IT- und Medienrecht

Die konkludent vereinbarte Beschaffenheit von PKW beim Gefahrübergang im Kaufrecht

Aktenzeichen  23 O 25/16

Datum:
2.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
LSK – 2016, 113610
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Coburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 434 Abs. 1 S. 1, § 437 Nr. 2, Nr. 3, § 280 Abs. 1 S. 2, § 323 Abs. 5, § 346 Abs. 2 Nr. 1, § 476
ZPO § 67, § 287, § 756

 

Leitsatz

1. Bei der Frage, ob eine Beschaffenheit vereinbart ist, muss sich der Inhalt einer vereinbarten Beschaffenheit nicht lediglich aus den schriftlichen Vertragsunterlagen ergeben, sondern kann auch konkludent und stillschweigend erfolgen zB aus der Beschreibung der Eigenschaften des Gegenstandes bei Vertragsschluss durch den Verkäufer oder aus den Anforderungen des Käufers an den Gegenstand, denen der Verkäufer zustimmt. (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einem Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung wird die Erheblichkeit des Mangels indiziert (ebenso BGH NJW 2013, 1365 (1366)). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 25.424,76 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.01.2016 Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw der Marke Ford Grand CMAX Business EDITION 2. (C-MAX EWS5), Fahrzeug-Nr: …, sowie weitere 1.358,86 € zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 16.01.2016 mit der Rücknahme des in Ziffer 1. genannten Pkw in Annahmeverzug befindet.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention, die die Streithelferin zu tragen hat.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 26.311,50 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises (26.790,- €) und der Zulassungskosten (135,- €) abzüglich gezogener Nutzungen (1.500,24 €) Zug um Zug gegen Rückgabe des gekauften Pkw sowie auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren (1.358,86 €), §§ 434, 437 Nr. 2 u. 3, 440, 323, 346, 284, 280 BGB. Darüber hinaus war festzustellen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet.
I.
A. Der vom Kläger gekaufte Pkw ist mangelhaft. Gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Dies war vorliegend nicht der Fall.
1. Das Gericht ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass zwischen den Parteien eine Beschaffenheit des Fahrzeugs dergestalt vereinbart war, dass das Fahrzeug über einen Parkassistenten mit akustischer und optischer Parkhilfe verfügen sollte. Auf Seite 2 der verbindlichen Bestellung des Fahrzeugs durch den Kläger vom 18.08.2015 (Anlage K 1) ist unter dem Punkt „Sonderausstattung“ vermerkt, dass das Fahrzeug zu einem zusätzlichen Aufpreis von 270,00 € brutto über einen Parkassistenten verfügen sollte. Zwar ist der Beklagten insoweit zuzustimmen, dass sich aus dieser schriftlichen Vereinbarung nicht ergibt, wie konkret diese Parkassistentfunktion ausgestaltet sein sollte. Es ist jedoch unstreitig, dass der in dem Fahrzeug verbaute Parkassistent über eine akustische und eine optische Parkhilfsfunktion dergestalt verfügt, dass beim Anfahren an ein Hindernis die am Fahrzeug befindlichen Parksensoren den Fahrer sowohl über einen akustischen Piepton als auch über eine optische Anzeige auf dem Bildschirm warnen, wobei die rückwärtigen Parksensoren nur beim Einlegen des Rückwärtsganges aktiviert werden. Darüber hinaus hat auch die Zeugin Anders, für das Gericht völlig nachvollziehbar, glaubhaft, widerspruchsfrei und ohne irgendwelchen erkennbaren Be- oder Entlastungseifer dargelegt, dass man sich vor Bestellung des Pkw verschiedene Fahrzeuge angeschaut habe, u. a. auch den letztendlich gekauften. Sie hätten sich für diesen entschieden, weil dieser über Einparksensoren verfüge. Bei der Besichtigung des Fahrzeugs konnte damit auch vom Kläger festgestellt werden, dass die Sonderausstattung „Parkassistent“ konkret bedeutet, dass das Fahrzeug sowohl optische als auch akustische Warnsignale abgibt. Dieser konkrete in den Fahrzeugen des Typs Ford Grand CMAX Business EDITION 2. mit Sonderausstattung Parkassistent verbaute Assistent mit optischer und akustischer Einparkhilfe war somit zwischen den Vertragsparteien konkret vereinbart. Zudem hat die Zeugin Anders auf Nachfrage bestätigt, dass im Rahmen des Verkaufsgesprächs und der Frage, welches der verschiedenen zur Verfügung stehenden Fahrzeuge den Vorstellungen des Klägers und der Zeugin am besten entspricht, Gesprächsthema auch war, dass die Einparkhilfe optische und akustische Signale gibt. Dies hat sie nachvollziehbar damit begründet, dass sie bei lediglich akustischem Signal nicht einschätzen kann, wo gerade die engste Stelle ist, wenn es rundherum eng ist. Dann kämen die Töne von verschiedenen Seiten und das akustische Signal würde sich bei Bewegen des Fahrzeugs ständig ändern. Ohne die optische Unterstützung könne sie nicht richtig zuordnen, wo es gerade zu eng sei.
Bei der Frage, ob eine Beschaffenheit vereinbart ist, ist zu berücksichtigen, dass sich der Inhalt einer vereinbarten Beschaffenheit nicht lediglich aus den schriftlichen Vertragsunterlagen ergeben muss, sondern auch konkludent und stillschweigend erfolgen kann, z. B. aus der Beschreibung der Eigenschaften des Gegenstandes bei Vertragsschluss durch den Verkäufer oder aus den Anforderungen des Käufers an den Gegenstand, denen der Verkäufer zustimmt. Soweit die Beklagte meint, dass die Einparksensoren ja funktionieren würden und mit der Zurverfügungstellung auch einer optischen Einparkhilfe die Beklagte überobligatorisch und ohne entsprechende Vereinbarung geleistet habe, ist ihr Vortrag abwegig. Selbstverständlich hat die Beklagte geleistet, wozu sie verpflichtet war. Der Parkassistent, der im streitgegenständlichen Pkw unstreitig eingebaut und damit auch als Option „Parkassistent“ vereinbart war, besteht aus einer akustischen und einer optischen Hilfsfunktion.
2. Die Zeugin Anders hat darüber hinaus für das Gericht glaubhaft bestätigt, dass das Problem mit dem Ausfall des Notfallassistenten und der optischen Einparkhilfe relativ schnell nach der Übergabe des Fahrzeugs aufgetreten sei. Sie schilderte, dass das Problem umso häufiger auftrete, umso mehr man das Fahrzeug bewege. Das Problem trete nur auf, wenn man das Fahrzeug starte und zwar mindestens einmal wöchentlich. Wenn sie das Fahrzeug aber am Tag mehrfach (zwischen 5 und 7mal) bewege, dann trete es schon täglich auf, u. a. auch mehrfach. Den Mangel beschrieb die Zeugin so, dass sich zunächst beim Starten des Fahrzeugs das Handy über Bluetooth mit dem Pkw verbinde. Es komme dann eine Sprachnachricht, dass eine Verbindung hergestellt wurde und dass der Notrufassistent ausgeschaltet sei. Gleichzeitig erscheine im Display im Normalfall ein Fenster, wo man den Notrufassistenten ein- oder ausschalten könne. Wenn der Fehler auftrete, käme nach dem Starten des Fahrzeugs weder die Sprachnachricht noch das Fenster im Display, um den Notrufassistenten ein- oder auszuschalten. Wenn man dann den Rückwärtsgang einlege, erscheine auch das Fahrzeugsymbol des Parkassistenten nicht. Sie könne zwar nicht beurteilen, ob beides miteinander zusammenhänge. Es sei aber jedenfalls so, dass in der Regel auch der optische Parkassistent nicht funktioniere, wenn der Notrufassistent nicht funktioniere.
Vom Vorliegen des Mangels hat sich das Gericht auch durch Inaugenscheinnahme der vom Kläger vorgelegten Videos überzeugt, auf denen einerseits die „Normalfunktion“ und andererseits die „Fehlfunktion“ beider Assistenten zu sehen war. Der Kläger hat glaubhaft angegeben, dass die Videos mit dem Handy im streitgegenständlichen Pkw aufgenommen wurden. Dies hat im Übrigen auch die Zeugin Anders bestätigt.
Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass evtl. ein Fahr- oder Bedienfehler der Klägerseite vorliege, z. B. durch Ausschalten des Notrufassistenten, durch den möglicherweise auch der optische Parkassistent ausgeschaltet werde, kann sie damit das Vorliegen eines Mangels nicht widerlegen. Es ist zwar richtig, dass grundsätzlich den Käufer für das Vorliegen des Mangels die volle Beweislast trifft und dass das Vorliegen eines Fahr- oder Bedienfehlers den Nachweis eines Sachmangels ausschließen kann. Vorliegend hat sich die Beklagte jedoch nur darauf berufen, dass möglicherweise das manuelle Ausschalten des Notrufassistenten auch zu einem Ausschalten des optischen Parkassistenten führe. Zum einen dürfte es sich hierbei nicht um einen Bedienfehler handeln, denn dass ein Ausschalten des Notrufassistenten auch zu einer Deaktivierung einer ganz anderen Funktion, nämlich der optischen Parkhilfe führt, dürfte jedenfalls auch einen Mangel, nicht jedoch einen Bedienfehler darstellen. Ein Bedienfehler ist jedoch jedenfalls nach der durchgeführten Beweisaufnahme auszuschließen. Die Zeugin Anders hat zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass es gerade nicht so ist, dass der Parkassistent dann ausfällt, wenn vorher der Notrufassistent – wie üblich – manuell ausgeschaltet wird. Die Zeugin gab an, dass in der Regel immer dann, wenn bereits der Notrufassistent nicht funktioniert, also gar keine manuelle Deaktivierung erfolgt ist, auch die Parkhilfe nicht funktioniere. Damit kann also nach den Ausführungen der Zeugin das manuelle Abstellen des Notrufassistenten nicht Ursache für die Fehlfunktion des optischen Parkassistenten sein. Auch ein dauerhaftes Abstellen des Notrufassistenten im Untermenü kann nicht Ursache des Fehlers sein, da die Zeugin glaubhaft angab, dass beide Funktionen zeitweise funktionieren, also bei mehrmaliger Nutzung an einem Tag mal eine Fehlfunktion auftritt und mal nicht. Dies wäre nicht der Fall, wenn der Notrufassistent dauerhaft deaktiviert worden ist.
II.
Da der Kläger einen Mangel durch Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang nachweisen konnte, greift zu seinen Gunsten die Beweislastumkehr des § 476 BGB ein. Es ist daher zu vermuten, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war. Soweit sich die Beklagte bezüglich der Beweislastumkehr des § 476 BGB darauf beruft, dass diese Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar sei, weil möglicherweise auch Fahr- oder Bedienfehler der Klägerseite in Betracht kämen, ist sie hierfür beweisfällig geblieben. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregel des § 476 BGB muss nämlich der Unternehmer beweisen. Sie führen nicht schon bei ernsthaften Zweifeln an der Anfänglichkeit zum Ausschluss der Beweislastumkehr, sondern erst, wenn das konkrete Erscheinungsbild der Sache oder des Mangels dem Anschein nach aufgrund eines typischen Geschehensablaufs nach allgemeiner Lebenserfahrung auf eine nachträgliche Mangelentstehung schließen lässt. Hierfür fehlt es – wie oben bereits ausgeführt – an plausiblem Sachvortrag. Ein Bedienfehler ist hier gerade nicht als typische Mangelursache dargelegt worden. Zum anderen ergibt sich auch aus der Aussage der Zeugin Anders, dass ein Bedienfehlergerade nicht vorliegt. Der Ausfall der optischen Parkhilfe liege nämlich in der Regel dann vor, wenn auch der Notfallassistent ausfalle. Dieser fällt jedoch nach den Angaben der Zeugin nicht regelmäßig aus, sondern nur häufig, was bedeutet, dass die Funktionen auch ab und zu funktionieren. Ein Ausschalten des Notrufassistenten ist jedoch auch nach den Angaben der Beklagtenseite nur durch manuelles Ausschalten in einem Untermenü möglich. Dass dies tatsächlich erfolgt ist, hat die Zeugin nicht angegeben. Dies ist auch nach ihren Angaben ausgeschlossen, da der Notruf- und der Parkassistent teilweise beim Starten des Fahrzeugs funktioniert, teilweise aber auch nicht.
III.
Der Kläger hat die Beklagte mehrfach zur Nachbesserung mit Fristsetzung aufgefordert. Die Beklagte hat letztendlich jedoch eine Mangelbeseitigung verweigert, weil sie der Auffassung war, dass ein Mangel nicht vorliegt. Dass die Beklagte im Rahmen der Nachbesserungsversuche einen Mangel nicht feststellen konnte, ist unerheblich.
IV.
Der Kläger hat den Rücktritt von seinem Prozessbevollmächtigten wirksam erklären lassen.
Der Ansicht der Beklagten, dass der Mangel unerheblich sei, so dass ein Rücktritt gemäß § 323 Abs. 5 BGB ausgeschlossen ist, kann nicht gefolgt werden. Bei einem Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung wird die Erheblichkeit indiziert, vgl. BGH, NJW 2013, S. 1365. Dass tatsächlich eine Beschaffenheitsvereinbarung auch bezüglich der optischen Parkassistenzfunktion vorlag, wurde oben bereits ausgeführt. Hierauf wird, um Wiederholungen zu vermeiden, vollumfänglich verwiesen. Damit kam es im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung nicht mehr darauf an, ob die Kosten für die Mängelbeseitigung tatsächlich mindestens 5% des Kaufpreises betragen.
V.
Nach wirksam erklärtem Rücktritt sind die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Dies bedeutet, dass der Kläger den von ihm geleisteten Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe des gekauften Pkw verlangen kann. Zwar besteht hier die Besonderheit, dass in Höhe von 7.500,00 € der Alt-Pkw des Klägers in Zahlung genommen wurde. Dieser ist aber bei der Beklagten nicht mehr vorhanden, so dass der Kläger auch insoweit Wertersatz verlangen kann. Vorliegend war aber zwischen den Parteien unstreitig, dass der tatsächliche Wert des Pkw des Klägers auch 7.500,00 € betrug. Soweit die Streithelferin der Beklagten sich zu dem diesbezüglichen ausdrücklichen Vorbringen der Beklagten in Widerspruch gesetzt hat, weil sie behauptete, der Wert des Fahrzeugs sei tatsächlich viel geringer gewesen, war dieser Sachvortrag unberücksichtigt zu lassen, § 67 ZPO. Obwohl der Kläger mit Schriftsatz vom 31.05.2016 (Bl. 58 f. d. A.) ausdrücklich auf diesen Widerspruch hingewiesen hat, hat die Beklagte ihren dahingehenden Sachvortrag nicht geändert.
Vom Kaufpreis sind die vom Kläger gezogenen Nutzungen in Abzug zu bringen. Da diese in Natur nicht herausgegeben werden können, hatte er hierfür Wertersatz zu leisten, § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Wert der Nutzungen ist gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Insoweit setzt der Kläger die sogenannte zeitanteilige lineare Wertminderung an, bei der er den Kaufpreis mit den gefahrenen Kilometern multipliziert und durch die zu erwartende Gesamtlaufleistung von 250.000 Kilometern dividiert. Das Gericht schätzt den Wert der Nutzungen nach der bei Kraftfahrzeugen allgemein üblichen Methode der gefahrenen Kilometer. Hierbei kann nach § 287 ZPO nach deren Gesamtlaufleistung für je 1.000 Kilometer auf 0,3 bis 1% des Anschaffungspreises geschätzt werden, vgl. Grüneberg in Palandt, 73. Aufl. 2014, Rn. 10 zu § 346 mit Rechtsprechungsnachweisen. Insoweit geht das Gericht entsprechend dem unbestrittenen klägerischen Vortrag von einer möglichen und zu erwartenden Gesamtlaufleistung des Pkw von 250.000 Kilometern aus. Dementsprechend sind die Nutzungen mit 0,4% des Kaufpreises pro 1.000 Kilometer anzusetzen (1.000 km ./. 250.000 km = 0,004). Nach den unbestrittenen Angaben des Klägervertreters im Termin vom 07.06.2016 hatte das Fahrzeug zum Terminstag einen Kilometerstand von 13.980, aufgerundet 14.000 km. Damit ergibt sich folgender Wert für die Nutzungen: 26.790,00 € Kaufpreis × 0,4% × 14 (13.980 km aufgerundet ./. 1.000 km) = 1.500,24 €. Dieser Betrag war somit vom Kaufpreis in Abzug zu bringen. Soweit sich der Kläger nur 613,50 € an Nutzungen anrechnen lassen will, war die Klage bezüglich des Differenzbetrags abzuweisen.
VI.
Hinsichtlich der vom Kläger bezahlten Zulassungskosten in Höhe von 135,00 € kann er gemäß §§ 437 Nr. 3, 284 BGB Ersatz für vergebliche Aufwendungen verlangen.
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,3 Gebühr Nr. 2300 VV RVG zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer aus der zugesprochenen Klageforderung, mithin beantragte 1.358,86 €, kann der Kläger darüber hinaus als Schadensersatz gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 280 BGB geltend machen. Das Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Die Beklagte kann sich auch nicht dadurch entlasten, dass es sich möglicherweise um einen werkseitigen Mangel, der von der Streithelferin verursacht ist, handelt und den sie nicht zu vertreten hat. Bei der Frage des Vertretenmüssens kommt es nicht auf den Mangel, sondern auf die nicht erfolgte Nachbesserung mit Ablauf der Frist an, die ebenfalls eine Pflichtverletzung darstellt, vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 73. Auflage, 2014, Rdnr. 16 zu § 281; OLG Celle, Urteil vom 28.6.2006, Az. 7 U 235/05. Die nicht erfolgte Nachbesserung hat aber die Beklagte auf jeden Fall zu vertreten. Hier war insbesondere zu berücksichtigen, dass zwar bei der Untersuchung durch die Beklagte ein Mangel nicht festgestellt werden konnte, jedoch der Beklagten bereits für die Mangelsuche die auch in Augenschein genommenen Videos, die der Kläger angefertigt hat, übergeben wurden, und auf denen der Fehler eindeutig zu erkennen ist. Darüber hinaus hat die Beklagte lediglich zwei- bis dreimal versucht, den Fehler zu provozieren. Dies hat der Zeuge Carl im Rahmen seiner Vernehmung angegeben. Das war jedenfalls nicht ausreichend, da nach den Angaben der Zeugin Anders, die dies auch gegenüber der Beklagten so geschildert haben will, der Fehler nicht regelmäßig, sondern nur häufig auftritt und teilweise an manchen Tagen auch gar nicht. Es wäre damit ein mehrfacher Versuch der Fehlerprovokation angezeigt und erforderlich gewesen. Letztendlich ist eine Mangelbeseitigung nur deshalb abgelehnt worden, weil der Mangel nicht von der Beklagten selbst festgestellt werden konnte.
VII.
Der Kläger kann auf die Forderung Verzugszinsen ab dem 16.01.2016 verlangen, da er mit dem erfolgten Rücktritt eine Frist bis zum 15.01.2016 gesetzt hat.
VIII.
Auch der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs war zulässig und begründet. Das Rechtschutzbedürfnis des Klägers ergibt sich aus § 756 ZPO. Die Beklagte befindet sich auch tatsächlich im Annahmeverzug, jedoch aufgrund der Fristsetzung des Klägers bis zum 15.01.2016 erst ab 16.01.2016. Soweit der Kläger einen Annahmeverzug schon zum 29.12.2015 festgestellt wissen möchte, war die Klage abzuweisen.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 101 ZPO. Die Zuvielforderung der Klagepartei war verhältnismäßig geringfügig (im Verhältnis zur eingeklagten Forderung lediglich 3%) und hat keine höheren Kosten veranlasst, da die Zuvielforderung keinen Gebührensprung ausgelöst hat.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den § 708 Nr. 11, 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.
Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem Landgericht Coburg, Ketschendorfer Str. 1, 96450 Coburg einzulegen.
Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.


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