Europarecht

Keine systemischen Mängel im französischen Asylsystem

Aktenzeichen  AN 17 K 19.51230

Datum:
17.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 21335
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwVfG § 43 Abs. 3
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1
EMRK Art. 3
GRCh Art. 4

 

Leitsatz

1. Eine Erledigung des Verwaltungsaktes durch Vollzug iSd § 43 Abs. 3 VwVfG tritt nicht gleichsam mit der Durchführung der angeordneten Abschiebung ein, da die Abschiebungsanordnung nach wie vor die Grundlage für die Rechtmäßigkeit der Abschiebung und darauf aufbauender Rechtsfolgen bildet. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im französischen Asylsystem bestehen keine systemischen Mängel. (Rn. 28 – 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Aufgrund des allseitigen Einverständnisses der Parteien (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 30. Juni 2020 und allgemeine Prozesserklärung der Beklagten an die Verwaltungsgerichte vom 27. Juni 2017) konnte das Gericht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, § 101 Abs. 2 VwGO.
Die – nach von Amts wegen gewährter Wiedereinsetzung in die Klagefrist – zulässige Klage bleibt ohne Erfolg, denn der Bescheid des Bundesamtes vom 17. Dezember 2019 erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. a) Die Klage gegen den Dublin-Bescheid ist in der Form der erhobenen Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Darüber hinaus ist sie zwar nicht fristgerecht erhoben worden, jedoch war dem Kläger von Amts wegen Wiedereinsetzung in die einwöchige Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Halbs. 2 i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG) auch ohne besonderen Antrag zu gewähren. Die diesbezüglichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen des Gerichts decken sich vollumfänglich mit den entsprechenden Gründen im Beschluss des Gerichts vom 5. Februar 2020 im Verfahren AN 17 S 19.51229, weswegen zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Beschlussgründe, die den Parteien bekannt sind, in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO verwiesen wird.
b) Die zwischenzeitlich realisierte Abschiebung des Klägers nach Frankreich lässt sein Rechtschutzbedürfnis bezüglich der Anfechtung der Abschiebungsanordnung (Ziffer 3. des Bescheids vom 17. Dezember 2019) nicht entfallen. Insoweit hat die Kammer bereits entschieden, dass eine Erledigung dieses Verwaltungsaktes durch Vollzug im Sinne des § 43 Abs. 3 VwVfG mit der Durchführung der angeordneten Abschiebung nicht gleichsam eintritt, da die Abschiebungsanordnung nach wie vor die Grundlage für die Rechtmäßigkeit der Abschiebung und darauf aufbauender Rechtsfolgen bildet (VG Ansbach, U.v. 11.11.2019 – 17 K 19.50901 – BeckRS 2019, 29390). Hieran hält der erkennende Einzelrichter fest.
Jedoch hat der Vollzug der Abschiebung zur Folge, dass der maßgebliche Prüfungszeitpunkt des Gerichts hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung auf den Zeitpunkt der Abschiebung fällt (VG Ansbach, a.a.O.).
2. Die Klage ist jedoch in vollem Umfange unbegründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und im Hinblick auf die erstmalige Festsetzung und Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes auch ohne Ermessensfehler ergangen (§ 114 Satz 1 VwGO i.V.m. § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG).
a) Da die entsprechende rechtliche Prüfung bezüglich der Voraussetzungen der Abschiebungsanordnung, die eine inzidente Prüfung von Ziffer 1. des angegriffenen Bescheids enthielt, durch das Gericht bereits in weitem Umfang im Beschluss vom 5. Februar 2020 im Verfahren AN 17 S 19.51229 vorgenommen wurde und die Parteien keinen weiteren oder ergänzenden Sachvortrag nach Zustellung dieses Beschlusses gehalten haben, macht das Gericht auch insoweit von der Möglichkeit Gebrauch, vollumfänglich auf die Gründe dieses Beschlusses sowie die zutreffenden Gründe des angegriffenen Bescheides Bezug zu nehmen und auch den vorliegenden Entscheidungsgründen in vollem Umfange zugrunde zu legen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Ergänzend bemerkt das Gericht jedoch noch, dass auch die zwischenzeitlich erfolgte Verurteilung der Republik Frankreich durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in den Rechtssachen N.H. u. andere (Az. 28820/13, 75547/13 u. 13114/15; siehe Pressemitteilung des EGMR vom 2. Juli 2020 Nr. 202/2020, abrufbar unter https://hudoc.echr.coe.int/), keine Anhaltspunkte nahelegt, dass dem Kläger bei einer Rücküberstellung nach Frankreich dort unmenschliche, systemisch-rechtswidrige Bedingungen im französischen Asylsystem drohen, denn der Entscheidung des EGMR lagen noch Verhältnisse prekärer Unterkunfts- und Versorgungssituationen von Flüchtlingen im Zeitraum 2013 bis 2015 zugrunde, die nach Mitteilung der gerichtlichen Erkenntnismittel zu Frankreich jedoch gerade Gegenstand von Verbesserungsbemühungen des französischen Staates in seinem Asylsystem waren und sind, wenn auch gerade die Frage der Versorgung mit Obdach weiterhin angespannt und oft prekär bleibt (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Frankreich, Ziffer 6.1 Unterbringung, Stand: 29.01.2018, S. 9 f.). Ein Untätigbleiben des französischen Staates im Umgang mit Menschen, die auf seinem Hoheitsgebiet um internationalen Schutz nachsuchen, auch für die jüngste Vergangenheit lässt sich aus dem Urteil des EGMR nicht schließen und ist für das erkennende Gericht in der vorliegenden Sache auch nicht aus seinen Erkenntnismitteln ableitbar, die den Parteien zur Kenntnisnahme übersandt worden waren. Der Kläger hat dahingehend auch keine weitergehenden Beweismittel vorgetragen bzw. angeregt, die seine Position bekräftigen können.
b) Ebenso wenig sieht das Gericht Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger im Falle einer Gewährung internationalen Schutzes in Frankreich als dann Schutzberechtigter Unterbringungs- und Versorgungsbedingungen erwarten, die einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EU-GrCh. darstellen würden. Diesbezüglich kann auf die ergangene europäische und deutsche verfassungs- und verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu sog. Drittstaatenbescheiden (Unzulässigkeitsentscheidungen nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG i.V.m. Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU [Verfahrens-RL]) zurückgegriffen werden.
Nach Art. 33 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a der Verfahrens-RL dürfen die Mitgliedsstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig ablehnen, wenn ein anderer Mitgliedsstaat internationalen Schutz gewährt hat. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof der Vorschrift im Wege der Auslegung noch ein weiteres, negatives Tatbestandsmerkmal entnommen. Nach der Entscheidung vom 13. November 2019 ist es den Mitgliedstaaten nämlich nicht möglich von der Befugnis des Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Verfahrens-RL Gebrauch zu machen und einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen, wenn dem Antragsteller bereits von einem anderen Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, aber die Lebensverhältnisse, die ihn dort als anerkannter Flüchtling erwarten würden, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh zu erfahren (EuGH, B.v. 13.11.2019 – Hamed, Omar, C-540/17, C-541/17 – NVwZ 2020, 137; s.a. schon EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris). Nach Art. 52 Abs. 3 GRCh ist dabei auch die zu Art. 3 EMRK ergangene Rechtsprechung des EGMR zu berücksichtigen. Eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG hat also in richtlinienkonformer Auslegung zu berücksichtigen, ob dem im anderen Mitgliedsstaat Anerkannten nach einer Rücküberstellung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
Dem steht auch nicht der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens im Unionsrecht entgegen, welcher besagt, dass die Mitgliedsstaaten regelmäßig grundlegende Werte der Union, wie sie etwa in Art. 4 GRCh zum Ausdruck kommen, anerkennen, dass sie umsetzende Unionsrecht beachten und auf Ebene des nationalen Rechts einen wirksamen Schutz der in der GRCh anerkannten Grundrechte gewährleisten sowie dies gegenseitig nicht in Frage stellen. Dieser Grundsatz gilt auch im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und gerade bei der Anwendung von Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Verfahrens-RL, in dem er zum Ausdruck kommt (EuGH, U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 80 ff.; EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris Rn. 83 ff.; s.a. Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, Art. 4 GRCh Rn. 3).
Der Grundsatz gegenseitigen Vertrauens gilt jedoch nicht absolut im Sinne einer unwiderlegbaren Vermutung, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedsstaat stößt, so dass ein ernsthaftes Risiko besteht, dass Personen, die internationalen Schutz beantragen, bei einer Überstellung in diesen Mitgliedsstaat grundrechtswidrig behandelt werden. Dies zu prüfen obliegt den Mitgliedsstaaten einschließlich der nationalen Gerichte (EuGH, U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 83 ff.; EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris Rn. 86 ff.).
Derartige Funktionsstörungen müssen eine besonders hohe Schwelle an Erheblichkeit erreichen und den Antragsteller tatsächlich einer ernsthaften Gefahr aussetzen, im Zielland eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren, was von sämtlichen Umständen des Falles abhängt (EuGH, B.v. 13.11.2019 – Hamed, Omar, C-540/17, C-541/17 – NVwZ 2020, 137 Rn. 36; EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C -297/17 u.a. – juris Rn. 89). Nicht ausreichend für das Erreichen dieser Schwelle ist der bloße Umstand, dass die Lebensverhältnisse im Rückführungsstaat nicht den Bestimmungen des Kapitels VII der Qualifikations-RL 2011/95/EU entsprechen (EuGH, B.v. 13.11.2019 – Hamed, Omar, C-540/17, C-541/17 – NVwZ 2020, 137 Rn. 36). Die Schwelle ist jedoch dann erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedsstaates zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (EuGH, B.v. 13.11.2019 – Hamed, Omar, C-540/17, C-541/17 – NVwZ 2020, 137 Rn. 39; EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris Rn. 90). Plakativ formuliert kommt es darauf an, ob der Anerkannte bei zumutbarer Eigeninitiative in der Lage wäre, an „Bett, Brot und Seife“ zu gelangen (VGH BW, B.v. 27.5.2019 – A 4 S 1329/19 – juris Rn. 5). Angesichts dieser strengen Anforderungen überschreitet selbst eine durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichnete Situation nicht die genannte Schwelle, sofern diese nicht mit extremer materieller Not verbunden ist, aufgrund derer sich die betreffende Person in einer solch schwerwiegenden Situation befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann (EuGH, B.v. 13.11.2019 – Hamed, Omar, C-540/17, C-541/17 – NVwZ 2020, 137 Rn. 39; EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris Rn. 91).
Dafür genügt es nicht, dass in dem Mitgliedsstaat, in dem ein neuer Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, höhere Sozialleistungen gewährt werden oder die Lebensverhältnisse besser sind als in dem Mitgliedsstaat, der bereits internationalen Schutz gewährt hat (EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris Rn. 93 f.; EuGH, U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 97). Ebenso wenig ist das Fehlen familiärer Solidarität in einem Staat in Vergleich zu einem anderen eine ausreichende Grundlage für die Feststellung extremer materieller Not. Gleiches gilt für Mängel bei der Durchführung von Integrationsprogrammen (EuGH, U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 94, 96).
Bei dem so definierten Maßstab ist weiter zu berücksichtigen, ob es sich bei der betreffenden Person um eine gesunde und arbeitsfähige handelt oder eine Person mit besonderer Verletzbarkeit (Vulnerabilität), die leichter unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in eine Situation extremer materieller Not geraten kann (EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris Rn. 93; EuGH, U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 95; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 29 AsylG Rn. 26). Damit schließt sich der Europäische Gerichtshof der Tarakhel-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (EGMR, U.v. 4.11.2014 – Tarakhel, 29217/12 – NVwZ 2015, 127), die wegen Art. 52 Abs. 3 GRCh auch im Rahmen des Art. 4 GRCh zu berücksichtigen ist.
Für die demnach zu treffende Prognoseentscheidung, ob dem Kläger eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh droht, ist eine tatsächliche Gefahr („real risk“) des Eintritts der maßgeblichen Umstände erforderlich, d.h. es muss eine ausreichend reale, nicht nur auf bloße Spekulationen gegründete Gefahr bestehen. Die tatsächliche Gefahr einer Art. 4 GRCh zuwiderlaufenden Behandlung muss insoweit aufgrund aller Umstände des Falles hinreichend sicher und darf nicht hypothetisch sein (OVG RhPf, B.v. 17.3.2020 – 7 A 10903/18.OVG – BeckRS 2020, 5694 Rn. 28 unter Verweis auf VGH BW, U.v. 3.11.2017 – A 11 S 1704/17 – juris Rn. 184 ff. m.w.N. zur Rspr. des EGMR). Es gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die für eine solche Gefahr sprechenden Umstände müssen ein größeres Gewicht als die dagegensprechenden Tatsachen haben (OVG RhPf, a.a.O.; vgl. VGH BW, a.a.O., juris Rn. 187).
Diesen Maßstab zu Grunde gelegt ist den Erkenntnismitteln des Gerichts zu Frankreich nicht zu entnehmen, dass einen anerkannten Schutzberechtigten wesentliche Unterstützungsleistungen der Daseinsfürsorge systematisch vorenthalten oder eine rechtliche und tatsächliche Ungleichbehandlung mit Inländern besteht, zu entnehmen (vgl. bspw. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Frankreich, Stand 29.1.2018, Punkt 7. Schutzberechtigte, S. 12 f.). Es ist mangels individuellem Vortrags des Klägers davon auszugehen, dass er keiner besonders schutzbedürftigen Personengruppe angehört und grundsätzlich befähigt ist, in Frankreich seine Grundbedürfnisse „Bett, Brot und Seife“ unter entsprechenden persönlichen Anstrengungen und ggf. unter Hinwendung an staatliche und karitative, vor allem kirchliche Beratungs- und Hilfsstellen selbstständig befriedigen zu können.
c) Die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylG erwies sich schließlich im Zeitpunkt der Realisierung auch als rechtmäßig. Insbesondere ist die Zuständigkeit für das Asylverfahren nicht gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO auf die Beklagte übergegangen, da die zusammenhängende Frist von sechs Monaten nach dieser Vorschrift mit dem Beschluss des Gerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes neu zu laufen begann, mithin am 5. Februar 2020. Die Beklagte hatte demnach Zeit bis zum Ablauf des 5. August 2020, den Kläger nach Frankreich zu überstellen, was schließlich auch am 30. Juli 2020 erfolgt ist.
Auf die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der behördlichen Aussetzungsentscheidung vom 27. März 2020 kommt es nach alledem nicht an.
Weitere Mängel der Abschiebungsanordnung hat der Kläger weder vorgetragen, noch sind sie für das Gericht aus dem vorliegenden Aktenbestand ersichtlich.
Zudem bestehen auch keine Anhaltspunkte im Sachvortrag des Klägers oder aus dem Inhalt der Akten, die es nahelegen, dass dem Kläger ein nationales Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bzw. aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuzusprechen ist. Ziffer 2. des angegriffenen Bescheids erweist sich demnach gleichfalls als rechtmäßig.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO insgesamt abzuweisen. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.


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