Handels- und Gesellschaftsrecht

Kostenentscheidung bei Erledigung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruch

Aktenzeichen  101 Sch 126/20

Datum:
16.12.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 35391
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 91a, § 93, § 794 Abs. 1 Nr. 4a, § 1064

 

Leitsatz

1. Stellt die aus dem inländischen Schiedsspruch berechtigte Partei verfrüht einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung und wird das Verfahren infolge der Erfüllung übereinstimmend für erledigt erklärt, ist im Rahmen der Kostenentscheidung auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO bei der Ermessensausübung einzustellen. (Rn. 31)
2. Obwohl ein berechtigtes Interesse daran, den gesamten Schiedsspruch für vollstreckbar erklären zu lassen, auch dann besteht, wenn Ratenzahlungen auf die ausgeurteilte Forderung zu erbringen sind und die Fälligkeit dadurch in die Zukunft verschoben ist, kann eine verfrühte Antragstellung in Betracht kommen. (Rn. 31 – 33)

Tenor

I. Der in dem Schiedsverfahren zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin von der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) zu DIS-SV-2019- 00273 durch das Schiedsgericht, bestehend aus dem Vorsitzenden Prof. Dr. H. G. sowie den beisitzenden Schiedsrichtern Prof. Dr. St. L. und Dr. M. Z., am 7. September 2020 am Schiedsort München erlassene Schiedsspruch mit folgendem vereinbartem Wortlaut:
I. Die Schiedsbeklagte verpflichtet sich zur Bezahlung von insgesamt € 1,06 Mio.
1. Soweit von der Schiedsbeklagten an die Schiedsklägerin
– bis spätestens 30.09.2020 (Wertstellung) € 130.000,00,
– bis spätestens 31.03.2021 (Wertstellung) weitere € 250.000,00, und
– bis spätestens 30.09.2021 (Wertstellung) € 550.000,00 bezahlt werden, verzichtet die Schiedsklägerin gegenüber der dies annehmenden Schiedsbeklagten auf den darüber hinausgehenden Betrag.
Sollte die Schiedsbeklagte eine der vorgenannten Raten nicht fristgerecht bezahlen, wird der gesamte Betrag in Höhe von € 1,06 Mio. fällig.
2. Die Forderung ist ab dem 01.10.2019 mit 5% p.a. zu verzinsen. Die Zinsen sind für den jeweils ausstehenden Betrag zu den unter Ziff. 1. genannten Zeitpunkten zu bezahlen.
3. Die Schiedsbeklagte verpflichtet sich, sich gegenüber der in der Ziffer I. titulierten Forderung nicht auf die im Schiedsverfahren erklärte Hilfsaufrechnung mit abgetretenen Schadensersatzansprüchen der P. USA Indiana LLC, Terre Haute, Indiana, USA, gegen die Klägerin zu berufen oder andere materielle oder prozessuale Einwendungen gegen die Durchsetzung/Vollstreckung der Forderung geltend zu machen.
II. Dieser Vergleich berührt – mit Ausnahme der Regelung oben in Ziff. I. 3. – die im Wege der Hilfsaufrechnung im Schiedsverfahren eingebrachte, an die Schiedsbeklagte abgetretene Forderung nicht.
III. Die Kosten des Schiedsverfahrens belaufen sich auf € 72.329,78 (€ 10.537,06 zzgl. 19% USt. = € 12.539,10 Bearbeitungsgebühr der DIS, Honorare der Beisitzer i.H.v. jeweils € 15.619,30 und des Vorsitzenden i.H.v. € 20.305,09 jeweils zzgl. USt i.H.v. 16% = gesamt € 59.790,68). Die Honorare der Schiedsrichter werden je zur Hälfte aus den geleisteten Kostenvorschüssen der Parteien bezahlt. Der hierdurch nicht verbrauchte Teil des Kostenvorschusses der Schiedsklägerin ist an diese auszukehren; die Schiedsbeklagte tritt ihren Anspruch auf Erstattung des nicht verbrauchten Teils ihres Kostenvorschusses an die dies annehmende Schiedsklägerin ab und weist die DIS unwiderruflich an, diesen an die Schiedsklägerin auszuzahlen. Weiter zahlt die Schiedsbeklagte an die Schiedsklägerin wegen von dieser verauslagten, von der Schiedsbeklagten zu tragenden Kosten des Schiedsverfahrens € 30.450,54 (dieser Betrag enthält 19% USt auf € 10.537,06 und 16% USt auf € 15.440,90). Die Kosten der anwaltlichen Vertretung werden gegeneinander aufgehoben.
wird mit Ausnahme der Regelungen unter Ziff. I. 1. erster Spiegelstrich sowie Ziff. III vorletzter Satz des Schiedsspruchs für vollstreckbar erklärt.
II. Von den Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens tragen die Antragstellerin 12% und die Antragsgegnerin 88%.
III. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf 1.102.434,44 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs.
In dem zwischen den Parteien am Schiedsort München vor der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. geführten Schiedsverfahren erging am 7. September 2020 ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut mit dem aus dem Tenor ersichtlichen Inhalt. Danach ist die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragstellerin einen Betrag von 1.060.000 € zu zahlen. Der Antragsgegnerin wurde die Zahlung in drei Teilbeträgen nachgelassen und für den Fall fristgerechter Erbringung der sich auf 930.000 € summierenden Raten zuzüglich der vereinbarten Zinsen der Restbetrag erlassen. Die erste Rate – im Betrag von 130.000,00 € – war bis spätestens 30. September 2020 zu erbringen. Darüber hinaus wurde die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragstellerin die von dieser verauslagten, nicht verbrauchten Kosten des Schiedsverfahrens in Höhe von € 30.450,54 zu erstatten.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 16. September 2020 an das Oberlandesgericht München hat die Antragstellerin um die Vollstreckbarerklärung dieses im Original vorgelegten Schiedsspruchs ersucht. Zur Antragsbegründung wird angeführt, ein Rechtsschutzbedürfnis sei gegeben und Aufhebungsgründe lägen nicht vor.
Das Oberlandesgericht hat das Verfahren ohne vorherige Beteiligung der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 30. September 2020 an das Bayerische Oberste Landesgericht abgegeben.
Hier hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 16. Oktober 2020 innerhalb der zur Erwiderung gesetzten Frist vorgetragen, keine Einwendungen gegen den zugrunde liegenden Schiedsspruch zu erheben und seiner Vollstreckbarerklärung nicht entgegenzutreten. Allerdings verwahre sie sich gegen die Kostenlast, denn sie habe keine Veranlassung zur Betreibung des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung gegeben. Sie stützt ihre Sicht maßgeblich darauf, dass der Antrag nicht nur vor Fälligkeit der ersten Rate, sondern bereits an demselben Tag, an dem der Schiedsspruch bei ihr – der Antragsgegnerin – eingegangen ist, gestellt wurde. Sie habe außerdem die erste Rate des Hauptsachebetrags einschließlich der hierauf entfallenden Zinsen, gesamt 136.500,00 €, fristgerecht geleistet und die Kostenforderung mittlerweile durch Teilzahlungen vom 1. und 14. Oktober 2020 beglichen. Zur Erfüllung dieser Kostenforderung sei sie zeitgleich mit der Einreichung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung außergerichtlich unter Fristsetzung bis zum 28. September 2020 aufgefordert worden. Deshalb seien der Antrag insgesamt verfrüht gestellt und das Anerkenntnis sofort im Sinne des § 93 ZPO erklärt worden.
Sie beantragt daher, die Kosten des Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung der Antragstellerin gemäß § 93 ZPO aufzuerlegen.
Die Antragstellerin hat den Vortrag zu den Zahlungen unstreitig gestellt und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung betreffend Ziffer I. 1. erster Spiegelstrich sowie Ziffer III. vorletzter Satz des Schiedsspruchs unter Verwahrung gegen die Kostenlast für erledigt erklärt.
Sie meint, sie sei nicht verpflichtet gewesen abzuwarten, ob bei Fälligkeit freiwillig erfüllt werde, sondern habe Anspruch auf einen vollstreckungsfähigen Titel. Zudem diene die Vollstreckbarerklärung dazu, den Schiedsspruch insgesamt vor der Geltendmachung von Aufhebungsgründen durch den Schuldner zu schützen. Dieser Gesichtspunkt sei insbesondere mit Blick auf die in Ziffer II. des Schiedsspruchs getroffene Regelung relevant, nachdem die Antragsgegnerin bereits im Schiedsverfahren versucht habe, mit schiedsverfahrensfremden Forderungen aufzurechnen. Eine entsprechende Anwendung des § 93 ZPO komme nur in Frage, wenn die Verfahrenseinleitung erkennbar unnötig gewesen sei. Ein solcher Fall liege vor, wenn klar ersichtlich sei, dass keine Notwendigkeit für die Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen besteht. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt, denn das Verhalten der Antragsgegnerin sei davon geprägt gewesen, eine urkundlich belegte Forderung, beruhend auf einem bereits im Jahr 2014 anerkannten Debitorensaldo, nicht zu begleichen. Die sofort fällige Kostenforderung sei ohnehin erst nach Ablauf der gesetzten Frist (28. September 2020) beglichen worden. Außerdem würden die erbrachten Leistungen keineswegs eine angebliche Zahlungsbereitschaft der Antragsgegnerin dokumentieren, nachdem alle Zahlungen auf die titulierte Schuld ausweislich der vorgelegten Überweisungsbelege von einem Dritten erbracht worden seien.
Die Antragsgegnerin hat sich der Teil-Erledigterklärung angeschlossen, an ihrer Bewertung der Kostenfrage allerdings festgehalten. Schon angesichts des Zeitpunkts der Antragstellung am Tag des Zugangs des Schiedsspruchs bei ihr selbst könne sie keinen Anlass für die Verfahrenseinleitung gegeben haben. Ihr habe zumindest die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, den Inhalt des Schiedsspruchs zu prüfen und die Zahlung auf den fälligen Anspruch zu veranlassen. Ihr Verteidigungsverhalten im Schiedsverfahren sei nicht relevant für die Beurteilung der Frage, ob mit einer freiwilligen Erfüllung ohne Vollstreckungsdruck habe gerechnet werden dürfen. Treuwidrig sei es, auf die sofortige Fälligkeit des Kostenerstattungsanspruchs abzustellen, obwohl außergerichtlich zur Zahlung binnen einer bei Antragstellung noch nicht abgelaufenen Frist aufgefordert worden sei. Auf den Zeitpunkt der Erfüllung des an die Antragstellerin abgetretenen Anspruchs auf Vorschusserstattung habe sie keinen Einfluss. Zu unterscheiden sei zwischen der Zulässigkeit des Antrags auf Vollstreckbarerklärung einerseits und der Kostentragungspflicht nach § 93 ZPO andererseits.
II.
Dem Antrag ist unter Berücksichtigung der übereinstimmenden Teil-Erledigterklärungen beider Parteien stattzugeben.
1. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist in dem nach übereinstimmender Teil-Erledigterklärung verbliebenen Umfang zulässig.
a) Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gemäß § 1025 Abs. 1, § 1043 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 ZPO i. V. m. § 7 BayGZVJu in der seit dem 1. Mai 2020 geltenden Fassung zuständig, weil der Schiedsort ausweislich des Schiedsspruchs in Bayern liegt.
b) Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung sind durch die Vorlage des unterschriebenen Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut (§ 1053 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO) im Original erfüllt, § 1064 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1054 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dieser Spruch genügt den förmlichen Anforderungen des § 1054 Abs. 3 ZPO.
c) Ein rechtlich anzuerkennendes Interesse der Antragstellerin an der Vollstreckbarerklärung besteht bereits mit Blick auf die Höhe der ausstehenden Teilleistungen sowie die Höhe der Gesamtforderung, die sofort fällig wird, wenn die festgesetzten Raten nicht fristgerecht geleistet werden.
Die im Schiedsverfahren obsiegende Partei hat grundsätzlich Anspruch auf einen vollstreckungsfähigen Titel, der dem Schiedsspruch dieselbe Durchsetzungsmöglichkeit verleiht wie einem Gerichtsurteil. Dieser Titel wird erst durch die Vollstreckbarerklärung geschaffen, § 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO. Ein Rechtsschutzinteresse an der Vollstreckbarerklärung besteht daher regelmäßig bereits vor Fälligkeit der ausgeurteilten Verpflichtungen. Der Gläubiger braucht mit der Antragstellung nicht abzuwarten, ob der Schuldner bei Fälligkeit freiwillig erfüllt (allg. M.; vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 8. Juni 2010, 10 Sch 2/10, SchiedsVZ 2010, 278 [juris Rn. 14]; OLG München, Beschluss vom 8. März 2007, 34 Sch 28/06, SchiedsVZ 2007, 164 [165, juris Rn. 13]; auch OLG München, Beschluss vom 11. Mai 2009, 34 Sch 23/08, SchiedsVZ 2009, 343 [344, juris Rn. 10] – zu § 1061 ZPO; Geimer in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 1060 Rn. 5; Schütze in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2020, § 1060 Rn. 32; Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl 2017, § 1060 Rn. 8; Wilske/Markert in BeckOK, ZPO, 38. Ed. Stand: 1. September 2020, § 1060 Rn. 4; Lachmann, Handbuch der Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Aufl. 2008, Rn. 2409).
Anhaltspunkte, die hier eine andere Wertung rechtfertigen könnten, sind nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich; sie ergeben sich insbesondere nicht aus der Ausgestaltung der Vereinbarung als „Druckvergleich“ mit Teilzahlungs- und Verfallklausel.
Hinzu kommt, dass nur die Vollstreckbarerklärung den Schiedsspruch vor der Geltendmachung von Aufhebungsgründen umfassend schützt (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2006, III ZB 78/05, NJW-RR 2006, 995 Rn. 11).
2. Der Antrag hat auch Erfolg.
a) Aufhebungsgründe, die der Vollstreckbarerklärung entgegenstehen könnten (§ 1060 Abs. 2, § 1059 Abs. 2 ZPO), sind weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.
Soweit sich Ziffer III. des Schiedsspruchs zu den Honoraren der Schiedsrichter verhält, steht das Verbot des Richtens in eigener Sache (vgl. BGH, Urt. v. 7. März 1985, III ZR 169/83, BGHZ 94, 92 [95 f., juris Rn. 22]) der Vollstreckbarerklärung nicht entgegen. Zwar dürfen Schiedsrichter über ihr Honorar nicht selbst entscheiden, auch nicht mittelbar. Hier jedoch ergibt sich aus der zwischen den Parteien vergleichsweise getroffenen Regelung, die dem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut zugrunde liegt, dass die Höhe des Honorars außer Streit steht und Einigkeit zwischen den Parteien in Bezug auf die Behandlung des bereits entrichteten Vorschusses besteht. Dies ist unbedenklich (vgl. OLG München, SchiedsVZ 2007, 164 [166, juris Rn. 18]; Voit in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 1057 Rn. 5 mit § 1035 Rn. 27).
Die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung kann daher gemäß § 1063 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen.
b) Der Umstand, dass der Antragsgegner die im Schiedsspruch bewilligte Ratenzahlung bisher eingehalten und die Parteien insoweit den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, führt lediglich dazu, dass der Schiedsspruch nur in dem von der Teil-Erledigung nicht betroffenen Umfang für vollstreckbar zu erklären ist. Geschaffen wird somit ein Vollstreckungstitel mit dem übrigen Inhalt des Schiedsspruchs. Vollstreckungsrechtliche Gesichtspunkte (§ 751 Abs. 1, § 726 Abs. 1 ZPO) sind in diesem Stadium nicht zu beachten. Auch eines Ausspruchs über die – unstreitig – fristgerechte Erfüllung der ersten Rate sowie die Kostenforderung bedarf es hier nicht.
III.
Nebenentscheidungen:
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 und § 91a ZPO.
a) Hinsichtlich des nicht erledigten Teils ergibt sich die Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens sind regelmäßig vom Schuldner der ausgeurteilten Verpflichtungen zu tragen. Dies gilt auch dann, wenn der Antrag auf Vollstreckbarerklärung vor Fälligkeit gestellt wird, denn es erschiene widersprüchlich, ein Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Verfahrens mit Blick darauf zu bejahen, dass der Gläubiger nur auf diesem Weg einen Vollstreckungstitel erlangen und den Bestand des Schiedsspruchs absichern kann, mit den Kosten des Verfahrens aber den Gläubiger selbst zu belasten.
Zwar bestehen keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, § 93 ZPO auch im Verfahren der Vollstreckbarerklärung nach § 1060 ZPO anzuwenden (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 21. Juni 2013, 26 SchH 3/13, juris Rn. 8; Beschluss vom 18. Mai 2006, 26 Sch 18/05, juris Rn. 25; OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. Oktober 2008, 1 Sch 02/08, SchiedsVZ 2009, 67 [68, juris Rn. 8]). Dies setzt allerdings voraus, dass der Gläubiger aufgrund des Verhaltens des Schuldners vor Verfahrenseinleitung davon ausgehen durfte und musste, der Schuldner werde den im Schiedsspruch zuerkannten Anspruch freiwillig erfüllen, so dass es eines Vollstreckungsdrucks aus prognostischer Sicht offensichtlich nicht bedarf (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 18. Mai 2006, 26 Sch 18/05, juris Rn. 27; OLG Stuttgart, SchiedsVZ 2009, 67 [68, juris Rn. 11]; Geimer in Zöller, ZPO, § 1060 Rn. 4; Schütze in Wieczorek/Schütze, ZPO, § 1060 Rn. 32).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht dargetan. Zu Unrecht hält die Antragsgegnerin ausschließlich ihr Verhalten nach Erlass des Schiedsspruchs für maßgeblich. Dies greift zu kurz. Ob der Gläubiger aufgrund des bisherigen Verhaltens des Schuldners hinreichend gewiss sein kann, dieser werde die letztendlich titulierte Forderung ohne den von einem Vollstreckungstitel ausgehenden Druck allein aufgrund des Schiedsspruchs erfüllen, lässt sich nur unter Betrachtung seines gesamten Verhaltens beurteilen.
Einer Bewertung des Verteidigungsverhaltens der Antragsgegnerin im Schiedsverfahren bedarf es vorliegend nicht. Die Durchführung des Schiedsverfahrens und der Erlass des Schiedsspruchs mit vereinbartem Inhalt bieten für sich genommen nicht ohne weiteres eine verlässliche Grundlage für die Beurteilung, ob der Schiedsspruch anerkannt und freiwillig erfüllt werden wird (vgl. KG, Beschluss vom 10. Mai 2007, 20 Sch 14/06, juris Rn. 11). Dies gilt hier gleichermaßen trotz des Umstands, dass der Schiedsspruch auf einer Parteivereinbarung beruht. Im Hinblick auf die hinausgeschobene Fälligkeit der zweiten und dritten Rate ist es der Antragstellerin – wie dargestellt – nicht zuzumuten, mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung bis zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen zuzuwarten. Zudem ist auf der Grundlage des Vorbringens der Antragsgegnerin nichts ersichtlich, woraus die Antragstellerin hinreichend verlässlich die Überzeugung gewinnen müsste, es bedürfe keines Vollstreckungsdrucks zur Durchsetzung der titulierten Forderung. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Höhe der ausgeurteilten Gesamtforderung sowie der Ausgestaltung der dem Schiedsspruch zugrundeliegenden Parteivereinbarung als Druckvergleich.
Aus diesen Gründen wirkt es sich auf die Kostenlast hinsichtlich dieses nicht erledigten Teils des Rechtsstreits nicht aus, dass der Antrag auf Vollstreckbarerklärung bereits zu einem Zeitpunkt gestellt worden ist, als nicht einmal eine grundsätzlich zuzubilligende, angemessene Zeit zur Überprüfung des Schiedsspruchs im Hinblick auf die Übereinstimmung seines Inhalts mit demjenigen des Parteivergleichs sowie zur Veranlassung der sofort fälligen Kostenforderung verstrichen war.
b) Soweit die Parteien das Vollstreckbarerklärungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist gemäß § 91a ZPO über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden.
(1) Es entspricht billigem Ermessen, denjenigen Kostenanteil der Antragstellerin aufzuerlegen, der dadurch angefallen ist, dass sich der Antrag auf Vollstreckbarerklärung auch auf den fristgerecht am 30. September 2020 erfüllten Ratenzahlungsanspruch erstreckt. Zwar kommt es für die Entscheidung vornehmlich darauf an, wem die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen gewesen wären, wenn die Hauptsache nicht einvernehmlich für erledigt erklärt worden wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2007, VI ZR 233/05, NJW 2007, 3429 Rn. 7). Allerdings ist im Rahmen des Ermessens auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO als sachgerechter Gesichtspunkt zu berücksichtigen (vgl. OLG München, Beschluss vom 11. Mai 2009, 34 Sch 23/08, SchiedsVZ 2009, 343 [344, juris Rn. 17]; a. M. Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1060 Rn. 8).
Weil vorliegend der Antrag verfrüht gestellt und die Zahlung innerhalb eines angemessenen Zeitraums ohne Vollstreckungsdruck geleistet worden ist, sind die Kosten des Rechtsstreits anteilig der Antragstellerin aufzuerlegen. Eine Vereinbarung, wonach diese den Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht vor einem bestimmten Datum stellen dürfe, haben die Parteien zwar nicht geschlossen. Allerdings ist demjenigen, der nach dem Schiedsspruch zur Leistung verurteilt wurde, nach allgemeinen Grundsätzen ein angemessener Zeitraum zur Prüfung und freiwilligen Erfüllung zuzugestehen, dessen Länge nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessen ist (vgl. OLG München, SchiedsVZ 2007, 164 [165, juris Rn. 19]; enger: OLG Hamm, Beschluss vom 15. Juli 2009, 8 Sch 1/09, SchiedsVZ 2010, 56 [juris Rn. 3]; BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1998, 2 BvR 1516/93, BVerfGE 99, 338 [juris Rn. 11 f.] – zu § 788 ZPO; Wilske/Markert in BeckOK, ZPO, § 1060 Rn. 25.1). Dies steht in der Regel der Annahme entgegen, dass Anlass zur Einleitung des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung bereits an dem Tag besteht, an dem der Schiedsspruch der pflichtigen Partei zugeht. Obwohl ein berechtigtes Interesse daran, den gesamten Schiedsspruch für vollstreckbar erklären zu lassen, auch dann besteht, wenn Ratenzahlungen auf die ausgeurteilte Forderung zu zahlen sind und die Fälligkeit dadurch in die Zukunft verschoben ist (vgl. Lachmann, Handbuch der Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 2495), kommt somit eine verfrühte Antragstellung auch bei Ratenzahlungsvereinbarungen in Betracht (vgl. Lachmann, Handbuch der Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 2496 f.).
Vorliegend ist der Antrag ohne Einräumung jeglicher Frist zur Prüfung des Schiedsspruchs und zur freiwilligen Begleichung der bereits am 30. September 2020, mithin zwei Wochen nach Zugang des Schiedsspruchs, fälligen ersten Rate gestellt worden. Selbst wenn die gesamte Forderung oder auch nur die erste Rate sofort fällig gewesen wäre, hätte kein Anlass bestanden, bereits am Tag des Zugangs des Schiedsspruchs das Verfahren der Vollstreckbarerklärung einzuleiten (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 11. Dezember 2014, 26 Sch 22/14, juris Rn. 13). Da die Antragsgegnerin innerhalb der ihr zuzubilligenden Frist sowie unter Einhaltung der Ratenzahlungsvereinbarung Zahlung geleistet und außerdem im Verfahren erklärt hat, keine Einwände gegen den Schiedsspruch zu erheben, fallen die Mehrkosten, die durch die überflüssige weite Antragstellung entstanden sind, der Antragstellerin selbst zur Last. Würde dies anders gesehen, hätte die aus dem Schiedsspruch verpflichtete Partei keine Möglichkeit, trotz umgehend freiwilliger Befolgung des Schiedsspruchs den Kosten eines nicht notwendigen Verfahrens zur Verschaffung eines Vollstreckungstitels zu entgehen.
(2) Die Mehrkosten, die aufgrund der Antragserstreckung auf die Kosten des Schiedsverfahrens entstanden sind, fallen hingegen der Antragsgegnerin zur Last.
Zwar ist der auch diese Position umfassende Antrag zu früh gestellt. Zum einen hätte die Antragstellerin ohnehin eine Frist zur Prüfung der Kostenentscheidung und zur freiwilligen Erfüllung zubilligen müssen, wobei ein Zeitraum von bis zu zwei Wochen angesetzt wird (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 24. Februar 2009, 11 Sch 1/09, BeckRS 2011, 7474; OLG München, SchiedsVZ 2007, 164 [166, juris Rn. 19]); zum anderen hat sie selbst eine als angemessen zu wertende Zahlungsfrist bis 28. September 2020 gesetzt. Jedoch ist die Zahlung erst nach Ablauf des Zeitraums erfolgt, den die Antragstellerin abzuwarten gehabt hätte. Dass der Antrag zu früh gestellt worden ist, entlastet daher die Antragsgegnerin nicht. Im Zeitpunkt, als Erledigung durch die Teilzahlungen vom 1. und 14. Oktober 2020 eingetreten ist, wäre der Antrag zulässig und begründet gewesen.
2. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 1064 Abs. 2 ZPO anzuordnen.
3. Der Streitwert entspricht regelmäßig und auch hier dem Wert der zu vollstreckenden Forderungen, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 5 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 29. März 2018, I ZB 12/17, juris Rn. 4). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Antragstellung (§ 40 GKG); die übereinstimmenden Teil-Erledigterklärungen der Parteien veranlassen vorliegend keine Festsetzung von Stufenstreitwerten.
IV.
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