Europarecht

Schadensersatz, Berufung, Erfolgsaussicht, Fahrzeug, Marke, Verletzung, Staatsanwaltschaft, Rechtsverfolgungskosten, Feststellung, Erstattung, Anspruch, Rechtsmittel, Herausgabe, Form, Zug um Zug, hinreichende Erfolgsaussicht, keine hinreichende Erfolgsaussicht

Aktenzeichen  3 U 95/21

Datum:
8.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 52985
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

13 O 618/20 2021-03-08 LGSCHWEINFURT LG Schweinfurt

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 08.03.2021 im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 24.524,43 € festzusetzen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis längstens 29.07.2021.

Gründe

I.
Wegen des Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Lediglich ergänzend oder erläuternd ist noch auszuführen:
Der Kläger nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin auf Schadensersatz wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung in Anspruch.
Der Kläger erwarb am 21.06.2013 zu einem Kaufpreis von 30.456,06 € das einen Neuwagen der Marke X., Typ G. von einem nicht am Rechtsstreit beteiligten Dritten. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 288 der Abgasnorm EU 5 ausgestattet. Das Fahrzeug verfügt weder über einen NOx-Speicherkatalysator (NSK) noch über einen SCR-Katalysator (AdBlue). Für das Fahrzeug existiert kein Rückrufbescheid des KBA wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung und es gibt kein (verpflichtendes) Software-Update.
Der Kläger hat in erster Instanz vorgetragen, die Beklagte habe in sein Fahrzeug mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen eingebaut und zuletzt die Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs, den Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie die Feststellung des Annahmeverzugs beantragt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da der Vortrag des Klägers im Wesentlichen ins Blaue hinein erfolge. Die bloße Verwendung eines „Thermofensters“ reiche zudem nicht aus, einen Schadensersatzanspruch zu begründen.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, der seine Sachanträge weiterverfolgt. Er trägt vor: Das Landgericht habe den Vortrag des Klägers bezüglich der weiteren, neben dem Thermofenster vom dem Kläger angeführten Abschaltvorrichtungen weitestgehend ignoriert. Der Kläger rüge daher die Verletzung rechtlichen Gehörs. Das Gericht habe auch insoweit den Anspruch der Klagepartei auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, da es die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt habe, den entscheidungserheblichen Sachvortrag der Klagepartei in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben. Die Klagepartei habe „die Mängel“ hinreichend genau beschrieben. Das Landgericht hätte daher zum Tatsachenvortrag der Klagepartei, dass in das klägerische Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut seien, zumindest ein Sachverständigengutachten einholen müssen.
Das Fahrzeug verfügt über mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007:
– Abgasrückführung: Im Prüfstand sei die Abgasaufbereitung so programmiert, dass möglichst wenige Stickoxide (NOx) ausgestoßen werden. Zu diesem Zwecke würden die Abgase wieder der Verbrennung zugeführt. Hierdurch würden die Stickoxidemissionen verringert, die Bildung von Rußpartikeln werde jedoch durch die zusätzliche Verbrennung gefördert. Zusätzlich finde eine Leistungsreduzierung statt, um den Verbrauch und damit die streitgegenständlichen CO₂ – Werte deutlich zu senken. Erkenne das Fahrzeug, dass es länger im normalen Betrieb auf der Straße fährt, würden Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb gesetzt. So werde die Abgasrückführungsrate heruntergefahren, wodurch weniger Abgase erneut der Verbrennung zugeführt und in der Folge mehr Stickoxide ausgestoßen würden.
– Des Weiteren sei die Abgasreinigung auch nicht innerhalb eines Temperaturfensters von -24°C bis +70°C zu 100% aktiv, sondern werde insbesondere unter einem Temperaturbereich von 20°C kontinuierlich reduziert. Die von der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) durchgeführte Testreihe an einem Audi A3 2,0 TDI mit dem hier streitgegenständlichen EA288-Motor und Euro 5-Abgasnorm sowie DPF-Technologie, zeige deutlich auf, dass die Funktionalität der AGR mit sinkender Temperatur abnehme, wodurch folglich die vom Fahrzeug emittierten NOx-Werte zunehmen würden (Anlage BB1). Ein von Dr. M. durchgeführtes Gutachten an einem VW Golf 2.0 TDI Euro 5 mit dem hier streitgegenständlichen EA288-Dieselmotor der Beklagten bestätige die Messergebnisse, welche mit über 350 bis über 450 mg NOx / km deutlich über dem gesetzlich vorgeschriebenen NOx-Grenzwert von 180 mg / km lägen (Anlage BB2). Auch bestätigten die auf Seite 8 der Anlage K3 dargestellten Messergebnisse eine Reduzierung der AGR-Rate bei sinkender Außentemperatur sowie eine damit einhergehende Steigerung der NOx-Emissionen und deutliche Überschreitung der gesetzlichen Grenzwerte.
– Umschaltlogik: In dem streitgegenständlichen Fahrzeug sei außerdem eine Umschaltlogik in Form der sog. Akustikfunktion verbaut. Das gehe auch aus dem Anschreiben der Beklagten an das Kraftfahrt-Bundesamt vom 29.Dezember 2015 hervor (Anlage K3).
– Implementierte Prüfstandserkennung: Das Motorsteuergerät des streitgegenständlichen Fahrzeugs sei auf Grund der darauf installierten Software in der Lage, mit Hilfe vorgeschriebener „Fahrkurven“ und Messgrößen den Prüfzyklus (NEFZ) zu erkennen und daraufhin vorangepasste „Fahrmodi“ anzusteuern, welche wiederum auf dem Prüfstand für eine kurzzeitige Optimierung der Abgasnachbehandlung sorgten. In dem Motorsteuergerät des streitgegenständlichen Fahrzeugs sei eine Funktion implementiert worden, die das Vorkonditionieren des Fahrzeugs für die Prüfstandsanordnung und somit den darauffolgenden Testzyklus erkenne. Habe das Fahrzeug erkannt, dass es auf den Prüfstand vorbereitet werde, schalte es während der darauffolgenden Prüfstandsanordnung in einen für den Prüfstand optimierten Abgasreinigungsmodus. Dazu erkenne das Fahrzeug, wenn die Umgebungstemperatur über einen der Prüfstandsanordnung vorausgehenden Zeitraum (ca. 6 Stunden) konstant zwischen 20 und 30 °C betrage. Dabei handele es sich um die sog. Konditionierungsphase. Darüber hinaus richte sich das Motorsteuergerät bei Aktivierung des „Modus 1“ nach weiteren konkreten – ebenfalls temperaturabhängigen – Messgrößen (Kühlmitteltemperatur, Kraftstofftemperatur, Motoröltemperatur, sowie atmosphärischer Umgebungsdruck als eingrenzende Parameter, vgl. Anlage K 3).
Zudem habe die Staatsanwaltschaft Braunschweig am 13.06.2018 einen Bußgeldbescheid in Höhe von 1.000.000.000 EUR gegen die Beklagte auf Grund fahrlässiger Verletzung der Aufsichtspflicht erlassen, der auch auf den Motor EA288 bzw. Aufsichtspflichtverletzungen im Bereich „Aggregateentwicklung“ gestützt gewesen sei (Anlage BB 3). Auch gebe es staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der Beklagten (Anlage BB 4).
Im Übrigen werde in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf den erstinstanzlichen Vortrag nebst den dortigen Beweisantritten ausdrücklich Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Schweinfurt, Az: 13 O 618/20 vom 08.03.2021 wird
1. die Beklagte verurteilt, an die Klägerpartei EUR 30.456,05 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2020 abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von EUR 5.931,62 Zugum-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges der Marke G. mit der Fahrgestellnummer … zu zahlen.
2. festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 13.05.2020 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
3. die Beklagte verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 1.851,36 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2020 zu zahlen.
hilfsweise:
Das Urteil des Landgerichts Schweinfurt, Az: 13 O 618/20 vom 08.03.2021 wird aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Sie trägt insbesondere vor, das KBA habe den streitgegenständlichen Motor in der verfahrensgegenständlichen Spezifikation bereits überprüft und keine unzulässigen Abschalteinrichtungen gefunden (vgl. Anlagen BE 11 und BE 26). Im Übrigen sei der Vortrag des Klägers zu unzulässigen Abschalteinrichtungen unsubstantiiert und ins Blaue hinein.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird Bezug genommen auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze samt Anlagen. Nach der einstimmigen Auffassung des Senats ist die Berufung offensichtlich unbegründet, so dass das Rechtsmittel keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinn des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO bietet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Einen Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB bzw. §§ 826, 831 BGB hat der Kläger schon nicht schlüssig dargelegt.
a) Der Vortrag der Klagepartei zu einem Kaufpreiserstattungsanspruch wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form (auch) eines Thermofensters ist schon deshalb unschlüssig, weil die Kombination von Abschalteinrichtung und Thermofenster denklogisch ausgeschlossen ist (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. September 2020 – 5 U 47/19 -, Rn. 45, juris).
b) Das BMVI hat zudem nach Bekanntwerden des Dieselskandals Untersuchungen auch in Bezug auf die Motoren des Typs EA 288 in Auftrag gegeben und das KBA angewiesen, spezifische Nachprüfungen durch unabhängige Gutachter zu veranlassen. Diese „KBA-Felduntersuchungen“ umfassten insgesamt 56 Messungen an 53 Fahrzeugmodellen, von denen mehrere mit dem Motortyp EA 288 ausgestattet waren. Ziel der Untersuchung war u.a., die Motorvarianten des Typs EA 288 dahingehend zu überprüfen, ob sie unzulässige Abschalteinrichtungen oder unzulässige Systematiken und Randbedingungen von Prüfstandsund Zykluserkennungen wie die in den EA 189-Fahrzeugen verbaute Umschaltlogik enthielten. Bei diesen Untersuchungen sind keine unzulässigen Vorrichtungen bei Fahrzeugen mit dem Motortyp EA 288 der Emissionsklassen EU 5 und EU 6 festgestellt worden (OLG Dresden, Urteil vom 04. Dezember 2020 – 9a U 2074/19 -, Rn. 30, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 07. Oktober 2020 – 4 U 171/18 -, Rn. 45, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. September 2020 – 5 U 47/19 -, Rn. 37, juris).
Dies bestätigt letztlich die vom Kläger selbst zitierte amtliche Auskunft des KBA, in der es heißt:
„Die sogenannte Fahrkurvenerkennung ist in ursprünglich ausgelieferten Datenbeständen der Motorsteuerung an den betroffenen Fahrzeugen enthalten, diese wurde jedoch nicht als unzulässige Abschalteinrichtung bewertet. Die ursprüngliche Fahrkurvenerkennung dient bei diesen Fahrzeugen mit als ein zusätzliches Kriterium zur Umschaltung von Emissionsminderungsstrategien, funktioniert auf dem Prüfstand und im Straßenbetrieb gleichermaßen und hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Schadstoffemissionen.“
Die Beklagte hat weitere amtliche Auskünfte des KBA vorgelegt, die den hier in Rede stehenden Motor – EA 288 EU 5 2.0 TDI – betreffen (Anlagen BE 11, BE 26). Darin heißt es:
„Zur Sachverhaltsaufklärung kann ich Ihnen mitteilen, dass das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) umfangreiche Untersuchungen an Fahrzeugen im Zusammenhang mit den Motoren des Entwicklungsauftrags (EA) 288 durchgeführt hat. Diese Prüfungen waren im März 2020 noch nicht abgeschlossen. In Bezug auf den im streitgegenständlichen Fahrzeug verwendeten Motor EA 288 2.0 l TDI EU5 wurden die Untersuchungen zwischenzeitlich mit dem Ergebnis, dass keine unzulässige Abschalteinrichtung vorhanden ist, abgeschlossen.“
„Ergebnis dieser Untersuchung war, dass eine Fahrkurvenerkennung in dem Fahrzeug appliziert ist, welche jedoch keinen Einfluss auf die Emissionen hat. Es konnte keine Unzulässigkeit bei der softwareseitigen Überprüfung der Motorsteuerungs-Software festgestellt werden.“
Dem hat der Vortrag des Klägers nichts Substantielles entgegenzusetzen.
2. Jedenfalls aber erfolgt der Vortrag des Klägers zur Abgasrückführung, Umschaltlogik und implementierten Prüfstanderkennung ins Blaue hinein.
a) Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist zwar bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, den geltend gemachten Anspruch als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Von der Klagepartei kann daher insbesondere nicht verlangt werden, technische Einzelheiten zu der von ihr behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtung vorzutragen. Vielmehr reicht hierzu die ihr aufgestellte Behauptung aus, es sei eine Software installiert, die den Prüflaufstand erkenne und über eine entsprechende Programmierung der Motorsteuerung den Stickoxidausstoß in diesem Fall stärker reduziere als im realen Straßenbetrieb. Hierbei ist es einer Partei nicht verwehrt, Umstände zu behaupten, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält. Dennoch nicht zu berücksichtigen ist aber ein nach Vorstehendem schlüssiger Tatsachenvortrag, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts zu haben, willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten, so dass sie in der Regel nur beim Fehlen jeglicher tatsächlichen Anhaltspunkte gerechtfertigt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28.01.2020, VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740, Rn. 7 f.; BGH, Beschluss vom 14.01.2020, VI ZR 97/19, NJW 2020, 1679 Rn. 8).
b) Hieran gemessen werden von der Klagepartei keine tatsächlichen Anhaltspunkte für ihre Behauptungen vorgetragen, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen enthalten sind. Somit handelt es sich um nicht berücksichtigungsfähigen Vortrag „ins Blaue hinein“. Im Einzelnen:
– Der Umstand, dass die Beklagte im Motortyp EA 189 eine unzulässige Abschalteinrichtung nebst Fahrstanderkennung („Umschaltlogik“) verwendet hat, stellt noch keinen greifbaren Anhaltspunkt dafür dar, dass dies auch beim Motortyp EA 288 der Fall ist (OLG Dresden, Urteil vom 04. Dezember 2020 – 9a U 2074/19 -, Rn. 30, juris). Aus dem Umstand, dass es sich bei dem Motorentyp EA 189 um den Vorgängermotor zum streitgegenständlichen Motorentyp EA 288 gehandelt hat, kann nicht geschlossen werden, dass auch in dem Nachfolgemodell eine unzulässige Abschalteinrichtung enthalten ist (OLG Stuttgart, Urteil vom 19. Januar 2021 – 16a U 196/19 -, Rn. 54, juris);
– Aus einer Überschreitung der Grenzwerte auf der Straße, welche die Klagepartei behauptet, folgt noch nicht das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form der Umschaltlogik (vgl. Anlage K 4; OLG Bamberg, Urteil vom 26. November 2020 – 1 U 368/19 -, Rn. 41, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 07. Oktober 2020 – 4 U 171/18 -, Rn. 44, juris). Daher sind insbesondere die Realbetriebsmessungen der Deutschen Umwelthilfe (vgl. Anlagen K 2, K 27) kein greifbarer Anhaltspunkt für das Vorhandensein von unzulässigen Abschalteinrichtungen (OLG Stuttgart, Urteil vom 19. Januar 2021 – 16a U 196/19 -, Rn. 59, juris; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. September 2020 – 12 U 46/20 -, Rn. 73, juris);
– Das Schreiben der Beklagten an das KBA vom 29.12.2015 betreffend „Information zu sogenannter Akustikfunktion“ ist ebenfalls kein greifbarer Anhaltspunkt für das Vorhandensein von unzulässigen Abschalteinrichtungen (OLG Stuttgart, Urteil vom 19. Januar 2021 – 16a U 196/19 -, Rn. 48, juris; OLG Bamberg, Urteil vom 26. November 2020 – 1 U 368/19 -, Rn. 33, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 07. Oktober 2020 – 4 U 171/18 -, Rn. 52, juris; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. September 2020 – 12 U 46/20 -, Rn. 70, juris);
– der Bußgeldbescheid der Staatsanwaltschaft (Anlage BB 3) sowie die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen (Anlage BB 4) beziehen sich gerade nicht auf den verfahrensgegenständlichen Motortyp, sondern die in den USA verwendete Variante des Motors EA 288.
In der Auffassung, dass der Kläger ins Blaue hinein vorträgt, sieht sich der Senat auf dadurch bestätigt, dass der Kläger unter Bezugnahme auf die Anlagen K 5 und K 6 zu Manipulationen am NSK-Katalysator und am AdBlue-System vorträgt (vgl. Seite 18 ff. der Klageschrift), um dann später einzuräumen, das Fahrzeug verfüge überhaupt nicht über einen NSK-Katalysator und auch nicht über AdBlue (vgl. Seite 1 der Replik). Gleichwohl wird der Manipulationsvorwurf in der Berufungsbegründung wiederholt. Dies lässt den Vortrag des Klägers als willkürlich erscheinen.
3. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte gemäß §§ 826, 31 BGB oder §§ 826, 831 BGB besteht auch nicht wegen der Verwendung eines sog. „Thermofensters“.
Die Verwendung eines „Thermofensters“ ist nicht per se sittenwidrig (BGH, Beschluss vom 09. März 2021 – VI ZR 889/20 -, Rn. 25 ff., juris). In der konkreten Ausgestaltung, so wie sie im Berufungsverfahren vorgetragen wurde, ist eine Angleichung an die Bedingungen des Prüfstands nicht erkennbar, sodass eine Sittenwidrigkeit unter diesem Gesichtspunkt ausscheidet. Soweit der Kläger behauptet, die Beklagte habe das KBA über die Verwendung des „Thermofensters“ im getäuscht, fehlt es an jeglichem Vortrag dazu, was die Beklagte gegenüber dem KBA verschwiegen hat und weshalb sie zur Offenbarung dieser Umstände gegenüber dem KBA – z.B. aufgrund gesetzlicher Regelungen – verpflichtet gewesen wäre.
4. Soweit der Kläger auf seinen erstinstanzlichen Vortrag zu Manipulationen des OBD Bezug nimmt, handelt es sich beim OBD nicht um eine Abschalteinrichtung, da es sich lediglich um ein Überwachungsinstrument handelt.
5. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB ist nicht dargetan, weil es an jeglichem Vortrag des Klägers zu „Herstellerangaben“ fehlt.
6. Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20 -, NJW 2020, 2798 Rn. 18, 23, 24; Urteil vom 08. Dezember 2020 – VI ZR 244/20 -, ZIP 2021, 84 Rn. 20; Beschluss vom 09. März 2021 – VI ZR 889/20 -, Rn. 10, juris; Beschluss vom 13.04.2021, VI ZR 518/20, juris Rn. 11) und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV (BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 76; Urteil vom 30.07.2020, VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 11; Urteil vom 08.12.2020, VI ZR 244/20, ZIP 2021, 84 Rn. 20; Beschluss vom 09.03.2021, VI ZR 889/20, juris Rn. 10; Urteil vom 23.03.2021, VI ZR 1180/20, juris Rn. 19; Beschluss vom 13.04.2021, VI ZR 518/20, juris Rn. 12) bestehen aus Rechtsgründen nicht.
III.
Die aussichtslosen Berufungsangriffe erfordern keine Erörterung in mündlicher Verhandlung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 ZPO liegen nicht vor.
Der Senat regt daher – unbeschadet der Möglichkeit zur Stellungnahme – die kostengünstigere Rücknahme der aussichtslosen Berufung an, die zwei Gerichtsgebühren spart (vgl. Nr. 1220, 1222 Kostenverzeichnis GKG).


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