Europarecht

Schadensersatz, Kaufvertrag, Fahrzeug, Berufung, Abtretung, Anfechtung, Geschwindigkeit, Rechtsanwaltskosten, Vorabentscheidung, Schadensersatzanspruch, Widerruf, Mangel, Werbung, Vertragsschluss, Zug um Zug, Aussetzung des Verfahrens, angemessene Frist

Aktenzeichen  5 U 3953/19

Datum:
29.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 29934
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

31 O 1824/18 2019-09-11 Endurteil LGREGENSBURG LG Regensburg

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 11.09.2019 – 31 O 1824/18 -, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Dieses Urteil sowie das vorbezeichnete Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.980 € festgesetzt.

Gründe

A.
Der Kläger macht wegen des Kaufes eines Personenkraftwagens, der seiner Behauptung nach von dem „Dieselskandal“ betroffen sei, gegen die Beklagte zu 1 bereicherungsrechtliche Ansprüche, hilfsweise kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche, und gegen die Beklagte zu 2 deliktische Schadensersatzansprüche geltend. Im Übrigen begehrt er die Feststellung, dass die Beklagte zu 2 ihm zum Ersatz sämtlichen weiteren Schadens, der ihm aus dem Verhalten der Beklagten zu 2 entstehe, verpflichtet sei.
Die Beklagte zu 1 handelt mit Fahrzeugen. Von ihr kaufte der Kläger am 25.01.2017 einen gebrauchten Mercedes-Benz B 180 CDI, Erstzulassung 21.07.2015, zum Preis von €19.980,00. Das Fahrzeug ist dem Kläger am 04.02.2017 übergeben worden. Nach den Allgemeinen Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen der Beklagten zu 1, die in den Kaufvertrag des Klägers mit der Beklagten zu 1 einbezogen worden sind, verjähren Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes.
Die Beklagte zu 2 ist Herstellerin des Fahrzeugs. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor Typ OM 607 verbaut, der im Rahmen einer Kooperation von Renault-Nissan konstruiert, gebaut und an die Beklagte zu 2 geliefert worden ist. Bei dem Fahrzeug werden die Emissionen über eine Abgasrückführung (AGR) geregelt. Das Fahrzeug verfügt nicht über einen SCR-Katalysator. Es unterfällt der Schadstoffklasse EURO 6. Das Fahrzeug ist nicht von einem amtlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes betroffen. Es verfügt über eine uneingeschränkt bestandskräftige EG-Typgenehmigung. Die Beklagte zu 2 hat für das Fahrzeug ein „freiwilliges Service-Update“ der Software angeboten. Der Kläger hat von dem Angebot keinen Gebrauch gemacht.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 02.02.2018 hat der Kläger die Anfechtung des Kaufvertrages mit der Beklagten zu 1 erklärt und zugleich „hilfsweise für den Fall, dass die Anfechtung unwirksam ist“ den Rücktritt vom Kaufvertrag (Anlage KB 21).
Am 11.10.2020 hat der Kläger das Fahrzeug mit einer Laufleistung von 103.500 km zu einem Preis von € 10.300 an einen Dritten verkauft. Der Verkauf erfolgte unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. „Ggf. noch bestehende Ansprüche gegenüber Dritten aus Sachmängelhaftung“ hat der Kläger an den Käufer abgetreten, allerdings unter Ausschluss von Ansprüchen, „die im Zusammenhang mit dem Daimler Abgasskandal bestehen“ (Anlage KB 27).
Der Kläger hat behauptet, das Fahrzeug weise mehrere Funktionen auf, die als unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO EG 715/2007 zu qualifizieren seien und die die Emissionswerte auf dem Rollenprüfstand gegenüber denen im Normalbetrieb reduzierten. Dies seien: Eine Funktion, welche durch Bestimmung der Außentemperatur die Parameter der Abgasrückführung und der Ladeluftkühlung so verändere, dass die Abgasrückführung außerhalb eines von der Beklagten festgelegten Temperaturfensters reduziert werde (von dem Kläger als „Thermofenster“ bezeichnet). Eine Funktion, die den Harnstoff, der dem SCR-Katalysator zugesetzt werde, so knapp dosiere, dass kein ausreichender Wirkungsgrad erreicht werde. Eine Funktion, die den Prüfstand erkenne und dann Einfluss auf die Schaltpunkte des Automatikgetriebes nehme mit der Folge, dass weniger Stickoxid ausgestoßen werde (von dem Kläger als „Getriebesteuerung“ aber auch als „Aufwärmstrategie“ bezeichnet). Eine Funktion, welche nach einer Fahrtdauer von 1.200 bis 2.000 Sekunden in einen Fahrmodus mit erhöhten Schadstoffausstoß wechsele (von dem Kläger als „Zeiterkennung“ bezeichnet). Eine Funktion, welche anhand der Geschwindigkeit und der Beschleunigung des Fahrzeugs erkenne, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befinde und auf dem Prüfstand in einen Fahrmodus mit niedrigem Schadstoffausstoß schalte (von dem Kläger als „Slip Guard“ bezeichnet). Eine Funktion, welche nach Zurücklegen einer Strecke von 26 km nach dem Kaltstart die Abgasreinigung zurückfahre (von dem Kläger als „Bit 15“ bezeichnet). Diese Abschalteinrichtungen habe die Beklagte zu 2 im Typgenehmigungsverfahren nicht offengelegt. Die Beklagte zu 2 habe sich somit die EG-Übereinstimmungsbescheinigung mit bewusst falschen Angaben zum Schadstoffausstoß erschlichen. Dies sei erfolgt, um sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Durch den Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtungen habe die Beklagte zu 2 den Kläger in mittelbarer Täterschaft, die Beklagte zu 1 als Werkzeug benutzend, darüber getäuscht, dass das Fahrzeug eine bestandskräftige Typgenehmigung besitze, dass das Fahrzeug die maßgebliche Schadstoffnorm einhalte und, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine voll funktionsfähige Abgasreinigungsanlage verbaut sei.
Der Kläger ist weiter der Ansicht, dass der Kaufvertrag zwischen ihm und der Beklagten zu 1 nichtig gem. § 134 BGB i.V.m. § 27 EG-FGV sei. Im Übrigen habe der Kläger den Kaufvertrag wirksam gem. § 123 BGB angefochten. Insoweit sei die Beklagte zu 2 im Verhältnis zur Beklagten zu 1 nicht Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB und es müsse sich die Beklagte zu 1 als Vertragshändlerin das Verhalten der Beklagten zu 2 zurechnen lassen. Es könne daher der Kläger gegen die Beklagte zu 1 Ansprüche nach §§ 812 ff BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises geltend machen. Sollte das Gericht von der Wirksamkeit des Kaufvertrages ausgehen, werde die Rückerstattung des Kaufpreises auf kaufvertragliche Rückgewähransprüche aus §§ 346, 433, 434, 437 BGB gestützt. Der Anspruch gegen die Beklagte zu 2 ergebe sich aus §§ 826, 831 BGB sowie §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und i.V.m. § 16 UWG. Zudem hafte die Beklagte zu 2 als Herstellerin gem. §§ 311, 443, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 4, 6, 25 EG-FGV.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Die Beklagte zu 1 hat bestritten, dass der Motor des Fahrzeugs durch die Beklagte zu 2 in dem von dem Kläger behaupteten Sinn manipuliert worden sei. Jedenfalls stehe der Beklagten zu 1 als Verkäuferin zunächst ein Recht auf Nachbesserung zu. Eine etwaige Täuschung des Herstellers müsse sich die Beklagte zu 1 nicht zurechnen lassen. Im Übrigen hat die Beklagte zu 1 die Einrede der Verjährung erhoben. Die Beklagte zu 2 hat die Verwendung von illegalen Abschalteinrichtung bestritten und vorgebracht, bereits die Tatbestandswirkung der für den betreffenden Fahrzeugtyp vorliegenden EG-Typgenehmigung stehe den Behauptungen des Klägers entgegen. Das Fahrzeug entspreche den Vorgaben der einschlägigen Euro 6 Norm und weise keine unzulässige Abschalteinrichtung oder Manipulationssoftware auf. Der Feststellungsantrag sei bereits unzulässig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der vor dem Landgericht zuletzt gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils vom 11.09.2019 verwiesen.
Die Klage ist der Beklagten zu 1 am 23.10.2018 und der Beklagten zu 2 am 24.10.2018 zugestellt worden.
Mit Endurteil vom 11.09.2019 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Hinblick auf die Klage gegen die Beklagte zu 1 im Wesentlichen ausgeführt, dass der streitgegenständliche Kaufvertrag wirksam sei. § 27 EG-EF GV bezwecke kein Schutz von privaten Interessen. Der Kaufvertrag sei auch nicht wirksam nach § 123 Abs. 1 BGB angefochten worden, da der Beklagten zu 1 ein mögliches Fehlverhalten der Beklagten zu 2 nicht zuzurechnen sei. Der Kläger habe somit keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche. Gewährleistungsansprüche stünden dem Kläger nicht zu, da eine Fristsetzung zur Nachbesserung nicht entbehrlich gewesen sei. Darüber hinaus sei der vorliegende Mangel auch unerheblich, da die Mängelbeseitigungskosten wohl weniger als ein Prozent der Gegenleistung betragen würden. Im Übrigen seien Ansprüche des Klägers seit 25.01.2018 verjährt. Im Hinblick auf die Klage gegen die Beklagte zu 2 hat das Landgericht den gestellten Feststellungsantrag für unzulässig erachtet, da der Kläger das festzustellende Rechtsverhältnis nicht nachvollziehbar dargestellt habe und im Übrigen der Vorrang der Leistungsklage gelte. In der Sache sei entscheidend, dass die Typgenehmigung wirksam sei. Das Fahrzeug des Klägers sei nicht von einem behördlichen Rückruf betroffen. Es sei daher den Zivilgerichten verwehrt, die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizieren. Im Übrigen sei der Vortrag des Klägers zu einer unzulässigen Abschalteinrichtung unsubstantiiert. Auch im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB, 16 UWG fehle es an einem substantiierten Vortrag Klägers zu einer öffentlichen Bekanntmachung von Tatsachen und dem Versuch, den Anschein eines besonders günstigen Angebots zu erwecken. Eine Haftung der Beklagten zu 2 aus § 311 BGB bestehe nicht, da diese im vorliegenden Fall allenfalls Dritte im Sinne von § 311 Abs. 3 BGB wäre. Ein besonderes persönliches Vertrauen sei offensichtlich nicht in Anspruch genommen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des Endurteils vom 11.09.2019 verwiesen.
Dieses Endurteil ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 24.09.2019 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 18.10.2019, der am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers Berufung eingelegt, die sie mit weiterem Schriftsatz vom 27.02.2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist begründet haben.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Ansprüche in vollem Umfang weiter. Was die unzulässigen Abschalteinrichtungen angeht, hat der Kläger an seinem erstinstanzlichen Vorbringen im Wesentlichen festgehalten. Sein Vortrag, so der Kläger, sei hinreichend substantiiert. Das Landgericht habe daher die Ausführungen des Klägers zu Unrecht übergangen. Im Übrigen hat der Kläger seih Vorbringen in der Berufungsinstanz ergänzt. Er hat nun noch unter Verweis auf ein in einem Verfahren gegen die Beklagte zu 2 von dem Landgericht Stuttgart erholten Gutachten des Sachverständigen Dr. M2. H. vom 12.12.2020, ihm bekannt geworden am 17.12.2020, vorgebracht, das Fahrzeug weise auch eine Funktion auf, welche unter den Kriterien, nach denen Fahrzeuge für den Prüfstand vor Durchfahren des NEFZ vorkonditioniert würden (2 zwanzigminütige Fahrzyklen bei 120 km/h, sodann 3 weitere Fahrzyklen und anschließend 6 Stunden Ruhe bei 20°C bis 30°C), aktiviert werde und dann die Verbrennungstemperatur im Motor mindere (von dem Kläger als „Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung“ bezeichnet). Im normalen Betrieb komme die Funktion demgegenüber nicht zu Einsatz. Zudem werde bei dem Fahrzeug, wenn es eine „Testsituation“ anhand der vorbeschriebenen Vorkonditionierung erkannt habe, die Kühlerjalousie im NEFZ-Kaltzyklus früher angesteuert als im normalen Fahrbetrieb, wodurch ebenfalls die Motortemperatur sinke (vom Kläger als „Kühlerjalousie“ und als „zeitgesteuerte Abschalteinrichtung“ bezeichnet). Folge sei jeweils ein verringerter Ausstoß von Stickoxid.
In Richtung auf die Beklagte zu 1 hat der Kläger an seiner Auffassung, der Kaufvertrag sei wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig, jedenfalls von ihm wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten worden, festgehalten. Das Fahrzeug sei wegen der geschilderten unzulässigen Abschalteinrichtungen mangelhaft. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung sei entbehrlich gewesen. Der Kläger sei arglistig getäuscht worden, Nachbesserung sei unmöglich und wegen der zu befürchtenden Folgeschäden auch unzumutbar. Zu Unrecht sei schließlich das Landgericht davon ausgegangen, dass der in Richtung auf die Beklagte zu 2 gestellte Feststellungsantrag unzulässig sei. Er sei hinreichend bestimmt. Ein Vorrang der Leistungsklage bestehe nicht, da keine abgeschlossene Schadensentwicklung vorliege. Die Beklagte zu 2 hafte ihm deliktisch.
Der Kläger hat seine erstinstanzlich gestellten Anträge zunächst weiterverfolgt. Nach Verkauf des Fahrzeugs im Oktober 2020 hat er die Anträge dann umgestellt und hat nunmehr beantragt;
1.Das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 11. September 2019, 31 O 1824/18, wird aufgehoben.
2.Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, an die Klagepartei 19.980 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.03.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Zahlung eines Wertersatzes in Höhe von 10.300 € statt der Übereignung und Herausgabe des Pkw Mercedes-Benz B 180 CDI, FIN … und Zug um Zug gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 3.566,54 € für die Nutzung des Pkw.
3.a. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, an die Klagepartei 19.980 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, abzüglich Zahlung eines Wertersatzes in Höhe von 10.300 € statt der Herausgabe und Übereignung des Fahrzeuges Mercedes-Benz B 180 CDI, FIN … sowie abzüglich eines Betrages in Höhe von maximal 3.566,54 € für die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs.
3.b. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2 verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu zahlen für weitere, über den Antrag 3.a. hinausgehende Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte zu 2 in dem Fahrzeug Mercedes-Benz B 180 CDI, FIN …
3.(1) unzulässige Abschalteinrichtungen
-in Gestalt einer Funktion, welche, durch Bestimmung unter anderem der Außentemperatur die Parameter der Abgasrückführung und der Ladeluftkühlung so verändert, dass die Abgasrückführung außerhalb eines von der Beklagten festgelegten Temperaturfensters reduziert wird (sogenanntes Thermofenster),
-in Gestalt einer Schalteinstellung des Getriebes, welche erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und daraufhin ein Schaltprogramm aktiviert, welches besonders wenige Schadstoffe produziert (sogenannte Aufwärmstrategie),
-in Gestalt einer Funktion, welche anhand der Geschwindigkeit und der Beschleunigung des Fahrzeugs erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und auf dem Prüfstand in einen Fahrmodus mit niedrigem Schadstoffausstoß schaltet (sogenanntes Slip Guard),
-in Gestalt einer Funktion, welche nach einer Fahrtdauer von 1200 bis 2000 Sekunden in einen Fahrmodus mit erhöhten Schadstoffausstoß wechselt (sogenannte Zeiterkennung),
-in Gestalt einer Funktion, welche nach Zurücklegen einer Strecke von 25 km nach dem Kaltstart die Abgasreinigung zurückfährt (auf sogenannte Bit 15),
-in Gestalt einer Funktion, welche die zurückgeführten Abgase während der Messung auf dem Prüfstand besonders stark kühlt und durch eine Verringerung der Verbrennungstemperatur im Motor den Schadstoffausstoß auf dem Prüfstand reduziert (sogenannte Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung),
-in Gestalt einer Funktion, bei welcher die Kühlerjalousie im NEFZ Kaltzyklus anders angesteuert wird als im normalen Fahrbetrieb,
-verbaut hat und hierdurch die Emissionswerte auf dem Rollenprüfstand reduziert werden;
-(2) ein nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes On-Board-Diagnosesystem einsetzt und
-(3) Fahrzeugbauteile verbaut hat, welche das Emissionsverhalten beeinflussen und welche unter normalen Betriebsbedingungen nicht den Anforderungen der Verordnung (EG) 715/2007 und ihren Durchführungsmaßnahmen entsprechen.
4.Die Beklagtenparteien werden jeweils getrennt, nicht gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von jeweils 1.789,76 € freizustellen.
Im Übrigen hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes über ein Ersuchen um Vorabentscheidung des Landgerichts Stuttgart, das im September 2020 dem EUGH vorgelegt worden ist, beantragt.
Die Beklagten haben beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen das Urteil als richtig. Im Übrigen haben sie das Vorbringen des Klägers zu der „Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung“ und zu der „Kühlerjalousie“ als verspätet gerügt und bestritten, dass das streitgegenständliche Fahrzeug über diese Funktionen überhaupt verfüge. Die Beklagte zu 2 hat noch vorgebracht, im Typgenehmigungsverfahren dem Kraftfahrt-Bundesamt die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführungsrate angezeigt zu haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat keinen Beweis erhoben.
B.
Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel allerdings keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts trifft auch unter Berücksichtigung des im zweiten Rechtszug erweiterten und vertieften Vorbringens des Klägers zu angeblich unzulässigen Abschalteinrichtungen in seinem Fahrzeug zu.
I.
Der zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 geschlossene Kaufvertrag ist nicht nichtig. Es stehen somit dem Kläger gegen die Beklagte zu 1 keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche zu.
1. Der zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 geschlossene Kaufvertrag ist selbst bei einem unterstellten Verstoß gegen § 27 Abs. 1 EG-FGV nicht nach § 134 BGB nichtig.
§ 134 BGB ordnet für ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nicht ausnahmslos Nichtigkeit an. Vielmehr ist abzuwägen, ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen oder bestehenzulassen. Sind beide Vertragsparteien Adressaten des Verbots, kann regelmäßig angenommen werden, das verbotswidrige Geschäft solle keine Wirkungen entfalten. Richtet sich das Verbot dagegen nur gegen eine Partei, ist regelmäßig der gegenteilige Schluss gerechtfertigt, es sei denn, dass es dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes zuwiderliefe, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung bestehen zu lassen (st. Rspr. vgl. z.B. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1999 – X ZR 34/98 -, Rn. 16 ff, juris).
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 geschlossene Kaufvertrag selbst bei einem unterstellten Verstoß gegen § 27 Abs. 1 EG-FGV nicht nach § 134 BGB nichtig. Die Vorschrift richtet sich einseitig an den Verkäufer. Sie verfolgt den Zweck, dass nur vorschriftsgemäße Fahrzeuge in den Verkehr gelangen. Die Durchsetzung der in § 27 EG-FGV enthaltenen Anforderungen wird durch die in § 25 EG-FGV vorgesehenen Maßnahmen – u.a. den Widerruf der erteilten Typgenehmigung – gewährleistet. Zudem hat der Verordnungsgeber in § 37 Abs. 1 EG-FGV einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 27 Abs. 1 EG-FGV als Ordnungswidrigkeit sanktioniert. Einer zusätzlichen zivilrechtlichen Sanktion dergestalt, dass ein Kaufvertrag über ein Fahrzeug, das über eine gültige Übereinstimmungsbescheinigung nicht verfügt, nichtig ist, bedarf es nicht. Diese Rechtsfolge ist auch nicht geboten, um den Käufer zu schützen. Im Gegenteil: Im Fall der Nichtigkeit des Kaufvertrags würden dem Käufer nämlich nicht nur dessen kaufvertraglichen Gewährleistungsrechte genommen werden. Vielmehr würde der Käufer in diesem Fall auch verschärft nach § 819 BGB haften. Eine solche Schlechterstellung des Fahrzeugkäufers erfordert der Zweck des § 27 EG-FGV nicht (im Ergebnis ebenso OLG München, Beschluss vom 02. September 2020 – 27 U 1998/20 -; OLG Hamm, Urteil vom 08. Januar 2020 – I-30 U 31/19 -; OLG Karlsruhe, Urteil vom 18. Juli 2019 – 17 U 160/18 -, jeweils juris).
2. Der Kaufvertrag ist auch nicht nach § 142 Abs. 1 BGB nichtig. Der Kläger hat ihn nicht wirksam angefochten. Die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 1. Alt. BGB liegen in der Person der Beklagten zu 1 nicht vor.
Dazu, dass er von Verantwortlichen oder Mitarbeitern der Beklagten zu 1 arglistig getäuscht worden sei, hat der Kläger nichts vorgetragen.
Dahinstehen kann, ob die Beklagte zu 2 als Herstellerin des Fahrzeugs den Kläger in der von ihm behaupteten arglistigen Weise täuschte. Selbst wenn dies so wäre, braucht sich die Beklagte zu 1 das Verhalten der Beklagten zu 2 nicht zurechnen lassen. Denn die Zurechnung des Verhaltens einer sonstigen Hilfsperson, als die die Beklagte zu 2 im Verhältnis zur Beklagten zu 1 angesehen werden könnte, bestimmten sich nach den Maßstäben des § 278 BGB (vgl. BGH Urteil vom 28. September 1988 – VIII ZR 160/87 -, und Urteil vom 30. März 2011 – VIII ZR 94/10 -, Rn. 16; jeweils juris). Ein Hersteller oder Lieferant ist indes nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers im Rahmen dessen kaufrechtlicher Pflichten (st. Rspr. vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 09. Juni 2020 – VIII ZR 315/19 -, Rn. 18, m.w.N.; OLG Nürnberg, Urteil vom 24. April 2018 – 6 U 409/17 -, Rn. 66 ff; OLG Hamm, Beschluss vom 05. Januar 2017, – 28 U 201/16 -, Rn. 34; OLG Koblenz, Beschluss vom 27. September 2017, – 2 U 4/17 -, Rn. 35; OLG Celle, Beschluss vom 30. Juni 2016, – 7 W 26/16 -, Rn 8; jeweils juris). Dies gilt auch für die Fahrzeugbranche (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2018 – VIII ZR 66/17 -, Rn. 97, juris).
II.
Dem Kläger stehen gegen die Beklagte zu 1 keine kaufrechtlichen Mängelansprüche zu.
1. Allerdings scheitert die Klage nicht deshalb, weil der Kläger die Ansprüche an einen Dritten abgetreten hätte und deshalb nicht mehr befugt wäre, sie geltend zu machen. Die in dem Kaufvertrag vom 11.10.2020 enthaltene Abtretung von Ansprüchen aus Sachmängelhaftung an den Käufer erfasst die streitgegenständlichen Ansprüche nicht. In Anlage 1 zu dem Vertrag hat sich der Kläger „Ansprüche, die im Zusammenhang mit dem Daimler Abgasskandal bestehen“ ausdrücklich vorbehalten.
2. Die geltend gemachten Ansprüche sind nicht verjährt.
Ansprüche des Käufers aus dem durch den Rücktritt entstehenden Rückgewährschuldverhältnis unterliegen nicht der Verjährung nach § 438 Abs. 1, 2 BGB, sondern der dreijährigen Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB. Diese Ansprüche entstehen durch den Rücktritt. Erst der Rücktritt begründet das Rückabwicklungsschuldverhältnis nach §§ 346 bis 348 BGB, aus dem sich der Anspruch des Käufers auf Kaufpreisrückzahlung ergibt. Der Rücktritt wurde von dem Kläger unstreitig mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 02.02.2018, eingegangen bei der Beklagten zu 1 am selben Tag, erklärt. Die Klage ist der Beklagten zu 1 am 23.10.2018 zugestellt worden, somit noch vor Beginn der Verjährungsfrist.
3. Der von dem Kläger erklärte Rücktritt ist auch nicht deshalb unwirksam, weil er unter einer unzulässigen Bedingung erklärt worden wäre.
Der Kläger hat den Rücktritt erklärt unter der Bedingung, dass die gleichzeitig erklärte Anfechtung des Kaufvertrages unwirksam sei. Zwar ist die Rücktrittserklärung als Ausübung eines Gestaltungsrechts grundsätzlich bedingungsfeindlich. Die Bedingungsfeindlichkeit dient dem Schutz des Erklärungsempfängers vor Ungewissheit. Daraus folgt, dass die Beifügung einer Bedingung, die für den Erklärungsgegner keine untragbare Ungewissheit über den neuen Rechtszustand schafft, zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 1986 – V ZR 23/85 -, Rn. 16, juris). Dies ist bei einer Rechtsbedingung, wie vorliegend, der Fall (vgl. BGH a.a.O.).
4. Schließlich ist der Rücktritt auch nicht unwirksam nach § 218 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Für die Frage, ob der Rücktritt des Käufers wegen eines Mangels der verkauften Sache nach § 218 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB unwirksam ist, ist entscheidend, ob der Rücktritt erklärt wird, bevor der – bestehende oder hypothetische – Nacherfüllungsanspruch verjährt ist. Auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus dem durch den Rücktritt entstehenden Rückgewährschuldverhältnis kommt es nicht an.
Vorliegend hat der Kläger den Rücktritt vor Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs erklärt. Dies gilt selbst dann, wenn man mit den Beklagten davon ausgeht, dass in den unstreitig in den Kaufvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu 1 die Verjährungsfrist für Mängelansprüche wirksam auf 1 Jahr verkürzt wird. Denn die Verjährung beginnt (anders als es ersichtlich das Landgericht annimmt) gem. § 438 Abs. 2 BGB mit Ablieferung der Sache, hier unstreitig am 04.02.2017. Somit verjährt . der Nacherfüllungsanspruch des Klägers mit Ablauf des 04.02.2018. Die Rücktrittserklärung des Klägers im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 02.02.2018 ist unstreitig noch am selben Tag bei der Beklagten zu 1 eingegangen, somit noch vor Ablauf der Verjährungsfrist für den Nacherfüllungsanspruch.
5. Jedoch ist der von dem Kläger erklärte Rücktritt unwirksam, weil der Kläger der Beklagten keine angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt hat.
Das Recht des Käufers, vom Vertrag gemäß § 437 Nr. 2 BGB nach den Bestimmungen der §§ 440, 323 BGB zurückzutreten, setzt nach § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung, § 439 BGB, bestimmt hat.
Vorliegend hat der Kläger der Beklagten zu 1 unstreitig keine Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt. Die Fristsetzung war nicht entbehrlich.
a. Dass die Beklagte zu 1 vor der Erklärung des Rücktritts durch den Kläger die Nachbesserung endgültig und ernsthaft verweigert hätte, § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB, (zu den strengen Voraussetzungen vgl. BGH, Urteil vom 01. Juli 2015 – VIII ZR 226/14 -, Rn. 33, juris) kann der Senat nicht feststellen. Dass die Beklagte zu 1 nach der Rücktrittserklärung einen Mangel in Abrede gestellt hat und die Rückzahlung des Kaufpreises verweigert hat und sich nunmehr zur Verteidigung gegen die Klage auch darauf beruft, dass das Fahrzeug mangelfrei sei, genügt nicht. Denn hierzu hätten weitere Umstände treten müssen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die die Beklagte zu 1 bewusst und endgültig die Erfüllung ablehnt und es ausgeschlossen erscheint, dass sie sich von einer Fristsetzung hätte umstimmen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 – VII ZR 58/13 -, Rn. 24, juris). Dazu hat der Kläger aber nichts vorgetragen.
b. Auf eine Fristsetzung konnte nicht wegen besonderer Umstände im Sinne des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB verzichtet werden.
Besondere Umstände, die ein Nachbesserungsrecht als unzumutbar erscheinen lassen, werden allgemein in Fällen angenommen, in denen der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, § 323, Rn 22, m.w.N.). Unstreitig hat aber die Beklagte zu 1 den Kläger bei Vertragsabschluss nicht arglistig getäuscht. Eine etwaige Täuschung durch die Beklagte zu 2 muss sich die Beklagte zu 1, wie dargelegt, nicht zurechnen lassen.
Unzumutbarkeit ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte zu 1 zur Nachbesserung womöglich auf die Hilfe der Beklagten zu 2 als Herstellerin angewiesen gewesen wäre. Mit mangelndem Vertrauen in die Beklagte zu 2), die ihn nach seiner Darstellung vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat, kann der Kläger die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung nicht begründen, nachdem in Fällen wie dem vorliegenden Nachbesserungsmaßnahmen unter öffentlicher Aufsicht durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen (so auch OLG München, Beschluss vom 04. Januar 2021 – 20 U 6216/19 -, Rn. 27, juris).
Sonstige besondere Umstände, die es bei Abwägung der beiderseitigen Interessen als unzumutbar erscheinen ließen, dass der Kläger vor Rücktritt den fruchtlosen Ablauf einer zur Nacherfüllung gesetzten Frist abwartet, hat der Kläger nicht dargelegt.
c. Nach § 326 Abs. 5 BGB bedarf es einer Fristsetzung nicht und es kann der Gläubiger sofort zurücktreten, wenn eine Nacherfüllung nicht möglich ist, die Leistung also weder vom Schuldner noch von einem Dritten erbracht werden kann. Bei einem Gebrauchtwagenkauf wie vorliegend scheidet Nacherfüllung durch Ersatzlieferung in der Regel aus (vgl. BGH, Urteil vom 07. Juni 2006 – VIII ZR 209/05 -, juris). Die Nacherfüllung ist in diesem Fall unmöglich, wenn der Mangel nicht behebbar ist (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 10. Oktober 2007 – VIII ZR 330/06 -, Rn. 23, juris). Dies ist grundsätzlich vom Käufer darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, da es sich um eine Voraussetzung des Rücktrittsrechts ohne Fristsetzung handelt.
Vorliegend ist, entgegen der Ansicht des Klägers, der Mangel nicht deshalb unbehebbar, weil die von dem Kläger behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtungen – unterstellt sie lägen vor – Rechtsmängel wären. Das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung, die die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde in sich birgt, ist als Sachmangel (und nicht als Rechtsmangel) zu qualifizieren (vgl. BGH, Beschluss vom 08. Januar 2019 – VIII ZR 225/17 -; Beschluss vom 09. Juni 2020 – VIII ZR 315/19 -, Rn. 31, jeweils juris).
Dazu, dass der Mangel im Übrigen unbehebbar ist, hat der Kläger widersprüchlich und somit nicht schlüssig vorgetragen. Einerseits hat er pauschal behauptet, die Beseitigung des Mangels (unzulässige Abschalteinrichtung) sei „physikalisch“ nicht möglich. Er hat andererseits aber auch dargelegt, eine Nachbesserung führe zu diversen Nachteilen, die eine Mängelbeseitigung unzumutbar machten, was voraussetzt, dass eine Nachbesserung möglich ist. Im Übrigen ist die Praxis des Kraftfahrt-Bundesamtes allgemeinbekannt, als unzulässig qualifizierte Abschalteinrichtungen in den Fahrzeugen verschiedenster Hersteller nach einem von der Behörde geprüften Software-Update der Motorsteuerung als beseitigt zu erachten, mit der Folge, dass dem Fahrzeug die Entziehung der Betriebserlaubnis nicht mehr droht. Damit liegt es auch vorliegend nicht habe, dass die Behebung des Mangels (der gerade darin liegt, dass dem nicht der EG-Typgenehmigung entsprechenden Fahrzeug, die Entziehung der Betriebserlaubnis droht) unmöglich ist.
d. Die Fristsetzung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil dem Kläger eine Nacherfüllung nicht zumutbar wäre, § 440 Satz 1 Alternative 3 BGB.
Die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung kann sich grundsätzlich aus der begründeten Befürchtung ergeben, die Sache werde trotz der Nacherfüllung nicht mangelfrei sein. Der bloße subjektive Verdacht des Käufers eines trotz Nachbesserung verbleibenden Nachteils genügt insoweit jedoch nicht. Eine Nachbesserung, die eine Reparatur der Kaufsache erfordert, birgt immer die Gefahr, dass der Mangel nicht vollständig beseitigt wird oder dass die Reparatur nicht vollständig zum Erfolg führt. Nach der gesetzlichen Regelung ist in einem solchen Fall ein zweiter Nachbesserungsversuch zu unternehmen, bevor der Käufer den Rücktritt erklären kann. Im Hinblick darauf bedarf es, um in diesem Zusammenhang von vornherein von einer Unzumutbarkeit der Nacherfüllung ausgehen zu können, konkreter Anhaltspunkte im Zeitpunkt des Rücktritts dafür, dass die Nachbesserung zu neuen Sachmängeln führen werde, wobei pauschale Behauptungen ebenso wenig ausreichen wie der Hinweis auf Unwägbarkeiten oder nicht geklärte Langzeitfolgen (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 14. Februar 2020 – 2 U 104/18 -, Rn. 23, juris; OLG Dresden, Urteil vom 20. August 2019 – 9 U 1101/19 -, Rn. 22, juris; KG, Urteil vom 18. November 2019 – 24 U 129/18 -, BeckRS 2019, 29883).
Der Vortrag des Klägers genügt dem nicht. Konkrete Anhaltspunkte, die den Schluss darauf zuließen, dass das Fahrzeug auch nach Mängelbeseitigung, etwa durch ein durch das Kraftfahrt-Bundesamt beaufsichtigtes Software-Update, noch einen Sachmangel aufweisen wird, hat der Kläger nicht vorgetragen. Gleiches gilt für den von ihm befürchteten Minderwert nach Nachbesserung.
III.
Auch gegen die Beklagte zu 2 stehen dem Kläger keine Ansprüche zu.
1. Dahinstehen kann, ob dem Kläger im Hinblick auf den gestellten Feststellungsantrag ein Feststellungsinteresse zur Seite steht. Die Klage ist jedenfalls unbegründet. Das Feststellungsinteresse ist echte Prozessvoraussetzung nur für das stattgebende Urteil. Steht dagegen fest, dass die Feststellungsklage in der Sache nicht begründet ist, kann sie selbst bei fehlendem Feststellungsinteresse als unbegründet abgewiesen werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1978 – VI ZR 68/76 -, juris).
2. Ansprüche nach § 311 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BGB stehen dem Kläger gegen die Beklagte zu 2 nicht zu.
Der Kläger hat das Fahrzeug nicht von der Beklagten zu 2 erworben. Aus Verschulden bei Vertragsschluss haftet jedoch grundsätzlich nur, wer Vertragspartner ist oder werden soll. Eine Haftung der Beklagten zu 2 als an dem Vertrag nicht beteiligte Dritte kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, sie entweder an den Vertragsverhandlungen selbst beteiligt war oder im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit einem Anspruch auf Vertrauen hervorgetreten ist (st. Rspr. vgl. z.B. BGH, Urteil vom 04. Mai 2004 – XI ZR 40/03 -, Rn. 26 f, juris). Zu diesen Voraussetzungen hat der Kläger jedoch nichts vorgetragen. Er hat lediglich die Ansicht vertreten, die von der Beklagten erteilte EG-Übereinstimmungsbescheinigung stelle eine Beschaffenheitszusicherung dar, die zu einem besonderen Vertrauenstatbestand führe.
Diese Auffassung ist unzutreffend. Der Senat schließt sich insoweit dem Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 20.06.2019 – 7 U 185/18 – Rn. 83 ff, juris, an. Mit der Übereinstimmungsbescheinigung erfüllt die Beklagte, wie von dem Oberlandesgericht Braunschweig überzeugend dargelegt wird, eine Voraussetzung für die der (Erst-)Zulassung des auf den Markt gebrachten Fahrzeugs. Die Übereinstimmungsbescheinigung ist kraft Gesetzes vom Hersteller zu erstellen und ist dem Fahrzeug beizufügen, wenn es in den Verkehr gebracht oder verkauft wird. (§ 27 EG-FGV). Schon der Umstand, dass der Hersteller damit eine gesetzliche Verpflichtung erfüllt, spricht dagegen, dass er in irgendeiner Weise dem Kunden gegenüber besondere Gewähr für die in der Übereinstimmungsbescheinigung erwähnten Tatsachen übernehmen will oder auch nur insoweit besonderes Vertrauens in Anspruch nimmt (vgl. OLG Braunschweig, a.a.O.).
3. Ansprüche aus einer Garantie, § 443 BGB, kann der Kläger gegen die Beklagte zu 2 nicht geltend machen.
Auch für den Abschluss eines selbständigen Garantievertrages im Sinne des § 443 BGB mit der Beklagten zu 2 hat sich der Kläger allein auf die von der Beklagten zu 2 als Herstellerin erteilte EG-Übereinstimmungsbescheinigung berufen. Diese Erklärung der Beklagten zu 2 kann jedoch auch nicht Grundlage eines Garantievertrages sein, wie ihre Auslegung nach §§ 133, 157 BGB ergibt. Denn nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont will der Hersteller mit der Bescheinigung lediglich die ihm vorgeschriebene Verpflichtung, die Übereinstimmung des Fahrzeuges mit der EG-Typengenehmigung zu erklären, erfüllen. Eine vertragliche Verpflichtung, als Hersteller einzustehen, wenn die Sache nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllt, will der Hersteller demgegenüber nicht eingehen (vgl. OLG Braunschweig, Urteil vom 19. Februar 2019 – 7 U 134/17 -, Rn. 79; OLG München, Urteil vom 04. Dezember 2019 – 3 U 2943/19 -, Rn. 28, jeweils juris).
4. Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte zu 2 unter dem Gesichtspunkt des Betruges, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, scheiden schon deshalb aus, weil der Kläger das Fahrzeug als Gebrauchtwagen bei einem rechtlich selbstständigen Händler erworben hat und deshalb ein Merkmal des objektiven Betrugstatbestandes, nämlich Stoffgleichheit zwischen Vermögensschaden des Klägers und Vermögensvorteil der Beklagten zu 2, nicht erfüllt ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20 -, Rn. 21 ff, juris).
5. Welche Auswirkungen der Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung auf die Gültigkeit der von der Beklagten ausgestellten Übereinstimmungsbescheinigung hätte, kann dahinstehen. Die §§ 6, 25, 27 EG-FGV sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB (BGH a.a.O.).
6. Eine Haftung der Beklagten zu 2 nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 UWG würde voraussetzen, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, vorsätzlich unwahre Angaben zum Zweck der irreführenden Werbung gemacht hat oder eine sog. „progressive Kundenwerbung“ in Gestalt eines Schneeball- oder Pyramidensystems vorliegt. Beanstandungsfrei hat das Landgericht festgestellt, dass zu diesen Voraussetzungen, insbesondere zu den subjektiven Voraussetzungen, hinreichend konkreter Vortrag des Klägers fehlt.
7. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 2 auch kein Anspruch nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu.
a. Spiegelt ein Automobilhersteller dem Kraftfahrt-Bundesamt zwecks Erlangung der Typgenehmigung mittels einer eigens zu diesem Zweck entwickelten Motorsteuerungssoftware wahrheitswidrig vor, dass die von ihm hergestellten Dieselfahrzeuge den maßgeblichen Stickoxid-Grenzwert einhalten, während die Motorsteuerungssoftware entsprechend ihrer Programmierung im normalen Fahrbetrieb ein anderes, hinsichtlich der Stickoxidreduktion weniger effizientes Verhalten des Emissionskontrollsystems bewirkt, so dass auch unter vergleichbaren Bedingungen die gesetzlichen Abgasgrenzwerte im normalen Fahrbetrieb überschritten werden, zielt er also auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde ab, wobei er im eigenen Kosten- und Gewinninteresse handelt, so haftet er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 -, juris) dem Fahrzeugkäufer gegenüber aus § 826 BGB, weil sein Verhalten als sittenwidrig zu qualifizieren ist.
Die das Sittenwidrigkeitsurteil rechtfertigende arglistige Vorgehensweise des Herstellers liegt bei einer solchen Fallgestaltung darin, dass er der Genehmigungsbehörde ein Verhalten des Emissionskontrollsystems vortäuscht, das im tatsächlichen Betrieb des Fahrzeuges nicht stattfindet, so dass die Ergebnisse der gesetzlich vorgeschriebenen Emissionsprüfung für die im wirklichen Fahrzeugbetrieb zu erwartenden Abgasemissionen keinerlei Aussagekraft haben, weil sich das Fahrzeug auch unter den Bedingungen, wie sie für den Prüfzyklus vorgeschrieben sind, im Betrieb auf der Straße anders verhält, als in der Prüfungssituation und zwar mit einer geringeren Wirksamkeit der zur Abgasvermeidung oder -reduzierung verwendeten Technik.
b. Die Beklagten haben bestritten, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine Einrichtung vorhanden ist, die zu einem derartigen unterschiedlichen Verhalten des . Emissionskontrollsystems je nachdem führt, ob das Fahrzeug sich auf einem Rollenprüfstand zur Emissionsprüfung befindet oder – unter sonst vergleichbaren Bedingungen – im wirklichen Straßenverkehr bewegt wird. Seine gegenteilige Behauptung hat der Kläger aufgestellt, ohne dass es hierfür irgendwelche tatsächlichen Anhaltspunkte gibt, sie mithin „aus der Luft gegriffen“, was prozessrechtlich nicht zulässig ist (st. Rspr. vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2020 – VIII ZR 57/19 -, Rz. 8 f), juris zu den Anforderungen an den Sachvortrag des Klägers in Fällen wie dem vorliegenden; Musielak/Voit/Stadler, 18. Aufl. 2021, § 138 Rn. 6, sowie – primär auf das Missbrauchsargument abstellend – Stürner, JZ 1985, 185 (186). Beweis über die Behauptung des Klägers ist daher nicht zu erheben.
(1) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Emissionsprüfung – jedenfalls nach dem hier maßgeblichen NEFZ – darauf ausgerichtet ist, das Verhalten des Emissionskontrollsystems gerade während des Motorwarmlaufes zu untersuchen, weil durch die sogenannte Vorkonditionierung dafür gesorgt ist, dass das Prüffahrzeug in allen seinen Teilen, also insbesondere Motor und Kühlflüssigkeit, zu Beginn der Prüfung eine Temperatur zwischen 20 und 30 Grad Celsius aufweist, wobei sich die Außentemperatur während der Dauer der Prüfung weiterhin in diesem Bereich bewegen muss, also ein sog. Kaltstart erfolgen muss und die nur etwa 20 Minuten dauernde Emissionsprüfung deshalb im Wesentlichen einen Motorwarmlauf abbildet. Befindet sich der Motor des Fahrzeuges dagegen bereits zu Beginn eines ansonsten vorschriftsgemäß durchgeführten Prüfzyklus in einem betriebswarmen Zustand (sogenannter Hot Restart), arbeitet das Emissionskontrollsystem unter anderen Bedingungen. In Folge dessen rechtfertigt ein sich hierbei etwa zeigendes abweichendes Emissionsverhalten nicht den Schluss auf das Vorhandensein einer an eine Prüfstandserkennung geknüpften Abschalteinrichtung.
(2) Im Hinblick auf die Funktionen „Ad-Blue-Dosierung“ und „Getriebesteuerung“ (von dem Kläger auch als „Aufwärmstrategie“ bezeichnet) fehlt es an greifbaren Anhaltspunkten für eine unzulässige Abschalteinrichtung schon deshalb, weil nach Vortrag der Beklagten, dem der Kläger nicht entgegengetreten ist, das Fahrzeug weder über einen SCR-Katalysator noch über ein Automatikgetriebe verfügt.
(3) Was die Funktion „Slipguard“ angeht, beruft sich der Kläger lediglich auf nicht näher bezeichnete „US-Ermittler“, die auf die Funktion gestoßen seien und auf „track tests“ der British Vehicle Control Authority, bei denen ein von der Beklagten zu 2 hergestelltes Fahrzeug Modell A 180 CDI, in das ein Motor des Typs OM 607 verbaut sei, bei einer Umgebungstemperatur von 8°C ca. 1.000 mg Stickoxid pro km ausgestoßen habe. Zu den Funktionen „Zeiterkennung“ und „Bit 15“ bringt der Kläger nichts weiter vor als eine abstrakte Beschreibung, der Funktion.
Mit diesem Vortrag führt der Kläger keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür an, das Fahrzeug weise eine oder mehrere Einrichtungen auf, die zu einem unterschiedlichen Verhalten des Emissionskontrollsystems je nachdem führt, ob das Fahrzeug sich auf einem Rollenprüfstand zur Emissionsprüfung befindet oder – unter sonst vergleichbaren Bedingungen – im wirklichen Straßenverkehr bewegt wird. Insbesondere nennt der Kläger keinerlei Hinweise dafür, dass sich die Erkenntnisse der ausländischen Behörden auch auf Modelle wie das streitgegenständliche Fahrzeug und den in ihm verbauten Motor bezogen haben.
(4) Bezüglich der „Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung“ und der „Kühlerjalousie“ behauptet der Kläger, dass diese der Emissionsreduzierung dienenden Funktionen nur aktiviert seien, wenn die Motorsteuerung registriert habe, dass sich das Fahrzeug mindestens 6 Stunden in einem Raum mit einer konstant bleibenden Umgebungstemperatur innerhalb eines bestimmten Temperaturbereiches befunden habe, was in der Wirklichkeit nahezu hie der Fall sei. Träfe das zu, so läge – unter der weiteren Voraussetzung, dass die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte das Eingreifen der Solltemperatur-Absenkung zur Voraussetzung hätte – nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 17. Dezember 2020, – C-693/18 -) eine Abschalteinrichtung vor; zugleich könnte wohl auch angenommen werden, dass eine Täuschung der Typgenehmigungsbehörde gegeben wäre, denn ein mehrstündiges Abstellen des Fahrzeuges in dem für die Konditionierung vorgeschriebenen engen Temperaturkorridor vor dem Motorstart dürfte in der Wirklichkeit eher selten, wenn auch nicht nur ganz ausnahmsweise eintreten; vorstellbar wäre es etwa bei einer Abstellung des Fahrzeuges in einer gleichmäßig temperierten Tiefgarage.
Aber auch für die Behauptung des Klägers, nur unter dieser Voraussetzung komme es zu einer Aktivierung der Solltemperatur-Regelung, gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Der Kläger zeigt solche auch nicht auf. Das von ihm in Bezug genommene Gutachten des Sachverständigen Dr. M2. H. vom 12.11.2020 (Anlage KB 36) bestätigt die Behauptung des Klägers gerade nicht, sondern gelangt zu dem Ergebnis, dass der Prüfzyklus (NEFZ) an der niedrigen Motordrehzahl und dem geringen Luftmassenstrom erkannt werde; dass im wirklichen Fahrzeugbetrieb die Regelung nicht aktiviert werde, liege daran, dass dort stärker beschleunigt werde und daher die zunächst aktivierte Sollwertabsenkung nach 5 Sekunden dauerhaft abgeschaltet werde. Auch die amtliche Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 20.5.2020, auf die sich das Oberlandesgericht Naumburg in der vom Kläger zitierten Entscheidung des 8. Zivilsenats (Urteil vom 18. September 2020, – 8 U 8/20 -) wesentlich stützt, belegt die Behauptung des Klägers nicht, sondern ergibt gerade das Gegenteil. Sie besagt nämlich bei richtigem Verständnis, dass die Sollwertabsenkung (auch) im realen Verkehr grundsätzlich greife, allerdings bei Abweichungen von den „Prüfbedingungen des NEFZ“, die im realen Verkehr zu erwarten seien, „oft“ abgeschaltet werde. Anders ausgedrückt hat das Kraftfahrt-Bundesamt damit bestätigt, dass bei vergleichbaren Bedingungen die Sollwertabsenkung im wirklichen Verkehr nicht anders arbeite als bei der Emissionsprüfung auf dem Rollenprüfstand.
Soweit der Kläger sich zum Beleg seiner Behauptung, das streitgegenständliche Fahrzeug verfüge ähnlich dem bekannten Motor des Volkswagen-Konzerns EA 189 über eine Modusumschaltung, die zu einem unterschiedlichen Verhalten des Emissionskontrollsystems je nachdem führe, ob das Fahrzeug im wirklichen Verkehr bewegt werde oder sich auf einem Rollenprüfstand befinde, auf das bereits erwähnte Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg stützt, folgt ihm der Senat nicht. Zum einen betrifft dieses Urteil ein Fahrzeug der Beklagten, das mit einem Motor der Baureihe OM 651 ausgestattet ist und das von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes gerade wegen der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung betroffen ist. Bereits diese beiden Abweichungen vom Streitfall stehen einer Übertragung der Erwägungen des Oberlandesgerichts Naumburg auf den hier zu beurteilenden Fall entgegen. Zum anderen hält der Senat die vom Oberlandesgericht Naumburg vorgenommene wertungsmäßige Gleichstellung der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung in den Motoren der Beklagten mit der sogenannten „Umschaltlogik“ des bekannten VW-Motors nicht für zutreffend. Das Oberlandesgericht Naumburg hat sich wesentlich auf eine Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes gestützt, wonach die für die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung applizierten Schaltkriterien so gewählt seien, dass wesentliche Rahmenbedingungen des gesetzlichen Prüfverfahrens erkannt werden könnten und die Sollwertabsenkung mit Sicherheit in der gesetzlichen Prüfung Typ 1 im NEFZ aktiv sei, während sie schon bei normalen Abweichungen von den Prüfbedingungen des NEFZ, die im realen Verkehr unter Bedingungen, die beim normalen Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zur erwarten seien, oft abgeschaltet werde. Diese Auskunft bedeutet aber auch, dass im realen Verkehr unter denselben Bedingungen, wie sie im Prüfzyklus herrschen, die Sollwertabsenkung aktiv ist und in Folge dessen sich in dem Zeitraum, in dem diese Regelung wirkt, auch der sich aus der Anwendung erhöhter Abgasrückführungsraten ergebende Emissionsvorteil verwirklicht. Damit wird aber dem Kraftfahrt-Bundesamt als der Typgenehmigungsbehörde gerade nicht ein Verhalten des Emissionskontrollsystems vorgetäuscht, das – unter mit den Prüfumständen vergleichbaren Bedingungen – im wirklichen Verkehr nicht eintritt. Das unterscheidet den Sachverhalt wesentlich von dem bekannten Verhalten des VW-Motors EA 189, weshalb nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 19. Januar 2021, – VI ZR 433/19 -, juris) nicht ohne weiteres ein arglistiges Vorgehen und damit ein objektiv sittenwidriges Handeln des Fahrzeugherstellers angenommen werden kann (vgl. auch OLG Koblenz, Urteil vom 22. März 2021, – 12 U 1263/20 -, juris). Das gälte auch dann, wenn das Eingreifen der Sollwertabsenkung zur Einhaltung der Stickoxidgrenzwerte im Prüfzyklus erforderlich wäre, wovon im Streitfall mangels einer Beanstandung des Kraftfahrt-Bundesamtes nicht ausgegangen werden kann.
c. Zu Recht hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt der temperaturabhängig gesteuerten Abgasrückführung (Thermofenster) verneint.
(1) Zwar ist nicht streitig, dass die in dem streitgegenständlichen Fahrzeug zur Reduktion der Stickoxidemissionen verwendete Technik der Abgasrückführung (AGR) nicht unter allen Betriebsumständen mit gleicher Intensität arbeitet und insbesondere eine Abhängigkeit von der Temperatur der Außenluft besteht. Nicht zweifelhaft ist auch, dass eine derartige Technik, die zur Verringerung der Fahrzeugemissionen bereits die Entstehung solcher Emissionen innermotorisch verringert, ebenso wie eine Einrichtung zu Abgasnachbehandlung – die es im streitgegenständlichen Fahrzeug bezüglich Stickoxid nicht gibt – unter den Begriff „Emissionskontrollsystem“ i.S.d. Art. 3 Nr. 10 der VO (EG) Nr. 715/2007 zu subsumieren ist (so ausdrücklich Urteil des EuGH vom 17. Dezember 2020 – C-693/18 -, juris). Die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs in der genannten Entscheidung legen zudem nahe, dass dieses Gericht eine temperaturabhängige Steuerung der AGR als Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 3 Nr. 10 der VO (EG) Nr. 715/2007 betrachtet, auch wenn dies nicht unmittelbar Gegenstand der Vorlagefragen und damit auch nicht Inhalt der Beantwortung dieser Vorlagefragen war. Angesichts der sehr engen Auslegung der Ausnahmetatbestände des Art. 5 Abs. 2 der genannten Verordnung durch den Europäischen Gerichtshof mag die Abschalteinrichtung in Gestalt der temperaturabhängigen Steuerung der AGR auch als nicht zulässig zu bewerten sein.
(2) Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Selbst wenn unterstellt wird, dass die temperaturabhängige Gestaltung der AGR eine nicht zulässige Abschalteinrichtung darstellt, folgt daraus noch, nicht, dass die Beklagte mit der Verwendung dieser Einrichtung in dem streitgegenständlichen Fahrzeug objektiv sittenwidrig gehandelt hat. Diese Auffassung, die bereits der Entscheidung des Senats vom 19. Juli 2019 – 5 U 1670/18 – zugrunde lag und die inzwischen von zahlreichen Oberlandesgerichten geteilt wird, hat nun auch der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 19. Januar 2021 – VI ZR 433/19 – vertreten. Dabei hat der Bundesgerichtshof entscheidend darauf abgestellt, dass ein sogenanntes Thermofenster nicht zu einem unterschiedlichen Verhalten des Emissionskontrollsystems führt je nachdem, ob das Fahrzeug im Straßenverkehr bewegt wird oder ob es sich zur Emissionsmessung auf einem Rollenprüfstand befindet. Da somit der Genehmigungsbehörde ein vorschriftsmäßiges Emissionsverhalten nicht nur vorgetäuscht wird, das im wirklichen Betrieb unter vergleichbaren Bedingungen nicht stattfindet, wäre nach Auffassung des Bundesgerichtshofs der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber der Beklagten nur gerechtfertigt, wenn zu dem Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt dabei zumindest voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, wobei insoweit der Kläger als Anspruchssteller die Darlegungs- und Beweislast trägt, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt.
Vorliegend hat die Beklagte zu 2 vorgetragen, im Typgenehmigungsverfahren dem Kraftfahrt-Bundesamt die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführungsrate angezeigt zu haben. Dies hat der Kläger zwar bestritten. Aus zahlreichen Parallelverfahren ist dem Senat indes bekannt, dass die Beklagte zu 2 im Typgenehmigungsverfahren einen Beschreibungsbogen für die AGR vorgelegt hat, aus dem sich ergibt, dass als einer der die AGR-Menge steuernden Parameter die „Lufttemperatur nach Ladeluftkühler“ bezeichnet wurde. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 15. März 2021 – 5 U 88/20 – ausgeführt hat, kann ein Vorsatz der Beklagten hinsichtlich der etwaigen Unzulässigkeit der Steuerung der AGR nicht angenommen werden, wenn zumindest die Temperaturabhängigkeit der AGR im Genehmigungsverfahren offen gelegt worden und daraufhin die Typgenehmigung erteilt worden ist (ebenso OLG Koblenz, Urteil vom 22. März 2021, – 12 U 1263/20 -, juris). Auch wenn die Einzelheiten der Steuerung der AGR hinsichtlich des Maßes der Absenkung der AGR-Rate in Abhängigkeit von der jeweiligen Temperatur und die Auswirkungen dieser Absenkung auf die Emissionen nicht im Detail im Genehmigungsverfahren offen gelegt worden sind, kann doch für das Kraftfahrt-Bundesamt nicht zweifelhaft gewesen sein, dass eine Variation der AGR-Rate auf Grund ihrer Temperaturabhängigkeit nicht ohne Auswirkung auf die Stickoxidemissionen bleiben konnte, dient doch die Einrichtung gerade der Verringerung dieser Emissionen. Hat sich das Kraftfahrt-Bundesamt gleichwohl nicht zu einer Nachfrage veranlasst gesehen, kann dies nur bedeuten, dass sich die Behörde durch die – nicht weiter detaillierte – Mitteilung der Temperaturabhängigkeit der AGR-Rate hinreichend unterrichtet gefühlt hat, so dass von einer Verschleierung oder gar Verheimlichung der Funktion des sogenannten Thermofensters nicht gesprochen werden kann (siehe dazu auch BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021, a.a.O.). Im Übrigen ist erneut – wie schon im oben genannten Urteil des Senats vom 15. März 2021 ausgeführt – daraufhin hinzuweisen, dass jedenfalls zum Zeitpunkt der Typgenehmigungserteilung für das streitgegenständliche Fahrzeugmodell die temperaturabhängige AGR von zahlreichen Fahrzeugherstellern eingesetzt wurde und dem Grundsatz nach von den Genehmigungsbehörden auch für zulässig gehalten wurde, zum anderen das Kraftfahrt-Bundesamt eine solche Einrichtung auch heute noch nicht für grundsätzlich unzulässig hält, sondern sogenannte Software-Updates, die eine AGR-Ratenabsenkung bei kälteren Umgebungstemperaturen beinhalten, genehmigt, wenn dabei die gesetzlichen Vorschriften erfüllt werden, also in den Typprüfungen der maßgebliche Grenzwert eingehalten wird (so ausdrücklich Kraftfahrt-Bundesamt, Wirksamkeit von Software-Updates zur Reduzierung von Stickoxiden bei Dieselmotoren, Stand 10.1.2020, Seite 14, abrufbar unter www.kba.de). Ob das Kraftfahrt-Bundesamt die aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Anlass nehmen wird, seine Genehmigungspraxis zu ändern, ist offen, für den Streitfall aber nicht von Bedeutung, da ein mehrere Jahre zurückliegendes Verhalten der Beklagten zu 2 als Fahrzeugherstellerin zu beurteilen ist.
d. Die Funktion der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung rechtfertigt, unterstellt, das Fahrzeug weist sie auf, Ansprüche des Klägers nicht.
Die Funktion arbeitet, wie bereits oben unter oben unter Ziffer 7.b.(4) dargestellt; nicht prüfstandsabhängig. Sie wird aber vom Kraftfahrt-Bundesamt bei einigen Fahrzeugmodellen der Beklagten als nicht zulässige Abschalteinrichtung eingestuft und hat deshalb zu Rückrufen geführt. Aus amtlichen Auskünften des Kraftfahrt-Bundesamtes ergibt sich – wie ausgeführt -, dass wesentlicher Gesichtspunkt bei dieser Beurteilung der Umstand ist, dass die von vomeherein auf den Warmlauf beschränkte Funktion der Sollwert-Absenkung außerhalb der Typprüfbedingungen nicht stets wirksam wird, sondern „oft“ nicht. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist von einer Beanstandung des Kraftfahrt-Bundesamtes aufgrund der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung indes nicht betroffen. Ob dies darauf beruht, dass das Kraftfahrt-Bundesamt dieses Fahrzeugmodell noch nicht näher auf das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung gerade in Form des geregelten Kühlmittelthermostats (diese Bezeichnung verwendet das Kraftfahrt-Bundesamt für die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung) untersucht hat oder ob die Beklagte den erwähnten Nachweis erbracht hat, ergibt der Parteivortrag nicht. Hierauf kommt es auch nicht an. Auch wenn unterstellt wird, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug das geregelte Kühlmittelthermostat in einer Weise Verwendung findet, die nach den bisher vom Kraftfahrt-Bundesamt angewandten Maßstäben eine Wertung als nicht zulässige Abschalteinrichtung zur Folge haben müsste, und diese Einstufung auch – unter Berücksichtigung der Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs in der zitierten Entscheidung – objektiv zutrifft, also ein Verstoß gegen die VO (EG) Nr. 715/2007 vorliegt, fehlt es doch an den nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlichen weiteren Umständen, die erst das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen könnten. Insbesondere hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass die Einrichtung in dem Bewusstsein entwickelt und verwendet worden sei, dass es sich um eine nicht zulässige Abschalteinrichtung handele. Allein der Umstand, dass die Sollwert-Absenkung, deren vorteilhafte Auswirkung auf die Stickoxidemissionen auf den Motorwarmlauf begrenzt ist, bei einem Warmstart des Motors („Hot Restart“) nicht in Funktion tritt, deutet nicht auf ein Bewusstsein von der Unzulässigkeit der Funktion hin. Im Gegenteil liegt die Annahme nahe, insoweit liege schon keine „Abschaltung“ vor, da die Funktion bei einem bereits (annähernd) betriebswarmen Motor keinen oder nur noch einen sehr geringen Nutzen im Hinblick auf die Reduzierung der Emissionen hätte. Eine „Abschalteinrichtung“ setzt aber nach Art. 3 Nr. 10 der VO (EG) Nr. 715/2007 voraus, dass die Abschaltung zu einer Verringerung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems führt. Dafür, dass die Funktion auch bei einem Kaltstart außerhalb der Bedingungen, wie sie für den Prüfzyklus gelten, nicht immer – oder auch „oft nicht“ – aktiviert wird, gibt es – möglicherweise gute – technische Gründe; diese Gründe mögen, wenn die Nichtaktivierung unter solchen Bedingungen als „Abschaltung“ gewertet wird, vor der VO (EG) Nr. 715/2007 in der vom Europäischen Gerichtshof anscheinend befürworteten engen Auslegung nicht bestehen können, jedoch gilt nicht anders als für das Thermofenster der Abgasrückführung, dass dies für die Beklagte zum Zeitpunkt der Beantragung und Erteilung der Typgenehmigung nicht vorhersehbar war. Die wesentliche Wirkung der Sollwert-Absenkung beruht darauf, dass in Folge der Verzögerung der Motorerwärmung für eine entsprechend längere Zeit höhere Abgasrückführungsraten zur Anwendung gelangen können als bei einem betriebswarmen Motor. Damit stellt die Sollwert-Absenkung im Ergebnis nichts anderes dar als eine Form der Variabilität der Abgasrückführungsrate, wie sie in Abhängigkeit von anderen Parametern auch durch die Thermofenster-Gestaltung herbeigeführt wird. Sie ist daher auch unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Vorsatzes der Beklagten in Bezug auf eine etwaige Unzulässigkeit nicht anders zu behandeln. Eine nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs möglicherweise vorsatzrelevante Verschleierung oder Verheimlichung der Funktion kann insoweit schon deshalb nicht festgestellt werden, weil erst seit dem Jahr 2016 detaillierte Beschreibungen der verschiedenen Emissionsverringerungsstrategien im Typgenehmigungsverfahren gefordert werden und die Beklagte bei der Beantragung der hier maßgeblichen Typgenehmigung deshalb zu einer genauen Beschreibung nicht verpflichtet war. Davon, dass eine – technisch begründbare – Veränderung der AGR-Rate in Abhängigkeit von gewissen Parametern nicht per se eine unzulässige Gestaltung darstelle, konnte die Beklagte – damals – aufgrund der Genehmigungspraxis im Hinblick auf das Thermofenster ohnehin ausgehen. Dass sich aus der Verwendung des geregelten Kühlmittelthermostats eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nicht ableiten lässt, ist im Übrigen auch die Auffassung des Oberlandesgerichts Naumburg – 5. Zivilsenat -, Urteil vom 2. Dezember 2020 – 5 U 92/20 – sowie des Kammergerichts Urteil vom 22. Dezember 2020 – 21 U 1032/20 -.
e. Da im Streitfall das Fahrzeug nicht von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes wegen Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung betroffen ist, muss der Senat auch die von der Beklagten zu Recht angeführte Tatbestandswirkung der Typgenehmigung beachten. Die EG-Typgenehmigung stellt einen Verwaltungsakt gegenüber dem Fahrzeughersteller dar, mit dem diesem bestätigt wird, dass der zur Prüfung vorgestellte Typ eines Fahrzeuges die einschlägigen Vorschriften und technischen Anforderungen erfüllt (§ 2 Nr. 4 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung). Da zu diesen Vorschriften auch Art. 5 der VO (EG) Nr. 715/2007 gerechnet werden muss, umfasst die Bestätigung der Vorschriftsmäßigkeit auch die Feststellung der Vorschriftsmäßigkeit im Hinblick auf die Emissionen. Hat aber die zuständige Behörde in einem – wie hier – bestandskräftigen Verwaltungsakt dem Hersteller bescheinigt, dass das betreffende Fahrzeugmodell den Anforderungen entspricht, so sind die Zivilgerichte aufgrund der Tatbestandswirkung dieses Verwaltungsaktes gehindert, etwas anderes anzunehmen. Mit der Tatbestandswirkung der hier auch nicht nachträglich – durch Nebenbestimmungen – eingeschränkten Typgenehmigung wäre nicht zu vereinbaren, wenn der Senat annähme, die Beklagte habe dem Kläger gegenüber mit dem Inverkehrbringen eines Fahrzeuges, das einem genehmigten Typ entspricht, gegen die guten Sitten verstoßen, weil das Fahrzeug mit einer nicht zulässigen Abschalteinrichtung versehen sei, die der Erteilung der Genehmigung entgegengestanden hätte (so auch OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 7. August 2019, – 7 U 626/19 -; OLG Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 27. Dezember 2020, – 5 U 295/19 -; KG, Urteil vom 18. Februar 2020, 14 U 74/19; Urteile des Senats vom 15. März 2021, – 5 U 88/20 – und vom 26. April 2021 – 5 U 1701/20 -). Deshalb verbietet sich auch eine Beweiserhebung, die zum Ziel hätte, festzustellen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist.
8. Da der Senat nicht feststellen kann, dass die Beklagte zu 2 den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat, kann dahinstehen, ob der Kläger zu dem ihm entstandenen Vertrauensschaden schlüssig vorgetragen hat, wenn den Unterschiedsbetrag von Kaufpreis und Verkaufserlös des Wiederverkaufs als Schaden geltend macht.
C.
Eine Aussetzung der Verhandlung bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das von dem Kläger in Bezug genommene Ersuchen um Vorabentscheidung des Landgerichts Stuttgart in dem dortigen Verfahren 3 O 236/20 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil für die Entscheidung des Rechtsstreits die Auslegung von Unionsrecht nicht erheblich ist.
D.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.
E.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs inzwischen geklärt. Im Übrigen weicht der Senat nicht von der Rechtsprechung anderer Obergerichte ab. Eine Divergenz besteht auch nicht zu der Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 18.9.2020, – 8 U 8/20 -, da das Oberlandesgericht Naumburg über einen anders gelagerten Sachverhalt zu entscheiden hatte, weil das dort streitgegenständliche Kraftfahrzeug von einem amtlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes betroffen war.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben