IT- und Medienrecht

Bauaufsichtliche Anordnungen zur Entfernung von Bildschirmen

Aktenzeichen  W 4 K 18.1051

Datum:
12.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 53499
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 54 Abs. 2 S. 2
BayBO Art. 50 Abs. 1

 

Leitsatz

Zudem gilt, dass dann, wenn für den vermeintlichen Baugenehmigungsantragsteller – wie hier der Klägerin aufgrund des Anhörungsschreibens vom 16. Februar 2018 – ohne Weiteres ersichtlich ist, dass er von der Behörde als Bauherr behandelt wird, es ihm obliegt, seine im Bauantrag zum Ausdruck gebrachte Bauherrenschaft ggf. durch unverzügliche schriftliche Anzeige eines Bauherrnwechsels gemäß Art. 50 Abs. 1 S. 5 BayBO ändern zu lassen (BayVGH, B.v. 29.6.2017 – 9 CS 17.962). (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist zulässig, aber unbegründet.
Der Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO fehlt insbesondere nicht das Rechtsschutzbedürfnis, da die Beklagte auch nach Anzeige eines Bauherrenwechsels beabsichtigt, aus dem streitgegenständlichen Bescheid gegen die Klägerin vorzugehen. Eine Erledigung ist folglich nicht eingetreten. Im Übrigen ist der Bescheid vom 19. Juli 2018 in Ziffer 3. i.V.m. Ziffer 6. rechtmäßig, soweit die Klägerin verpflichtet wird, die Bildschirme zu entfernen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Verpflichtung der Klägerin, die Bildschirme zu entfernen, welche der Übertragung von Sportereignissen dienen, findet ihre Rechtsgrundlage in der Auflage in Ziffer II. 7. der Baugenehmigung vom 1. Oktober 2015 (Bl. 64 d.A.). i.V.m. Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde in Wahrnehmung ihrer Aufgabe, über die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften und der aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen zu wachen, die erforderlichen Maßnahmen treffen. Dies betrifft insbesondere – wie im vorliegenden Fall betreffend die Anordnung der Entfernung der Bildschirme – die Umsetzung von Auflagen zur Baugenehmigung (Simon/Busse, BayBO, Stand: Okt. 2018, Art. 54 Rn. 53).
Die Klägerin konnte auch als Bauherrin in Anspruch genommen werden. Insbesondere ist die Bauherreneigenschaft nicht beendet infolge der Fertigstellung des Vorhabens. Dies ist zwar regelmäßig der Fall, wenn eine Anlage benutzbar und bezugsfertig ist, nicht jedoch dann, wenn noch offene Auflagen zu erfüllen sind (Simon/Busse, BayBO, Stand: Okt. 2018, Art. 78 Rn. 22). Da neben der hier streitgegenständlichen Auflage unter Ziffer II. 7. der Baugenehmigung vom 1. Oktober 2015 noch weitere Auflagen nicht umgesetzt waren, ist hier nicht von einer Fertigstellung des Vorhabens auszugehen. Die Durchsetzung der Anforderungen aus der Baugenehmigung vom 1. Oktober 2015 erfolgt demnach grundsätzlich gegenüber der Bauherrin, d.h. der Klägerin, die den Bauantrag gestellt hat.
Die Bauherreneigenschaft ist zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt auch nicht als erloschen bzw. auf die … … GmbH übergegangen anzusehen. Hierbei ist zunächst davon auszugehen, dass vorliegend der entscheidungserhebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts nach Ansicht der Kammer nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts ist, sondern vielmehr der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Der für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsakts maßgebliche Zeitpunkt beurteilt sich nach dem materiellen Recht (BVerwG, U.v. 31.3.2004 – BVerwG 8 C 5.03 – juris Rn. 35), wobei dies bei der Anfechtungsklage im Allgemeinen und vorbehaltlich abweichender Regelungen des materiellen Rechts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist (BVerwG, B.v. 4.7.2006 – BVerwG 5 B 90.05 – juris Rn. 6). Gegenstand der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist die Rechtmäßigkeit des Behördenhandelns, hier des Handelns der Beklagten. Anders als der Klägerbevollmächtigte meint, liegt auch kein Dauerverwaltungsakt vor, dessen Regelungsinhalt sich ständig aktualisiert und bei dem man eine abweichende Beurteilung des entscheidungserheblichen Zeitpunkts zugrunde legen könnte. Davon wäre allenfalls dann auszugehen, wenn die streitgegenständliche Anordnung mit einer Nutzungsuntersagung der Wettannahmestelle einherginge. Gerade dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Die Anordnung der Entfernung der Bildschirme führt ebenso wie die Durchsetzung der anderen Auflagen der Baugenehmigung nicht zu einer Nutzungsuntersagung des Betriebs an sich, sondern zielt nur auf punktuelle Veränderungen, die den Betrieb der Wettannahmestelle an sich unberührt lassen. Insofern ist es im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung nicht von Bedeutung, dass die … … GmbH mit Schreiben vom 17. Januar 2019 gegenüber der Beklagten einen Bauherrenwechsel anzeigt. Dies beeinflusst die Einschätzung der Beklagten als Bauaufsichtsbehörde, die Klägerin als verantwortliche Bauherrin in Anspruch nehmen zu können, zu Recht nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem zugrunde liegenden materiellen Recht. Denn wie die Regelung in Art. 50 Abs. 1 S. 5 BayBO zeigt, geht der Gesetzgeber zwar nicht davon aus, dass die Anzeige des Bauherrenwechsels zwingende Voraussetzung eines Wechsels, d.h. konstitutiv ist. Öffentlichrechtlich wird der Bauherrenwechsel jedoch erst mit der Anzeige durch den neuen Bauherren wirksam (Simon/Busse, BayBO, Stand: Okt. 2018, Art. 50 Rn. 78 m.w.N.).
Die Beklagte konnte demgemäß die Klägerin als Bauherrin in Anspruch nehmen bei der Umsetzung der Auflagen zur Baugenehmigung vom 1. Oktober 2015, da der Beklagten keine Anzeige eines Bauherrenwechsels nach Art. 50 Abs. 1 Satz 5 BayBO vorlag und sie auch nicht aufgrund anderer Hinweise der Klägerin von einem solchen ausgehen musste. Zudem gilt, dass dann, wenn für den vermeintlichen Baugenehmigungsantragsteller – wie hier der Klägerin aufgrund des Anhörungsschreibens vom 16. Februar 2018 – ohne Weiteres ersichtlich ist, dass er von der Behörde als Bauherr behandelt wird, es ihm obliegt, seine im Bauantrag zum Ausdruck gebrachte Bauherrenschaft ggf. durch unverzügliche schriftliche Anzeige eines Bauherrnwechsels gemäß Art. 50 Abs. 1 S. 5 BayBO ändern zu lassen (BayVGH, B.v. 29.6.2017 – 9 CS 17.962 – juris Rn. 13). Das ist hier unterblieben. Die Klägerin hat auf das Anschreiben und die Anhörung durch die Beklagte im Schreiben vom 16. Februar 2018 nicht reagiert.
Da die Beklagte ihr Ermessen im Rahmen der streitgegenständlichen Anordnung ordnungsgemäß ausgeübt hat (§ 114 S. 1 VwGO), ist Ziffer 3. des Bescheids der Beklagten vom 19. Juli 2018 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
2. Die Klage bleibt auch ohne Erfolg, soweit die Klägerin sich gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 6. des streitgegenständlichen Bescheids wendet. Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1 und 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 Abs. 1 und 5 VwZVG.
Die Zwangsgeldandrohung steht insbesondere hinsichtlich ihrer Höhe mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,00 EUR und höchstens 50.000,00 EUR. Nach Satz 2 dieser Norm soll das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen, wobei nach Satz 4 der Vorschrift das wirtschaftliche Interesse nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen ist. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles und die persönlichen Verhältnisse des Pflichtigen zu berücksichtigen. Eine Begründung für die geschätzte Höhe des wirtschaftlichen Interesses ist regelmäßig nicht erforderlich (BayVGH, B.v. 16.9.2010 – 1 CS 10.1803 – juris Rn. 23 m.w.N.). Um den nötigen Nachdruck zu erzielen, soll das Zwangsgeld so bemessen werden, dass der Pflichtige keinen Vorteil aus der Nichterfüllung der Anordnung ziehen kann. Hierbei ist ein Betrag von 2.000,00 EUR geeignet.
Gemäß Art. 36 Abs. 1 VwZVG müssen Zwangsmittel schriftlich angedroht werden, wobei für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen ist, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Diesen Vorgaben entspricht die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 6. in Zusammenschau mit Ziffer 3. des streitgegenständlichen Bescheids. Der Klägerin steht ab dem Zeitpunkt, in dem der Bescheid vollziehbar wird, ein für die Erfüllung der aufgegebenen Verpflichtung ausreichender Zeitraum zur Verfügung. Es ist ihr möglich und zumutbar, die Verpflichtung bis zum Ablauf dieser Frist zu erfüllen (vgl. Engelhart/App, VwVG – VwZG, 9. Aufl. 2011, § 13 Rn. 3).
3. Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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