hatte, sich auszuweisen (vgl. hierzu VG München, B.v. 16.1.2018 – M 8 S 17.53599).
Beide rechtlichen Instrumente – das Selbsteintrittsrecht und die Duldung – kommen nur in Betracht hinsichtlich des Grund- und Menschenrechtes auf Familie des Antragstellers und seiner Tochter (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK). Diesbezüglich ist auszuführen: Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. z.B. B. v. 10.5.2008 – 2 BvR 588/08 – juris) entfaltet Art. 6 GG nicht schon aufgrund formalrechtlicher familiärer Bindungen ausländerrechtliche Schutzwirkungen, sondern entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern (vgl. auch BVerfG, B.v. 9.1.2009 – 2 BvR 1064/08 – juris; BayVGH, B. v. 24.11.2008 – 10 CE 08.3014 – juris; BayVGH, B. v. 17.5.2013 – 10 CE 13.1065 – juris, VG München B. v. 23.10.2013 – M 10 E 13.3727 – juris). Erforderlich ist eine durch Tatsachen belegte Nähebeziehung, die verdeutlicht, dass eine gemeinsame Übernahme der elterlichen Verantwortung hinreichend sicher zu erwarten ist. (vgl. Bauer/Dollinger in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 60a AufenthG Rn. 24). Eine bloß formale Vaterschaftsanerkennung des nichtehelichen Vaters kann allein keinen Abschiebungsschutz begründen (vgl. VG München, G.v. 29.2.2016 – M 12 K 15.50784 – juris Rn. 47). Die familiäre Lebensgemeinschaft zwischen einem Elternteil und seinem minderjährigen Kind ist getragen von tatsächlicher Anteilnahme am Leben und Aufwachsen des Kindes. Bei der Würdigung der Eltern-Kind-Beziehung im Zusammenhang mit aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in aller Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dienen und das Kind beide Eltern braucht (vgl. aktuell BVerfG, B.v. 22.5.2018 – 2 BvR 941/18 – juris).
Der Antragsteller hat versäumt zu belegen oder auch nur zu behaupten, dass er eine wichtige Bezugsperson für seine Tochter darstellt und einen wichtigen Beitrag zu ihrem Leben und ihrer Erziehung leistet. Nach Aktenlage leben der Antragsteller und seine Lebensgefährtin sowie die Tochter zwar an einer Adresse, jedoch erst seit dem 24. Januar 2019. Das Kind trägt mittlerweile den Vornamen des Antragstellers als Nachnamen, bei der Geburt war der Name wohl noch unklar, in der Vaterschaftsanerkennung ist er nicht genannt. Wie sich das Zusammenleben gestaltet, ist dem Gericht nicht bekannt.
Darüber hinaus ist hinsichtlich des Selbsteintrittsrechts (dazu unter a.) und möglicher Duldungsgründe (dazu unter b.) auszuführen:
a. Das Ermessen des Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ist auch darüber hinaus nicht dahingehend reduziert, dass das Bundesamt zum Schutz des Rechts auf Familie Gebrauch von ihrem Selbsteintrittsrecht machen muss. Denn auch wenn die Dublin-III-Verordnung auf dem Grundsatz der Familieneinheit (Erwägungsgründe 14 bis 16) beruht, hat der Verordnungsgeber sich bewusst auf den Bestand der Familie im Heimatland beschränkt und die Familie dementsprechend in Art. 2 Buchst. g Dublin-III-VO definiert. Gerade der Unterschied von Art. 9 und Art. 10 Dublin-III-VO zeigt, dass es sich nicht um ein Versehen handelte, sondern der Verordnungsgeber die Möglichkeit einer späteren Familiengründung durchaus in seine Erwägungen einbezogen hat. Reduzierte man in Fällen nachgeborener Kinder das Ermessen des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Dublin-III-VO automatisch, würde dieser Differenzierung nicht ausreichend Rechnung getragen. Im vorliegenden Fall liegen auch keine Besonderheiten vor, die das Ermessen auf die einzig rechtmäßige Entscheidung des Selbsteintritts reduzierten. Denn zwar ist in der vorliegenden Konstellation die Besonderheit gegeben, dass die Lebensgefährtin des Antragstellers und sein Kind kein Dublin-Verfahren durchlaufen haben, sondern Deutschland für ihre Verfahren zuständig war. Jedoch liegt anders als in anderen Verfahren, in denen auf Grund der unterschiedlichen Zuständigkeiten eine langfristige Trennung der Familie zu erwarten ist, eine solche Trennung vorliegend nicht nahe. Denn der Antrag auf internationalen Schutz des Antragstellers ist nach seinen eigenen Angaben in Italien abgelehnt worden, so dass er nach Nigeria ausreisepflichtig ist. Der Antragsteller ist also nicht auf eine ungewisse Verfahrensdauer in Italien verwiesen; sein Verfahren dort ist bereits abgeschlossen. Auch seine Lebensgefährtin ist (soweit nicht unbekannte ausländerrechtliche Umstände vorliegen) ausreisepflichtig, nachdem ihr Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde und die beantragte aufschiebende Wirkung ihrer Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt wurde. Auch der Asylantrag der Tochter wurde abgelehnt, die dagegen erhobene Klage ist noch anhängig. Nach alldem liegt unter humanitären Gesichtspunkten keine Situation vor, in der eine langfristige Trennung ohne eine Möglichkeit, die Familieneinheit im Ausland zu führen droht, der allein durch einen Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland begegnet werden kann.
b. Im Rahmen der Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylG sind sowohl inlands- als auch zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse zu betrachten (vgl. z.B. BayVGH, B.v.12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris). Solche liegen indes bei dem Antragsteller nicht vor.
Eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG steht dem Antragsteller nicht unter dem Aspekt der rechtlichen Unmöglichkeit wegen Art. 6 GG und Art. 8 EMRK zu. Art. 6 GG gewährt keinen unmittelbaren Anspruch auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet. Allerdings folgt aus Art. 6 Abs. 1 GG ein Anspruch des Grundrechtsträgers und die korrespondierende Pflicht der Ausländerbehörden, dass diese bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen haben und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen haben (vgl. BVerfG, B.v. 10.5.2008 – 2 BvR 588/08 – juris Rn. 11 m.w.N.). Ebenso ist nach Art. 8 EMRK bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die familiäre Situation des Ausländers zu berücksichtigen (vgl. EGMR, U.v. 2.8.2001 – Boultif, Nr. 54273/00 – InfAuslR 2001, 476/478). Das von diesen Bestimmungen u.a. geschützte Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst, auch soweit es keinen familiären Bezug hat, die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen – angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen – bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerwG, U.v. 27.1.2009 – 1 C 40.07 – juris Rn. 21; BVerfG, B.v. 10.5.2007 – 2 BvR 304/07 – juris Rn. 33).
Dies gilt zum einen wegen der bereits behandelten Unklarheiten der gelebten familiären Beziehung. Zudem steht ein aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK abgeleitetes Duldungsrecht des Antragstellers in Zusammenhang zu der Verwurzelung der Familie in Deutschland (OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 10.12.2014 – 2 M 127/14 – juris Rn. 6 a. E.; VG Bayreuth, B.v. 08.01.2016 – B 4 E 16.9 – juris Rn. 31; VG Gelsenkirchen, B.v. vom 19.9.2017 – 9a L 2652/17.A – juris Rn. 59; BVerfGE 35, 382 (408) = NJW 1974, 227; BVerfGE 37, 217 (247) = NJW 1974, 1609; BVerfGE 51, 386 (397 f.) = NJW 1980, 514; BVerwGE 56, 246 (249 ff.) = DÖV 1979, 293; BVerwGE 69, 359 (362) = NJW 1984, 2780; BVerwGE 81, 155 (162 f.) = NVwZ 1989, 770; BVerwGE 102, 12 (22) = NVwZ 1997, 1116; BeckOK Grundgesetz/Uhle, 39. Ed. 15.11.2018, GG Art. 6 Rn. 44, 45). Es wurde nicht vorgetragen oder belegt, dass die Kindsmutter oder das Kind ein gesichertes Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland hätten (vgl. VG München, B.v. 20.6.2016 – M 6 S 16.50261 – juris Rn. 25; VG München, G.v. 29.2.2016 – M 12 K 15.50784 – juris Rn. 47). Kein Mitglied des Familienverbands hat nach Aktenlage ein gesichertes Aufenthaltsrecht.
Zudem verweist die obergerichtliche Rechtsprechung auch in ausländerrechtlichen Verfahren Antragsteller auf die Zumutbarkeit der Nachholung eines Visumsverfahrens und damit einer vorübergehenden Trennung auch von Kleinkindern. Die Berufung auf Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK begründet danach keine Unzumutbarkeit, da sie kein Recht auf Einreise und Aufenthalt gewährleisten; dies gilt auch für den Nachzug zu berechtigterweise in Deutschland Lebenden, sogar für den Nachzug zu deutschen Familienangehörigen und muss daher erst Recht für den Nachzug zu Personen ohne gefestigten Aufenthalt gelten. Zwar muss ein betroffener Ausländer mit Blick auf Art. 6 GG nicht hinnehmen, unter unverhältnismäßiger Vernachlässigung seiner familiären Bindungen gehindert zu werden, bei seinen im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen Aufenthalt zu nehmen. Allein der Umstand, dass jemand eine vorübergehende Trennung für die übliche Dauer des Visumverfahrens hinnehmen muss, reicht jedoch für eine Unzumutbarkeit auch unter Berücksichtigung des Schutzes der Ehe und Familie durch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht aus (vgl. BayVGH, B.v. 30.9.2014 – 19 CS 14.1576 – juris Rn. 41, B.v. 21.7.2015 – 10 CS 15.859 u.a. – juris Rn. 67; BVerwG, Vorlagebeschluss v. 26.1.2017 – 1 C 1.16 – juris Rn. 36; BayVGH, B.v. 19.6.2018 – 10 CE 18.993 – juris Rn. 5). Dieser Gedanke kann auch in der vorliegenden Konstellation herangezogen werden. Anders liegt der Fall etwa, wenn die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft erfüllt, weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist, und dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden kann, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar ist. Diese Konstellation liegt jedoch nicht vor. Daher sind dem im Bundesgebiet lebenden Familienmitglied grundsätzlich Anstrengungen zumutbar, die familiäre Lebensgemeinschaft durch Besuche oder nötigenfalls zur Gänze im Ausland herzustellen (BayVGH, B.v. 30.9.2014 – 19 CS 14.1576 -, Rn. 41, juris). Es ist dem Antragsteller daher insgesamt zuzumuten, mit dem Kind die familiäre Gemeinschaft im Ausland zu führen oder – sollte das Kind im gerichtlichen Verfahren ein Bleiberecht erhalten – im Wege des Familiennachzugs wieder einzureisen (vgl. VG München, B. v. 20.6.2016 – M 6 S 16.50261 – juris Rn. 25; VG München, G. v. 29.2.2016 – M 12 K 15.50784 – juris Rn. 47; VG München B. v. 18.12.2017 – M 8 S7 17.53622; vgl. auch VG München, B.v. 23.10.2013 – M 10 E 13.3727 – juris – Rn. 19).
2. Die Zuständigkeit ist schließlich auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 UAbs. 3 der Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedsstaat an Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin III-VO scheitern würde.
Dies würde voraussetzen, dass es wesentliche Gründe für die Annahme gäbe, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien (mittlerweile) systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-Grundrechtecharta) mit sich bringen. Dies ist nicht der Fall.
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – juris Rn. 181 ff.) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10, C-493/10 – juris Rn. 79 ff.) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der EU-Grundrechtecharta entspricht.
Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 EU-Grundrechtecharta ausgesetzt zu werden. Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt.
An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10, C-493/10 – juris Rn. 86 ff.; BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Ls. und Rn. 6).
Ausgehend von diesen Maßstäben ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht anzunehmen, dass der Antragsteller aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Es mag zwar vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil obdachlos sind. Dies wird in aktuellen Erkenntnismitteln erwähnt, wie etwa dem Länderbericht des Europäischen Flüchtlingsrats (ECRE) für das Projekt AIDA – Asylum Information Database – zu Italien, Update Februar 2017, und dem Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe von August 2016 (abrufbar unter:
– http://www.asylumineurope.org/reports/country/italy,
– https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/news/2016/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf).
Diese Umstände und auch die teilweise lange Dauer von Asylverfahren sind darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Die im Bereich der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber feststellbaren Mängel und Defizite sind jedoch weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaats vorläge, mit der Folge einer zu prognostizierenden, systembedingt unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechtecharta oder Art. 3 EMRK. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der italienische Staat hiergegen wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen und dass der UNHCR weiterhin keine generelle Empfehlung dahingehend ausgesprochen hat, Asylbewerber nicht nach Italien zu überstellen. Der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien gegebenenfalls als deutlich schlechter darstellen mag als im Bundesgebiet, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 – Nr. 27725/10 – juris).
Eine andere Beurteilung der Situation in Italien gebietet sich auch nicht vor dem Hintergrund des Vorlagebeschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2017 (1 C 26.16 – juris) und des Vorabentscheidungsersuchens des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an den Europäischen Gerichtshof vom 15. März 2017 (A 11 S 2151/16 – juris). Die jeweils gestellten Fragen betreffen nicht das konkrete Verfahren des Antragstellers (vgl. BVerfG, B.v. 14.12.2017 – 2 BvR 1872/17 – juris Rn. 20 ff.).
Schließlich folgt nichts anderes aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Nr. 29217/12; NVwZ 2014, 127), weil sich daraus lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien mit Kleinkindern nach Italien ergibt. Zudem hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. ./. Niederlande (Nr. 51428/10; juris) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des Dublin-Verfahrens zu verbieten.
Nach alledem vermag das Gericht – jedenfalls soweit es sich nicht um besonders schutzbedürftige Personen handelt – derzeit keine systemischen Mängel des Asylverfahrens in Italien zu erkennen und schließt sich damit der ganz überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung an (vgl. nur VG München, B.v. 11.5.2018 – M 9 S 17.51806; B.v. 3.4.2018 – M 3 S 18.50618; OVG Lüneburg, U.v. 6.4.2018 – 10 LB 109/18 – juris Ls. und Rn. 26; BayVGH, U.v. 28.02.2014 – 13a B 13.30295 – juris; zur jüngsten politischen Änderung OVG Lüneburg, B.v. 6.8.2018 – 10 LA 320/18 – juris).
Das Gericht hat die Umstände in Italien bereits vertieft gewürdigt (vgl. Seiten 4 ff. des Beschlusses vom 20. August 2018; vgl. Näheres zu den Aufnahmebedingungen in Italien OVG Lüneburg, B.v. 9.4.2018 – 10 LB 92/17 – juris). Es ist nach dem Ausgeführten nicht ersichtlich, dass sich die Umstände in Italien seit dem Beschluss des Gerichts vom 20. August 2018 in entscheidungserheblicher Weise verändert hätten. Das Gericht schließt sich insofern den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg in seinen Beschlüssen vom 6. August 2018 (10 LA 320/18) an.
Soweit die Antragstellerbevollmächtigte vorträgt, der Zugang der rückkehrenden Asylbewerber zu Aufnahmeeinrichtungen im Rahmen des sog. SPRAR-Systems sei nun durch das Dekret Nr. 113/2018 vom 4. Oktober 2018 eingeschränkt worden, so führt auch dies nicht zu einem generellen systemischen Versagen Italiens bezüglich der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber und einer damit einhergehenden Verletzung des Art. 3 EMRK. Zwar sind ausweislich des Dekrets die sog. SPRAR-Einrichtungen denjenigen Personen vorbehalten, denen internationaler Schutz zuerkannt wurde sowie den unbegleiteten Minderjährigen. Neben den SPRAR-Einrichtungen gibt es jedoch auch ein Erstaufnahmesystem sowie Notfallzentren (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 4.4.2018 – 10 LB 96/17 und B.v. 21.12.2018 – 10 LB 201/18). Das Erstaufnahmesystem besteht aus den CDA („Centro di accoglienza“) und den „Centri governativi di prima accoglienza“ (ehemals CARA). Diese Erstaufnahmeeinrichtungen verfügen über eine Kapazität von insgesamt 14.694 Plätzen (AIDA 2017: Country Report: Italy, Update 2016, S. 69). Gemäß Gesetzesdekret 142/2015 werden die Erstaufnahmeeinrichtungen durch öffentliche und private Träger betrieben. Insgesamt waren diese Anfang 2017 mit 14.290 Personen belegt (AIDA, Country Report: Italy, Update 2016, S. 70). Neben diesen Unterkünften stehen für Schutzsuchende ferner Notfallzentren, die CAS, zur Aufnahme bereit. Anfang des Jahres 2017 bestand eine Gesamtkapazität von 137.218 Plätzen (AIDA 2017: Country Report: Italy, Update 2016, S. 69). Die Notfallzentren sind nicht nur auf die Erstaufnahme von Schutzsuchenden ausgerichtet, sondern dienen auch im Notfall als Reserve im Rahmen der Zweitaufnahme. Gegenwärtig werden die Notfallzentren zu diesen Zwecken herangezogen (AIDA 2017, Country Report: Italy, Update 2016, S. 71). Sie sind aufgrund der hohen Ankunftszahlen praktisch in das normale Aufnahmesystem integriert und haben somit ihren Charakter als Notfallzentren verloren. Bis Ende des Jahres 2016 waren 75 Prozent der Schutzsuchenden in solchen Notfallzentren untergebracht (AIDA 2017, Country Report: Italy, Update 2016, S. 72). Laut MSF sind dort derzeit mehr als 150.000 Migranten untergebracht (MSF, Stand: 08.02.2018). In den Notfallzentren erfolgt eine Versorgung und Unterstützung durch Nahrung, Taschengeld bzw. Gutscheine in Höhe von 2,50 Euro/Tag (bis zu 7,50 Euro/Tag für Familien), Gesundheitsversorgung, Hygieneartikel, Telefonkarte und Asylberatung (Bundesamt, Länderinformation Italien, Stand: Mai 2017). Von einem generellen Verstoß gegen Art. 3 EMRK ist aufgrund dessen nicht auszugehen.
Der Antragsteller hat vorgetragen, er habe eine Verletzung im Bauchraum. Die eingereichte erste Seite des Entlassbriefes vom 7. Dezember 2018 bezieht sich auf eine virale Gastroenteritis, also eine vorübergehende übliche Erkrankung. Der Antragsteller wurde nicht stationär aufgenommen. Bezüglich der vorgetragenen Verletzung hat der Antragsteller auch in Italien die medizinische Versorgung durch eine Operation in Anspruch genommen; aktuelle deutschsprachige Dokumente über eine Behandlungsbedüftigkeit liegen nicht vor. Der italienische Arztbrief vom 13. Mai 2018 hält als Diagnose beim Entlassen ein Magengeschwür fest. Somit sind nach summarischer Prüfung weder Reiseunfähigkeit noch eine besondere Vulnerabilität naheliegend.
3. Nach alledem ist der Antrag mit der Kostenpflicht nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
… …


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