Europarecht

Rechtmäßige Untersagung der Vermittlung einzelner Sportwetten

Aktenzeichen  Au 8 K 18.794

Datum:
10.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 6375
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GlüStV § 9 Abs. 1 S. 2, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 3
GlüStV § 9a Abs. 2 S. 1 Nr. 3, § 9a Abs. 3
GlüStV § 21 Abs. 1, § 21  Abs. 4
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Die auf Aufhebung des Bescheids vom 20. April 2018 gerichtete Anfechtungsklage ist zulässig, bleibt jedoch erfolglos. Der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Ziffer I. des Bescheids ist rechtmäßig.
1.1 Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Untersagungsverfügung nach Ziffer I. des Bescheids ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Danach kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagt werden. Die zuständige Behörde des jeweiligen Landes kann gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen.
1.2 Die Beklagte ist gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV für den Erlass der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung zuständig. Es besteht weder eine Zuständigkeit des Landes Hessen oder deren Behörden noch leidet die Untersagungsverfügung der Beklagten an einem Verfahrensmangel wegen fehlender Beteiligung dieser Behörden.
1.2.1 Eine Zuständigkeit der betreffenden Aufsichtsbehörde des Landes Hessen zum Erlass einer auf die materielle Rechtswidrigkeit des vermittelten Glücksspielangebots gestützten Untersagungsverfügung nach § 9a Abs. 3 i.V.m. § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV besteht nicht. § 9a Abs. 3 GlüStV regelt die ländereinheitliche Zuständigkeit für die Glücksspielaufsicht nur, soweit die Tätigkeit der Konzessionsnehmer im in der Zulassung geregelten Bereich bzw. das Veranstalten von Sportwetten betroffen ist (Oldag in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 9a Rn. 10; OVG Lüneburg, B.v. 14.3.2018 – 11 LA 128/17 – juris Rn. 11 ff.). Da die Klägerin ausschließlich als Vermittler von Sportwetten tätig ist, ergibt sich aus § 9a Abs. 3 GlüStV keine Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde des Landes Hessen für eine Untersagungsverfügung.
1.2.2 Die Regelung in § 21 Abs. 1 GlüStV, wonach Wetten als Kombinations- oder Einzelwetten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen erlaubt werden können und Art und Zuschnitt der Sportwetten in der Erlaubnis zu regeln sind, führt ebenfalls zu keiner Zuständigkeitsverlagerung bei der Untersagung der Vermittlung von materiell nicht erlaubnisfähigen Sportwetten von der für den Sportwettenvermittler zuständigen Aufsichtsbehörde auf die für den Konzessionsnehmer zuständigen Aufsichtsbehörde. Die Erlaubnis nach § 21 Abs. 1 GlüStV wird gemäß § 4a Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV als Konzession für alle Länder von der zuständigen Behörde erteilt. Durch dieses ländereinheitliche Verfahren soll sichergestellt werden, dass Art und Zuschnitt der Sportwetten gleichartig sind und ein einheitliches Angebot durch die Konzessionäre vorgehalten werden kann (Hecker/Ruttig in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 21 Rn. 34). Derzeit werden von der nach § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV für die Konzessionserteilung zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Hessen aber keine Konzessionen für Wettveranstalter vergeben, weshalb auch keine Erlaubnisse für die Veranstaltung einer bestimmten Art von Sportwetten erteilt werden. Das hat zur Folge, dass die vom Gesetzgeber u.a. beabsichtigte Beschränkung des Produktportfolios (LT-Drs. 16/11995) nicht bundeseinheitlich erreicht werden kann. Ein faktischer Nichtvollzug dieser gesetzlichen Regelungen zieht jedoch keine Verlagerung der vom Gesetzgeber eindeutig geregelten Zuständigkeit im Bereich der Glücksspielaufsicht nach sich (BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 22, 23).
1.2.3 Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerseite auch nicht aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 8. März 2018 (BayVGH, U.v. 8.3.2018 – 10 B 15.994 – juris Rn. 31, 45 f.). Zwar verweist der Bevollmächtigte der Klägerin auf eine Passage im Urteil, der zu Folge Landesbehörden Aussagen zur Erlaubnisfähigkeit eines Wettangebots nicht treffen dürften, weil dies Aufgabe der für das länderübergreifende Konzessionsverfahren zuständigen Behörde sei. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Konzessionsverfahren nicht abgeschlossen wurde. Solange es jedoch zu keinem Abschluss dieses Verfahrens kommt, solange müssen die jeweiligen Landesbehörden die Bewertung der Erlaubnisfähigkeit von Wetten, zumindest in Untersagungsverfahren, treffen können, um den Vollzug des GlüStV sicher zu stellen. Zudem betrifft das oben genannte Urteil eine andere Fallkonstellation, da es dort um einen Anspruch auf Erlass einer isolierten Vermittlungserlaubnis mit eventueller „positiven“ Feststellung der Zulässigkeit bestimmter Sportwettarten ging, im hier vorliegenden Verfahren jedoch um eine Untersagungsverfügung.
1.2.4 Die Beklagte musste das Land Hessen auch nicht am Verfahren beteiligen. Die Mitwirkung anderer Behörden (z.B. durch Einholung des Einvernehmens) ist nur erforderlich, wenn dies in außenwirksamen Rechtsvorschriften, wie beispielsweise Gesetze, Rechtsvorschriften oder Satzungen, ausdrücklich geregelt ist. Eine Beteiligung des Landes Hessen ist im Bereich der glücksspielrechtlichen Aufsicht bei der Veranstaltung von Sportwetten jedoch nicht vorgeschrieben. Da derzeit keine Konzessionen vom Land Hessen vergeben werden, kann die streitgegenständliche Untersagung auch nicht in deren Zuständigkeitsbereich übergreifen. Ob diese rechtliche Situation anders zu beurteilen sein wird, wenn Konzessionen oder Erlaubnisse an Sportwettenveranstalter vom Land Hessen erteilt worden sind, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, weil das Konzessionsverfahren gerade nicht abgeschlossen ist.
1.3 Des Weiteren erweist sich die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten als Ereignis- und Livewetten (außer als Endergebniswetten) unter nicht abschließender Aufzählung bestimmter untersagter Wettarten als rechtmäßig.
1.3.1 Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde vermittelt werden. Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV unterliegt nach ständiger Rechtsprechung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil er unabhängig von einem etwaigen unionsrechtswidrigen Glücksspielmonopol den verfassungs- und unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung im Wege einer präventiven Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen dient. Die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs führen zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere der Ince-Entscheidung (EuGH, U.v. 4.2.2016 – C-336/14) lässt sich nicht entnehmen, dass das „Ahndungsverbot“ wegen fehlender Erlaubnis (d.h. aus formalen Gründen) dazu führt, dass auch die materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages für private Sportwettenvermittler wegen des faktischen Fortbestands des glücksspielrechtlichen Monopols nicht anwendbar sind (BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 20, 29; OVG Lüneburg, B.v. 14.3.2018 – 11 LA 128/17 – juris Rn. 19). Der Erlaubnisvorbehalt besteht monopolunabhängig fort (BayVGH, U.v. 8.3.2018 – 10 B 15.994 – juris Rn. 42).
Eine Erlaubnis zur Vermittlung öffentlicher Glücksspiele hat die Klägerin nicht. Die Erlaubnis darf auch nicht für das Vermitteln nach diesem Staatsvertrag nicht erlaubter Glücksspiele erteilt werden (§ 4 Abs. 2 S. 2 GlüStV). Da die vermittelten Wetten auch wie nachfolgend dargestellt materiell-rechtlich unzulässig sind und die Beklagte ihre Untersagung hierauf gestützt hat, kommt es auf die von der Klägerin zitierte Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zur etwaigen Möglichkeit einer Vermittlung von Sportwetten ohne Erlaubnis nicht entscheidungserheblich an. Die im Anschluss an das Urteil des EuGH ergangene und von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des BVerwG (U.v. 15.6.2016 – 8 C 5.15 – juris) führt aus, dass das Fehlen einer Erlaubnis die Untersagung der Sportwettenvermittlung auf der Grundlage des Glücksspielstaatsvertrags 2008 nicht rechtfertigen kann, wenn das für Private für eine Übergangszeit bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eröffnete Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet ist oder praktiziert wird und deshalb faktisch ein staatliches Sportwettenmonopol fortbesteht. Eine Aussage dahingehend, dass eine Untersagung der Sportwettenvermittlung nicht auf die fehlende Vereinbarkeit mit den unabhängig von einem möglicherweise faktisch fortbestehenden Sportwettenmonopol an die Sportwettenvermittlung gestellten materiell-rechtlichen Anforderungen gestützt werden kann, ist in diesem Urteil nicht enthalten (OVG Lüneburg, B.v. 8.5.2017 – 11 LA 24/16 – juris Rn. 36). Soweit den genannten Entscheidungen des EuGH und des BVerwG zu entnehmen ist, dass im Falle des faktischen Fortbestehens eines unionsrechtswidrigen staatlichen Sportwettenmonopols allein das Fehlen der Erlaubnis eine Untersagung der Sportwettenvermittlung nicht rechtfertigen kann, steht die angefochtene Verfügung damit in Einklang. Die Beklagte hat die Untersagung nicht auf eine wegen Fehlens der erforderlichen Erlaubnis formelle Illegalität, sondern darauf gestützt, dass die Vermittlung der streitigen Wetten materiell rechtswidrig ist. Dies ist nicht zu beanstanden. Dass für die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten grundsätzlich eine Konzession bzw. Erlaubnis erteilt werden kann, schließt nicht aus, auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV gegen die Veranstaltung und Vermittlung solcher Wetten vorzugehen, die nicht erlaubnisfähig sind und damit unerlaubtes Glücksspiel darstellen (OVG Lüneburg, B.v. 8.5.2017 – 11 LA 24/16 – juris Rn. 37).
1.3.2 Ausgangspunkt für die Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit der von der Klägerin vermittelten Wetten und damit der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ist daher § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Danach sind Ergebniswetten auf den Ausgang von Sportereignissen sowie den Ausgang von Abschnitten von Sportereignissen als Einzel- und Kombinationswetten zulässig. Endergebniswetten dürfen auch als LiveWetten angeboten werden. Ansonsten sind gemäß § 21 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 GlüStV LiveWetten genauso wie Ereigniswetten ausgeschlossen. Neben der Endergebniswette sind auch Ergebniswetten auf einzelne Abschnitte des Sportereignisses zulässig, solange sie nicht in Form von LiveWetten vermittelt werden. Die Entscheidung des Gesetzgebers, Endergebniswetten als LiveWetten zuzulassen, indiziert ein enges Verständnis des Begriffs „Ergebnis“, da die LiveWetten wegen ihrer hohen Suchtgefahr grundsätzlich nach § 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV unzulässig und nur unter dem Gesichtspunkt der Kanalisierung des Wettangebots (LT-Drs. 16/11995, S. 30) zulassungsfähig sind. Der Gesetzgeber beabsichtigte die Zulassung von Live-Wetten nur in einem genau bzw. eng definierten Bereich. Darüber hinaus steht auch der Grundsatz der Begrenzung des Wettangebots in § 1 Nr. 2 GlüStV einer Erweiterung des Wettangebots durch eine entsprechende Auslegung des Begriffs „Ergebnis“ entgegen (BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 36; OVG Lüneburg, B.v. 14.3.2018 – 11 LA 128/17 – juris Rn. 30; OVG Sachsen, B.v. 23.7.2019 – 6 B 178/18 – juris Rn. 10 ff.). Die ausdrückliche Klarstellung des Gesetzgebers in § 21 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GlüStV, dass Ereigniswetten auch unter das Verbot von LiveWetten fallen, obwohl Ereigniswetten bereits nach § 21 Abs. 1 GlüStV nicht zulässig sind, führt zu keiner anderen Betrachtungsweise. Denn insoweit handelt es sich nur um eine nochmalige Hervorhebung der Unzulässigkeit von Ereigniswetten (Hecker/Ruttig in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 21 Rn. 55). Bezüglich des Vorliegens einer LiveWette greift § 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV. Die Regelungen des § 21 Abs. 1 und 4 GlüStV verstoßen auch nicht gegen die unionsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Die Aussage des Europäischen Gerichtshofs, das „System [verstoße] gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit“ (EuGH, U.v. 4.2.2016 – C-336/14, Ince – juris Rn. 59), bezieht sich nämlich nur auf die Modalitäten eines „fiktiven“ Erlaubnisverfahrens. Hinreichend bestimmte materiell-rechtliche Regelungen, die nicht monopolabhängig sind und unabhängig von der Erteilung einer (fiktiven) Erlaubnis Anforderungen für das Veranstalten und Vermitteln von Glückspielen aufstellen, sind damit nicht gemeint (vgl. BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 30).
– Danach sind die (Live-) Wetten auf Ereignisse sowie den Zeitpunkt, die Anzahl und das Verhältnis der Ereignisse (z. B. Tor, Torschütze, (Live-) Wetten auf das erste/nächste Tor, LiveWetten auf das nächste Tor/Tore ab jetzt in der ersten Halbzeit, Team Duelle, Torschützen Duell, Anstoß, Einwurf, Eckball, Abstoß, Freistoß, Punkte, Torschütze, Eigentor, Elfmeter sowie Wetten auf gelbe/rote Karte, etc.) unzulässig. Die Geschehnisse stellen gerade nicht auf den Ausgang eines Sportereignisses beziehungsweise eines zeitlichen Abschnitts eines Sportereignisses ab (VG Augsburg, U.v. 8.5.2018 – Au 8 K 17.1666 – juris Rn. 80 ff.). So ist beispielsweise das Erzielen eines Tores ein Vorgang während eines Sportereignisses (BayVGH, B.v. 6.5.2015 – 10 CS 14.2669 – juris Rn. 38; BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 36). Zwar hat das Hessische Ministerium des Innern und für Sport die Wetten „Welcher Spieler erzielt das erste Tor?“ beziehungsweise „Welche Mannschaft erzielt als erste ein Tor und gewinnt?“ im Jahr 2013 zugelassen (Hessischer Staatsanzeiger, Nr. 33, S. 1013 ff.). Diese einzelne Entscheidung des Landes Hessen führt jedoch nicht dazu, dass Behörden in Bayern daran gebunden wären. Da das Konzessionierungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, wurde die Entscheidung über die Zulässigkeit dieser Wetten nicht als Konzessionierungsbehörde getroffen, sondern als Staatsbehörde eines einzelnen Bundeslandes, die in anderen Bundesländern keine Bindungswirkung entfalten kann (vgl. BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 50 f.; OVG Lüneburg, B.v. 14.3.2018 – 11 LA 128/17 – juris Rn. 40; OVG Sachsen, B.v. 23.7.2019 – 6 B 178/18 – juris Rn. 10 ff.).
– Zwar sind Wetten auf Abschnitte von Sportereignissen, wie z. B. Halbzeitergebnisse, Satz-, Drittel- und Viertelgewinne, gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV zulässig. Dies gilt jedoch nur, solange sie nicht in Form von LiveWetten vermittelt werden (BayVGH, B.v 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 35; OVG Lüneburg, B.v. 14.3.2018 – 11 LA 128/17 – juris Rn. 31). Von der Beklagten wurde nur die Vermittlung von LiveWetten untersagt. Deren Unzulässigkeit ergibt sich aus § 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV (VG Augsburg, U.v. 8.5.2018 – Au 8 K 17.1666 – juris Rn. 86).
– LiveWetten auf die Restzeit sind gem. § 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV als Wetten während des laufenden Sportereignisses unzulässig (VG Augsburg, U.v. 8.5.2018 – Au 8 K 17.1666 – juris Rn. 87; OVG Sachsen, B.v. 23.7.2019 – 6 B 178/18 – juris Rn. 12).
– LiveWetten auf eventuell noch fallende Tore sind ebenfalls gem. § 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV als Wetten während des laufenden Sportereignisses unzulässig.
– (Live-) Wetten auf Fantasy Fußballspiele sind nicht erlaubt, da nicht auf den Ausgang eines (tatsächlichen) Sportereignisses i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV gewettet wird. Die Unzulässigkeit als Livewette folgt aus § 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV (VG Augsburg, U.v. 8.5.2018 – Au 8 K 17.1666 – juris Rn. 87).
1.3.3 Die getroffene Untersagungsentscheidung widerspricht auch nicht den Leitlinien des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren, für Bau und Verkehr vom 28. Januar 2016 für die Behandlung von Sportwetten.
Zum einen wurden diese Leitlinien nicht im Wege von Vollzugshinweisen an die örtlich zuständigen Aufsichtsbehörden weitergereicht, so dass sie auch keine bindende Wirkung entfalten können. Zum anderen handelt es sich nur um Hinweise, die die Handhabung von Untersagungsverfügungen erleichtern sollen. Eine konkrete Aussage, welche ergebnisbezogenen Sportwetten zulässig sind, lässt sich diesen Leitlinien aber gerade nicht entnehmen (vgl. BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 49).
Nach den Leitlinien handelt es sich bei Wetten auf den Ausgang um Wetten auf das Ergebnis der Sportveranstaltung und auf Vorgänge, die sich im Ergebnis unmittelbar niederschlagen, sich aus diesem herleiten lassen oder sich auf andere leistungsrelevante Merkmale des Ergebnisses der Sportveranstaltung beziehen. Zur Veranschaulichung werden Beispiele für unzulässige Wetten angeführt wie gelbe Karten, Einwürfe, Fouls, der nächste Strafstoß oder Platzverweise. Beispiele für zulässige Ergebniswetten werden jedoch ebenso wenig angeführt wie beispielsweise Ergebnisse bestimmter beliebiger Spielabschnitte, auf die bei Live-Restzeitwetten gewettet würde.
1.3.4 Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung kommt es im Übrigen auch nicht auf die im Konzessionierungsverfahren geäußerte Rechtsauffassung des Landes Hessen an (OVG Lüneburg, B.v. 14.3.2018 – 11 LA 128/17 – juris Rn. 30). Zum einen fehlt es für die vorliegend streitgegenständliche Untersagungsverfügung bereits an der Zuständigkeit der Konzessionierungsbehörde (s.o.). Unabhängig davon ist aber mangels Abschlusses des Konzessionierungsverfahrens eine verbindliche Feststellung möglicher zulässiger Wetten bereits ausgeschlossen. Insoweit ist auch der angeblich existierende Musterkonzessionsbescheid vom 27. August 2014 vom Land Hessen ohne Belang.
1.4 Die Untersagungsverfügung genügt auch dem Bestimmtheitsgebot i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.
1.4.1 Gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Der Adressat muss in die Lage versetzt werden zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Darüber hinaus muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, U.v. 16.10.2013 – 8 C 21.12 – juris Rn. 13 m.w.N.). Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, etwa durch die Beifügung von Beispielen. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei einem normalen, dem Sachverhalt angemessenen Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 37 Rn. 5).
1.4.2 In Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Untersagungsverfügung als hinreichend bestimmt. Zwar wird in der Ziffer I. des Bescheides nicht abschließend aufgezählt, welche konkreten Wettarten die Klägerin nicht vermitteln darf. Unter Heranziehung der gesetzlichen Definitionen des § 21 Abs. 4 GlüStV, der beispielhaften Benennung der von der Untersagung umfassten Live- und Ereigniswetten in der Ziffer I. i.V.m. der Begründung des Bescheides lässt sich jedoch hinreichend erkennen, welche Wetten nach Auffassung der Beklagten der gesetzlichen Regelung des § 21 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 GlüStV widersprechen und daher materiell nicht erlaubnisfähig sind.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich angesichts der nahezu unbegrenzten Möglichkeiten, aus den Bestandteilen „Ergebnis eines Sportereignisses“, „Ergebnis aus Abschnitten eines Sportereignisses“, „Einzel- und Kombinationswette“ sowie „Livewetten auf das Endergebnis“ neue Wettzuschnitte zu schaffen, ein fester Katalog unzulässiger Wetten ohnehin nicht aufstellen lässt, sondern das Wettgeschehen einem stetigen Wandel unterworfen ist. Es kann daher von der Beklagten nicht verlangt werden, dass sie die Untersagungsverfügung auf die jeweils konkret vermittelten Wetten beschränkt. Das Bestimmtheitsgebot erfordert insoweit lediglich, dass der Adressat der Untersagungsverfügung erkennen kann, welche Arten von Wetten er nicht vermitteln darf, ohne die Fälligstellung eines Zwangsgeldes wegen eines Verstoßes gegen die Untersagungsverfügung zu riskieren (BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 26; OVG Sachsen, B.v. 23.7.2019 – 6 B 178/18 – juris Rn. 5 ff.).
Aus der Tenorierung des Bescheids in Zusammenschau mit der Begründung ergibt sich klar, welche Wetten untersagt werden. Unter Nr. II. 2.2 der Gründe hat die Beklagte ausgeführt, dass erlaubnisfähige Wettarten ausschließlich Ergebniswetten seien. Diese Wetten würden sich nur auf den offiziellen endgültigen Spielstand oder insbesondere bei Fußballwetten auf den Spielstand zur Halbzeit beziehen. Wetten auf das exakte Endergebnis sind damit zulässig. Dies widerspricht sich auch nicht mit den weiteren Ausführungen auf den Seiten 6 und 7 des Bescheids. Dort werden unzulässige (Live-) Ereigniswetten aufgeführt. Aus dem Zusammenhang ergibt sich eindeutig, dass es insoweit nur um Wetten geht, die sich auf Ereignisse beziehen und gerade nicht auf das Endergebnis.
Um eine unzulässige Ereigniswette handelt es sich, wenn die Wette einzelne, auch torbezogene Vorgänge während eines Sportereignisses betrifft und nicht zu den nach § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 3 GlüStV ausnahmsweise erlaubten Abschnitts- oder Endergebniswetten gehört. Dass sich torbezogene Wetten immer auch auf das (Abschnitts- oder End-)Ergebnis auswirken, führt nicht dazu dass es sich um zulässige (End-)Ergebniswetten handelt. Kennzeichnend für die letztgenannte Wettform ist, dass die Wette nicht nur das Ergebnis eines beliebigen Abschnitts des Spiels betrifft, sondern das Endergebnis des Spiels mitumfasst. Dies ist dann nicht der Fall, wenn das Spielergebnis, das in dem gewetteten jeweiligen Spielabschnitt erzielt wird, ohne Bezug zu dem bis zu diesem Spielabschnitt erreichten Spielstand oder zu dem Endergebnis steht. Damit umfassen solche Wetten nur das Ergebnis eines beliebig gewählten Spielabschnitts, nicht aber das Endergebnis bei Ausgang des Spiels oder das Ergebnis bei Ausgang eines von den Spielregeln erfassten Spielabschnitts (OVG Sachsen, B.v. 20.9.2018 – 3 B 186/18 – juris Rn. 12).
Vor diesem Hintergrund ist hinsichtlich der materiell-rechtlichen Zulässigkeit einer Wette auch nicht – wie die Klägerin meint – die bloße Formulierung, der äußere Anschein oder die Art und Weise der Vermarktung der Wette ausschlaggebend.
1.5 Die der Untersagungsanordnung zugrundeliegende Ermessenausübung durch die Beklagte ist im Rahmen des insoweit eingeschränkten Prüfungsumfanges des Gerichts ebenfalls nicht zu beanstanden (§ 114 Satz 1 VwGO).
1.5.1 Entgegen der Auffassung die Klägerseite ergibt sich ein Ermessensfehler der Beklagten nicht hinsichtlich des Vorliegens einer aktiven oder formlosen Duldung für die Wettveranstalterin durch den Freistaat Bayern oder der Duldung der Wettvermittlungsstelle der Klägerin gegenüber der Wettveranstalterin durch die Regierung von … vom 23. Februar 2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 19. Dezember 2019.
Nach dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 5. August 2016 (StMI-IA4-2161-2-71) werden Sportwettveranstalter, die sich am Konzessionsverfahren beteiligt und dort die Mindestanforderungen erfüllt haben, formlos geduldet. Für die jeweiligen Wettvermittlungsstellen dieser Sportwettveranstalter können Duldungen gegenüber dem Veranstalter erlassen werden.
Zwar liegt für die Wettveranstalterin, deren Wetten die Klägerin vermittelt, eine solche formlose Duldung vor (https://www.innenministerium.bayern.de/assets/stmi/sus/inneresicherheit/informationsschreiben_an_die_sportwettveranstalter.pdf; LT-Drs. 17/16997, Tabelle zu Art. 2 des Zweiten Staatsvertrags zur Änderung des Glücksspielstaatsvertrags). Dies führt jedoch nicht dazu, dass die oben genannten Wetten nicht durch die für die Glücksspielaufsicht zuständige Behörde untersagt werden dürfen. Denjenigen Sportwettveranstaltern, die sich am Konzessionierungsverfahren beteiligt und dort die Mindestanforderungen erfüllt haben, wurde mit E-Mail vom 5. August 2016 (Az.: StMI-IA4-2167-5-9; https://www.innenministerium.bayern.de/assets/stmi/sus/inneresicherheit/informationschreiben_ an_die_sportwettveranstalter.pdf) ein Informationsschreiben übermittelt.
Auch wenn es Absicht des Gesetzgebers war, Art und Zuschnitt der jeweiligen Sportwetten in der Konzession für den Veranstalter zu regeln (§ 21 Abs. 1 Satz 2 GlüStV), ist der Veranstalterin der Klägerin ein solche Konzession jedenfalls bislang nicht erteilt worden. Erst die in der Konzession festzulegenden Inhalts- und Nebenbestimmungen (§ 4c Abs. 2 GlüStV) würden Aufschluss darüber geben, ob das vom Veranstalter beabsichtigte Wettangebot den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages genügt (BayVGH, B.v. 6.5.2015 – 10 CS 14.2669 – juris Rn. 4, BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 33.) Zurzeit ist die Veranstalterin lediglich geduldet, weil sie zumindest offensichtlich die Mindestanforderungen der Leitlinien des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren, für Bau und Verkehr vom 28. Januar 2016 erfüllt. Aussagen zur Vereinbarkeit des konkreten Wettangebots der Veranstalterin, für die die Klägerin vermittelt, trifft diese Entscheidung jedoch nicht. Das (individuelle) Wettprogramm des jeweiligen Veranstalters wird dabei nicht überprüft, so dass durch die (formlose) Duldung für den Wettveranstalter oder für die Wettvermittlungsstelle eine verbindliche Aussage zur Zulässigkeit der im Einzelnen angebotenen Wetten gerade nicht getroffen wird. Zutreffend ist zwar, dass die Leitlinien auch (allgemeine) Ausführungen zur materiell-rechtlichen Zulässigkeit des Wettprogramms enthalten (so auch BayVGH, U.v. 8.3.2018 – 10 B 15.994 – juris Rn. 31). Konkrete Sportwettarten, die zulässig sein sollen, werden darin aber auch nicht im Einzelnen aufgelistet. Die (formlose) Duldung für die Sportwettenveranstalterin kann demnach hinsichtlich der Erlaubnisfähigkeit einzelner Wetten einer aufsichtsrechtlichen Untersagungsverfügung nicht entgegengehalten werden und auch bezüglich der Beklagten keine Bindungswirkung entfalten. Vor Erlass der Untersagungsverfügung war es somit auch nicht erforderlich, die Duldung zu widerrufen.
Die gleichen Argumente gelten auch für die Duldung der Wettvermittlungsstelle der Klägerin gegenüber … durch die Regierung von … vom 23. Februar 2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 19. Dezember 2019. Diese enthält keine konkreten Aussagen zur Erlaubnisfähigkeit bestimmter Wettarten, so dass auch hier keine Bindung der Beklagten angenommen werden kann. Im Gegenteil führt der Duldungsbescheid der Regierung von … vom 23. Februar 2018 unter Ziffer 2.2 der Gründe auf, dass die Untersagung unerlaubten Glücksspiels im Ermessen der Glücksspielaufsichtsbehörden liegt und die Regierung die Vermittlung von Sportwetten befristet und widerruflich duldet, soweit elementare materiell-rechtliche Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags eingehalten werden. Die Einhaltung der materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags hat die Beklagte insoweit im Einklang mit der Duldung geprüft. Daran ändert auch die Nebenbestimmung, wonach die Klägerin nur das Wettprogramm der Wettveranstalterin der Klägerin vermitteln dürfe, nichts, da damit ebenfalls keine Aussage zur materiell-rechtlichen Erlaubnisfähigkeit einzelner Wetten dieses Wettprogramms getroffen ist und insoweit auch kein Widerspruch zur Untersagungsverfügung der Beklagten bestehen kann.
Darauf, dass es den zuständigen Behörden im Rahmen der Duldungen unter Umständen möglich gewesen wäre, nach abstrakten Kriterien die materielle Rechtmäßigkeit von Wettarten zu konkretisieren, kommt es nicht an, da jedenfalls eine solche Konkretisierung nicht stattgefunden hat. Die o.g. Duldung verweist nur auf die Einhaltung der elementaren materiell rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags.
1.5.2 Das Gebot der Gleichbehandlung, Art. 3 Abs. 1 GG, erfordert, das Ermessen in gleich gelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (BVerwG, U.v. 9.7.2014 – 8 C 36.12 – juris Rn. 25). Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beklagte das ihr eröffnete Ermessen in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat. Nach Mitteilung der Beklagten finden regelmäßig unangemeldete Kontrollen in allen Wettvermittlungsstellen in ihrem Zuständigkeitsbereich im Rahmen der personellen Möglichkeiten statt. Bei dem von der Klägerin benannten Anbieter hat die Beklagte u.a. zuletzt am 14. August 2019 eine unangemeldete Kontrolle durchgeführt und keine Verstöße festgestellt (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 16. September 2019, dort S. 6).
1.5.3 Die Ermessensausübung widerspricht auch nicht im Hinblick auf den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung den „Leitlinien zum Vollzug im Bereich Sportwetten während des laufenden Konzessionsverfahrens“ des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren, für Bau und Verkehr vom 28. Januar 2016. Denn daraus folgt nicht, dass die von der Klägerin angebotenen Wettarten als zulässige Ergebniswetten charakterisiert und daher von der Beklagten zu dulden wären. Die Leitlinien treffen, wie bereits ausgeführt, keine positive Aussage zu den hier in Streit stehenden Live-Wetten (vgl. OVG Sachsen, B.v. 20.9.2018 – 3 B 186/18 – juris Rn. 17).
1.5.4 Die Beklagte musste auch nicht im Rahmen ihres Ermessens berücksichtigen, ob und wie andere Aufsichtsbehörden beziehungsweise die für die Aufsicht über die staatlichen Anbieter zuständigen Regierungen gegen Sportwettanbieter vorgehen. Unter Berücksichtigung der Konzeption des Glücksspielstaatsvertrages, nach der über Art und Zuschnitt der Sportwetten bundeseinheitlich in der Konzession des Veranstalters entschieden wird, müsste die Beklagte dann bundesweit koordinierend tätig werden, um ermessensfehlerfrei entscheiden zu können. Derart weitgehende Anforderungen an eine sachgerechte Ermessensausübung sind jedoch nicht geboten (vgl. BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 51).
1.6 Die Untersagungsverfügung der Beklagten ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil diese nicht bis zur Konzessionserstvergabe bzw. bis zum Inkrafttreten des Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrages befristet bzw. bedingt ist. Eine Untersagungsverfügung, die sich auf die sich nach geltendem Recht ergebende materielle Illegalität von Wettarten stützt, muss nicht schon deshalb befristet bzw. bedingt werden, weil sich die zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage künftig ändern könnte.
1.6.1 Aus dem Verhältnismäßigkeitsgebot, das die Behörde als rechtliche Grenze des Ermessens beachten muss, ergibt sich keine Verpflichtung, den zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung noch nicht in den Landtag zur Zustimmung gem. Art. 72 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Bayern (BV) eingebrachten Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrag zu berücksichtigen. Die Untersagung war geeignet und erforderlich, die unerlaubte und nicht offensichtlich erlaubnisfähige Wettvermittlung zu unterbinden. Selbst wenn der Dritte Glücksspieländerungsstaatsvertrag Regelungen vorgesehen hätte, nach denen die materielle Erlaubnisfähigkeit des Wettangebots möglicherweise günstiger zu beurteilen gewesen wäre, hätte dies nicht zur Unangemessenheit der Untersagung oder zu deren Unverhältnismäßigkeit im engeren Sinne geführt (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46/12 – juris Rn. 42). Voraussetzung wäre vielmehr gewesen, dass mit hinreichender Sicherheit vom Wirksamwerden einer Neuregelung zu einem bestimmten, absehbaren Zeitpunkt auszugehen war und dass die Tätigkeit damit bereits legal werden würde (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46/12 – juris Rn. 42). Hier fehlt es an beiden Voraussetzungen, da die Änderungen mit Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 18. April 2019, also weit nach der vorliegend angefochtenen Behördenentscheidung, beschlossen wurden und sich – dazu sogleich – dadurch keine Änderungen der materiell-rechtlichen Regelungen ergeben haben.
1.6.2 Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung trifft die Untersagungsverfügung grundsätzlich eine zeitraumbezogene, hier unbefristete Regelung, die selbst für den Fall einer Änderung der Sach- und Rechtslage Fortgeltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsbezogen geprüft und beurteilt werden (vgl. BVerwG, B.v. 17.10.2012 – 8 B 63/12 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 25.4.2016 – 10 BV 16.799 – juris Rn. 15).
Grundsätzlich sind die Behörden bei Änderung der Sach- oder Rechtslage befugt, den Verwaltungsakt unter den Voraussetzungen des Art. 49 BayVwVfG zu widerrufen bzw. als Teilwiderruf abzuändern. Die Betroffenen haben in diesen Fällen einen Anspruch auf Widerruf oder Abänderung belastender Verwaltungsakte oder zumindest auf erneute Entscheidung (sog. Zweitbescheid), soweit sich das Widerrufsermessen auf Null reduziert (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2019, § 43 Rn. 42a). Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung dazu erklärt, die streitgegenständliche Untersagungsverfügung umgehend anzupassen, sollte diese nach Konzessionierung bzw. Erteilung einer Erlaubnis Wetten erfassen, die von der Konzession bzw. Erlaubnis abgedeckt wären.
1.7 Soweit die Untersagungsanordnung auch Wetten umfasst, die die Klägerin nicht bzw. nicht mehr vermittelt, führt das nicht zur Rechtswidrigkeit der Untersagungsanordnung (BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 45).
1.8 Die Klägerin ist auch der richtige Adressat der Untersagungsverfügung. Die Anordnung nach § 9 Abs. 1 GlüStV kann sowohl an den Veranstalter als auch an den Vermittler von Sportwetten gerichtet werden. Es sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. § 21 Abs. 4 GlüStV sowohl die Veranstaltung als auch die Vermittlung dieser Wettarten unzulässig.
Der Vermittler kann sich nicht darauf verlassen, dass sein Wettanbieter keine unzulässigen Sportwetten veranstaltet, sondern muss selbst kontrollieren, dass es sich bei den von ihm vermittelten Wetten nicht um Wetten handelt, die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 oder § 21 Abs. 4 Satz 3 GlüStV nicht erlaubt werden können (BayVGH, B.v. 6.5.2015 – 10 CS 14.2669 – juris Rn. 47; OVG RhPf, B.v. 7.1.2014 – 6 B 11049/13 – juris Rn. 4). Dabei hat die Klägerin nach der Überzeugung des Gerichts tatsächlich Einfluss auf das angebotene Wettprogramm. Wie die Klägerin selbst vorträgt, gibt es jedenfalls seit 2015 die technische Möglichkeit, dass sich der Umfang des Wettangebots je nach Standort und Bundesland unterscheiden kann. Das Wettprogramm wurde im Laufe des Verfahrens im Rahmen von Einigungsbemühungen auch mehrfach entsprechend angepasst. Auch der Hinweis am unteren Seitenende auf den Wettprogrammen, dass „das tatsächliche Angebot in Ihrem …-Shop aus regulatorischen Gründen eingeschränkt sein und von diesem Wettprogramm abweichen kann“, spricht für eine solche Einflussmöglichkeit.
2. Auch Ziffer II. des Bescheides ist rechtmäßig. Das ausgesprochene Werbeverbot lässt sich auf § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 Alt. 2 GlüStV stützen. Insoweit sind die oben zu Ziffer I. im Einzelnen dargelegten Gründe, auf die die Beklagte die Untersagung der Wetten zu Recht gestützt hat, in gleicher Weise anzuwenden.
3. Soweit sich die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt nach dem Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrag ab dessen Inkrafttreten mit dem 1. Januar 2020 (vgl. Art. 2 Abs. 1 des Dritten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland; GVBl 2019, S. 538) richtet, haben sich die wesentlichen hier einschlägigen Vorschriften nicht geändert, so dass sich auch, soweit die Untersagungsverfügung diesbezüglich zeitabschnittsweise zur Überprüfung gestellt ist, keine andere Bewertung der Rechtslage ergibt.
Insbesondere haben sich mit dem GlüStV 2020 keine Änderungen der Vorschriften zur materiellen Zulässigkeit von Wettarten ergeben, auf die sich die Beklagte in der Untersagungsverfügung maßgeblich stützt (§ 21 GlüStV).
Soweit die Klägerin meint, die Fortgeltung der Untersagung sei jedenfalls nach dem 31. Dezember 2019 rechtswidrig, da insofern nunmehr nur noch eine zum 1. Januar 2020 rückwirkende Konzessionierung in Betracht käme und die Beklagte jedenfalls seit diesem Datum nicht mehr berechtigt gewesen sei, ohne Einvernehmen der Konzessionsvergabestelle die Erlaubnisfähigkeit bestimmter Wettarten zu beurteilen und zu untersagen, dringt diese damit nicht durch. Denn ebenso wenig wie bei den materiell-rechtlichen Regelungen zur Zulässigkeit bestimmter Wettarten haben sich Änderungen bei den Zuständigkeitsregelungen in § 9 GlüStV ergeben.
Auch soweit die Klägerin meint, die Aufhebung der Übergangsregelung in § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV i.d.F. des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages 2011 führe zu einem anderen Ergebnis dahingehend, dass nun zwingend eine Abstimmung mit den zuständigen Behörden des Landes Hessen zu erfolgen habe, ist dem nicht zuzustimmen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2011 wurde obsolet, weil die Kontingentierung der Konzessionen im Rahmen der Experimentierphase aufgehoben wurde, die Experimentierphase auf die Geltungsdauer des Glücksspielstaatsvertrags entfristet wurde und das Auswahlverfahren nicht mehr erforderlich ist (vgl. LT-Drs. 18/1804). Die Klägerin verkennt dabei, dass das Konzessionsverfahren – auch wenn nicht mehr kontingentiert – weiterhin nicht abgeschlossen ist und für die Zwischenzeit bis zur Konzessionserstvergabe nichts anderes gelten kann als unter dem bisherigen Glücksspielstaatsvertrag. Solange es zu keinem Abschluss dieses Verfahrens kommt, müssen die jeweiligen Landesbehörden die Bewertung der Erlaubnisfähigkeit von Wetten, zumindest in Untersagungsverfahren, treffen können, um den Vollzug des GlüStV sicher zu stellen.
4. Die Androhung eines Zwangsgelds in den Ziffern III. und IV. des Bescheids ist ebenfalls rechtmäßig. Die Zwangsgeldandrohungen finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 Abs. 1 und Abs. 5 BayVwZVG. Die verfügten Untersagungen sind Unterlassungspflichten, für deren Durchsetzung als Zwangsmittel gemäß Art. 29 Abs. 2 BayVwZVG grundsätzlich Zwangsgeld, Ersatzvornahme, Ersatzzwangshaft und unmittelbarer Zwang zur Verfügung stehen. Die Auswahl von Zwangsgeld nach Art. 31 BayVwZVG als geeignetes und gleichzeitig mildestes Mittel ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Höhe der Zwangsgeldandrohung steht auch hinsichtlich ihrer Höhe mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang, das Zwangsgeld beträgt mindestens 15 € und höchstens 50.000 € (Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG). Nach Satz 2 dieser Norm soll das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. Nach Satz 4 der Vorschrift ist das wirtschaftliche Interesse nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls und die persönlichen Verhältnisse des Pflichtigen zu berücksichtigen, eine Begründung für die geschätzte Höhe des wirtschaftlichen Interesses ist regelmäßig nicht erforderlich (BayVGH, B.v. 16.9.2010 – 1 CS 10.1803 – juris Rn. 23 m. w. N). Um den Adressaten zur Erfüllung seiner Pflichten zu veranlassen, soll das Zwangsgeld so bemessen werden, dass der Pflichtige keinen Vorteil aus der Nichterfüllung der Anordnung ziehen kann. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin bemisst sich vorliegend nach dem voraussichtlich entgehenden Gewinn. Davon ausgehend ergibt sich ein wirtschaftliches Interesse der Klägerin, das in Höhe des angedrohten Zwangsgeldes liegen dürfte. Fehler bei der Ermessensausübung sind nicht ersichtlich.
Ebenso wurde das Zwangsgeld schriftlich angedroht sowie eine Frist bestimmt, innerhalb derer der Klägerin der Vollzug billigerweise zugemutet werden konnte.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Klägerin trägt als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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