Europarecht

Prüfung von Lärmimmissionen nach der TA Lärm bezüglich Explorationsbohrung für Geothermieprojekt

Aktenzeichen  M 9 K 15.4060

Datum:
14.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchG BImSchG § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
TA Lärm Nr. 3b

 

Leitsatz

1 Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. Abs. 1 BImSchG Immissionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Es reicht aus, wenn die Immissionen nach Art, Ausmaß und Dauer die Eignung besitzen, derartige Störungen hervorzubringen. Bei der Beantwortung der Frage, ob von einer Bohranlage schädliche Umweltauswirkungen ausgehen,ist die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) zu beachten. Die Maßgeblichkeit der TA Lärm für die Ermittlung und Bewertung der Geräusche folgt unmittelbar aus Nr. 1 Abs. 3 Buchst. b TA Lärm.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Soweit diese Verwaltungsvorschrift den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, kommt ihr eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung von Geräuschimmissionen vorschreibt.  (redaktioneller Leitsatz)
3 Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als diese Verwaltungsvorschrift insbesondere durch Kann-Bestimmungen und Bewertungsspannen Spielräume eröffnet. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kläger haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. zu tragen. Die Beigeladenen zu 2. und zu 3. tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen Ziffer I.2. des Bescheides richtet (1.). Im Übrigen ist sie zwar zulässig (2.), aber unbegründet (3.).
1. Soweit sich die Klage gegen die befristete, stets widerrufliche und beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis, Art. 15 Abs. 2 BayWG, zum Versickern von gesammeltem Niederschlagswasser in den Untergrund richtet, Ziffer I.2. des Bescheids, ist sie bereits unzulässig, da die Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechtspositionen geltend machen können.
Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Klage nur zulässig, wenn die Kläger geltend machen, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in ihren Rechten verletzt zu sein. § 42 Abs. 2 VwGO erfordert als Zulässigkeitsvoraussetzung bei Anfechtungsklagen die Geltendmachung einer zumindest möglichen Verletzung eigener Rechte – also nicht lediglich ideeller, wirtschaftlicher oder ähnlicher Interessen – durch den angefochtenen Verwaltungsakt.
Vorliegend kann nur das Grundwasser als Bestandteil der Umwelt und damit als Gut der Allgemeinheit durch die Versickerung des Niederschlagswassers betroffen sein. Grundeigentum oder eine Unterhaltungslast als Anknüpfungspunkt des Klägers für wasserrechtlichen Drittschutz kommen damit nicht in Betracht (BayVGH, B.v. 15.8.2016 – 20 ZB 16.931 – juris). Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme scheidet aus. Die Kläger haben weder ein Wasserbezugsrecht noch eine Verpflichtung nach § 50 WHG geltend gemacht. Es ist auch nach Aktenlage keine Rechtsposition erkennbar, für die in der Rechtsprechung in der Vergangenheit ausnahmsweise eine individuelle und qualifizierte Betroffenheit in diesem Zusammenhang angenommen wurde (BayVGH, B.v. 15.8.2016 – 20 ZB 16.931 – juris; B.v. 2.2.2010 – 22 ZB 09.515 – juris; VG Würzburg, B.v. 13.11.2014 – W 4 S 14.1052 – juris; VG Schleswig, B.v. 25.9.2001 – 14 B 79/01 – juris; VG München, U.v. 5.12.2012 – M 9 K 12.3036 – juris).
2. Die Klage ist im Übrigen – soweit sie sich gegen Ziffer I.1. des Bescheids richtet – zulässig.
Die Kläger sind klagebefugt, § 42 Abs. 2 VwGO. Für Anfechtungsklagen gegen eine bergrechtliche Betriebsplanzulassung gelten hinsichtlich der Zulässigkeit die allgemeinen Voraussetzungen für Drittanfechtungsklagen. Danach ist die Anfechtungsklage eines von einer behördlichen Entscheidung Drittbetroffenen nur zulässig, wenn dieser geltend machen kann, durch die behördliche Entscheidung in eigenen Rechten verletzt zu werden. Die Klagebefugnis ist in diesen Fällen zu bejahen, wenn es nach dem Vortrag der Klagepartei zumindest als möglich erscheint, dass die Behördenentscheidung gegen Normen verstößt, die auch dem Drittbetroffenen schutzfähige Rechtspositionen einräumen, und der Drittbetroffene vom sachlichen und personellen Schutzbereich dieser Norm erfasst wird. Die Klagebefugnis ist nur zu verneinen, wenn beides offensichtlich und eindeutig und nach keiner Betrachtungsweise der Fall sein kann.
In Bezug auf den Bohrbetrieb haben die Kläger ausgeführt, dass die Möglichkeit von Erschütterungen und von dadurch ausgelösten Gebäudeschäden am Wohnhaus der Kläger bestehe. Weiter sei zu befürchten, dass sie durch den Bohrbetrieb unzumutbaren Lärmimmissionen, u. a. durch tieffrequente Geräusche, ausgesetzt würden.
Damit ist jedenfalls die Möglichkeit einer Verletzung drittschützender Vorschriften dargetan. Im Hinblick auf den drittschützenden gesetzlichen Versagungsgrund des § 48 Abs. 2 BBergG kann eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Oberflächeneigentums – wie sie sich in den befürchteten Gebäudeschäden manifestieren würde – gerügt werden (BVerwG, U. v. 15.12.2006 – 7 C 1/06 – juris; OVG NW, U. v. 18.11.2015 – 11 A 3048/11 – juris; VG München, U. v. 5.12.2012 – M 9 K 12.1293 – juris). Weiter ist eine Verletzung des drittschützenden § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG angesprochen, dem zufolge schädliche Umwelteinwirkungen u. a. für die Nachbarschaft bei Errichtung und Betrieb nach Immissionsschutzrecht nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen zu verhindern sind. § 22 BImSchG ist anwendbar, da die Bohranlage keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 Abs. 1 BImSchG bedarf, § 4 Abs. 2 Satz 1 BImSchG. „Über Tage“ bedeutet hier nicht, dass Aufbauten wie der Bohrturm immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig wären. Die über Tage liegenden Teile geothermischer Anlagen sind nicht im Anhang der 4. BImSchVO aufgeführt und deshalb auch nicht genehmigungsbedürftig i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG. Für Bohranlagen wie der vorliegenden gelten die Vorschriften über nicht genehmigungsbedürftige Anlagen nach §§ 22ff. BImSchG, die die Bergbehörde mitprüft (BVerwG, U.v. 4.7.1986 – 4 C 31/84 – juris; Große, NVwZ 2004, 809; Jarass, BImSchG, Stand: 11. Auflage 2015, § 4 Rn. 37ff.).
3. Die Klage ist unbegründet, soweit sie sich gegen Ziffer I.1. des Bescheids richtet, da der zugelassene Hauptbetriebsplan die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Kläger können sich wie jeder Dritte gegen eine bergrechtliche Zulassung nur dann mit Erfolg zur Wehr setzen, wenn die behördliche Entscheidung nicht nur objektiv rechtswidrig ist, sondern wenn sie auch subjektivöffentliche Rechte der Kläger verletzt, die im bergrechtlichen Zulassungsverfahren zu beachten sind.
Streitgegenstand ist vorliegend ausschließlich der Hauptbetriebsplan zur Herrichtung des Bohrplatzes und zur Abteufung der Explorationsbohrung „…“. Nicht streitgegenständlich sind damit nach Ziffer III., Buchstabe A, Ziffer. 2.8 und Ziffer 6.1 des hiesigen Bescheids, zukünftig noch zu erlassende Sonderbetriebspläne, da es diese noch nicht gibt. Eine Berufung auf die Verletzung von drittschützenden Normen durch baurechtliche Genehmigungen für den Kraftwerkbau scheidet ebenfalls aus, da die Baugenehmigung nicht Inhalt des Hauptbetriebsplans ist. Auch eine etwaige spätere Förderung im Dublettenbetrieb ist nicht Inhalt der vorliegenden bergrechtlichen Zulassung, weshalb der Klägervortrag über hierauf fußende Rechtsverletzungen nicht dieses Verfahren betrifft.
Unzumutbare Lärmimmissionen durch den Bohrbetrieb und damit eine Verletzung des § 22 BImSchG sind ebenso wenig zu erwarten (a) wie durch Mikroerdbeben bzw. durch Erschütterungen herbeigeführte Gebäudeschäden, aus denen sich eine Verletzung des § 48 Abs. 2 BBergG ergeben würde (b).
a. Der Bohrbetrieb wird, soweit das aufgrund der aktuellen Genehmigungslage absehbar ist, keine für die Kläger unzumutbaren Lärmimmissionen bzw. schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG verursachen.
aa. Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Es reicht aus, wenn die Immissionen nach Art, Ausmaß und Dauer die Eignung besitzen, derartige Störungen hervorzubringen. Bei der Beantwortung der Frage, ob von der Bohranlage schädliche Umweltauswirkungen ausgehen, hatte (und hat) der Beklagte die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) zu beachten. Die Maßgeblichkeit der TA Lärm für die Ermittlung und Bewertung der Geräusche folgt unmittelbar aus Nr. 1 Abs. 3 Buchst. b TA Lärm. Soweit diese Verwaltungsvorschrift den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, kommt ihr eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (BVerwG, U.v. 29.8.2007 – 4 C 2.07 – juris). Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung von Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als diese Verwaltungsvorschrift insbesondere durch Kann-Bestimmungen (vgl. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (vgl. Nr. A 2.5.3) Spielräume eröffnet (statt aller BayVGH, U.v. 25.11.2015 – 22 BV 13.1686 – juris).
bb. Das Gericht stützt sich für seine Bewertung, dass die Grenzwerte der TA Lärm eingehalten werden, auf das von der Beigeladenen zu 1. vorgelegte Lärmgutachten der … vom … Dezember 2012 und auf deren ergänzende Stellungnahmen vom … Dezember 2015 und vom … März 2016. Die Untersuchungen der … fußen auf Daten zum Bohrgerät InnovaRig B002. Die klägerische Kritik hieran – es sei fraglich, wie die zugrunde gelegten Emissionskenndaten dieser Anlage ermittelt worden seien, da „diese Anlage“ noch nicht existent sei – ist für das Gericht nicht nachvollziehbar.
Die genannte Bohranlage wurde von der Beigeladenen zu 1. selbst im Antrag auf Zulassung des Hauptbetriebsplans für den Bohrbetrieb vorgesehen. Der Vertreter der Beigeladenen zu 1. erläuterte in der mündlichen Verhandlung, dass man mit diesem Gerät bereits in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht habe. Die Emissionskenndaten dieser Maschine seien aus ihrem Einsatz an einem anderen Standort in … bekannt. Eingedenk dessen und angesichts der Aussagen der Vertreter des Bergamtes, dass von vorn herein nur wenige Anlagen und Hersteller überhaupt für den vorgesehenen Einsatz in Betracht kämen, kann das Gericht die Kritik an dem Verfahren nicht nachvollziehen. Dass dem Bergamt nach Ziffer 6.1 des streitgegenständlichen Bescheids für den Betrieb der zum Einsatz kommenden Bohranlage ein Sonderbetriebsplan vorzulegen ist, der u. a. Details zum Tragwerk, zur maschinentechnischen Einrichtung und zum Lärmschutz enthalten soll, hindert den Betreiber nicht, ein Immissionsprognosegutachten auf der Grundlage von Emissionen einer Anlage erstellen zu lassen, die höchstwahrscheinlich am Standort eingesetzt wird oder die jedenfalls in wesentlichen Punkten der einzusetzenden Anlage entsprechen wird. Vielmehr war nur dieses Vorgehen geeignet, im aktuellen Stadium des streitgegenständlichen Hauptbetriebsplans verlässliche Aussagen zur Immissionsbelastung der Kläger treffen zu können. Da der Projektstandort, auch in der konkreten Ausgestaltung, durch den Hauptbetriebsplan festgelegt ist, stellt dieses Vorgehen eine sachgerechte und geeignete Maßnahme des Betreibers dar, um die Ängste der Kläger bereits in diesem Stadium zu zerstreuen. Den Klägern erwächst durch diese Staffelung auch kein Nachteil, da im hiesigen Bescheid bereits letztverbindlich beauflagt wurde, dass die maßgeblichen Grenzwerte der TA Lärm eingehalten werden müssen (Ziffer 6.2 des Bescheids).
Sollte die InnovaRig B002 selbst am Projektstandort eingesetzt werden, ist mit dem Lärmgutachten der … die Bewertung der immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit aus Sicht des Gerichts bereits umfassend geklärt. Sollte im Sonderbetriebsplan eine andere Maschine vorgesehen sein, hat der Betreiber dafür Sorge zu tragen, dass diese vergleichbare Messwerte liefert, sich die immissionsschutzrechtliche Situation für die Kläger also nicht verschlechtert. Der Bergbauunternehmer trägt das Risiko, dass von ihm im Vertrauen auf bestandskräftig zugelassene Betriebspläne gemachte Aufwendungen – beispielsweise für ein Lärmgutachten – wertlos werden (VG München, U.v. 5.12.2012 – M 9 K 12.1293 – juris; BVerwG, U.v. 14.12.1990 – 7 C 18/90 – juris).
cc. Nach dem nachvollziehbaren und in sich stimmigen Gutachten vom … Dezember 2012 sind am klägerischen Anwesen die Grenzwerte für ein reines Wohngebiet (WR) – 50 dB(A) tags und 35 dB(A) nachts – einzuhalten und eingehalten. Die für den gegenüber dem Betriebszustand „Roundtrip“ lauteren Betriebszustand „Bohren“ prognostizierten Langzeit-Mittelungspegel liegen für den klägerischen Standort bei 28,6 dB(A) tags und 27,2 dB(A) nachts. Für die Tageszeit gilt damit neben dem Irrelevanzkriterium – „Puffer“ von 6 dB(A) – gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 2 i. V. m. Nr. 4.2 Buchst. c auch Nr. 2.2 TA Lärm, das klägerische Anwesen liegt also bereits nicht im Einwirkungsbereich der Bohranlage. Für die Nachtzeit greift Nr. 3.2.1 Abs. 2 i. V. m. Nr. 4.2 Buchst. c. TA Lärm. Eine getrennte Betrachtung von Tages- und Nachtzeiten ist ohne weiteres möglich (BayVGH, B.v. 9.5.2016 – 22 ZB 15.2322 – juris).
Vorbelastungen waren nach alledem am Standort der Kläger nicht zu berücksichtigen. Die Lärmquellen Bundesstraße und Bahnstrecke unterliegen bereits nicht, wie von Nr. 1 Abs. 2 TA Lärm gefordert, den Anforderungen des Zweiten Teils des BImSchG (BayVGH, B.v. 6.11.2012 – 22 ZB 11.1472 – juris; Landmann/Rohmer UmweltR, Stand: 79. EL Februar 2016, TA Lärm Nr. 1 Rn. 7). Damit kommt es auf die ergänzende Stellungnahme der … vom … März 2016, die schlüssig darlegt, dass am klägerischen Anwesen nicht nur die Immissionsrichtwerte der TA Lärm, sondern auch die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) deutlich unterschritten werden, nicht mehr an. Auf eine konkrete Ermittlung etwaiger Emissionen der Firma … GmbH oder des angeführten Kiesabbaugebiets konnte nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 i. V. m. Nr. 4.2 Buchst. c. TA Lärm verzichtet werden.
dd. Durchgreifende substantiierte fachliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Gutachtens (BayVGH, a. a. O.) tragen die Kläger nicht vor. Im Hinblick auf die Kritik bezüglich der Fahrzeugbewegungen und im Hinblick auf die Ruhezeitenzuschläge wird auf die ergänzende Stellungnahme der … vom … Dezember 2015 verwiesen, der aus Sicht des Gerichts nichts hinzuzufügen ist.
Die Kritik an der Aussage des Gutachtens der … vom … Dezember 2012, Ziffer 4.4.3, es sei nicht zu erwarten, dass von der Bohranlage tieffrequente Geräusche nach Nr. 7.3 TA Lärm ausgehen würden, überzeugt nicht. Das Gericht folgt den schlüssigen Darlegungen der ergänzenden Stellungnahme vom … Dezember 2015 und den Ausführungen des Gutachters der … in der mündlichen Verhandlung. Danach können solche Geräusche bei den Bohrgeräten allenfalls durch eine feste Verbindung schwingender Schüttelsiebe mit großflächigen Containern entstehen, die dann tieffrequente Geräusche abstrahlen könnten. Dies wird durch eine mechanische Entkopplung von Sieben und Containern verhindert. Diese Entkopplung wird nach Aussage der Beklagtenvertreter im Sonderbetriebsplan, der nach Ziffer 6.1 der Nebenbestimmungen des hiesigen Bescheids für den Betrieb der zum Einsatz kommenden Bohranlage noch zu genehmigen ist, beauflagt (zur Abschichtung von Haupt- und Sonderbetriebsplänen und Regelungsgegenständen VG Neustadt, B.v. 28.7.2011 – 5 L 344/11.NW – juris; BVerwG, U. v. 13.12.1991 – 7 C 25/90 – juris). Nach Aussage des Gutachters gehen von sonstigen Anlageteilen keine tieffrequenten Geräusche aus. Insbesondere gebe es keine interne Stromversorgung mit Dieselgeneratoren. Für die Kammer besteht kein Anlass, diese Einschätzungen infrage zu stellen.
Auch die klägerische Kritik an der Anmerkung des …-Gutachtens vom … Dezember 2012, Ziffer 5, dass Impulsgeräusche weitgehend verhindert werden sollten, geht fehl. Diese Ausführung ist „überobligatorisch“ bzw. als Hinweis anzusehen, wie auch die ergänzende Stellungnahme der … vom … Dezember 2015, S. 5, klarstellt. Ziffer 4.4.2 des …-Gutachtens vom … Dezember 2012 überprüft die Belastung durch kurzzeitige Geräuschspitzen gerade umfassend; Tabelle 8 zeigt die Einhaltung der Spitzenpegel.
Da die Richtwerte im regelmäßigen Betrieb nach alledem – im Fall der Kläger um Längen – eingehalten werden können, begegnet auch die zielorientierte Festlegung der Immissionsrichtwerte in Ziffer III.6.2 des Bescheids keinen Bedenken (BayVGH, B.v. 7.2.2013 – 15 CS 12.743 – juris). Die Sicherung der Einhaltung dieser festgelegten Grenzwerte ist dabei ein reines Vollzugsproblem, weswegen die Kritik an der Anordnung einer Kontrollmessung nach 14 Tagen von vorn herein nicht verfängt.
b. Ziffer I.1. des Bescheids verletzt die Kläger nicht in ihren aus § 48 Abs. 2 BBergG resultierenden Rechten. § 48 Abs. 2 BBergG vermittelt dem Eigentümer nur insoweit Drittschutz, als schwerwiegende Beeinträchtigungen des Oberflächeneigentums voraussichtlich unvermeidbar oder mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind (BVerwG, U.v.16.3.1989 – 4 C 36/85 – juris). Nach der Konzeption des Bundesberggesetzes sind zu erwartende bergbaubedingte Beeinträchtigungen, die sich im Bereich kleinerer und mittlerer Schäden bewegen, wegen der gesetzlichen Bestimmungen über die Regulierung von Bergschäden (§§ 114 – 121 BBergG) auch mit Rücksicht auf Art. 14 GG nicht ausreichend, um eine Aufhebung der Betriebsplanzulassung durch einen Dritten zu bewirken (OVG Saarland, B. v. 2.11.2007 – 2 B 181/07 – juris; VG München, U. v. 5.12.2012 – M 9 K 12.1293 – juris). Nur Schäden an der Substanz des Eigentums – etwa die Beeinträchtigung der Standsicherheit eines Gebäudes oder seiner Benutzbarkeit – können geeignet sein, eine Verletzung der drittschützenden Norm des § 48 Abs. 2 BBergG zu begründen (OVG Saarland, a. a. O.; VG München, a. a. O.). Im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG sind weiter nur solche Gefahren als dem jeweiligen Vorhaben zurechenbar anzusehen und zu berücksichtigen, die bei normalem Geschehensablauf nach allgemeiner Lebenserfahrung wahrscheinlich und ihrer Natur nach vorhersehbar sind (OVG NW, U. v. 20.8.2009 – 11 A 456/06 – juris; VG München, a. a. O.). § 48 Abs. 2 BBergG verlangt nicht, dass Schäden von vornherein sicher ausgeschlossen werden können. Es ist vielmehr im gerichtlichen Verfahren nur zu überprüfen, ob die Bergbehörde eine Prognoseentscheidung getroffen hat, bei der der Sachverhalt zutreffend ermittelt und korrekte Methoden der Vorausschau angewandt wurden.
Im vorliegenden Fall sind weder schwerwiegende Beeinträchtigungen des Eigentums der Kläger im genannten Sinne zu erwarten noch sind sie nach allgemeiner Lebenserfahrung wahrscheinlich und ihrer Natur nach vorhersehbar. Es wurden keinerlei Tatsachen vorgetragen, die darauf hindeuten, dass es nach allgemeiner Lebenserfahrung aufgrund der streitgegenständlichen Betriebsplanzulassung wahrscheinlich und vorhersehbar zu schweren Schäden am Gebäude der Kläger kommen wird. Die Kläger haben nicht ansatzweise eine besondere Bodenbeschaffenheit o.Ä. dargelegt, die das Risiko für Mikroerdbeben oder Erschütterungen genau an diesem Standort durch genau diese Bohrweise erhöhen würde im Vergleich zu anderen Geothermiebohrungen, deren Erfahrungen und Ergebnisse in die streitgegenständliche Bewertung durch das Bergamt, die sich auch im Bescheid niedergeschlagen hat, eingeflossen sind. Der Vortrag erschöpft sich darin, auf „die Erschütterungsproblematik“ hinzuweisen. Es wurde weder ein kausaler Zusammenhang zwischen der Bohrtätigkeit und möglichen Erdbeben substantiiert dargelegt noch ein Geschehensablauf nachvollziehbar erläutert, der hier zu Gebäudeschäden führen könnte. Die auf nachprüfbaren Tatsachen und Erkenntnissen beruhende Prognose des Beklagten wird durch den Klägervortrag nicht erschüttert und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bescheid begründet umfangreich, dass dem Bergamt Südbayern aus der Vergangenheit keine durch Geothermiebohrungen ausgelöste Mikro-Erdbeben bekannt wurden, welche bei dem hier anzuwendenden Bohrverfahren und der vorhandenen Geologie aufgetreten wären und bei denen es zu ernsten Gebäudeschäden gekommen wäre. Deshalb sei eine größere Beeinträchtigung durch seismische Ereignisse ebenso wenig zu erwarten wie durch die bereits vorhandenen Dauerbelastungen der Bundesstraße … oder der Bahnlinie …-… Im Anschluss hieran werden aufgetretene Probleme bei Bohrungen in … und in … bewertet und es wird nachvollziehbar dargelegt, dass diese Vorhaben weder den geologischen Gegebenheiten – hier stehe quartärer Schotter an im Gegensatz zu der in … vorhandenen Anhydritschicht, die im Zusammenspiel mit Grundwassereinflüssen Probleme gemacht habe – noch der Bohrtechnik nach – Tiefenbohrung beim hiesigen Vorhaben gegenüber einer oberflächennahen Bohrung bei den genannten Anlagen – mit dem hier streitgegenständlichen Projekt zu vergleichen sind.
In der mündlichen Verhandlung führten die Vertreter des Bergamtes zu den Einzelheiten der Prognose weiter aus, dass die seismischen Aktivitäten durchgehend, wie auch in Ziffer 1.2 des Bescheids beauflagt wurde, überwacht würden. Es bestünden Erfahrungen aus 30 Projekten in der Umgebung von … mit solchen Messungen. Abgesehen vom Standort in … hätten sich überhaupt keine relevanten seismischen Aktivitäten messen lassen. Nach der Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU Bayern) vom 23. April 2014 (Bl. 518 des Behördenakts) seien auch die in … aufgetretenen Aktivitäten keinesfalls geeignet gewesen, Schäden an der Oberfläche zu verursachen. Im Übrigen habe der Standort in … andere strukturgeologische Eigenschaften als das Gebiet in … Die Wahrscheinlichkeit, dass das hiesige Projekt überhaupt messbare mikroseismische Ereignisse verursachen könnte, sei als äußerst gering einzuschätzen. Unabhängig davon würden die Daten durchgehend an das LfU Bayern und an ein Institut der Technischen Universität München (TUM) weitergeleitet und ausgewertet. Bei entsprechendem Anlass werde der Betrieb sofort gestoppt. Im Hinblick auf die 100 m entfernt liegende Carbidofengasleitung sei anzumerken, dass es seit den 50er-Jahren etwa 1.000 Bohrungen in Bayern gegeben habe. Dabei seien Gasleitungen, die sich von ihrem Zweck her regelmäßig in unmittelbarer Nähe zu Förderstellen befänden, noch nie in Mitleidenschaft gezogen worden. Durch den Bohrvorgang entstünden keine Erschütterungen der Leitung. Der Vertreter des LfU Bayern ergänzte, dass die Stellungnahme (Bl. 288 des Behördenakts) so zu verstehen sei, dass es noch nie zu einem Störfall gekommen sei, weswegen eben keine Erfahrungen vorlägen. Nach diesen Ausführungen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Erdbebenrisiko gegeben ist.
Die Gutachten der Firma …-… vom … Juli 2014, vom … April 2016 und vom … Juni 2016 sowie die Stellungnahme der Firma … vom … März 2016 waren für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit irrelevant, da es hier weder um die Zulassung eines Kraftwerkbetriebs noch um tieffrequente Schallimmissionen eines BHKW-Abgaskamins geht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 162 Abs. 1, § 159 VwGO. Die Beigeladene zu 1. hat sich durch die Antragstellung in ein Kostenrisiko begeben, weswegen es der Billigkeit entspricht, ihre Kosten den Klägern aufzuerlegen. Für die Beigeladenen zu 2. und zu 3. galt dies nicht. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 15.000 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben