Handels- und Gesellschaftsrecht

Fehlende Angabe einer Lebensversicherung in Versorgungsausgleichsvordruck

Aktenzeichen  002 F 784/16

Datum:
11.7.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 154480
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Landsberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG §§ 217 ff.
BGB § 823 Abs. 2
StGB § 263

 

Leitsatz

Die fehlende Angabe einer privaten Lebensversicherung im amtlichen Vordruck für den Versorgungsausgleich und das daraus folgende Außerachtlassen dieser Versorgung bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs begründen keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Betrugs, wenn Versicherungsnummer, aufgewendeter Betrag und monatlichen Rente dem Gericht in einem Schriftsatz mitgeteilt wurden. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten.

Gründe

2.1. Das Amtsgericht -Familiengericht – Landsberg am Lech ist örtlich und sachlich zuständig gemäß §§ 23, 23 a GVG, 111 Nr. 10, 266 I Nr. 3, 267 II FamFG.
2.2. Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
2.2.1. Ein Schadenersatzanspruch aus §§ 823 II BGB, 263 StGB besteht nicht. Es mangelt in dieser Hinsicht an einem vorsätzlichen Handeln des Antragsgegners.
Prozessbetrug wird dadurch begangen, dass ein Richter oder ein anderes Rechtspflegeorgan, zB der Gerichtsvollzieher (Düsseldorf NJW 94, 3366; vgl. näher zum Prozessbetrug im Zwangsvollstreckungsverfahren Wagemann GA 07, 146), durch falsche Behauptungen zu einer das Vermögen des Prozessgegners schädigenden Entscheidung veranlasst wird (Perron Schönke/Schröder Strafgesetzbuch, 29. Auflage 2014 Rn. 69; vgl. Krell JR 12, 102, Kretschmer GA 04, 458 ff., Seier ZStW 102, 563 sowie eingehend Jänicke aaO 471 ff., 556 ff.). Täuschung kann nach dem Gesetzeswortlaut sein das Vortäuschen von Tatsachen, das Entstellen oder Unterdrücken wahrer Tatsachen. Hiernach ist die Täuschung jedes Verhalten mit Erklärungswert, das objektiv irreführt oder einen Irrtum unterhält und damit auf die Vorstellung eines anderen einwirkt (Fischer Rn. 14; Lackner/Kühl Rn. 6; Pawlik StV 2003, 297 ff.). Die Täuschung kann ausdrücklich (verbal, gestisch oder schriftlich), konkludent oder durch Unterlassen erfolgen (aaO).
Betrug ist eine Vorsatztat. Bedingter Vorsatz genügt, fahrlässiges Handeln genügt nicht.
2.2.1.1. Eine Täuschung kann objektiv bejaht werden.
Der Antragsgegner hatte in dem Fragebogen zum Versorgungsausgleich die entscheidende Frage Nummer 5 weder mit ja noch mit nein beantwortet. Es trifft zu, dass eine Täuschung auch durch Unterlassung begangen werden kann. Es wäre nicht erforderlich, dass der Antragsgegner verneint. Der objektive Bedeutungsgehalt der Nichtantwort auf die Frage Nummer 5 des VA-Fragebogens ist, dass keine private Rentenversicherung besteht. Das ist es, was objektiv gegenüber dem Gericht (und der Antragstellerin) behauptet wurde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch die Antragstellerin in ihrem Fragebogen zum Versorgungsausgleich die Frage 5 weder mit ja, noch mit nein beantwortete. Die Behauptung des Antragsgegners, er habe den Fragebogen zwar unterschrieben und auf einer Ausfertigung auch seine persönlichen Daten eingetragen, aber ansonsten den Fragebogen nicht ausgefüllt (was anhand des deutlich anderen Schriftbildes in Ziffern 1, 4 und Versicherung am Ende des Formblatts zu sehen ist), gewinnt in diesem Zusammenhang ein gewisses Maß an Plausibilität. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Fragebögen V010 in der Firma C R GmbH ausgefüllt wurden und dem Antragsgegner dann zur Unterschrift vorgelegt wurden. Näher muss dies nicht aufgeklärt werden.
2.2.1.2. Die Behauptung, dass keine private Lebensversicherung bestünde, erfolgte zur Überzeugung des Gerichts nämlich nicht vorsätzlich.
Dagegen spricht eindeutig, dass die in Frage stehende Lebensversicherung mit Schreiben der anwaltlichen Vertreter des Antragsgegners vom 20.10.2014 unter Angabe der Versicherungsnummer, des aufgewendeten Betrages und der monatlichen Rente mitgeteilt wurde. Hätte der Antragsgegner beabsichtigt, diese Versicherung zu verschweigen, hätte diese Stellungnahme nicht erfolgen dürfen. Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin haben dieses Schreiben erhalten, was dadurch bewiesen ist, dass sie an den Rand des Schreibens an fraglicher Stelle vermerkt haben „außen vor“.
Weiter ergibt sich aus dem Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 10.10.2014, dass eindeutige Kenntnis der Auszahlung von 81.767,28 € auf Seiten der Antragstellerin vorhanden war, denn in diesem Schreiben wird gerade Auskunft zu dem Auszahlungsbetrag erbeten.
Eine Offenlegung der bestehenden Versicherung gegenüber der Antragstellerin hätte bei normalem Ablauf zu einem Vortrag dieser Versicherung durch die Antragstellerin auch im VA-Verfahren, führen müssen. Aus dem Ganzen ist zu entnehmen, dass der Antragsgegner undolos, ohne böse Absicht die Versicherung im Fragebogen nicht angab und auch sonst nicht vor Gericht erwähnte. Alle Beteiligten, auch die Anwälte, kannten die Versicherung, hielten sie aber offenbar nicht für relevant im VA-Verfahren. Im Termin vom 16.12.2014 waren die Auskünfte und die sich daraus ergebende Ausgleichsberechnung (ohne die fragliche Lebensversicherung) erläutert worden. Einwände wurden von keiner Seite erhoben.
Man müsste, um zu einem Vorsatz des Antragsgegners zu kommen, annehmen, dass er entgegen der einhelligen Einschätzung der Anwälte wusste, dass die Versicherung in den VA fällt. Es wäre weiter anzunehmen, dass er voraussah, dass die außergerichtliche Nennung der Versicherung entgegen dem normalen Verlauf (Mitteilung der Versicherung an das Gericht, Nachforschungen des Gerichts beim Versicherer) unterbleiben würden und ihm so die Rente ungeschmälert verbleiben würde. Solche Winkelzüge sind dem Antragsgegner aber mit Sicherheit nicht zuzutrauen.
2.2.2. Ansprüche der Antragstellerin aus dem geschilderten Sachverhalt auf Grund anderer rechtlicher Grundlagen sind nicht ersichtlich.
3. Die Kostenfolge ergibt sich aus der Entscheidung in der Sache.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben