IT- und Medienrecht

Erfolgloser Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich höherer Leistungen nach dem SGB II

Aktenzeichen  S 55 AS 710/17 ER

Datum:
30.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II SGB II § 41a Abs. 1 S. 1
SGG SGG § 86b Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

Um im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufig Erbringung höherer Leistungen zu erreichen ist es erforderlich, substantiiert darzulegen, warum sich die prognostische Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit als falsch darstellen soll. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.
Zwischen den Beteiligten ist die Regelleistung ab Dezember 2016 € streitig.
Mit Bescheid vom 23.02.2017 bewilligte der Antragsgegner für die Zeit vom 01.12.2016 bis 30.11.2017 vorläufig Leistungen nach dem SGB II (337,77 € für Dezember 2016 und 342,77 € für den Zeitraum bis November 2017). Die vorläufige Bewilligung erfolgte gemäß § 41 a Abs. 1 Satz 1 SGB II aufgrund schwankender Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit.
Hiergegen legte der Antragsteller am 22.03.2017 Widerspruch ein mit der Begründung, seit Dezember kein Geld verdient und im Februar und März auch nur minimalen Geldeingang zu verzeichnen gehabt zu haben. Es seien Einnahmen hochgerechnet worden, die es vielleicht in der Vergangenheit gegeben habe, aber im Antragszeitraum sicher nicht mehr. Der einzige Kunde aus England sei komplett ausgefallen. Von den Leistungen des Antragsgegners könnte nicht einmal die Mietzahlung bestritten werden.
Am 30.03.2017 hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München beantragt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab Dezember 2016 höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit Verfügung vom 13.04.2017 wurde der Antragsteller aufgefordert, zur Glaubhaftmachung seines Anordnungsgrundes schnellstmöglich alle nötigen Unterlagen insbesondere zur aktuellen Höhe des Einkommens aus Erwerbstätigkeit zu übersenden.
Mit Bescheid vom 26.04.2017 hob der Antragsgegner den streitgegenständlichen Bescheid vom 23.02.2017 teilweise auf bewilligte vorläufig höhere Leistungen für den Zeitraum ab dem 01.05.2017 bis 30.11.2017 (564,67 € für Mai 2017 und 634,89 € von Juni bis November 2017).
Der Antragsteller wurde mit Verfügung vom 27.04.2017 im Hinblick auf den Änderungsbescheid aufgefordert, das Verfahren für erledigt zu erklären oder mitzuteilen, mit welchem Rechtsschutz- Ziel und welcher Begründung der Antrag aufrechterhalten werden solle.
Am 04.05.2017 teilte der Antragsteller telefonisch mit, dass er den Antrag nicht zurücknehmen wolle und einen Rechtsanwalt benötige. Mit Verfügung vom 04.05.2017 erhielt der Antragsteller die erbetenen PKH-Unterlagen. Telefonisch hat der Antragsteller am 05.05.2017 Fristverlängerung bis 08.05.2017 beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akte des Gerichts Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist nicht begründet.
Für die begehrte Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz ist ein Antrag auf eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Der Antrag muss zulässig sein und die Anordnung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Es muss glaubhaft sein, dass ein materielles Recht besteht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird (Anordnungsanspruch), und es muss glaubhaft sein, dass eine vorläufige Regelung notwendig ist, weil ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist (Anordnungsgrund).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen, weil ein Anordnungsgrund für das Gericht nicht glaubhaft gemacht wurde.
Der Antragsgegner hat unter dem 26.04.2017 höhere Leistungen ab Mai 2017 bewilligt und dabei ein zu berücksichtigendes Einkommen von lediglich 294,11 € (ermittelt aus einem brutto/netto-Einkommen von 467,64 €) angesetzt. Weshalb selbst diese Einnahmen nicht erzielt werden können, erschließt sich für das Gericht anhand der vorliegenden Unterlagen und bisherige Angaben nicht, da die eingereichten Kontoauszüge weiterhin betriebliche Zahlungseingänge ausweisen.
Der Antragsteller ist weder der Aufforderung durch das Gericht, die Einkommenssituation durch Vorlage geeigneter Unterlagen glaubhaft zu machen nachgekommen, noch hat er dargelegt, weshalb der Antragsgegner mit Änderungsbescheid vom 26.04.2017 aus seiner Sicht weiterhin zu niedrige Leistungen vorläufig bewilligt hat. Der Antragsteller hat eine aktuelle Notlage somit in keiner Weise glaubhaft gemacht.
Soweit der Antragsteller für den Zeitraum von Dezember bis 30. 03.2017 höhere Leistungen geltend macht, ist der Antrag ebenfalls unbegründet. Leistungen für die Vergangenheit können regelmäßig nicht im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens anerkannt werden, da es regelmäßig an der Eilbedürftigkeit für diese Leistungen und damit am Bestehen eines Anordnungsgrundes fehlt. Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes ist es, eine akute, aktuelle und gegenwärtige Notlage zu beseitigen (vgl. z.B. LSG Hessen, Beschluss v. 26.10.2005, L 7 AS 65/05 ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 13.02.2006, L 10 B 1354/05 AS). Eine solche ist hier nicht glaubhaft gemacht.
Die Kostenregelung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.


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