Handels- und Gesellschaftsrecht

Nichtzulassungsbeschwerde, Berufung, Schadensersatzanspruch, Schadensersatz, Kaufpreis, Fahrzeug, Marke, Revision, Annahmeverzug, PKW, Frist, Software, Pflichtverletzung, Anwaltsvertrag, Zug um Zug, Kosten des Rechtsstreits, Erstattung der Kosten

Aktenzeichen  15 U 8880/21 Rae

Datum:
13.7.2022
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 18140
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

6 O 1889/21 2021-11-04 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 04.11.2021, Az.: 6 O 1889/21, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.988,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 19.472,26 € vom 30.03.2021 bis 08.06.2022 und aus 18.988,95 € seit 09.02.2022 Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW VW Tiguan, Fahrgestellnummer (FIN) …48 zu zahlen.
1.2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 617,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.03.2021 zu zahlen.
1.3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 24% und der Beklagte zu 76%.
4. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 22% und der Beklagte zu 78%.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 24.369,85 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 04.11.2021, Az.: 6 O 1889/21, wegen der Verurteilung zu Schadensersatz i.H.v. 24.369,85 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen PKW aufgrund geltend gemachter anwaltlicher Pflichtverletzungen in einem sog. Dieselverfahren betreffend ein Fahrzeug mit dem Motor EA 189 (Vorprozess).
Der Kläger erwarb das streitgegenständliche Kraftfahrzeug der Marke VW Tiguan 2.0 TDI, 81 KW (110 PS), Euro 5, Erstzulassung 13.04.2012, als Neufahrzeug auf Grundlage eines Kaufvertrags entsprechend der Auftragsbestätigung vom 02.02.2015 bei einem Autohändler mit einem Kilometerstand von 0 km zu einem Gesamtkaufpreis von 32.244,00 € brutto (K 1). In dem Fahrzeug ist ein von der VW AG entwickelter und hergestellter Dieselmotor des Typs EA189 verbaut, dessen Motorsteuerungssoftware erkannte, ob das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird. In diesem Fall schaltete der Motor in einen speziellen Modus zur Reduktion der Stickoxidemissionen (Modus 1). Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands wurde der Motor dagegen im Modus 0 betrieben, in dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher war. Die Abgasreinigung erfolgt im streitgegenständlichen Fahrzeug über die Abgasrückführung (AGR). Für das Fahrzeug wurde eine Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt. Maßgeblich hierfür waren die Emissionen auf dem Prüfstand. Das Kraftfahrt-Bundesamt wertete die vorgenannte Software nach deren Bekanntwerden als unzulässige Abschalteinrichtung und gab der Beklagten im Oktober 2015 auf, diese zu beseitigen und die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen anderweitig zu gewährleisten. Hierauf entwickelte die Beklagte ein Software-Update, das bei den betroffenen Fahrzeugen nach Herstellerrückrufen in den Jahren 2016 und 2017 aufgespielt wurde.
Der bei der ARAG SE rechtsschutzversicherte Kläger beauftragte den Beklagten, der in München die Kanzlei J & C Anwälte betrieb, mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen, insbesondere mit der außergerichtlichen und notwendigenfalls gerichtlichen Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche gegen die VW AG wegen der unzulässigen Motorsteuerungssoftware in dem von ihm erworbenen Fahrzeug. Die ARAG SE gewährte dem Kläger Deckungsschutz für die außergerichtliche Tätigkeit des Beklagten sowie für die 1. und die 2. Instanz des Zivilverfahrens.
Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung von Schadenersatz gegenüber der VW AG mit Schreiben vom 29.12.2017 erhob der Beklagte am 21.02.2018 namens des Klägers gegen die VW AG Klage zum Landgericht Braunschweig (K 2), das unter dem Aktenzeichen 11 O 1235/18 geführt wurde. In der Hauptsache beantragte der Beklagte namens des Klägers im Vorprozess Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 32.244,00 € und die Verzinsung des Kaufpreises in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Kaufdatum 02.02.2012 Zug um Zug gegen Übereignung des streitgegenständlichen PKW, ferner die Feststellung des Annahmeverzugs mit der Rücknahme des streitgegenständlichen PKW und schließlich die Erstattung der Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 1.474,89 € nebst Zinsen. Ein Abzug vom Kaufpreis für Nutzungen wurde nicht berücksichtigt.
Die mündliche Verhandlung im Vorprozess fand am 05.07.2019 vor dem Landgericht Braunschweig statt (K 3). Am Ende der Sitzung verkündete der zuständige Einzelrichter ein Endurteil, mit dem die Klage kostenpflichtig abgewiesen wurde (K 4).
Nach Mitteilung des Landgerichts Braunschweig wurde die Abschrift des Protokolls vom 05.07.2019 nebst beglaubigter Abschrift des Urteils vom 05.07.2019 dem Beklagten als Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorprozess per elektronischem Rechtsverkehr mit Empfangsbekenntnis übermittelt und das Empfangsbekenntnis vom Beklagten am 10.07.2019 abgegeben (K 8 und K 10). Erst mit Schriftsatz vom 07.09.2020 legte der Beklagte als Prozessbevollmächtigter des Klägers im Vorprozess Berufung beim Oberlandesgericht Braunschweig gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Braunschweig ein (K 11), das dort unter dem Aktenzeichen 7 U 592/20 geführt wurde. Ein Wiedereinsetzungsantrag wurde durch den Beklagten mit der Berufungseinlegung vom 07.09.2020 nicht gestellt. Eine Berufungsbegründung wurde nicht eingereicht. Mit Schriftsatz vom 15.10.2020 nahm der Beklagte namens und in Vollmacht des Klägers die Berufung im Vorprozess zurück (K 12).
Für die außergerichtliche Tätigkeit des Beklagten und das erstinstanzliche Verfahren vor dem Landgericht Braunschweig entstanden Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 6.537,83 € (K 14). Für das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig fielen Gerichtskosten in Höhe von 441 € an (K 15). Diese Kosten wurden von der Rechtsschutzversicherung des Klägers, der ARAG SE, übernommen und bezahlt. Mit den Schreiben vom 11.11.2020 und vom 11.12.2020 teilte die Rechtsschutzversicherung den nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers die Kostenübernahme und Bezahlung in Höhe von insgesamt 6.983,83 € im Vorprozess mit und trat die kraft Gesetzes auf sie übergegangenen Erstattungsansprüche an den Versicherungsnehmer (Kläger) rück ab (K 14 und K 16).
Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz vor dem Landgericht Braunschweig am 05.07.2019 betrug der Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs 124.278 km. Zum 16.11.2020 wies das streitgegenständliche Fahrzeug einen Tachostand von 135.997 km auf. Am 20.09.2021 (einen Tag vor der mündlichen Verhandlung der ersten Instanz im Regressprozess) hatte das Fahrzeug einen Kilometerstand von 141.548 km. Der Kilometerstand des Fahrzeugs belief sich schließlich am 08.06.2022 (mündliche Verhandlung der zweiten Instanz im Regressprozess) auf 145.296 km. Weitere Kilometerstände, insbesondere für den Zeitpunkt der Klageerhebung im Vorprozess, wurden nicht mitgeteilt.
Mit Schreiben seiner nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 24.11.2020 an den Beklagten machte der Kläger Schadensersatzansprüche wegen anwaltlicher Pflichtverletzungen geltend, die er auf insgesamt 25.265,37 € bezifferte und forderte den Beklagten dazu auf, diesen Betrag bis zum 11.12.2020 Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu bezahlen (K 17). Mit Schriftsatz vom 15.01.2021 wies der Beklagte die geltend gemachten Ersatzansprüche zurück.
Der Kläger hat macht geltend gemacht, dass der Beklagte im Vorprozess pflichtwidrig gegen das klageabweisende Ersturteil des Landgerichts Braunschweig nicht rechtzeitig Berufung eingelegt habe, weiterhin im Vorprozess rechtsfehlerhaft Zinsen nicht erst seit Verzugseintritt bzw. seit Rechtshängigkeit, sondern bereits seit Kaufdatum (02.02.2012) geltend gemacht habe und schließlich rechtsfehlerhaft keinen Nutzungsersatz von dem eingeklagten Kaufpreis in Abzug gebracht habe. Der Beklagte hat anwaltliche Pflichtverletzungen sowie die haftungsausfüllende Kausalität bestritten. Erstinstanzlich begehrte der Kläger im Regressprozess mit dem Hauptantrag auf Zahlung von 25.666,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2021 Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen PKW. Der Beklagte beantragte die Klageabweisung.
Ergänzend wird zum Sachverhalt, dem Parteivorbringen und den erstinstanzlichen Anträgen auf das Urteil des Landgerichts München I Bezug genommen.
Mit Endurteil vom 04.11.2020, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung in Höhe von 24.369,85 € € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.01.2021 Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs verurteilt, daneben zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 617,35 € nebst Zinsen seit dem 16.01.2021, ferner den Annahmeverzug des Beklagten mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Pkw seit 16.01.2021 festgestellt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits legte das Landgericht dem Beklagten auf.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er die vollständige Klageabweisung verfolgt. Er macht geltend, dass das Erstgericht zu Unrecht von der Verletzung von Sorgfaltspflichten ausgehe. Es habe im Zeitraum des Vorprozesses keine gefestigte Rechtsprechung dahingehend gegeben, dass Nutzungswertersatz zwingend abzuziehen sei. Erst ab der Entscheidung des BGH vom 25.05.2020 könne es als gefestigt angesehen werden, dass eine Nutzungsentschädigung in Abzug zu bringen sei. Erfahrungsgemäß nehme ein rechtsschutzversicherter Mandant von der Geltendmachung eines Anspruchs nur dann Abstand, wenn keinerlei Erfolgsaussicht bestehe. Auch die Frage, ab welchem Zeitpunkt Deliktszinsen geltend gemacht werden könnten, sei bei Klageerhebung noch nicht entschieden gewesen. Zwar sei die Frist des § 517 Alt. 2 ZPO versäumt worden. Der sich daraus ergebende Schaden betrage aber allenfalls 1.612,20 €. Denn es bestehe vor dem Hintergrund der damals unsicheren Rechtslage die Vermutung beratungskonformen Verhaltens dahingehend, dass der Kläger das Berufungsverfahren nicht bis zu einem Urteil durchgeführt hätte sowie dem Rat des Beklagten gefolgt wäre, ein Vergleichsangebot der VW AG anzunehmen.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I vom 04.11.2021, Az.: 6 O 1889/21, die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das Ersturteil.
Der Senat hat über den Rechtsstreit am 08.06.2022 mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat lediglich teilweise Erfolg, soweit sich der Umfang des Schadensersatzes durch weitere Nutzungen vermindert hat und der geltend gemachte Kostenschaden infolge der Kostenquote, die im Vorprozess zu bilden gewesen wäre, zu kürzen war. Der Kläger hat aus eigenem und teilweise abgetretenem Recht gegen den Beklagten wegen einer Pflichtverletzung des streitgegenständlichen Anwaltsvertrags einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 675 Abs. 1, 611 BGB in Höhe von insgesamt 18.988,85 €.
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten ein Anwaltsvertrag zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die VW AG aufgrund des Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Motor des Typs EA 189 des vom Kläger bei einem Autohändler erworbenen und von der VW AG hergestellten PKW geschlossen wurde. Das Mandatsverhältnis beinhaltete unstreitig eine umfassende Beratungspflicht einschließlich der Beratung zu den Erfolgschancen der prozessualen Geltendmachung der Schadensersatzansprüche im Falle des erfolglosen, vorgerichtlichen Vorgehens und der Prozessvertretung über zwei Instanzen bei entsprechender Entscheidung des Mandanten nach erfolgter Beratung.
2. Die erste Pflichtverletzung des Beklagten liegt darin, dass er den Beklagten im Vorprozess nicht innerhalb laufender Berufungsfrist über das klageabweisende Ersturteil informiert hat, seinen Mandanten nicht über die Chancen und Risiken einer Berufung aufklärte und trotz Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung für die zweite Instanz im Vorprozess bei bestehenden Erfolgschancen versäumte, die Rechte des Beklagten durch rechtzeitige Berufungseinlegung und Berufungsbegründung zu wahren.
2.1. Der Anwalt hat dafür Sorge zu tragen, dass die Rechte des Mandanten gegen einen drohenden Fristablauf gesichert werden (BGH, NJW 1992, 820; BGH, NJW 1974, 2318 (2319); MüKoBGB/Heermann BGB § 675 Rn. 30). Dies bedeutet bei einem Prozessmandat insbesondere, den Mandanten rechtzeitig über ergangene gerichtliche Entscheidungen zu informieren und dem Mandanten die Beratung zu möglichen Rechtsmitteln und deren Erfolgschancen zu erteilen. Die Information und die Beratung sind dabei innerhalb laufender Rechtsmittelfristen vorzunehmen, sodass der Mandant eine eigenverantwortliche Entscheidung über die Einlegung eines Rechtsmittels innerhalb laufender Frist treffen kann. Entscheidet sich der Mandant für die Rechtsmitteleinlegung nach ordnungsgemäßer Beratung oder besteht im Falle unterbliebener Beratung die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Mandant sich bei pflichtgemäßer Beratung für die Rechtsmitteleinlegung entschieden hätte, so besteht die anwaltliche Pflicht, das Rechtsmittel fristgerecht einzulegen und zu begründen, im Falle der Berufung insbesondere die Berufungseinlegungs- und die Berufungsbegründungsfrist zu wahren.
2.2. Der Beklagte hat dem Kläger im Vorprozess das klageabweisende, erstinstanzliche Urteil unstreitig nicht innerhalb der Berufungseinlegungsfrist nach § 517 ZPO zur Kenntnis gebracht, den Beklagten unstreitig nicht über die Erfolgschancen der Berufung beraten und es pflichtwidrig versäumt, fristgerecht Berufung einzulegen.
2.3. In der Berufungsinstanz des Regressprozesses stellte der Beklagte nicht mehr in Abrede, dass ihm das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 05.07.2019 am 10.07.2019 zugestellt wurde, sodass die Berufungseinlegungsfrist des § 517 Alt. 1 ZPO am 10.08.2019 ablief. Innerhalb dieser Frist legte der Beklagte unstreitig keine Berufung ein. Im Übrigen hat der Beklagte im hier geführten Regressprozess eingeräumt, jedenfalls die Berufungseinlegungsfrist von 5 Monaten ab Urteilsverkündung gemäß § 517 Alt. 2 ZPO versäumt zu haben. Weder im Vorprozess noch im hier geführten Regressverfahren hat der Beklagte Entschuldigungsgründe für die Fristversäumnis vorgetragen. Solche sind auch ansonsten aus dem Parteivorbringen nicht erkennbar. Ein im Falle des Bestehens von Entschuldigungsgründen angezeigter Wiedereinsetzungsantrag wurde unstreitig nicht gestellt. Das Verschulden bezüglich der anwaltlichen Pflichtverletzung wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet (vgl. BGH, NJW 2008, 2041 Rn. 18).
2.4. Bei pflichtgemäßer Beratung über die Erfolgschancen der Berufung im Vorprozess hätte der Beklagte den Kläger auf Grundlage des zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Streitstandes in der Rechtsprechung und Literatur zu dem sich in der Entwicklung begriffenen Rechtsgebiet der deliktischen Herstellerhaftung in den sog. Dieselfällen wegen der Verwendung gezielt prüftstandsbezogener, grenzwertbeeinflussender, unzulässiger Abschalteinrichtungen darauf hinweisen müssen, dass die Berufungseinlegung zwar mit Risiken behaftet ist, jedoch nicht aussichtslos erscheint, sondern nicht unerhebliche Aussicht für eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung bietet.
2.4.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH gilt für die anwaltlichen Beratungspflichten Folgendes: Der um eine Beratung ersuchte Anwalt hat den Mandanten umfassend und erschöpfend zu belehren. Er muss den ihm vorgetragenen Sachverhalt daraufhin prüfen, ob er geeignet ist, den vom Mandanten gewünschten Erfolg herbeizuführen. Er hat dem Mandanten den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen, der zu dem angestrebten Ziel führen kann. Er muss den Mandanten so weit belehren, dass dieser in Kenntnis der absehbaren Chancen und Risiken eine eigenverantwortliche Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen kann (BGH, Urteil vom 16.09.2021 – IX ZR 165/19, NJW 2021, 3324, Rn. 28-31; BGH, BeckRS 2017, 126347 Rn. 11; BGHZ 171, 261 Rn. 9 ff. = NJW 2007, 2485; MüKoBGB/Heermann BGB § 675 Rn. 28-30).
2.4.2. In welchem Maße der Rechtsanwalt zu Risikohinweisen verpflichtet ist, richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Beratung, insbesondere auch nach der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der jeweils aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt für die Erfüllung der dem Rechtsanwalt obliegenden vertraglichen Aufgaben überragende Bedeutung zu. Deshalb hat er seine Hinweise, Belehrungen und Empfehlungen in der Regel danach auszurichten, dies sogar dann, wenn er die Rechtsprechung für unzutreffend hält (BGH, Urteil vom 16.09.2021 – IX ZR 165/19 Rn. 30; BGHZ 145, 256 [263] = NJW 2001, 146). Entscheidungen von Instanzgerichten und Stimmen im Schrifttum verpflichten den Rechtsanwalt zwar regelmäßig nicht, bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweichende Meinungen zu berücksichtigen. Eine Verpflichtung des Beraters, die Rechtsprechung der Instanzgerichte und das Schrifttum einschließlich der Aufsatzliteratur heranzuziehen, kann jedoch ausnahmsweise dann bestehen, wenn ein Rechtsgebiet auf Grund eindeutiger Umstände in der Entwicklung begriffen und (neue) höchstrichterliche Rechtsprechung zu erwarten ist. Dies gilt ferner insbesondere auch dann, wenn eine sich ergebende Rechtsfrage höchstgerichtlich noch nicht geklärt ist. Hat ein Rechtsanwalt eine Angelegenheit aus einem solchen Bereich zu bearbeiten, muss er die Rechtsprechung der Instanzgerichte heranziehen, die gängigen Fachzeitschriften sowie Kommentare durchsehen und auch Spezialzeitschriften in angemessener Zeit durchsehen, wobei ihm ein realistischer Toleranzrahmen zuzubilligen ist (BGH, Urteil vom 30.09.1993 – IX ZR 211/92, NJW 1993, 3323; BGH, Urteil vom 21.09.2000 – IX ZR 127/99, NJW 2001, 675 – jeweils für RA; BGH, Urteil vom 06.11.2008 – IX ZR 140/07, NJW 2009, 1593; BGH, Urteil vom 23.09.2010 – IX ZR 26/09, Rn. 17, BeckRS 2010, 24959 und juris; BGH, Urteil vom 25.09.2014 – IX ZR 199/13, NJW 2015, 770 jeweils – für StB).
2.4.3. Im Zeitraum des Vorprozesses war die Rechtsfrage der Haftung und ggf. des Umfangs der Haftung eines Automobilherstellers wegen des sittenwidrigen Einbaus einer manipulativen, unzulässigen Motorsteuerungssoftware mit der Folge der Überschreitung der geltenden Stickoxidgrenzwerte, hier konkret aufgrund der unzulässigen Verwendung einer grenzwertrelevanten Umschaltlogik bei dem Motor EA 189 der Herstellerin VW AG, aufgrund der allgemein bekannten Medienberichterstattung, einer Vielzahl divergierender erst- und zweitinstanzlicher Entscheidungen sowie einer umfangreichen Diskussion in der juristischen Fachliteratur offensichtlich in der Entwicklung begriffen, und zwar sowohl hinsichtlich der Frage des Grundes als auch des Umfangs der Haftung. Eine höchstgerichtliche Entscheidung des BGH lag zu dieser Frage noch nicht vor, war jedoch zu erwarten. In den Jahren 2018 und 2019 ergingen eine Vielzahl von Endscheidungen von Landgerichten, die sich mit der Verwendung der Software zur Manipulation der Motorsteuerung im Motor EA 189 der VW AG auseinandersetzten und zum Teil divergierten. Mehrere dieser Entscheidungen wurden in den gängigen Fachzeitschriften veröffentlicht. In zahlreichen erstinstanzlichen Entscheidungen wurde das Vorgehen als sittenwidriger Eingriff in die Kaufentscheidung gewertet und infolgedessen ein Rückgewähranspruch bejaht (vgl. dazu: BeckOK BGB § 826 Rn. 58 m.w.N.; BeckOGK BGB § 826 Rn. 175-190 m.w.N.). Ende 2018 erging eine erste obergerichtliche Entscheidung des OLG Köln, in der die Software-Manipulation als sittenwidrig gewertet und ein Schadensersatzanspruch auf Restitution durch Rückabwicklung des Kaufs bejaht wurde (OLG Köln, NJW-RR 2019, 984; BeckOK BGB § 826 Rn. 59). Dem schloss sich in der Folgezeit eine Mehrzahl von Oberlandesgerichten an (BeckOK BGB a.a.O. Rn. 60 m.w.N.; BeckOGK BGB a.a.O. Rn. 175 m.w.N.; OLG Brandenburg, BeckRS 2020, 5435 Rn. 14; OLG Frankfurt, BeckRS 2019, 22222 Rn. 17; OLG Karlsruhe, BeckRS 2019, 21606 Rn. 37; 2019, 14948 Rn. 94; 2019, 3395 Rn. 35; OLG Koblenz, NJW 2019, 2237 Rn. 35; OLG München, BeckRS 2020, 90 Rn. 42; OLG Oldenburg, BeckRS 2019, 35188 Rn. 42; OLG Schleswig, NJW-RR 2020, 213 Rn. 24; OLG Stuttgart, NJW-RR 2020, 210 Rn. 24 ff.). Die Entwicklung in der Judikatur der Instanzgerichte zeigte die Tendenz zu guten Erfolgschancen in der vorliegenden Fallkonstellation. Der Senat verkennt dabei nicht, dass das OLG Braunschweig dagegen auf der Linie der vorausgegangenen Entscheidungen des LG Braunschweig einen Anspruch aus § 826 BGB verneinte (BeckOK BGB a.a.O. Rn. 61 m.w.N.; OLG Braunschweig, BeckRS 2019, 2737 Rn. 169 ff.). Dies stand den bestehenden Erfolgschancen jedoch auch aus ex ante Sicht nicht entgegen, da gegen die möglicherweise erfolgende Zurückweisung der Berufung durch das OLG Braunschweig jedenfalls die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig gewesen wäre, da der Wert der Beschwer vorliegend den Betrag von 20.000 € überstiegen hätte. Auch hätte die erhebliche Erfolgschance für die Zulassung der Revision bestanden, da eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären war, wobei abweichende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte ergangen waren. Überdies ist davon auszugehen, dass auch das OLG Braunschweig einen Anspruch aus § 826 BGB in der vorliegenden Fallkonstellation nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 nicht mehr verneint hätte.
2.4.4. Vor diesem Hintergrund bestand im Zeitraum des Vorprozesses und insbesondere im Zeitraum der dort laufenden Berufungsfrist sowie des erwartbaren Zeitrahmens des Bezugs-Berufungsverfahrens eine zwar mit Risiken behaftete, aber nicht unerhebliche Erfolgschance für eine zumindest teilweise Durchsetzbarkeit des vom Kläger begehrten Schadensersatzanspruchs. Die Pflicht des Beklagten wäre es gewesen, den Kläger hierüber und damit über die Erfolgschancen der Berufung entsprechend aufzuklären. Eine entsprechende Beratung unterblieb unstreitig. Der Beklagte erteilte dem Kläger vielmehr keinerlei Beratung zu den Erfolgschancen einer Berufung gegen das klageabweisende Ersturteil im Vorprozess.
3. Nach der Überzeugung des Senats, hätte der Kläger sich bei pflichtgemäßer Beratung wegen der bestehenden Erfolgschancen bei gleichzeitiger Kostendeckung durch die Rechtsschutzversicherung für die Berufungseinlegung und die Durchführung des Berufungsverfahrens bis zu einem Urteil entschieden.
3.1. Die Frage, wie sich der Mandant bei vertragsgerechter Belehrung durch den rechtlichen Berater verhalten hätte, zählt zur haftungsausfüllenden Kausalität, die der Anspruchsteller nach dem Maßstab des § 287 ZPO zu beweisen hat. Zugunsten des Mandanten ist jedoch zu vermuten, dass er bei pflichtgemäßer Beratung den Hinweisen des Rechtsanwalts gefolgt wäre, sofern im Falle sachgerechter Aufklärung aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahegelegen hätte. Eine solche Vermutung kommt hingegen nicht in Betracht, wenn nicht nur eine einzige verständige Entschlussmöglichkeit bestanden hätte, sondern nach pflichtgemäßer Beratung verschiedene Handlungsweisen ernsthaft in Betracht gekommen wären, die unterschiedliche Vorteile und Risiken in sich geborgen hätten (BGH, Urteil vom 16.09.2021 – IX ZR 165/19, NJW 2021, 3324 Rn. 36; BGH, Urteil vom 16.07.2015 – IX ZR 197/14; NJW 2015, 3447 Rn. 23 ff.). Kommen mehrere objektiv gleich vernünftige Verhaltensweisen in Betracht, hat der Mandant grundsätzlich den Weg zu bezeichnen, für den er sich entschieden hätte (BGH a.a.O. Rn. 27). Bei bestehenden Risiken der Rechtsverfolgung und dem damit verbundenen Kostenrisiko, ist in die Würdigung zur Entscheidung des Mandanten miteinzubeziehen, ob das Risiko des Mandanten, im Falle einer Niederlage die Kosten des Rechtsstreits tragen zu müssen, durch einen bestehenden Deckungsanspruch aus einer Rechtsschutzversicherung oder eine bereits vorliegende Deckungszusage herabgemindert war. Es entspricht dem Erfahrungswissen, dass ein Mandant eher bereit ist, sich auf einen Rechtsstreit ungewissen oder zweifelhaften Ausgangs einzulassen, wenn das Kostenrisiko herabgemindert ist. Ist das Kostenrisiko durch eine (versicherungs-)rechtlich einwandfrei herbeigeführte und daher bestandsfeste Deckungszusage sogar weitestgehend ausgeschlossen, können schon ganz geringe Erfolgsaussichten den Mandanten dazu veranlassen, den Rechtsstreit zu führen oder fortzusetzen (BGH, Urteil vom 16.09.2021 – IX ZR 165/19, NJW 2021, 3324 Rn. 38 m.w.N.).
3.2. Gemessen hieran ist der Senat mit dem Maßstab des § 287 ZPO davon überzeugt, dass sich der Kläger bei pflichtgemäßer Beratung dazu entschieden hätte, die Berufung einzulegen und das Berufungsverfahren bis zu einem Urteil durchzuführen, da in dem für die Würdigung maßgeblichen Zeitraum des Vorverfahrens aufgrund der Rechtsprechung der Instanzgerichte gute Erfolgschancen des Klägers für die zumindest teilweise Durchsetzung der von ihm geltend gemachten Ansprüche bestanden und das bestehende Kostenrisiko aufgrund der bestehenden Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung weitgehend ausgeschlossen war. Aus dem Sachvortrag des Klägers ergibt sich, dass er sich für die Berufung entschieden und diese bis zu einem Berufungsurteil durchgeführt hätte. Dem steht nicht entgegen, dass die Grundsatzentscheidung des BGH vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 zur Herstellerhaftung nach § 826 BGB bei sittenwidrig, unzulässiger Verwendung einer Abschaltsoftware noch nicht ergangen war, so dass die vom Kläger im Vorprozess angestrebte Rechtsverfolgung mit Risiken behaftet war. Denn durch die Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung standen einem vernachlässigbarem Kostenrisiko des Klägers beträchtliche Erfolgschancen für die Durchsetzbarkeit des geltend gemachten Schadensersatzes gegenüber.
3.3. Der Einwand des Beklagten, dass der Kläger die Berufung im Vorprozess nicht bis zu einem Berufungsurteil durchgeführt hätte, sondern anstatt dessen ein Vergleichsangebot der VW AG über 1.612,20 € wegen der unsicheren Erfolgsaussichten akzeptiert hätte, greift nicht durch.
3.3.1. Der Sachvortrag des Beklagten, wonach zu erwarten gewesen sei, dass die VW AG dem Kläger in der Berufungsinstanz des Vorprozesses ein entsprechendes Vergleichsangebot unterbreitet hätte, das der Kläger auch angenommen hätte, ist unsubstantiiert. Es stellt schon eine Vermutung ohne greifbare Anhaltspunkte dar, dass die VW AG ein entsprechendes Angebot gemacht hätte. Tatsächlich erfolgte erstinstanzlich kein entsprechendes Vergleichsangebot der VW AG. Der Beklagte trägt hierzu auch nichts vor. Nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Vorprozess scheiterten Vergleichsbemühungen. Der Beklagte trägt im Übrigen lediglich pauschal vor, dass es „erfahrungsgemäß“, wie in einer Vielzahl von Fällen, nach Berufungseinlegung zu einem Vergleichsangebot der VW AG in Höhe von 5% des Kaufpreises als Wertminderung gekommen wäre. Worauf diese Erfahrung konkret gründet, teilt der Beklagte nicht mit. Der Kläger ist diesem Sachvortrag im Übrigen entgegengetreten und hat ausgeführt, dass es lediglich vereinzelt Vergleichsangebote der VW AG gegeben habe. Darauf hat der Beklagte nicht substantiiert erwidert, insbesondere weder greifbare Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass auch vorliegend ein entsprechendes Vergleichsangebot erfolgt wäre, noch einen Beweis hierfür angeboten.
3.3.2. Im Übrigen hätte die Beratung des Anwalts zu dem behaupteten Vergleichsangebot nicht dahingehend erfolgen dürfen, den Vergleich jedenfalls abzuschließen, sondern hätte die Vor- und Nachteile des Vergleichs für den Mandanten unter Darstellung der Erfolgschancen vor Gericht aufzeigen müssen. Denn im Zeitraum des Vorprozesses bestand eine nicht unerhebliche Erfolgschance für eine Durchsetzbarkeit des vom Kläger – primär – begehrten großen Schadensersatzanspruchs mit einem deutlich höheren Betrag als dem vom Beklagten behaupteten, möglichen Vergleichsbetrag, wenngleich der Kläger im Wege des großen Schadensersatzes das Fahrzeug zurückgeben hätte müssen. Dabei war infolge der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung das Kostenrisiko des Klägers gering und hätte bei den Abwägungsgesichtspunkten für die Entscheidung des Klägers allenfalls marginale Bedeutung gehabt. Vor diesem Hintergrund besteht auch keine Vermutung des beratungskonformen Verhaltens dahingehend, dass der Kläger das behauptete Vergleichsangebot angenommen hätte.
4. Die zweite Pflichtverletzung ist darin begründet, dass der Beklagte nach Ablauf der Berufungseinlegungsfrist – unstreitig wiederum ohne vorhergehende Beratung des Mandanten – eine offensichtlich unzulässige Berufung einlegte, die Kosten verursachte, ohne Zustellungsmängel oder Entschuldigungsgründe vorzutragen und ohne einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Die Berufungseinlegung des Beklagten vom 07.08.2020 im Vorprozess enthielt zu etwaigen Zustellungsmängeln betreffend die dem Beklagten auf Anfrage mitgeteilte Zustellung des Ersturteils vom 10.07.2019 oder zu Entschuldigungsgründen für die Fristversäumnis keinerlei Ausführungen. Die verfristete Berufung war wegen ihrer Unzulässigkeit aussichtslos. Ist eine Klage oder ein Rechtsmittel praktisch aussichtslos, muss der Rechtsanwalt dies klar herausstellen. Er darf sich nicht mit dem Hinweis begnügen, die Erfolgsaussichten seien offen (BGH, Urteil vom 16.09.2021 – IX ZR 165/19, NJW 2021, 3324, Rn. 29 m.w.N.). Die Einlegung einer Berufung nach Ablauf der Notfrist des § 517 ZPO und ohne Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen in die versäumte Frist stellt ohne vorangehende, eindeutige Aufklärung des Mandanten über die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels infolge von dessen Verfristung damit grundsätzlich eine anwaltliche Pflichtverletzung dar. Nur wenn der Mandant die Einlegung trotz ausdrücklicher Belehrung über deren Aussichtslosigkeit wünscht, was hier nicht der Fall war, handelt der Rechtsanwalt nicht pflichtwidrig. Es greift insoweit die Vermutung des beratungskonformen Verhaltens für den Kläger, dass er sich bei Hinweis auf die Verfristung der Berufung und damit deren Aussichtslosigkeit infolge Unzulässigkeit gegen die Berufungseinlegung entschieden hätte. Im Falle der Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung reicht auch eine bestandskräftige Deckungszusage nicht aus, um den Anscheinsbeweis des beratungskonformen Verhaltens zu erschüttern. Entscheidend dafür ist, dass eine aussichtslose Rechtsverfolgung nicht im Interesse eines vernünftig urteilenden Mandanten liegt, sondern allein dem (Gebühren-)Interesse des Rechtsanwalts dient. Hierzu wird ein vernünftig urteilender Mandant den Deckungsanspruch gegen seine Rechtsschutzversicherung nicht einsetzen (BGH a.a.O. Rn. 39).
5. Soweit der Kläger geltend macht, dass der Beklagte in erster Instanz des Vorprozesses rechtsfehlerhaft keinen Nutzungsersatz vom Kaufpreis in Abzug gebracht habe und zudem fehlerhaft Zinsen seit Kaufdatum beantragt habe, greift für den Kläger die Vermutung des beratungskonformen Verhaltens nicht ein. Insoweit besteht unter Zugrundelegung der für den Zeitraum des Vorprozesses maßgeblichen Rechtslage nach dem Beweismaß des § 287 ZPO keine haftungsausfüllende Kausalität zwischen der unterbliebenen Beratung zu den diesbezüglichen Risiken und der hypothetischen Entscheidung des Mandanten bei pflichtgemäßer Beratung aus der maßgeblichen ex ante Sicht.
5.1. Durch die Grundsatzentscheidungen des BGH vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 -, juris = NJW 2020, 1962, vom 30.07.2020 – VI ZR 354/19 -, juris = NJW 2020, 2796, und vom 30.07.2020 – VI ZR 397/19 -, juris = NJW 2020, 2806, wurde höchstgerichtlich zum Schadensumfang in den Dieselfällen entschieden, dass der auf Kaufpreiserstattung gerichtete Schadensersatzanspruch des Käufers im Wege der Vorteilsanrechnung um die vom Käufer gezogenen Nutzungsvorteile zu reduzieren ist. Mit den vorgenannten Entscheidungen vom 30.07.2020 wurde weiterhin vom BGH geklärt, dass einem Anspruch auf Deliktszinsen gemäß § 849 BGB in den Fallkonstellationen der Fahrzeuge mit Motoren des Typs EA 189 regelmäßig schon der Umstand entgegensteht, dass die Käufer als Gegenleistung für die Hingabe des Kaufpreises ein in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbares Fahrzeug erhielten, da eine Betriebsuntersagung regelmäßig nicht vollzogen wurde (BGH vom 30.07.2020 – VI ZR 354/1, Rn. 18-21 -, juris = NJW 2020, 2796, und vom 30.07.2020 – VI ZR 397/19, Rn. 20-27 -, juris = NJW 2020, 2806.
5.2. Infolge der vorgenannten Grundsatzentscheidungen des BGH war ab diesem Zeitpunkt die Geltendmachung der Kaufpreiserstattung ohne Vorteilsanrechnung um die vom Käufer gezogenen Nutzungsvorteile sowie die Geltendmachung der Deliktszinsen ab Kaufvertragsabschluss aussichtslos. Aufgrund der Rechtsprechung des BGH zu den Dieselfällen handelte der Rechtsanwalt pflichtwidrig, wenn er seinem Mandanten fortan – unter Zubilligung der üblichen Toleranzfrist von ca. 6 Wochen seit Veröffentlichung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, NJW 2009, 1593 Rn. 19; BeckOGK/Teichmann BGB § 675 Rn. 1007) – im Hinblick auf die Aussichtslosigkeit nicht davon abriet, den Schadensersatz in voller Höhe des gezahlten Kaufpreises ohne Abzug von Nutzungsersatz und die Deliktszinsen ab Kaufdatum geltend zu machen. Es streitet ab dem Zeitpunkt der klärenden Entscheidungen des BGH der Anscheinsbeweis für den Mandanten, dass er bei pflichtgemäßer Beratung von der aussichtslosen Geltendmachung der Kaufpreiserstattung ohne Vorteilsanrechnung für gezogene Nutzungen und der Geltendmachung der Deliktszinsen abgesehen hätte. Denn durch die klärenden Entscheidungen bestanden keine vertretbaren Handlungsalternativen zur Anerkennung des Vorteilsausgleichs für gezogene Nutzungen und einem Absehen der Geltendmachung von Deliktszinsen mehr. Im Falle sachgerechter Aufklärung hätte aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten ab den genannten Grundsatzentscheidungen zu den sog. Dieselfällen eindeutig diese bestimmte tatsächliche Reaktion nahegelegen, wobei im Falle der Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung auch eine bestandskräftige Deckungszusage nicht ausreicht, um den Anscheinsbeweis des beratungskonformen Verhaltens zu erschüttern (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2021 – IX ZR 165/19, NJW 2021, 3324 Rn. 36, 39). Damit haftet ein Rechtsanwalt ab diesem Zeitpunkt für die anteilig höheren Kosten und Gebühren, wenn er gleichwohl pflichtwidrig den Nutzungsabzug nicht berücksichtigt und die Deliktszinsen einklagt.
5.3. Im Zeitraum des hier streitgegenständlichen Vorprozesses (2018/2019) war die höchstgerichtliche Klärung durch den BGH indessen noch nicht erfolgt. Es zeichnete sich zwar durch eine Mehrzahl instanzgerichtlicher Entscheidungen eine Tendenz dahingehend ab, dass der BGH im Rahmen der Schadensermittlung in den Dieselfällen die Vorteilsanrechnung um die vom Käufer gezogenen Nutzungen als zutreffende Rechtsanwendung ansehen und einen Anspruch auf Deliktszinsen verneinen könnte. Dies war allerdings nicht sicher, sodass der anwaltliche Berater zwar gehalten war, den Mandanten bei Geltendmachung der vollen Kaufpreiserstattung ohne Nutzungsentschädigung und Beanspruchung der Deliktszinsen auf die hohen Risiken der Durchsetzbarkeit hinzuweisen, jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht davon abraten musste, da eine Aussichtslosigkeit der Verfolgung dieser Rechtspositionen aus der maßgeblichen ex ante Sicht vor den Grundsatzentscheidungen des BGH in den Dieselfällen nicht angenommen werden kann.
5.3.1. Besonders umstritten war bis zur Grundsatzentscheidung des BGH vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19), worin der Schaden des Erwerbers eines Fahrzeugs mit Abschalteinrichtung zu sehen sei (BeckOGK BGB § 826 Rn. 191-194 m.w.N.), wobei die Mehrheit der Instanzgerichte dahingehend entschied, dass eine Rückabwicklung unter Anrechnung des Nutzungsvorteils vorzunehmen sei. Entgegen sich einer ab 2019 einheitlich entwickelnden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, nach der der Kaufpreiserstattungsanspruch um die Nutzungen des Käufers im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu kürzen ist (OLG Brandenburg 08.07.2020 – 4 U 106/19, juris Rn 47; OLG Celle 22.01.2020 – 7 U 445/18, MDR 2020, 571 = juris Rn 59 ff; OLG Dresden 7.4.2020 – 9a U 2423/19, juris Rn 46; OLG Düsseldorf 11.3.2020 – I-18 U 184/19, juris Rn 74; OLG Frankfurt 31.03.2020 – 13 U 134/19, juris Rn 56; Staudinger/Oechsler (2021) BGB § 826 Rn. 294) gab es eine im Schrifttum vertretene, nicht unbedeutende Gegenauffassung, die dem Gläubiger durch eine Erhöhung des Schadensersatzanspruchs ökonomische Anreize liefern wollte, durch seine Klage die hinter dem Schadensersatzanspruch stehenden Marktordnungsprinzipien durchzusetzen (Staudinger/Oechsler (2021) BGB § 826 Rn. 294; Staudinger: Vorteilsanrechnung und Verzinsung im Dieselskandal, NJW 2020, 641; Wagner, AcP 206 [2006] 352, 470 f; zum sog. „Abgasskandal“: Bruns, NJW 2020, 508, 511 f; Harke, VuR 2017, 83, 90 f; Heese, VuR 2019, 123; ders. NJW 2019, 257, 261 f; Klöhn, ZIP 2020, 341, 343 ff; von Mirbach, MDR 2020, 129).
5.3.2. Auch die Frage der Deliktszinsen war umstritten. Die Mehrheit der Oberlandesgerichte verneinte zwar die Anwendung des § 849 BGB. Jedoch gab es in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auch eine Mindermeinung, die den Anspruch auf Deliktszinsen in den Dieselfällen betreffend den Motor EA 189 zubilligte (vgl. zum Meinungsstand und zu den Rechtsprechungsnachweisen die ausführliche Darstellung in: Staudinger/Oechsler (2021) BGB § 826 Rn. 287-293; ergänzend Staudinger: Vorteilsanrechnung und Verzinsung im Dieselskandal, NJW 2020, 641).
5.3.3. Da das Kostenrisiko des Klägers im Vorprozess durch Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung weitestgehend ausgeschlossen war, genügten schon geringe Erfolgsaussichten, den Mandanten dazu veranlassen, in dem Rechtsstreit die Kaufpreiserstattung ohne Vorteilsausgleichung und die Deliktszinsen zu beanspruchen (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2021 – IX ZR 165/19, NJW 2021, 3324 Rn. 38 m.w.N.). Aufgrund der bestehenden Handlungsalternativen streitet insoweit für den Kläger im hier geführten Regressprozess nicht die Vermutung des beratungskonformen Verhaltens, dass er wegen beträchtlicher Risiken bei pflichtgemäßer Risikoaufklärung die Vorteilsanrechnung berücksichtigt und von der Geltendmachung der Deliktszinsen Abstand genommen hätte. Daher kann der Kläger den Kostenschaden aus dem Vorprozess nur anteilig entsprechend der Quote ersetzt verlangen, die bei zutreffender Entscheidung in erster Instanz des Vorprozesses zu bilden gewesen wäre (s.u.).
5.3.4. Rechtsfehlerhaft und aussichtslos war es zwar, die Höhe der Deliktszinsen im Vorprozess mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu beanspruchen, anstatt mit 4% gemäß §§ 849 BGB i.V.m. § 246 BGB. Denn schon im Zeitraum des Vorprozesses war durch die Rechtsprechung des BGH, der die herrschende Lehre folgt, höchstgerichtlich geklärt, dass auf den Zinsanspruch des § 849 BGB der gesetzliche Zinssatz des § 246 BGB anzuwenden ist, der 4% beträgt (BGH, NJW 2018, 2479 Rn. 47; BGH, NJW 2008, 1084 Rn. 3; BeckOGK BGB § 849 Rn. 19; BeckOK BGB/Spindler BGB § 849 Rn. 3; Staudinger/V.weg (2015) BGB § 849 Rn. 8). Jedoch wirkt sich dies infolge des geringen Unterschieds auf die Ersatzfähigkeit des Kostenschadens entsprechend der Quote für die erste Instanz im Vorprozess nur marginal aus und kann daher im Rahmen der Schadensermittlung nach § 287 ZPO vernachlässigt werden (s.u.).
6. Der schadensersatzpflichtige Anwalt hat den Mandanten so zu stellen, wie dieser bei pflichtgemäßem Verhalten des Anwalts stehen würde. Einen erstattungsfähigen Schaden hat der Mandant in der Regel dann erlitten, wenn er einen Prozess verloren hat, den er bei sachgemäßer anwaltlicher Vertretung gewonnen hätte (BGH, NJW 2000, 1572). Für diese hypothetische Beurteilung ist maßgeblich, wie der Vorprozess nach Auffassung des Gerichts, das mit dem Regressanspruch befasst ist, richtigerweise hätte entschieden werden müssen. Dabei ist auszugehen von dem Sachverhalt, der dem Gericht des Vorprozesses unterbreitet und von diesem aufgeklärt worden wäre. Die Beweislastregeln des Vorverfahrens gelten grundsätzlich auch für den Regressprozess (BGH, NJW 2000, 1572).
6.1. Auf Grundlage der Entscheidungen des BGH im Jahr 2020 zu den sog. Dieselfällen betreffend Fahrzeuge mit dem Motor des Typs EA 189 war dem Kläger gemäß §§ 826, 31, 249 ff. BGB gegen die Herstellerin im Vorprozess ein Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen abzüglich des Veräußerungserlöses unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung im Wege des Vorteilsausgleichs zuzusprechen. Die Beklagte des Vorprozesses hat die Klagepartei vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt durch das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs, das mit einem von ihr hergestellten und entwickelten Motor aufgrund einer grundlegenden Unternehmensentscheidung ausgestattet wurde, bei dem eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Gestalt der festgestellten Umschaltlogik zum Einsatz kam. Es wird zu den Anspruchsvoraussetzungen auf die grundlegenden Urteile des BGH (Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 und vom 30.07.2020 – VI ZR 367/19 und VI ZR 397/19) Bezug genommen. Der vorliegende Sachverhalt betrifft den Motor des Typs EA 189, der den genannten Entscheidungen zugrunde liegt.
6.2. Die haftungsbegründende Kausalität war im Vorprozess gegeben. Nach der Überzeugung des Senats hätte der Kläger bei Kenntnis des Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung, die zum Zeitpunkt des Kaufs die ernsthafte und latente Gefahr des Widerrufs der Typengenehmigung in sich barg, vom Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs Abstand genommen, und zwar unabhängig von sonstigen für die Kaufentscheidung relevanten Umständen. Schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass die Klagepartei den streitgegenständlichen Pkw nicht gekauft hätte, wenn sie um die unzulässige Software und die davon ausgehende Gefahr der Betriebsuntersagung gewusst hätte; der Schaden liegt in der Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, Rn. 47 ff.).
7. Der im Regressprozess ersatzfähige Schaden beläuft sich auf insgesamt 18.988,85 €. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs erfolgt nach § 287 ZPO. Er ergibt sich aus dem im Vorprozess zuzusprechenden Hauptforderung unter Berücksichtigung der gezogenen Nutzungen bis zur mündlichen Berufungsverhandlung im Regressprozess in Höhe von 13.504,30 €, aus den außergerichtlichen Kosten des Vorprozesses in Höhe von 1.100,51 €, aus den anteilig erstattbaren Gerichts- und Rechtsanwaltskosten der ersten Instanz des Vorprozesses in Höhe von 2.174,93 €, aus den Gerichtskosten der unzulässigen Berufungseinlegung im Vorprozess in Höhe von 441 € und schließlich aus den entgangenen Prozesszinsen aus dem im Vorprozess zuzusprechenden Schadensersatzbetrag in Höhe von 1.768,11 €.
7.1. Die Höhe des im Regressprozess gemäß §§ 280 Abs. 1, 611, 675, 249 ff. BGB zuzusprechenden Betrags bemisst sich zunächst nach dem im Vorprozess durch das pflichtwidrige anwaltliche Handeln dem Mandanten verloren gegangenen Schadenersatz nach §§ 826, 249 ff. BGB in Höhe des Kaufpreises unter Anrechnung des Nutzungsvorteils, wobei die Vorteilsanrechnung für die Nutzung des PKW bis zur letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanzen im Regressprozess zu berücksichtigen ist. Danach besteht ein Anspruch in Höhe von 13.504,30 €.
7.1.1. Der rechtliche Berater, der seinem Auftraggeber wegen positiver Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat diesen durch die Schadensersatzleistung so zu stellen, wie er bei pflichtgemäßem Verhalten des rechtlichen Beraters stünde. Danach muss die tatsächliche Vermögenslage derjenigen gegenübergestellt werden, die sich ohne den Fehler des rechtlichen Beraters ergeben hätte. Das erfordert einen Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst. Hierbei ist grundsätzlich die gesamte Schadensentwicklung bis zur letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen des Regressprozesses in die Schadensberechnung einzubeziehen (BGH, Urteil vom 07.02.2008 – IX ZR 149/04, NJW 2008 Rn. 24 m.w.N.; BGH, NJW-RR 2006, 923; BGH, NJW 2015 Rn. 32).
7.1.2. Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten für Schadensersatzansprüche aller Art, so auch für Ansprüche aus § 826 BGB und für Schadensersatzansprüche wegen anwaltlicher Pflichtverletzungen (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 66 ff.; Grüneberg, BGB, vor. § 249 Rn. 76 m.w.N.). Da bei der Schadensfeststellung im Regressprozess wegen anwaltlicher Pflichtverletzungen ein Gesamtvermögensvergleich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Regressprozesses anzustellen ist, ist der Vorteilsausgleich für die Nutzungen des PKW bis zu diesem Zeitpunkt vorzunehmen und entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht lediglich bis zum Zeitpunkt einer im Vorprozess erfolgten oder zu erwartenden Entscheidung. Zwischen der anwaltlichen Pflichtverletzung der nicht erfolgten Beratung sowie der versäumten Berufungsfrist im Vorprozess und der weiteren Nutzung des PKW durch den Käufer besteht der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang (vgl. Grüneberg, BGB, vor § 249 Rn. 68 m.w.N.; BGH, NJW 2016, 2949). Wäre die Berufungseinlegung fristgerecht erfolgt und der Schadensersatz im Vorprozess entsprechend der Rechtsprechung des BGH zu den Dieselfällen betreffend den Motor EA 189 zugesprochen worden, hätte dies Zug um Zug gegen die Rückgabe des PKW erfolgen müssen. Dann hätte dem Kläger die weitere Nutzung des PKW nicht zur Verfügung gestanden. Die Anrechnung des Vorteils muss dem Zweck des Schadensersatzes entsprechen, d.h. sie darf den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht unbillig begünstigen (Grüneberg, BGB, vor § 249 Rn. 68 m.w.N.; BGH, NJW 2016, 2949). Im Regressprozess wegen anwaltlicher Pflichtverletzungen in einem Dieselfall wird der Mandant durch die Vorteilsausgleichung bis zur letzten mündlichen Tatsachenverhandlung nicht unzumutbar belastet und der pflichtwidrig handelnde Anwalt nicht unbillig begünstigt.
7.1.3. Der hier ersatzfähige Betrag von 13.504,30 € ergibt sich aus dem gezahlten Kaufpreis in Höhe von 32.244 € brutto abzüglich eines Nutzungsersatzes in Höhe von 18.739,70 € durch den Gebrauch des Fahrzeugs bis zur mündlichen Berufungsverhandlung im Regressprozess. Zu diesem Zeitpunkt, am 08.06.2022, betrug der Kilometerstand des Fahrzeugs 145.296 km. Die zu berücksichtigende Nutzungsentschädigung errechnet sich aus dem gezahlten Bruttokaufpreis für das Fahrzeug geteilt durch die voraussichtliche Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt multipliziert mit den gefahrenen Kilometern – lineare Methode (BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 80). Die zu berücksichtigende Nutzungsentschädigung beträgt demnach 18.739,70 € (= 32.244 € x 145.296 km : 250.000 km ). Der Senat schätzt die Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs unter Berücksichtigung des konkreten Fahrzeugtyps, insbesondere des Hubraums und der Leistung des Motors, des Alters des Fahrzeugs und der jährlichen Fahrleistung der Klagepartei auf 250.000 km. Der Hubraum des Motors von ca. 2,0 Litern sowie die Motorleistung von 81 KW lassen unter Berücksichtigung des Alters des Fahrzeugs und der durchschnittlichen jährlichen Fahrleistung von ca. 14.000 bis 15.000 km der Klagepartei bei einer geschätzten Gesamtlebensdauer des PKW von 20 Jahren eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km als realistisch erscheinen.
7.2. Der Kläger kann weiterhin den anteiligen Kostenschaden aus dem Vorprozess ersetzt verlangen. Dieser setzt sich zusammen aus den erstattungsfähigen Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts im Vorprozess, dem quotalen Kostenerstattungsanspruch des Mandanten gegen die Beklagte des Vorprozesses, wie er sich bei pflichtgemäß rechtzeitiger Berufungseinlegung ergeben hätte, und dem vollen Kostenschaden aufgrund der Einlegung einer offensichtlich verfristeten und damit unzulässigen Berufung im Vorprozess. Der Kläger ist aufgrund der erfolgten Rückabtretung der Rechtsschutzversicherung in Höhe der verauslagten Kosten aktiv legitimiert.
7.2.1. Der Mandant kann behaupten, der Vorprozess wäre bei pflichtgemäßem Vorgehen des Anwalts gewonnen und ihm folglich keine Kostenpflicht auferlegt worden. Hier tritt der Kostenschaden neben den Schaden, der im Verlust der Hauptsache liegt (BGH, Urteil vom 16.9.2021 – IX ZR 165/19, NJW 3324 Rn. 25).
7.2.2. Der infolge der Pflichtverletzung des Klägers haftungsauslösend kausal entstandene Kostenschaden bis zum Ende der ersten Instanz des Vorprozesses beträgt 3.275,44 €. Der Kostenschaden besteht insoweit aus dem Ersatzanspruch für die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gegenüber der Herstellerin und dem quotalen Kostenerstattungsanspruch der dem Kläger gegen die Beklagte des Vorprozesses bei rechtzeitiger Berufungseinlegung im Vorprozess zuzusprechen gewesen wäre.
7.2.3. Dem Kläger wären im Vorprozess bei pflichtgemäßem, anwaltlichem Handeln die Kosten für die außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche gegen die Herstellerin in Höhe von 1.100,51 € zugesprochen worden. Der Kläger konnte von der Beklagten des Vorprozesses – auch ohne Verzug – Erstattung von Rechtsanwaltskosten verlangen, da die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts bei einem Vorgehen gegen einen Konzern zur Durchsetzung eines deliktischen Anspruchs herausgefordert ist. Der Senat hält eine 1,3 Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG für angemessen, da es sich um ein typisiertes Standard-Anschreiben handelt und der Fall der Klagepartei keine tatsächlichen oder rechtlichen Besonderheiten aufweist. Der Gegenstandswert beläuft sich bei der vorzunehmenden Anrechnung einer Nutzungsentschädigung bei Zugrundelegung des bekannten Kilometerstandes zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der ersten Instanz des Vorprozesses auf 16.215,12 € (= 32.244 € – 16.028,88 €; 16.028,88 € = 32.244 € x 124.278 km: 250.000 km). Der Senat schätzt den Kilometerstand zum Zeitpunkt des Anspruchsschreibens gemäß § 287 ZPO auf den in der mündlichen Verhandlung erster Instanz angegeben Kilometerstand, da für frühere Zeitpunkte von der Klagepartei keine Kilometerstände mitgeteilt wurden. Daraus ergibt sich ein Erstattungsanspruch von 1.100,51 € (einschließlich Auslagenpauschale und MWSt.).
7.2.4. Nach dem Sachvortrag des Klägers betrugen die Kosten für die erste Instanz des Vorprozesses insgesamt 6.537,83 €, wie sich auch aus den Schreiben der Rechtsschutzversicherung mit den Rückabtretungen ergibt (K 14 und K 18). Nach dem klägerischen Sachvortrag sind hierin auch die Kosten der außergerichtlichen Tätigkeit des Klägers gegenüber der Herstellerin enthalten. Aus dem Schreiben der Rechtsschutzversicherung geht mangels Aufschlüsselung nichts Gegenteiliges hervor. Von dem Betrag von 6.537,83 € sind daher zunächst 1.100,51 € in Abzug zu bringen, woraus sich die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens des Vorprozesses ergeben, mithin 5.437,32 €, die von der Rechtsschutzversicherung für die Gerichts- und Anwaltskosten verauslagt und an den Kläger rückabgetreten wurden. Von diesem Betrag hätte der Kläger im Vorprozess nur einen quotalen Erstattungsanspruch gegen die Gegenseite erlangt, da er sich auch bei pflichtgemäßer Beratung für die Geltendmachung des Kaufpreises ohne Vorteilsausgleich und die Beanspruchung der Deliktszinsen entschieden hätte (s.o.). Im Berufungsurteil des Vorprozesses wäre daher für die Kosten der ersten Instanz eine Quote gemäß § 92 Abs. 1 ZPO festzusetzen gewesen. Der Kläger wäre bei zutreffender Entscheidung in erster Instanz unter Berücksichtigung des zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Landgerichts im Vorprozess bekannten Kilometerstandes und dem sich daraus ergebenden Vorteilsausgleich mit einem Betrag von 16.215,12 € erfolgreich gewesen (= 32.244 € – 16.028,88 €; 16.028,88 € = 32.244 € x 124.278 km: 250.000 km). Eingeklagt waren 32.244 €. Hinsichtlich der geltend gemachten Zinsen wäre der Kläger mit einem Betrag von 8.627,78 € unterlegen. Dieser Betrag ergibt sich aus den geltend gemachten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.02.2012 (Kaufdatum) bis zur Klageerhebung am 21.02.2018. Nach dem übereinstimmenden Parteivortrag erfolgte die Klageerhebung im Vorprozess am 21.02.2018. Ab dem 22.02.2022 wären dem Kläger Prozesszinsen nach §§ 288 Abs. 1, 291 S. 1 BGB zuzusprechen gewesen. Die Zuvielforderung der Klagepartei bei den Nebenforderungen macht in der ersten Instanz des Vorprozesses mehr als 10% des Streitwertes aus, sodass § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO keine Anwendung findet (Zöller/Herget, ZPO,33. Auflage 2020, § 92, Rn. 6). Für die erste Instanz des Vorprozesses errechnet sich daher entsprechend dem Obsiegen der Klagepartei mit 16.215,12 € und dem für die Kostenquote hier maßgeblichen Gesamtbetrag (fiktiven Streitwert) in Höhe von 40.871,78 € (= 32.244 € + 8.627,78 € eine Quote von ca. 40% zu Gunsten des Klägers, die zu einem entsprechenden Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der Gerichts- und Rechtsanwaltskosten gegenüber der Beklagten des Vorprozesses geführt hätte. Daraus errechnet sich ein zuzusprechen der Kostenschaden von 2.174,93 € (40% aus 5.437,32 €).
Der Unterschied zwischen dem, im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität, zurechenbar falschen Ansatz des Zinssatzes mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz statt mit 4% ist mit ca. 818 € bezogen auf den geltend gemachten Zinszeitraum geringfügig und fällt bei der Kostenquote für die erste Instanz des Vorprozesses nicht ins Gewicht. Es verbliebe auch insoweit bei einem Ansatz von 40% zugunsten des Klägers.
7.2.5. Als weiterer Kostenschaden ist dem Kläger durch die schuldhaft pflichtwidrige Erhebung der unzulässigen Berufung nach Ablauf der Berufungseinlegungsfrist im Vorprozess ein Schaden in Höhe von unstreitig 441 € entstanden (K 15).
7.2.6. Ersatzfähig sind die Zinsen aus dem Vorprozess, die dem Kläger bei pflichtgemäßem, anwaltlichem Handeln zuzusprechen gewesen wären (Zinsschaden). Der Kläger hat den ihm aus dem Vorprozess entstandenen Zinsschaden zusätzlich geltend gemacht. Dieser ist gemäß §§ 249, 252, 280 Abs. 1 BGB ersatzfähig. Die Vorschrift des § 252 BGB ermöglicht in Ergänzung zu § 287 ZPO eine abstrakte Schadensberechnung, weil sie gestattet, bei der Ermittlung auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge abzustellen. Der Geschädigte ist darlegungs- und beweispflichtig ist dafür, dass ihm durch das schädigende Ereignis ein solcher Gewinn entgangen ist. Er kann sich dabei auf die Behauptung und die Nachweise der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 S. 2 BGB geregelte Vermutung eingreift (BGH, Urteil vom 16.07.2015 – IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447 Rn. 49; Grüneberg, BGB, § 252 Rn. 6).
Die Verzinsung hätte sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge hier ab Rechtshängigkeit des Vorprozesses (21.02.2018) ergeben. Die Zinspflicht beginnt wegen § 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit (Grüneberg, BGB, § 291 Rn. 6); dies wäre hier also am 22.02.2018 gewesen. Die Verzinsung hätte mit der Zahlung der zugesprochenen Hauptforderung geendet. Wann das Berufungsgericht im Vorprozess entschieden hätte und eine Zahlung geleistet worden wäre, kann nur geschätzt werden. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge ist anzunehmen, dass eine Entscheidung des Berufungsgerichts im Vorprozess in Anbetracht der Auslastung der Oberlandesgerichte mit Dieselklagen und der Grundsatzentscheidung des BGH von Ende Mai 2020 frühestens bis Ende November 2020 erfolgt wäre, also ca. ein halbes Jahr nach der Grundsatzentscheidung, wie auch vom Erstgericht im Regressprozess angenommen, und eine Zahlung frühestens daraufhin geleistet worden wäre. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wäre daher die Verzinsung ohne die anwaltliche Pflichtwidrigkeit bis mindestens Ende November 2020 erfolgt.
Der Betrag, aus dem die Prozesszinsen zu zahlen gewesen wären, ergibt sich wie folgt: Bei einem linearen Verlauf des Vorteilsausgleichs für Nutzungen des PKW, der in den sogenannten Dieselfällen nach der Rechtsprechung des BGH zugrunde gelegt werden kann, ist der im Vorprozess verzinsliche Betrag aus dem arithmetischen Mittel zwischen dem Schadensersatz zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit und dem Schadenersatz zum Zeitpunkt der mündlichen Berufungsverhandlung des Vorprozesses anzusetzen. Der Senat legt im Wege der Schätzung folgende Kilometerstände ausgehend von den mitgeteilten Kilometerangaben zu den nächstliegenden Zeitpunkten zugrunde: gerundet 124.000 km für den Zeitpunkt der Klageerhebung im Vorprozess und gerundet 136.000 km für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Berufungsverhandlung. Daraus ergibt sich ein Betrag in Höhe von 16.251 €, der im Zeitpunkt der Klageerhebung im Vorprozess berechtigt gewesen wäre (16.251 € = 32.244 € – 15.993 €; 15.993 € € = 32.244 € x 124.000 km: 250.000 km) und ein Betrag in Höhe von 14.703 €, der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Berufungsverhandlung im Vorprozess berechtigt gewesen wäre (14.703 € = 32.244 € – 17.541 €; 17.541 € = 32.244 € x 136.000 km: 250.000 km). Hieraus errechnet sich ein arithmetisches Mittel in Höhe von 15.477 €. Die Zinsen aus diesem Betrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins für den Zeitraum vom 22.02.2018 bis 30.11.2020 betragen 1.768,11 €.
8. Die im Regressprozess auszusprechende Verzinsung beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Der Kläger kann Prozesszinsen, aber keine Verzugszinsen beanspruchen. Zwar liegt in dem Schreiben vom 15.01.2021 (K 19) als Reaktion auf das Anspruchsschreiben vom 24.11.2020 mit Fristsetzung (K 17) die ernsthafte und endgültige Verweigerung des Schadensersatzes durch den Regressschuldner. Jedoch beinhaltete das Anspruchsschreiben mit einer Gesamtforderung in der Hauptsache in Höhe von 25.265,37 € eine nicht nur unerhebliche Zuvielforderung, insbesondere wegen des geltend gemachten vollen Kostenschadens aus dem Vorprozess und der Vorteilsausgleichung durch Nutzung des PKW nur bis zum Ende des Vorprozesses, so dass der Verzug damit nicht begründet werden konnte (vgl. Grüneberg, BGB § 286 Rn. 20 m.w.N.). Die Verzinsung besteht daher ab Rechtshängigkeit der Regressklage (Zustellung am 29.03.2021), somit vom 30.03.2021 bis 08.06.2022 aus einem Betrag in Höhe von 19.472,26 €. Der verzinsliche Betrag ist der Betrag, der sich aus dem Nutzungsabzug vom Kaufpreis entsprechend dem Kilometerstand im Zeitpunkt der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung im Regressprozess (13.987,71 €) zuzüglich der übrigen, unveränderten Schadensposten (1.100,51 €, 2.174,93 €, 441 € und 1.768,11 €) ergibt. Der Betrag von 13.987,71 € errechnet sich wiederum entsprechend der linearen Methode für den Nutzungsabzug (= 32.244 € – 18.256,29 €; 18.256,29 € = 32.244 € x 141.548 km: 250.000 km). Der Betrag in Höhe von 19.472,26 € entspricht schätzungsweise dem arithmetischen Mittel der verzinslichen Beträge für den Zinszeitraum vom 30.03.2021 bis 08.06.2022. Ab dem 09.06.2022 sind die Zinsen aus 18.988,85 € zuzusprechen.
9. Der vom Erstgericht zugesprochene Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten im Zusammenhang mit dem Regress ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen auch die durch das Schadensereignis, das den Regress begründet, erforderlich gewordenen vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten. Bei Fällen wie dem vorliegenden, die nicht einfach gelagert sind, ist jedenfalls das Honorar bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren erstattungsfähig (BGH, Urteil vom 16.07.2015 – IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447 Rn. 55). Der erstinstanzlich zugesprochene Anspruch übersteigt diesen Betrag nicht. Die Verzinsung des Nebenanspruchs war indessen erst ab Rechtshängigkeit auszusprechen, §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
10. Der Annahmeverzug mit der Rücknahme des PKW kann nicht festgestellt werden, da der Kläger durchgängig bis zur mündlichen Verhandlung im Regressprozess die Zahlung eines deutlich höheren Betrags verlangt hat, als er hätte beanspruchen können, insbesondere wegen des geltend gemachten vollen Kostenschadens aus dem Vorprozess und der Vorteilsausgleichung durch Nutzung des PKW nur bis zum Ende des Vorprozesses. Ein zur Begründung von Annahmeverzug auf Seiten der Beklagten geeignetes Angebot ist unter diesen Umständen nicht gegeben (BGH, Urteil vom 30.07.2020 VI ZR 397/19, NJW 2020, 2806 Rn. 30; BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 85).
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO für die erste Instanz und auf §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO für die zweite Instanz. Für die erste Instanz ergibt sich eine Kostentragungspflicht des Klägers von 24% und des Beklagten von 76%. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz hätte der Kläger mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 19.472,26 € in der Hauptsache obsiegt (s.o.). Der vom Kläger in der Hauptsache erstinstanzlich begehrte Betrag war mit einem Streitwert in Höhe von 25.666,34 € festzusetzen, wie im Ersturteil zutreffend erfolgt. Für das Berufungsverfahren besteht eine Kostentragungspflicht des Klägers von 22% und des Beklagten von 78%. Der Kläger gewinnt in der Hauptsache mit 18.988,85 €. Der in der Berufungsinstanz streitbefangene Betrag in der Hauptsache besteht in Höhe der erstinstanzlich zugesprochenen Hauptforderung in Höhe von 24.369,85 €, die der Beklagte mit seiner Berufung angegriffen hat.
2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Beschwer durch das Berufungsverfahren liegt für die Parteien jeweils unter 20.000 €.
3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die streitentscheidenden Fragen sind (zwischenzeitlich) durch die Rechtsprechung des BGH geklärt.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens war gemäß §§ 47, 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO mit 24.369,85 € festzusetzen.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben