Handels- und Gesellschaftsrecht

Schadensersatzansprüche aus einem abgeschlossenen Verwertungs- und Vermarktungsvertrag

Aktenzeichen  29 O 3129/14

Datum:
8.5.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 52498
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 134, § 177 Abs. 2 S. 2,§ 242, § 323 Abs. 5, § 628 Abs. 2,   § 826
GmbHG § 2 Abs. 1
HGB § 125

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 25.000.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I. Die zulässige Klage hat unter keinem rechtlichen Aspekt Erfolg.
1. Die Behauptung der Beklagten, dass die Klageerweiterung unzulässig sei, da die Klägerin tatsächlich überschuldet und nicht in der Lage, im Falle ihres Unterliegens an die Beklagte die erstattungsfähigen Kosten zu zahlen sei, greift nicht durch. Die Klägerin hat eine Überschuldung bestritten. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat hierzu keinen weiteren Vortrag gemacht. Schon deshalb kann die Einwendung nicht durchgreifen. Jedenfalls liegt auch nicht der Fall eines vorgeschobenen insolventen Gläubigers vor, um den Kostenerstattungsanspruch der Beklagten von Anfang an auszuhebeln. Die Klägerin ist tatsächlich Inhaberin der geltend gemachten Forderung. Auch aus diesem Grunde bestehen keine Zulässigkeitsbedenken.
2. Die Klage scheitert nicht schon an einer fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin. Soweit die Beklagte einwendet, dass die Klägerin nicht Inhaberin der streitgegenständlichen Forderung sei, geht ihre Behauptung ins Leere. Eine Abtretung der streitgegenständlichen Forderung an einen Prozessfinanzierer hat die Klägerin bestritten. Die Beklagte als darlegungs- und beweisbelastete Partei hat weder eine Abtretung noch eine Prozessfinanzierung zur Überzeugung des Gerichts vorgetragen noch bewiesen.
3. Der Klägerin steht jedoch kein Schadensersatzanspruch in Höhe von 25 Mio. Euro wegen Nichterfüllung des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages (Anlage K 2) i.V.m. § 280 BGB zu. Der Vertrag ist nach Überzeugung des Gerichts nicht wirksam zustande gekommen.
Das Gericht hat insoweit in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2019 darauf hingewiesen, dass die Kammer an dem im Beschluss vom 20.11.2017, Ziff. 3 erteilten Hinweis nicht mehr festhalte. In dem Beschluss hieß es (Bl. 546 d.A.): „Das Gericht weist gemäß § 139 ZPO darauf hin, dass es an dem im Hinweis vom 07.12.2016 geäußerten Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit des streitgegenständlichen Verwertungs- und Vermarktungsvertrages im Hinblick auf die Vertretungsmacht der Zeugin … nicht mehr festhält.“ Die Abstandnahme von dem Beschluss erfolgte vor dem Hintergrund des Sachverständigengutachtens von … Anders als die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 26.03.2019 schreibt, war die Abkehr von dem Hinweis logisch und vorhersehbar. Der zuvor erteilte Hinweis ließ sich mit dem Sachverständigengutachten von … nicht vereinbaren. Die Zurücknahme des Hinweises diente daher nur der Klarstellung. Insoweit ist unklar, warum die Klägerin von einem „überraschenden Sinneswandel des Gerichts“ spricht und Unklarheiten rügt. Der Klägerin wurde ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Befragung des Sachverständigen gegeben. Eine Stellungnahmefrist auf den erteilten Hinweis des Gerichts hat die Klägerin nicht beantragt. Ihre Einwendungen im Schriftsatz vom 26.03.2019 sind daher nicht nachvollziehbar. Der Klägerin stand es frei bis zur Verkündung einer Entscheidung weitere rechtliche Ausführungen zu machen. Solche werden und wurden von Seiten des Gerichts berücksichtigt.
a) Hinsichtlich des allein von der Präsidentin der Beklagten unterschriebenen Vertragsexemplar des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages vom 21.10.2011 kann die Klägerin nichts für sich herleiten. Zum einen handelt es sich bei der Präsidentin der Beklagten, Frau … nicht um ein vertretungsberechtigtes Organ der Beklagten. Zum anderen hat die Klägerin dies selbst erkannt und deshalb das Vertragsexemplar nicht unterschrieben. Der Verwertungs- und Vermarktungsvertrag vom 21.10.2011 ist damit nicht wirksam zustande gekommen.
b) Der Verwertungs- und Vermarktungsvertrag vom 28.10.2011/12.11.2011 (Anlage K 2) ist nach Überzeugung des Gerichts ebenfalls unwirksam, da die Beklagte nicht wirksam durch ihre Vorsitzende, … vertreten wurde. Auf die weiteren – von der Beklagten – gerügten Wirksamkeitshindernisse kommt es damit nicht an.
aa) Nach § 86 S. 1, 1. Hs. BGB findet auf Stiftungen die Vorschrift des § 26 BGB grundsätzlich entsprechende Anwendung. Nach § 26 Abs. 1 S. 3 BGB kann der Umfang der Vertretungsmacht (des Vereinsvorstands) durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden. Diese Beschränkung wirkt grundsätzlich auch gegenüber gutgläubigen Geschäftspartnern (Ellenberger, in: Palandt, BGB, 78. Aufl., § 86, Rn 1). Auch aus dem Stiftungszweck können sich Beschränkungen der Vollmacht ergeben (Ellenberger, in: Palandt, ebd. m.w.N.). Eine derartige Beschränkung sieht die Satzung der Beklagten in § 15 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1, 2 (Anlage LS 5) vor. Das Alleinvertretungsrecht der Vorsitzenden des Vorstands der Sitzung beschränkt sich auf den Zweck der Stiftung, § 15 Abs. 2 S. 1, 2 der Satzung. Ausweislich § 2 Abs. 1 der Satzung verfolgt sie „ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts ‚Steuerbegünstigte Zwecke‘ der Abgabenordnung“ (vgl. Anlage LS 5). Die damaligen Vorsitzenden des Vorstands der Beklagten, Frau … konnte die Beklagte beim Abschluss des Verwertungs- und Vermarktungsvertrag nicht wirksam vertreten, da der Verwertungs- und Vermarktungsvertrag gegen den Stiftungszweck „Verfolgung gemeinnütziger Zwecke“ verstößt. Der Verwertungs- und Vermarktungsvertrag ist nach Überzeugung der Kammer jedenfalls mit dem Ausschließlichkeitsgebot § 56 AO und dem Unmittelbarkeitsgrundsatz nach § 57 AO unvereinbar. Eine Vertragsdurchführung würde nach Überzeugung der Kammer zur Aufhebung der Gemeinnützigkeit der Beklagten während des Zeitraums der Durchführung des Vertrages führen und damit gegen den Satzungszweck verstoßen. Darauf, dass es sich bei den Vertretungsregelungen nicht um ein Verbotsgesetz nach § 134 BGB handelt, kommt es entgegen dem Klägervortrag nicht an. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Vertretungsregelungen ergeben sich gerade aus § 179 BGB und nicht aus § 134 BGB.
(1) Die Kammer hat insoweit die Feststellungen, Ergebnisse bzw. Berechnungen des Gutachters … nachgeprüft und ist nach eigener Prüfung zu dem gleichen Ergebnis wie der Gutachter gekommen. Zentrale Voraussetzung der Steuerbegünstigung ist die Selbstlosigkeit, d.h. eine vorrangig altruistische Ausrichtung der Körperschaft. Gewinne dürfen nicht als primäres Ziel angestrebt, aber erwirtschaftet werden. Dadurch entstandene wirtschaftliche Reserven bleiben für die steuerbegünstigten Zwecke gebunden, von Holt/Koch, Gemeinnützige GmbH, 3. Auflage 2015, Rn. 194.
Voraussetzung für die Steuerbegünstigung ist u.a., dass die Organisation ausschließlich steuerbegünstigte satzungsmäßige Zwecke anstrebt/fördert (Ausschließlichkeitsgrundsatz). Die eigentliche Zielsetzung der Organisation muss im Ergebnis hierauf ausgerichtet sein. Vermögensverwaltung und gewerbliche Betätigungen dürfen nicht Selbstzweck sein, sondern sind dem eigentlichen Ziel unterzuordnen. Verstoßen wird gegen diesen Grundsatz insbesondere im Falle einer dauerhaften Unterstützung gewerblicher Aktivitäten (z.B. längerfristige Verlustübernahmen) oder der Ausstattung eines Nichtzweckbetriebs mit der zeitnahen Verwendungspflicht unterliegenden Mitteln.
Die Körperschaft muss selbst steuerbegünstigt tätig werden (Unmittelbarkeitsgrundsatz). Hierzu bestehen folgende Ausnahmen:
-Die Körperschaft kann Hilfspersonen einschalten, wenn deren Handeln aufgrund der vertraglichen und tatsächlichen Umstände der Körperschaft wie eigenes Handeln zugerechnet werden kann. Eine solche Hilfspersonentätigkeit kann auch durch eine gemeinnützige oder gewerbliche Tochtergesellschaft der Körperschaft erbracht werden.
-Wenn die Satzung dies ausdrücklich vorsieht, kann die Tätigkeit einer Körperschaft darauf beschränkt werden, Mittel für andere steuerbegünstigten Organisationen zu sammeln und zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke weiterzuleiten (Förderkörperschaft), von Holt/Koch, Gemeinnützige GmbH, 3. Auflage 2015, Rn. 195, 196.
Das Unmittelbarkeitsgebot nach § 57 AO ist bei Durchführung des streitgegenständlichen Verwertungs- und Vermarktungsvertrags (Anlage K 2) verletzt. Die Klägerin kann nicht als Hilfsperson angesehen werden, da sie die Voraussetzung einer Hilfsperson nicht erfüllt. Sie ist aufgrund des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages nicht als verlängerter Arm der Stiftung anzusehen. Dies ergibt sich daraus, dass nach § 1 Abs. 1 S. 2 des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages (Anlage K 2) die Rechte an den von der Stiftung entwickelten Produkten, Zertifikaten, Dienstleistungen, Projekte, Lösungen und Prozessoptimierungen jeglicher Art dauerhaft und exklusiv von der Klägerin erworben und auf diese übertragen werden. Diese Rechtseinräumung wird in § 2 des streitgegenständlichen Vertrages konkretisiert und erstreckt sich auf sämtliche bestehenden als auch zukünftigen Produkte, Produkt- bzw. Projektergebnissen, Waren, Dienstleistungen, Prozesslösungen, Zertifikaten, sonstigen Services, Diagnose- und Therapiemethoden etc. Die Stiftung ist als Hüterin der Qualität zur Fortentwicklung der Versorgungskonzepte, Produkte, Projekte, Zertifikate, Lösungen etc. nach §§ 3 Abs. 1, Abs. 3 S. 2, 8 des Verwertungs- und Vermarktungsvertrags (Anlage K 2) verpflichtet. Im Ergebnis sieht der Verwertungs- und Vermarktungsvertrag die Übertragung sämtlicher Rechte an allen Produkten etc. der Beklagten vor, ohne dass die Stiftung auf diese weiteren Einfluss nehmen kann. Ein Weisungsrecht der Beklagten ist insoweit nicht vorgesehen, welches Voraussetzung für das Vorliegen einer Hilfsperson wäre.
Auch ein Betrieb über eine Förderkörperschaft, Zweckbetrieb, ist hier – auf Grundlage des streitgegenständlichen Verwertungs- und Vermarktungsvertrages – im Rahmen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes nicht möglich. Dies ergibt sich daraus, dass die Beklagte für eine Verwendung der von ihr an die Klägerin exklusiv, unbeschränkt und unbegrenzt zur Verfügung gestellten Produkte nur eine Lizenzgebühr erhält. Bei dieser Lizenzgebühr handelt es sich jedoch nur um einen geringen Teil der mit den aus der Sphäre der Gemeinnützigkeit stammenden Produkten erzielten Einnahmen. Hinzu kommt, dass sich die Beklagte in §§ 3, 8 des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages weiter verpflichtet hat, diese an sie ausbezahlte Lizenzgebühr für eine Fortentwicklung und Sicherstellung der Qualitätsstandards einzusetzen.
Das Steuerprivileg der Beklagten Gemeinnützigkeit ist darauf beschränkt, dass sie ihre Mittel zur ausschließlichen Förderung gemeinnütziger Zwecke einsetzt. Dies ist in der streitgegenständlichen Vertragskonstruktion insoweit nicht umgesetzt, als die Beklagte sich im Rahmen des Vertrages der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin unterordnet und sich verpflichtet, deren auf Gewinn ausgerichteten Geschäftsbetrieb (Anlage LS 12) zu fördern, indem sie die Mittel aus der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin mittelbar dieser wieder zur Verfügung stellen muss, durch Fortentwicklung ihrer Produkte. Weiter verliert die Beklagte durch die endgültige und unbeschränkte Rechteüberlassung an die Klägerin jegliche Möglichkeit, ihre Produkte auf Dauer selbst für ihre satzungsmäßigen Zwecke zu nutzen. Die Beklagte ist damit in den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Klägerin eingebunden, fördert mithin die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin mittelbar und unmittelbar und begibt sich damit gleichzeitig der Möglichkeit der Verfolgung ihrer eigenen satzungsmäßigen Zwecke. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin – wie oben ausgeführt – gerade kein wirtschaftlicher Zweckbetrieb oder Hilfsperson der Beklagten ist.
Bei der Rechteüberlassung handelt es sich nach Überzeugung der Kammer auch nicht um eine zulässige vermögensverwaltende Maßnahme, da anders als in den in der Publikation von … aufgeführten Beispielen es sich bei der Rechteübertragung nicht um einen zulässigen Nebeneffekt handelt, sondern die wirtschaftliche Verwertung der Rechte der Klägerin dauerhaft und ausschließlich ohne weitere Zugriffsmöglichkeit der Beklagten zur Verfügung gestellt werden. Eine reine Vermögensverwaltung liegt insoweit nicht vor.
Vor diesem Hintergrund schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen … vom 20.02.2019 (Bl. 847/864 d.A.) an.
(2) Die Kammer hat in ihrer Prüfung das Sachverständigengutachten von … vom 20.02.2019 (Bl. 847/864 d.A.) sowie die mündliche Einvernahme des Sachverständigen zu seinem schriftlichen Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2019 der eigenen Entscheidung zugrunde gelegt. Das Gutachten wurde zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und mit den Parteivertretern erörtert.
Der Sachverständige hat sich in seinem Gutachten – entsprechend der Beweisbeschlüsse vom 21.12.2017 (Bl. 580/582 d.A.), Beschluss vom 12.03.2018 (Bl. 647/650 d.A.), Beschluss vom 31.07.2018 (Bl. 742/744 d.A.) und ergänzenden Beschluss vom 13.09.2018 (Bl. 765/767 d.A.) – mit der von der Klägerin als Anlage K 241 eingereichten Publikation der … und StB Gesellschaft sowie mit dem von der Beklagten als Anlage LS 6 vorgelegten Gutachten von … und dem von Beklagtenseite als Anlage LS 7 vorgelegten Gutachten von … auseinandergesetzt und hierzu Stellung genommen.
An der Qualifikation und Kompetenz des gerichtlich beauftragten Sachverständigen bestehen keine Zweifel. Der Sachverständige erklärte auf die Rüge der Klägerin, dass er fünf Jahre Mitglied des Verfahrensrechtsausschusses der Bundessteuerberaterkammer gewesen sei. Er habe zehn Jahre lang gemeinnützige Stiftungen als Wirtschaftsprüfer überprüft. Er sei außerdem fünf Jahre lang Vorsitzender des Steuerausschusses der … gewesen. Er sei heute noch Mitglied des Ausschusses für Handelsrecht der Bundessteuerberaterkammer. Schon seine Qualifikation als Steuerberater hätte im Übrigen ausreicht, zur Erstellung des Gutachtens. Der Sachverständige erklärte weiter (Protokoll v. 13.03.2019, S. 6), dass er zu demselben Ergebnis gekommen wäre, wenn er das Gutachten von … nicht gekannt hätte. Er habe versucht, im Rahmen seiner beruflichen Erfahrung eine objektive Aussage zu treffen zum Beweisthema. Er habe dabei weder Rücksicht genommen auf … oder auf andere vorgelegte Stellungnahmen. Er habe sich eigenständig aufgrund seiner beruflichen Erfahrungen ein Bild gemacht. Die Kammer erachtet daher die Rüge der Klägerin wegen fehlender Qualifikation des Gutachters im Bereich des Gemeinnützigkeitsrechts von Stiftungen für unbegründet.
… ist dem Gericht seit vielen Jahren als hochqualifizierter Gutachter in allen Steuerberaterfragen bekannt, der schwierige Fragen zuverlässig, nach wissenschaftlichem Standard und sachkundig beantworten kann. Beeinträchtigungen seiner Neutralität sind bisher nicht bekannt geworden. Der Sachverständige wurde im Übrigen nicht von der Kammer oder dem Beklagtenvertreter ausgewählt, sondern von der … als möglicher Sachverständiger vorgeschlagen (Bl. 597/598 d.A.). … zeichnet sich durch gründliche Vorgehensweise und Dokumentation nach wissenschaftlichen Vorgaben, präzise und prägnante Umsetzung und Bewertung von steuerrechtlichen Fragen aus.
In der mündlichen Verhandlung am 13.03.2019 wurde der Sachverständige auf Antrag der Klagepartei ergänzend zu seinem schriftlichen Gutachten befragt. Die Parteien hatten Gelegenheit, bestehende Unklarheiten aufzulösen und sämtliche Fragen an den Sachverständigen zu stellen. Der Sachverständige beantwortete alle Fragen stringent, nachvollziehbar und ausführlich. Auch in der mündlichen Verhandlung bestätigte der Sachverständige die Ergebnisse seines schriftlichen Gutachtens und konnte Einwendungen und Nachfragen des Gerichts und der Parteien nachvollziehbar und überzeugend entkräften.
Das Gericht hat daher keine Zweifel an der Zuverlässigkeit, Qualifikation und Kompetenz des Sachverständigen und somit an der Richtigkeit des Ergebnisses des Sachverständigengutachtens.
Die Kammer hält das Gutachten für vollumfänglich überzeugend und hat hiergegen keinerlei rechtliche Bedenken. Es ist bestens geeignet, um der Kammer bei der Prüfung der streitgegenständlichen Rechtsfrage zusätzliches Wissen zu verschaffen.
Die Einwände der Klägerin greifen nicht durch. Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass der Gutachter keine eigene Sachverständigenbeurteilung vorgenommen habe, sondern sich ehrlich und offensichtlich stark an den zwei Parteigutachten der Beklagten orientiert, ist dies nicht nachvollziehbar. Genauso wenig ist zu beanstanden, dass der Gutachter „im Wege einer äußerst unüblichen „Abstimmungsentscheidung“ ohne weitere, nachvollziehbare Begründung für das Gutachten Herrn … „votiert“ (Schriftsatz der Klägerin vom 06.03.2018, Bl. 892 d.A.). Der Sachverständige erklärte zu diesem Vorwurf in der mündlichen Verhandlung, dass er sich auf der Grundlage des Beweisbeschlusses des Gerichts mit den Gutachten von … und … auseinandergesetzt habe. Die beiden Gutachten hätten keinen Einfluss auf seine Entscheidung und Beurteilung in dieser Angelegenheit gehabt. Er hätte genauso entschieden und dieselbe Beurteilung abgegeben, wenn diese beiden Gutachten nicht vorgelegen hätten. Diese Antwort wiederholte der Gutachter in der Verhandlung vom 13.03.2019 nochmals zu einem späteren Zeitpunkt.
Der Gutachter erklärte ergänzend, dass er vor der Begutachtung und während der Begutachtung und im Zusammenhang mit der Begutachtung keinerlei Kontakt zu der Stiftung oder zu Mitgliedern des Vorstands der Beklagten oder sonstigen Entscheidungsträgern der Beklagten gehabt habe. Es habe lediglich zwei Anrufe von Rechtsanwalt S. gegeben, wenn er denn fertig werden würde. Es habe aber keinerlei Gespräche zur Sache gegeben. Er schreibe seit über 15 Jahren Gutachten für Amtsgerichte, Landgerichte und Oberlandesgerichte und wisse, wie er sich zu verhalten habe. Er habe auch vor dieser Begutachtung und im Zusammenhang mit der Begutachtung mit der … nichts zu tun gehabt.
Die Kammer hat an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen … keinerlei Zweifel. Der Sachverständige nahm die Bedenken der Klägerseite ernst, setzte sich mit ihnen auseinander und konnte sie zur Überzeugung der Kammer widerlegen. Auch waren die Antworten des Sachverständigen trotz mehrfacher wiederholter Nachfragen in sich stimmig und widerspruchsfrei. Der Sachverständige trat der Unterstellung der Klageseite entschieden entgegen, dass er nur aufgrund der Parteigutachten der Beklagtenseite zu einer Gemeinnützigkeitsschädlichkeit des streitgegenständlichen Vertrages gekommen sei. In diesem Zusammenhang erschien der Gutachter auch ehrlich verwundert darüber, dass die Klägerseite ihm unterstellte, über den Auftrag des Gerichts hinaus, eigene Sacherwägungen angestellt zu haben. Die Klageseite hat in ihrem Schriftsatz vom 06.03.2019 und auch noch in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2019 verkannt, dass es gerade auch der Auftrag der Kammer war, sich mit dem von der Beklagtenseite vorgelegten Gutachten von … auseinanderzusetzen (vgl. Beweisbeschluss vom 13.09.2018 (Bl. 765/767 d.A.)).
Das Gericht war auch zur Einholung eines Sachverständigengutachtens berechtigt. Ein Verstoß gegen den iura novit curia Grundsatz liegt nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs u.a. BGH, Urteil v. 27.11.1998, V ZR 344/97, BGH, Urteil v. 11.11.1987, IVa ZR 143/86 ist gegen die Einholung und Verwertung eines steuerrechtlichen Gutachtens grundsätzlich nichts einzuwenden. Der BGH führt insoweit aus (BGH, Urteil v. 11.11.1987, IV a ZR 143/86, juris Rn. 12: „In Schadensersatzprozessen gegen steuerliche Berater bedienen sich die Tatrichter teilweise der sachverständigen Hilfe eines Steuerrechtsfachmanns. Die hiergegen im Schrifttum erhobenen Bedenken (Tipke NJW 1976, 299 Geimer in Zöller ZPO 15. Aufl. § 293 Rdn. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 45. Aufl. §§ 293 Anm. 1) sind im Endergebnis nicht begründet. Das Steuerrecht hat sich heute zu einem Spezialgebiet entwickelt. Die sachgerechte Beurteilung steuerrechtlicher Fragen erfordert nicht nur wirtschaftliches Verständnis, sondern auch Kenntnis der Grundsätze des kaufmännischen Rechnungswesens. Dies kann die Zuziehung eines sachverständigen Beraters rechtfertigen und u.U. sogar als geboten erscheinen lassen. Der Richter ist allerdings verpflichtet, Rechtsausführungen des Sachverständigen im vollen Umfang nachzuprüfen.“ Das Vorgehen der Kammer begegnet insoweit keine Bedenken. Insoweit ist es auch unbeachtlich, dass der Gutachtenauftrag auf Antrag des Beklagtenvertreters ausgeführt worden ist und dessen Vorschlag zur Beauftragung der … aufgegriffen worden ist. Der letztendlich beauftragte Gutachter wurde – wie bereits dargestellt – gerade von der … vorgeschlagen und nicht vom Beklagtenvertreter. Insoweit geht auch die Anmerkung der Klägerin im Schriftsatz vom 11.03.2019 (Bl. 898 d.A.) fehl, dass Herr … vom … eine geeignete Person für einen Gutachtenauftrag gewesen wäre. Auf die zitierten Ausführungen des Gutachters im Hinblick auf den Vorwurf seiner fehlenden Eignung und Neutralität wird insoweit verwiesen.
Die Zweifel der Klägerin an der Sachkunde des Gutachters wegen fehlender Kenntnis der Handhabung der hier streitigen Problematik beim zuständigen … gehen ebenfalls ins Leere. Der Gutachter hat zwar in der mündlichen Verhandlung praktische Erfahrungen mit der … verneint, dies spielt aber nach Überzeugung des Gerichts keine Rolle. Bei den streitgegenständlichen Normen der Abgabenordnung handelt es sich um Bundesrecht. Die hier streitigen Fragen sind daher bundeseinheitlich zu bewerten und nicht bundeslandspezifisch. Vor diesem Hintergrund spielt eine Kenntnis oder Unkenntnis der Handhabung der Finanzverwaltung Gütersloh keine Rolle. Auch ist nach Aussage des Sachverständigen die Kenntnis des Vorstehers eines Finanzamts oder des Sachbearbeiters regelmäßig nicht von Vorteil, sondern stellt eher einen Malus dar.
Soweit die Kläger zuletzt mit Schriftsatz vom 11.03.2019 bzw. in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2019 einwenden, dass sich der Gutachter nicht damit auseinandergesetzt habe, dass die Stiftung bereits vor Jahren vor dem streitgegenständlichen Vertragsschluss Produkte mit Stiftungsmitteln entwickelt habe mit dem Ziel, sich als sozialer Unternehmer zu vermarkten, ist die Schlussfolgerung der Klägerin nicht zutreffend. Der Gutachter erklärte hierzu auf Nachfrage des Geschäftsführers der Klägerin … dass er sein Gutachten auf Basis des Akteninhalts erstellt habe. Aus der Akte sei für ihn nicht ersichtlich, dass die Stiftung vor dem hier zu beurteilenden Vertrag schon Produkte entwickelt und verkauft habe. Es sei für ihn auch nicht ersichtlich, dass die Finanzverwaltung bisher das Verhalten der Stiftung als gemeinnützigkeitsschädlich in Frage gestellt hätte. Ob die Stiftung vorher anderweitig tätig geworden sei und wie dies zu qualifizieren sei, sei nicht Gegenstand seines Auftrags gewesen. Die Behauptung der Klägerin, dass die Beklagte bereits vor Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages sich gemeinnützungsschädlich verhalten habe, erfolgte erstmals mit Schriftsatz vom 11.03.2019. Unabhängig von einer Präklusion nach § 296 ZPO ist der Vortrag der Klägerin erkennbar vage. Die Klägerin versäumt es auszuführen, welche konkreten Handlungen der Beklagten gemeinnützigkeitsschädlich gewesen sein sollen. Jedenfalls ist die Beklagte bis heute unstreitig als gemeinnützige Stiftung anerkannt. Eine Aufhebung der Gemeinnützigkeit gab es nicht. Die Ausführungen der Klagepartei erfolgen daher ins Blaue hinein.
Das Gutachten ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sich der Gutachter im Rahmen seines Sachverständigengutachtens nicht mit der Satzung der Beklagten vom 04.06.2009 auseinandersetzt. Diese Satzung wurde dem Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2019 nach einvernehmlicher Entlassung des Gutachters übergeben. Der Gutachter erläuterte hierzu in der mündlichen Verhandlung, dass er sich an den ihm erteilten Auftrag halte und insbesondere keine eigenen Ermittlungen anstelle. Dass er damit nicht die Satzung vom 04.06.2009 seinem Gutachten zugrunde legte, hat den nachvolllziehbaren Grund, dass diese Satzung nicht Bestandteil der Akten im Zeitpunkt der Begutachtung war. Jedenfalls ergibt sich auch aus dieser Satzung nach Überzeugung des Gerichts keine abweichende Beurteilung. Die hier maßgeblichen Satzungsbestandteile, insbesondere §§ 2, 15, stimmen in beiden Versionen vollständig überein.
Das Gutachten des Sachverständigen ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil er sich bei seiner Gutachtenerstellung Urteile und Publikationen aus dem Jahr 2012 bedient hat. Die Klägerin hat selbst durch die Aufführung des Anwendungserlasses des Bundesfinanzministeriums vom 17.01.2012 ihre rechtlichen Ausführungen auch auf das Jahr 2012 erstreckt. Die maßgeblichen Rechtsnomen haben sich im Übrigen nicht in dem in Rede stehenden Zeitraum geändert. Der Sachverständige hat hierzu erklärt, dass er als maßgeblichen Zeitpunkt seiner Prüfung auf den 28.11.2011 abgestellt hat. Daran ändert sich auch nicht deshalb etwas, weil er in seinem Gutachten auf eine Entscheidung des BFH abgestellt hat, die erst nach dem 28.11.2011 ergangen ist. Die Entscheidung vom 23.02.2012, Az.: V R 59/09, hat der Gutachter lediglich bei der Auslegung des § 56 AO berücksichtigt. Dies ist nicht zu beanstanden. Die Bezugnahme auf die Parteigutachten aus 2018 ist ebenfalls – wie bereits dargestellt – unschädlich, da dies Teil des Sachverständigenauftrages des Gerichts war.
Teil des Gutachtens war auch nicht die Frage, ob die Beklagte vor Unterzeichnung des Vertrages eine ausreichende eigene Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Gemeinnützigkeitsrecht durchgeführt hat, insoweit musste und durfte der Sachverständige nicht darauf eingehen, welche Prüfungen/Beauftragungen von Kanzleien etc. vor Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages stattgefunden haben.
Der Gutachter setzte sich auch mit kritischen Nachfragen der Klägervertreterin u.a. mit dem von ihm zitierten Urteil des BFH, Urteil v. 23.02.2012, Az.: V R 59/09, auseinander und legte dar, dass es in seinem Gutachten nicht um das Thema Betriebsaufspaltung gegangen sei. Er habe die Entscheidung im Zusammenhang mit dem Ausschließlichkeitsgrundsatz, § 56 AO, zitiert.
Soweit die Klägerin sich darauf stützt, dass der Gutachter sich nicht damit auseinandergesetzt habe, wie eine mit der Gemeinnützigkeit der Beklagten vereinbare Vermarktung funktionieren würde, übersieht die Klagepartei, dass dies nicht Teil des Gutachtenauftrags gewesen ist. Insoweit hat der Gutachter die Klägerin zu Recht darauf hingewiesen, dass diese ihn gerne für eine entsprechende Beratung beauftragen könne. Der Sachverständige erläuterte hierzu weiter, dass sich die Stiftung einer Hilfsperson bedienen könne, um Einnahmen zu generieren. Die Hilfsperson müsse aber als verlängerter Arm der Stiftung fungieren. Man hätte z.B. innerhalb der Stiftung eine gemeinnützige GmbH gründen können. Entscheidend sei, dass die Mittel, die aus einem gemeinnützigen Zweck generiert werden, auch wieder an die Stiftung für gemeinnützige Zwecke zurückfließen.
Die Behauptung, dass sich der Gutachter mit den Rechtsfolgen des Verstoßes gegen die Gemeinnützigkeit nicht auseinandergesetzt habe, ist nicht nachvollziehbar. Zum einen war dies nicht Bestandteil des Gutachtenauftrags. Der Gutachter sollte nur prüfen, ob der Abschluss des streitgegenständlichen Verwertungs- und Vermarktungsvertrags für die Beklagte zu einer Aufhebung der Gemeinnützigkeit führen würde. Nicht zu prüfen war, ob diese Aufhebung dauerhaft oder nur für einen Veranlagungszeitraum gewesen wäre. Der Gutachter stellte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2019 unabhängig davon klar, dass die Gemeinnützigkeit aus seiner Sicht solange aufgehoben worden wäre, wie der streitgegenständliche Verwertungs- und Vermarktungsvertrag von den Parteien umgesetzt werde.
Die Auseinandersetzung mit dem Lizenz-Rahmenvertrag (Anlage LS 30) war ebenfalls vom Gutachter mangels entsprechendem Gutachtenauftrag nicht geschuldet. Der Gutachter hat sich gleichwohl in der mündlichen Verhandlung dahin gehend geäußert, dass dieser Vertrag besser geeignet gewesen wäre, die Gemeinnützigkeitsschädlichkeit zu beseitigen. Dieser Entwurf hätte nach seiner Auffassung berechtigte Chancen gehabt, von der Finanzverwaltung als nicht gemeinnützigkeitsschädlich anerkannt zu werden.
Das Gericht legt das Gutachten des Sachverständigen … vom 20.02.2019 (Blatt 847/864 d.A.) seiner Entscheidung und Prüfung zu Grunde und kommt daher zu dem Ergebnis, dass der Vermarktungs- und Verwertungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist.
bb) Eine Genehmigung des unwirksamen Vertrages ist auch nicht durch die Übergabe der Rechte an allen kommerziell vermarktbaren Arbeitsergebnissen durch die Beklagte an die Klägerin am 30./31.07.2012 (Anlage K 3) oder durch Übergabe des Zertifikats für einen sog. „Schlaganfall-Test-Koffer“ (Protokoll gem. Anlage K 4) erfolgt. Es fehlt schon jeder Vortrag der Klägerin dazu, dass die Personen, die von Seiten der Beklagten die Dateien und Dokumente übergeben haben, zur Abgabe einer derartigen Erklärung überhaupt berechtigt gewesen wären und einen entsprechenden Rechtsbindungswillen gehabt hätten. Im Übrigen würde eine derartige Erklärung – aus den oben genannten Gründen – ausscheiden, weil auch eine solche Genehmigung außerhalb des Satzungszweckes liegen würde und insoweit keine Vertretungsmacht bestünde. Aus den unter aa) aufgeführten Gründen wäre daher auch die behauptete Genehmigung unwirksam.
cc) Die Behauptung der Klägerin, dass der Vermarktungs- und Verwertungsvertrag durch den übergeordneten Stifterwillen von … geheilt worden sei, geht an der Sache vorbei.
Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es Wunsch und Wille der Beklagten – einschließlich der Vorstandsvorsitzenden … oder … und der Präsidentin der Beklagten … – im Zeitpunkt des Abschlusses des streitgegenständlichen Verwertungs- und Vermarktungsvertrages war, sich als sozialer Unternehmer zu etablieren. Nach Überzeugung des Gerichts besteht dieser Wille der Beklagten bis heute fort, wie das Angebot des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten … in der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2016 zeigt (Bl. 273 d.A.). Der Aufbau eines sozialen Unternehmens sollte jedoch unter Vorbehalt des Stiftungszwecks insbesondere im Rahmen der Gemeinnützigkeit erfolgen. Dies wird schon an der Präambel des streitgegenständlichen Verwertungs- und Vermarktungsvertrag deutlich. So heißt es: „Die Stiftung möchte die Verwertung ihrer Produkte exklusiv dem Unternehmen [der Klägerin] übertragen, um entsprechend dem satzungsgemäßen Stiftungszweck die Entwicklungen am Gesundheitsmarkt aktiv zu fördern und die Weiter- und Neuentwicklung von Produkten für den Gesundheitsmarkt zu forcieren.“ Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, war aber eine Umsetzung mit dem streitgegenständlichen Verwertungs- und Vermarktungsvertrag ohne Verletzung des Stiftungszwecks nicht möglich. Insoweit kann dies auch nicht durch einen Stifterwillen geheilt werden. Für eine Umsetzung des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages in Kenntnis seiner Gemeinnützigkeitsschädlichkeit gibt es auf Seiten der Parteien keine Anhaltspunkte. Dies wird auch aus dem Schreiben der vormaligen Klägervertreterin vom 11.02.2013 (Anlage K 11) deutlich: „Ich weise in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, wie auch schon immer von meiner Mandantin geschehen, das es selbstverständlich zu keinem Zeitpunkt der Entwicklung des Vermarktungsvertrages intendiert war, die Gemeinnützigkeit der Stiftung zu gefährden, sondern vielmehr ein finanziell lohnenswertes Modell für die Stiftung im Gesundheitsmarkt zu etablieren.“ Aus den vorgenannten Gründen scheidet auch der Einwand der Klägerin nach § 242 BGB aus. Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten ist nicht ersichtlich. Dieses kann auch nicht in einer fehlenden Prüfung der Gemeinnützigkeitsschädlichkeit durch die Beklagte gesehen werden. Dies könnte allenfalls eine Haftung wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB nicht aber eine Wirksamkeit des Vertrages begründen. Hinzu kommt, dass die Klägerin auch über Ansprüche aus § 179 BGB ausreichend geschützt ist.
dd) Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass die Beklagte zu einer Anpassung des Vermarktungs- und Verwertungsvertrages nach § 11 Abs. 3 S. 2 verpflichtet gewesen wäre, folgt ihr das Gericht nicht. Entsprechend der salvatorischen Klausel soll statt der unwirksamen Bestimmung dasjenige gelten, was die Parteien nach dem ursprünglich angestrebten Zweck unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise redlicherweise vereinbart hätten. Nach Überzeugung der Kammer ist der streitgegenständliche Vertrag nicht im Rahmen der salvatorischen Klausel anpassungsfähig. Nach Überzeugung der Kammer wären insbesondere der Vertragsgegenstand § 1 Abs. 1 S. 1, die Rechteeinräumung § 2, die Mitwirkungspflichten § 3 und die Entwicklungs- und Qualitätssicherheit § 8 abzuändern, um eine Vereinbarkeit mit der Gemeinnützigkeit zu erreichen. Eine derartige Anpassung ist jedoch nicht von der salvatorischen Klausel gedeckt, da es dabei nicht um die Abänderung einer einzelnen Klausel geht, sondern um eine grundlegende Änderung des Vertragskonstrukts in seinen wesentlichen Bestimmungen zu Rechten und Pflichten der Vertragspartner. Diese wäre von dem ursprünglich abgeschlossenen Verwertungs- und Vermarktungsvertrag vollständig losgelöst. Im Ergebnis müsste ein neuer, vom ursprünglichen Vertragsinhalt unabhängiger Vertrag geschlossen werden, der von den alten Vertragsbestimmungen erheblich abweichen würde. Eine derart weite Anpassungspflicht ist mit der salvatorischen Klausel nicht vereinbar. Dies zeigt sich auch an § 11 Abs. 3 S. 1 des Vermarktungs- und Verwertungsvertrages, der auf die Anpassung einzelner Bestimmungen dieses Vertrages abstellt und nicht auf die Grundlagen des Vertrages. Hier ist weiter zu beachten, dass eine solche Anpassung nicht im Wege eines blue pencil Tests oder im Wege eines Ersatzes einzelner Klausel möglich wäre, sondern letztendlich neue Verhandlungen zwischen den Parteien notwendig wären. Die Frage einer nur teilweisen Rechteübertragung kann beispielsweise durch eine Teilübertragung, zeitliche Begrenzung, erhöhte Mitsprachemöglichkeiten oder Weisungsrechte der Beklagten etc. gelöst werden. Eine einseitige Anpassung durch die Parteien oder einen Dritten ist gerade nicht möglich.
4. Soweit der letzte Klägervortrag dahin gehend verstanden werden soll, dass sich die Klägerin hilfsweise auf einen Schadensersatzanspruch wegen vorvertragliche Pflichtverletzung der Beklagten im Hinblick auf eine fehlende Prüfung der Vereinbarkeit des Verwertungs- und Vermarktungsvertrag mit den gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB berufen will, geht auch dies ins Leere.
Nach Überzeugung des Gerichts war der Prüfungsumfang der Beklagten hinsichtlich des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages sowohl der Klägerin als auch der Beklagten bekannt.
Auf die Einwendung von Andreas Rickert mit E-Mail vom 10.10.2011: „Ich würde noch einmal die gemeinnützigkeitsrechtlichen Aspekte überprüfen. Dann es wird ja hier mit gemeinnützigem Geld eine Basis für eine For-profit-Organisation (wenn auch mit vertraglich festgelegtem Gewinnabfluss) gelegt. Ich bin aber kein wirklicher Experte, so dass ich ggf. eine Gefahr sehe, die nicht vorhanden ist.“ entgegnete die Zeugin F. … E-Mail vom 10.10.2011: „Die von Herrn … adressierten Fragen sind so grundsätzlich, dass wir – wenn das auch Ihre Meinung ist, die ich nicht kenne – wieder bei Schritt 1 stünden. (Bedeutung der Machbarkeitsstudie für Investorenansprache, neuer Finanzierungsstrom steuerrechtlich in alle Richtungen durchgeprüft, Antworten auf Krisenkommunikation, etc.).“ (Anlage K 21). Die fehlende Prüfung der Vereinbarkeit mit den gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften war daher auch … in ihrer Position als Geschäftsleiterin der Beklagten und späteren Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Klägerin bekannt. Dieses Wissen ist der Klägerin insoweit nach § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen. Ein schützenswertes Vertrauen kann hierauf nicht begründet werden.
Schon aus diesem Grunde scheiden Ansprüche der Klägerin aus einer vorvertraglichen Pflichtverletzung der Beklagten aus. Unabhängig davon, ob man die Prüfung der Vereinbarkeit des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages mit dem Gemeinnützigkeitsrecht als Pflicht der Beklagten ansehen würde, war der vorgenommene Prüfungsumfang der damaligen Geschäftsleiterin der Beklagten … bekannt, da sie die Prüfung der steuerrechtlichen Fragen gesteuert hat (Anlage LS 10, K 1, K 22, K 21, K 51, K 53). Das Wissen von … ist der Klägerin nach § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen, da … Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Klägerin ist bzw. war. Ein Vertrauensschutz im Hinblick auf eine behauptete Pflichtverletzung der Beklagten scheidet mithin aus.
Darauf ob die Pflichtverletzung tatsächlich vorliegt oder der Schaden substantiiert vorgetragen worden ist, kommt es mithin nicht an.
5. Die Klägerin kann auch keinen vorvertraglichen Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den Nichtabschluss des Rahmen-Lizenzvertrages (Anlage K 57 bzw. LS 30) nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB für sich herleiten.
Der Abschluss des Rahmen-Lizenzvertrages war nach Überzeugung der Kammer nicht gesichert. Vielmehr handelt es sich bei dem Rahmen-Lizenzvertrag nur um ein im Entwurfsstadium steckengebliebenes Konstrukt. Dies zeigt insbesondere das Schreiben der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 05.02.2013 (Anlage K 9). In diesem Schreiben berühmt sich die Klägerin eines Anspruchs auf Erfüllung des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages mit der Ankündigung von Schadensersatzansprüchen für den Fall der Nichterfüllung: „Nachdem Ihrerseits offensichtlich die Erfüllung es abgeschlossenen Vertrages [Vertrag Anlage K 2] in Frage gestellt wird, habe ich Sie aufzufordern unverzüglich zu erklären, dass der Vertrag auch von Seiten der … jedenfalls erfüllt wird. Der Vollständigkeit halber weise ich darauf hin, dass meiner Mandantschaft alle aufgrund der angekündigten Vertragspflichtverletzung entstehenden Schäden zu ersetzen sein werden. […] Auch insoweit ist meine Mandantin – wie auch schon in der Vergangenheit – gerne bereit einen Vorschlag über denkbare Anpassungen des bestehenden Vertrages zu prüfen.“ Die Klägerin bzw. deren damalige anwaltliche Vertreterin erwähnt am 05.02.2013 zu keinem Zeitpunkt, dass eine Bereitschaft der Klägerin zur Unterschrift des Rahmen-Lizenzvertrages besteht. Es wird lediglich angekündigt, dass ein Vorschlag zu Abänderung des abgeschlossenen Verwertungs- und Vermarktungsvertrages geprüft werden würde. In einem weiteren Schreiben vom 11.02.2013 (Anlage K 11) der vormaligen Klägervertreterin heißt es weiter: „Es bestand im Übrigen immer Einigkeit, dass der Vertragsentwurf eines Lizenz-Rahmenvertrages zur Vorlage bei der Finanzverwaltung die Wirksamkeit des abgeschlossenen und bestehenden Vertrages nicht berührt. So haben die beiden Seiten und insbesondere meine Mandantin immer erklärt, dass sie gerne bereit ist, im Rahmen des bisherigen partnerschaftlichen Zusammenwirkens, den der Finanzverwaltung am 20.12.2012 zugestellten und am 26.02.2013 abschließend zu begutachtenden Vertragsentwurf in das bestehende Vertragsverhältnis aufzunehmen.“ Die Klägerin stellt daher die Unterschrift unter den Rahmen-Lizenzvertrag unter den Vorbehalt, dass dieser in den streitgegenständlichen Verwertungs- und Vermarktungsvertrag integriert wird. Auch dies ist aber aus den angeführten Gründen nicht möglich. Bei dem Rahmen-Lizenzvertrag handelt es sich nicht um eine Abänderung des Verwertungs- und Vermarktungsvertrages, da sich die Vertragsdokumente fundamental voneinander unterscheiden. Ferner ist die Bereitschaft, einen Vorschlag zu prüfen nicht mit dessen Abschluss gleichzusetzen. Insoweit kann die Klägerin kein Vertrauen auf den Abschluss des Rahmen-Lizenzvertrages für sich in Anspruch nehmen, wenn sie selbst nicht von einem gesicherten Abschluss ausging, wie die dargestellte Korrespondenz zeigt.
Es fehlt weiter an einer schlüssigen Schadensdarlegung, worauf das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2019 hingewiesen hat (Bl. 928 d.A.). Die Klägerin macht mit ihrer Klage einen Erfüllungsschaden geltend. Dieser ist jedoch vom Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 249 BGB nicht umfasst. Im Falle eines cic-Anspruches ist ein Schadensersatzanspruch auf das negative Interesse (Vertrauensschaden) beschränkt. Der Gläubiger ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht auf die Gültigkeit des Geschäfts vertraut hätte; er kann Rückgängigmachung des Vertrages verlangen oder am Vertrag festhalten und zusätzlich Schadensersatz beanspruchen, Grüneberg, in Palandt, a.a.O., Vorb v § 249 Rn. 17. Die Klägerin macht mit ihrer Klage einen Erfüllungsschaden geltend und beruft sich darauf, dass durch die Nichtdurchführung des Verwertungs- und Vermarktungsvertrag ihr ein Schaden von mindestens 182 Mio. Euro entstanden sei. Dies sei der Wert der Klägerin, der durch die Nichtdurchführung des Vertrages vernichtet sei. Soweit die Klägerin zunächst einen Schaden in Höhe von 6.000,00 Euro für die Einschaltung eines Finanzmaklers im Rahmen der Investorensuche geltend macht (Anlage K 12), handelt es sich hierbei zwar um negatives Interesse. Ein Vortrag, dass die Suche eines Investors im Vertrauen auf den Abschluss des Rahmen-Lizenzvertrages erfolgt ist, fehlt jedoch. Ein Vertrauensschaden im Hinblick auf den Nichtabschluss des Rahmen-Lizenzvertrages ist daher zur Überzeugung der Kammer nicht substanttiert dargelegt und bewiesen.
6. Die Klägerin kann auch keine Haftung der Beklagten aus einem Überschreiten der Vertretungsmacht nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB für sich herleiten. Zum einen fehlt es an der Pflichtverletzung, da die Beklagte kein Vertrauen für ein Handeln im Rahmen ihrer Vertretungsmacht in Anspruch genommen hat. Wie bereits ausgeführt, gingen im Zeitpunkt des Abschlusses des streitgegenständlichen Verwertungs- und Vermarktungsvertrages beide Seiten davon aus, dass der Vertrag gemeinnützigkeitsunschädlich sei. Die Klägerin geht im Übrigen bis heute von einer Gemeinnützigkeitsunschädlichkeit aus. Schon dies schließt eine Haftung für ein Überschreiten der Vertretungsmacht aus. Die Vertretungsgrenzen der Organe der Beklagten waren allen Beteiligten bekannt. Die Klägerin ist zudem über § 179 BGB ausreichend geschützt. Zum anderen fehlt es – wie bereits oben dargelegt – an dem erforderlichen Schaden. Die Klägerin könnte allenfalls einen Vertrauens- und nicht einen Erfüllungsschaden geltend machen. Dies hat die Klägerin nicht getan.
II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
III. Der Streitwert wurde in Höhe der Leistungsklage festgesetzt.


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