Handels- und Gesellschaftsrecht

Anspruch auf Ersatz der Vorprozesskosten im Rahmen Schuldnerverzuges

Aktenzeichen  1 U 60/16

Datum:
16.6.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 134851
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 284 Abs. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

1 HKO 2216/15 2016-03-17 Endurteil LGWUERZBURG LG Würzburg

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 17.03.2016, Az. 1 HKO 2216/15, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 16.951,23 € festzusetzen.
2. Hierzu erhält die Beklagte Gelegenheit zur Stellungnahme bis 7.7.2016.

Gründe

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 17.03.2016 offensichtlich im Sinne des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO die Erfolgsaussicht fehlt und auch die weiteren Voraussetzungen für die Entscheidung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO vorliegen. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 522 Abs. 2 S. 3 ZPO weist der Senat die Beklagte auf die beabsichtigte Entscheidung hin und gibt zugleich Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu ebenso wie zur vorgesehenen Festsetzung des Berufungsstreitwerts.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Das angefochtene Endurteil des Landgerichts Würzburg erweist sich nach Überprüfung durch den Senat anhand des Berufungsvorbringens im Ergebnis wie in der Begründung als zutreffend. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird vorab vollumfänglich auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils verwiesen. Mit Blick auf die Berufungsangriffe sind folgende ergänzende Ausführungen veranlasst:
Die Klägerin kann die Vorprozeßkosten unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzuges (§§ 284,HYPERLINK  als Schaden ersetzt verlangen.
Die Beklagte ist mit Anwaltsschreiben der H. vom 15.05.2013 unter Fristsetzung bis zum 24.05.2013 wegen ihrer Schadensersatzpflicht gemahnt worden (vgl. Anl. BLD 2). In der Mahnung war die Beklagte unter Hinweis auf die Inanspruchnahme durch den Versicherer des Absenders wegen eines eingetretenen Schadens von 22.125,82 € ausdrücklich aufgefordert worden, sie von sämtlichen Forderungen aus dem Schadensereignis freizustellen. Darin ist eine den Verzug begründende Mahnung i.S. des § 284 Abs. 1 BGB zu sehen.
b) Der Ersatzanspruch der Klägerin läßt sich auch nicht mit der Erwägung verneinen, die Vorprozeßkosten des H. stünden mit dem Handeln des Regreßschuldners nicht in Kausalzusammenhang, sondern seien durch die Nichtbefriedigung berechtigter Ansprüche des Absenders gegen den H. verursacht worden, wofür der U. keine Verantwortung trage. Es kann regelmäßig davon ausgegangen werden, daß ein H. seinen Ersatzgläubiger entschädigt und einen Vorprozeß vermeidet, wenn sein U. rechtzeitig an ihn zahlt oder einen Regreßanspruch jedenfalls anerkennt (vgl. BGH, Az I ZR 80/98). So liegt der Fall auch hier.
Die H. hatte alles getan, was erforderlich war, um eine rechtzeitige Freistellung von ihrer Haftung zu ermöglichen; Anhaltspunkte für ein Mitverschulden sind nicht ersichtlich, zumal die Haftpflichtversicherung der Beklagten den anwaltlichen Vertretern der H. mit Schreiben vom 16.5.2013 (BLD 4) unter Bezugnahme auf ein anliegendes Gutachten mitgeteilt hat, dass die Forderungen unbegründet seien. Ob Verjährung des Regressanspruchs gegen den U. drohte, ist unerheblich. Maßgebend allein ist, dass die H. im Vorprozess über das notwendige Feststellungsinteresse verfügte. Unter diesen Umständen lag es in der Hand der Beklagten, ob sie die H. rechtzeitig aus ihrer Haftpflichtverbindlichkeit befreite oder es auf den Vorprozeß ankommen ließ, in dem die Beklagte auf seiten ihrer Gläubigerin beigetreten ist.
Danach ist die Kostenlast aus dem verlorenen Vorprozeß hier nicht mehr nur Folge eines unabhängigen Entschlusses der H. zur eigenen Rechtwahrung gegenüber dem Absender bzw. dessen Rechtsnachfolger, sondern eine der Beklagten uneingeschränkt zurechenbare Folge ihres Verzuges mit ihrer Schadensersatzpflicht gegenüber der H.
c) Auch die weiteren Anspruchsvoraussetzungen sind gegeben. Die Beklagte hat nicht dargetan, daß sie den Verzug nicht zu vertreten hat. Die mit der Klage als Verzugsschaden geforderten Kosten der H. aus dem Vorprozeß, die gegen sie festgesetzten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten sowie die Aufwendungen für den eigenen Prozeßbevollmächtigten, sind von der Beklagten nicht bestritten worden. Das Landgericht hat der Klägerin demnach diese Beträge sowie die Zinsen darauf zu Recht zugesprochen.
II.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revison (vgl. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO) liegen nicht vor. Der Streitfall ist geprägt durch die ihm eigenen Besonderheiten im Tatsachenbereich und hat keinerlei rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (vgl. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO). Anhaltspunkte dafür, dass in einer solchen neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden könnten, die zu einer anderen Beurteilung führten, bestehen nicht.
Der Senat regt daher an, zur Vermeidung von Kosten die aussichtslose Berufung innerhalb offener Stellungnahmefrist zurückzunehmen und weist in diesem Zusammenhang auf die in Betracht kommende Gerichtsgebührenermäßigung (KV Nrn. 1220, 1222) hin.
III.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Anwendung von § 47 Abs. 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG zu bestimmen sein.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben