Europarecht

Verlustfeststellung des Rechts auf Einreise und Aufenthalt wegen einer Vielzahl von Straftaten

Aktenzeichen  M 25 K 15.2334

Datum:
20.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 130325
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FreizügG/EU § 6
FreizügG/EU § 7

 

Leitsatz

1 Die notorische Begehung von Straftaten kann eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft begründen. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
2 Nicht nur aus besonders schwerwiegenden Einzelstraftaten, sondern auch aus einer Vielzahl von begangenen Straftaten kann sich eine besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses ergeben, das geeignet ist, die Ruhe und Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Über die Klage konnte entschieden werden, obwohl für die Klagepartei niemand erschienen ist. Denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers wurde form- und fristgerecht am … März 2016 geladen und darauf hingewiesen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beendigung des Mandatsverhältnisses wurde nicht nachgewiesen.
2. Die Klage ist unzulässig.
Der Kläger hat die Klagefrist versäumt (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Wiedereinsetzungsgründe in die Klagefrist sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Der Bescheid wurde dem Kläger am … Mai 2015 zugestellt, die Klagefrist endete somit am Freitag, den … Juni 2015. Der Klageschriftsatz vom … Juni 2015 ging jedoch erst am Montag, den … Juni 2015 per Fax bei Gericht ein. Damit ist die Klagefrist nicht gewahrt und die Klage unzulässig.
3. Die Klage wäre darüber hinaus auch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
3.1. Die Beklagte ist trotz des Umzugs des Klägers nach Klageerhebung passiv legitimiert.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU verfügten Verlustfeststellung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.2007 – 1C 45/06 – juris Rn. 12).
Die nunmehr zuständige Behörde (§ 71 Abs. 1 AufenthG, § 1a Abs. 1 Satz 1 Verordnung über die Zuständigkeiten der Ausländerbehörden und zur Durchführung des Aufenthaltsgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes des Landes Hessen – AAZustV – vom 18.12.2012, vgl. BVerwG, U.v. 28.6.2011 – 1 C 18.10 – juris Ls) hat der Fortführung des Verwaltungsverfahrens durch die bisher zuständige Behörde (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Verordnung über die Zuständigkeiten zur Ausführung des Aufenthaltsgesetzes und ausländerrechtlicher Bestimmungen in anderen Gesetzen des Freistaats Bayern – ZustVAuslR – vom 14.7.2015) zugestimmt (§ 3 Abs. 3 VwVfG). Deshalb kann die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen und ihre Rechtsträgerin ist somit die richtige Beklagte.
3.2. Die Feststellung, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§ 113 Abs. 1 Satz 1, 114 VwGO).
3.2.1. Die Verlustfeststellung ist formell rechtmäßig, insbesondere wurde der Kläger von der Beklagten zu der beabsichtigten Verlustfeststellung angehört (§ 6 Abs. 8 Satz 1 FreizügG/EU, Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG).
3.2.2. Die Feststellung, dass der Kläger sein ihm nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU als freizügigkeitsberechtigtem Unionsbürger zustehendes Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren hat, ist auch materiell rechtmäßig.
Das Gericht geht hierbei zu Gunsten des Klägers davon aus, dass der Kläger freizügigkeitsberechtigt gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU war, obwohl sich der Ausländerakte kein Hinweis auf eine selbstständige oder abhängige Erwerbstätigkeit entnehmen lässt, der Kläger mehrfach Leistungen nach SGB II zumindest beantragt hat und er im Rahmen einer Festnahme gegenüber der Polizeiinspektion München am … Dezember 2012 angegeben hatte, dass er teils in Rumänien, teils in Ungarn und teils in Deutschland lebe und einer Arbeit momentan nicht nachgehe.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 unbeschadet des § 2 Abs. 7 und des § 5 Abs. 4 nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit (Art. 45 Abs. 3, Art. 52 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV) festgestellt und die Bescheinigung über das Daueraufenthaltsrecht oder die Aufenthaltskarte oder Daueraufenthaltskarte eingezogen werden. Die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung genügt für sich allein nicht, um die in Abs. 1 genannten Entscheidungen oder Maßnahmen zu begründen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU). Es dürfen nur im Bundeszentralregister noch nicht getilgte strafrechtliche Verurteilungen und diese nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt (§ 6 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU). Es muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (§ 6 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU). Das Erfordernis einer gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Ordnung verlangt eine hinreichende – unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit nach dem Ausmaß des möglichen Schadens und dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts differenzierte – Wahrscheinlichkeit, dass der Ausländer künftig die öffentliche Ordnung im Sinne des Art. 45 Abs. 3 AEUV beeinträchtigen wird (BVerwG, U.v. 3.8.2004 – 1 C 30/02 – juris Rn. 26). Bei Verletzung hochrangiger Rechtsgüter sind deshalb an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 1 C 19/11 – juris Rn. 16). Bei der Entscheidung nach Abs. 1 sind insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 3 FreizügG/EU).
3.2.3. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
3.2.3.1. Das persönliche Verhalten des Klägers stellt eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr dar.
Diese Feststellung bedeutet im Allgemeinen, dass eine Neigung des Betroffenen bestehen muss, das Verhalten in Zukunft beizubehalten (BayVGH, B.v. 10.12.2014 – 19 ZB 13.2013 – juris Rn. 7 unter Verweis auf EuGH, U.v. 22.5.2012 – C – 348/09 Rn. 33, 34 – juris). Bei der insoweit erforderlichen individuellen Beurteilung des Einzelfalls sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BayVGH, B.v. 10.12.2014, a.a.O., juris Rn. 13 m.V.a. BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 1C 19/11 –, U. V. 4.10.2012 – 1C 13/11 –, jeweils juris). Umgekehrt sind an die Wahrscheinlichkeit höhere Anforderungen zu stellen, je geringer der möglicherweise eintretende Schaden ist.
Das Gericht hegt keinen Zweifel daran, dass der Kläger sein kriminelles Verhalten auch in Zukunft fortsetzen wird. Dies ergibt sich bereits aus seiner kriminellen Vorgeschichte mit Verurteilungen seit Juli 1991. Zum anderen hat der Kläger nach seiner Wiedereinreise im Sommer 2011 bis zum Erlass des Bescheids im Mai 2015 bereits wieder vier Straftaten verübt, die zu strafrechtlichen Sanktionen geführt haben. In diesem knapp vierjährigen Zeitraum hat sich der Kläger deshalb auch ca. zwei Jahre und vier Monate in Haft befunden.
Das Amtsgericht München führt bereits im Urteil vom … Oktober 2013 aus, dass beim Kläger die Gefahr einer jederzeitigen Wiederholung bestehe, die Taten in offener Bewährung begangen wurden und dem Kläger eine günstige Sozialprognose nicht gestellt werden könne.
Bei den vier jüngsten Straftaten des Klägers handelt es sich um Delikte, die gegen die körperliche Unversehrtheit gerichtet sind (vorsätzliche und versuchte Körperverletzung), gegen die Freiheit der Willensbetätigung (Freiheitsberaubung und Nötigung) und gegen das Vermögen bzw. Eigentum (versuchter Betrug und Sachbeschädigung). Die gegen die körperliche Unversehrtheit gerichteten Delikte machen deutlich, dass die Hemmschwelle des Klägers, seinen Willen notfalls mithilfe von körperlicher Gewalt, durchzusetzen, gering ist. Auch die Vermögensdelikte belegen, dass der Kläger die Einsamkeit und Leichtgläubigkeit seines Opfers in besonders verwerflicher Weise ausgenutzt hat. Der Umstand, dass der Kläger Delikte gegen viele verschiedene geschützte Rechtsgüter begeht, belegt zur Überzeugung des Gerichts, dass er keinesfalls gewillt ist, die bestehende Rechtsordnung zu beachten. Weder eine offene Bewährung noch frühere Inhaftierungen oder seine Ausweisung und Abschiebung haben den Kläger bislang zu einer Änderung seines Verhaltens zum Positiven veranlasst. Beim Kläger liegen nach Auffassung des Gerichts offensichtlich erhebliche charakterliche Mängel vor. Es ist offensichtlich, dass er der geltenden Rechtsordnung im Bundesgebiet keinerlei Bedeutung beimisst. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger in Zukunft davon ablassen wird, Straftaten gegen verschiedene Rechtsgüter zu begehen.
Die noch nicht aus dem Bundeszentralregister getilgten strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers und die ihnen zugrunde liegenden Umstände lassen somit ein persönliches Verhalten erkennen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt.
Zudem täuscht der Kläger nach Auffassung des Gerichts laufend über seine Identität und dokumentiert damit seinen fehlenden Willen, die hiesige Rechtsordnung zu respektieren. Das vom Kläger derzeit angegebene Geburtsdatum ist zur Überzeugung des Gerichts falsch. Sollte nämlich dieses Geburtsdatum zutreffen, wäre der Kläger bereits als Zehnjähriger an einem deutschen Strafgericht zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden und hätte als Zwölfjähriger bereits Strafvollstreckung erlitten. Darüber hinaus setzt sich auch der Ausweisungsbescheid aus dem Jahr 1994 mit der Geltendmachung von Ausweisungsschutz für Heranwachsende gemäß § 48 Abs. 2 AuslG im Hinblick auf das damals im Rahmen der Anhörung vom Kläger behauptete Geburtsjahr 1974 auseinander und verweist darauf, dass der Kläger sein Geburtsjahr von Beginn seines Aufenthalts an immer mit 1970 angegeben habe. Auch die Bescheinigung der rumänischen Botschaft über seine Ausbürgerung benenne als Geburtsjahr 1970. Sollte das nunmehr angegebene Geburtsdatum zutreffen, wäre der Kläger im Alter zwischen zwölf und 20 Jahren fünf Mal Vater geworden und als Zwölfjähriger in der Bundesrepublik Deutschland bereits rituell verheiratet gewesen. Deshalb steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das vom Kläger nunmehr angegebene Geburtsdatum unzutreffend ist. Im Laufe seines Aufenthalts hat der Kläger zudem unterschiedliche Aliasnamen gebraucht.
3.2.3.2. Die vom Kläger begangenen Straftaten sind auch als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet sind, die Ruhe und die Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2014 – 19 ZB 13.2013 – juris Rn. 9).
Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Straftaten des Klägers seien nicht so gravierend. Denn es handelt sich nicht etwa um kleinere Straftaten oder gar Bagatelldelikte, die nicht geeignet wären, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2015 –10 ZB 13.2665 – juris Rn. 7). Darüber hinaus sieht das Gericht auch durch die notorische Begehung von Straftaten eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft begründet.
Ausweislich der Auskunft aus dem Zentralregister des Bundesamts für Justiz vom … März 2015 wurde der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland in der Vergangenheit strafrechtlich seit Juli 1991, wobei er sich von November 2004 bis ca. August 2011 nicht im Bundesgebiet befand, wegen folgender Delikte belangt: Diebstahl geringwertiger Sachen und Beförderungserschleichung in drei Fällen, Verstoß gegen die Abgabenordnung in Tateinheit mit Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz, Diebstahl, Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Fahren ohne Fahrerlaubnis (neunmal), Beleidigung (zweimal), Nötigung, versuchte Nötigung, gemeinschaftliche Sachbeschädigung, Sachbeschädigung, vorsätzliche Körperverletzung (zweimal), versuchte Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen, falsche Verdächtigung, Freiheitsberaubung (zweimal) und versuchter Betrug. Dass der Kläger – soweit ersichtlich – nicht zum Kreis der Schwerkriminellen gehört, spielt keine Rolle. Denn die Verlustfeststellung ist vorliegend nicht an den Maßstäben von § 6 Abs. 4 oder Abs. 5 FreizügG/EU zu messen.
Der Kläger wurde auch vielfach zu Freiheitsstrafen verurteilt, die er auch teilweise verbüßt hat.
Nicht nur aus besonders schwerwiegenden Einzelstraftaten, sondern auch aus einer Vielzahl von begangenen Straftaten kann sich nach Auffassung des Gerichts eine besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses ergeben, das geeignet ist, die Ruhe und Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen.
Vorliegend handelt es sich um einen Straftäter, der sich mehrerer Körperverletzungsdelikte, Freiheitsberaubungen, einer Nötigung und einer versuchten Nötigung schuldig gemacht hat. Hierbei handelt es sich um Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Freiheit. Insbesondere aus dem Umstand, dass der Kläger offensichtlich durch keine strafrechtliche Sanktion zu einer Änderung seines Verhaltens zu bewegen ist, ergibt sich, dass er durch seine Bereitschaft, Straftaten zu begehen, die weder vereinzelt sind noch als Bagatellstraftaten zu betrachten sind, eine besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses darstellt. Vom Kläger geht nach Auffassung des Gerichts jederzeit die hohe konkrete Gefahr einer Rechtsgutbeeinträchtigung, insbesondere im Hinblick auf körperliche Unversehrtheit, freie Willensbetätigung und Vermögen, aus. Ins Gewicht fällt auch, dass der Kläger sich zuletzt auch im Bereich der Vermögensdelikte die Leichtgläubigkeit und Einsamkeit seines Opfers durch versuchten Betrug zu Nutze machen wollte. Auch hierin liegt eine besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses, das geeignet ist, die Ruhe und Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen.
Die Voraussetzungen für die Feststellung, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren hat, sind zur Überzeugung des Gerichts erfüllt.
3.2.4. Die Beklagte hat auch das ihr zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
Das Gericht kann die Ermessensentscheidung gemäß § 114 Satz 1 VwGO lediglich daraufhin überprüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ergangen ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Gemessen an diesen Vorgaben ist die Entscheidung der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Beklagte hat erkannt, dass sie eine Ermessensentscheidung zu treffen hat. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. In dem streitgegenständlichen Bescheid hat die Beklagte alle für den Kläger maßgeblichen Umstände berücksichtigt und in nicht zu beanstandender Weise gewürdigt. Sie hat sich auch insbesondere mit den Schutzgütern von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK auseinandergesetzt und die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU aufgeführten Positionen zutreffend gewürdigt.
Da die Entscheidung auch nicht unverhältnismäßig ist, ist die im streitgegenständlichen Bescheid verfügte Feststellung, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hat, rechtmäßig.
3.3. Die Befristung der Sperre zur Wiedereinreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet für die Dauer von fünf Jahren ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Wirkungen der Verlustfeststellung von Amts wegen befristet werden (§ 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU). Die Frist ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzusetzen und darf fünf Jahre nur in den Fällen des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU überschreiten (§ 7 Abs. 2 Satz 6 FreizügG/EU).
Die Beklagte hat bei der Festsetzung der Frist die wiederholte Straffälligkeit des Klägers und die Wiederholungsgefahr im Hinblick auf seinen Werdegang und eine bereits erfolgte Ausweisung berücksichtigt. Im Hinblick auf die vom Kläger begangenen Taten und insbesondere seinen Werdegang sowie die mit der Befristung angestrebte Gefahrenabwehr begegnet die Untersagung der Wiedereinreise und des Aufenthalts im Bundesgebiet für fünf Jahre nach Auffassung des Gerichts keinen rechtlichen Bedenken.
3.4. Die in Nr. 3 verfügte Ausreisepflicht des Klägers ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Ausreisefrist entspricht den Anforderungen des § 7 Abs. 1 Satz 3, Satz 4 FreizügG/EU.
4. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.


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