IT- und Medienrecht

Indizielle Wirkung gerichtlich festgesetzter Gesamtverträge für Außenseiter

Aktenzeichen  6 Sch 10/15 WG

Datum:
14.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZUM – 2020, 140
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UrhG § 54, § 54a Abs. 1, § 54b Abs. 1
UStG a.F. § 3 Abs. 9 S. 3
GWB § 19

 

Leitsatz

Zur indiziellen Wirkung gerichtlich festgesetzter Gesamtverträge für die Angemessenheit einer Gerätevergütung.  (Rn. 70 – 88) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 951.878,99 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 30.08.2011 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 1,5 Millionen, hinsichtlich Ziffer 3. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird beschränkt auf die Höhe der geltend gemachten Ansprüche zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert des Verfahrens wird auf € 1.109.129,12 festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Urheberabgabe für Personalcomputer (PC`s) mit und ohne eingebauten Brenner nach § 54, § 54a UrhG, die von der Beklagten im Zeitraum vom 01.01.2008 bis einschließlich 31.12.2010 im Inland in Verkehr gebracht wurden.
Bei der Klägerin handelt es sich um einen Zusammenschluss deutscher Verwertungsgesellschaften, der ihre Gesellschafter das Inkasso der von ihnen wahrgenommenen Ansprüche der Urheber und Leistungsschutzberechtigten auf Zahlung einer Vergütung für Vervielfältigungen nach § 54a Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG übertragen haben.
Die Beklagte hat die vorgenannten Produkte im Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2010 importiert bzw. hergestellt und in Deutschland in Verkehr gebracht.
Auf der Grundlage des von der Klägerin, der VG Wort und der VG Bild-Kunst mit dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) abgeschlossenen Gesamtvertrags zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gemäß §§ 54 ff. UrhG für PCs für die Zeit vom 1.1.2008 bis 31.12.2010 hat die Klägerin – die zunächst die Erteilung von Auskünften und Feststellung der Vergütungspflicht begehrte, die diesbezüglichen ursprünglichen Klageanträge zu 1. und 2. nebst Hilfsanträgen mit Schriftsatz vom 29.12.2017 (Bl. 435/515) teilweise für erledigt erklärt – nach erfolgter Auskunftserteilung (Anlagenkonvolut K 102) ihre Vergütungsansprüche betreffend den streitgegenständlichen Zeitraum (01.01.2008 bis 31.12.2010) mit insgesamt € 951.878,99 beziffert und dabei ihrer Berechnung folgende Vergütungssätze pro aus ihrer Sicht vergütungspflichtigem Gerät zugrunde gelegt (Bl. 444 d.A.):
I. Vergütung für PCs (mit Ausnahme von PCs gemäß folgender Ziffer II.)
1. Im Ausland hergestellte und im Sinne von § 54b UrhG nach Deutschland gewerblich eingeführte oder wieder eingeführte PCs
a. PCs mit eingebautem Brenner: € 15,0625 je Stück
b. PCs ohne eingebauten Brenner: € 13,1875 je Stück
2. In Deutschland hergestellte PCs
a. PCs, in die der Hersteller einen Brenner eingebaut hat, den er im Sinne von § 54b UrhG nach Deutschland gewerblich eingeführt oder wieder eingeführt hat: € 15,0625 je Stück
b. PCs, in die der Hersteller einen Brenner eingebaut hat, den er in Deutschland bezogen hat: € 13,1875 je Stück
c. PCs ohne eingebauten Brenner: € 13,1875 je Stück
II. Vergütung für PCs, die von den Herstellern/Importeuren direkt an gewerbliche Endabnehmer veräußert werden
1. Im Ausland hergestellte und im Sinne von § 54b UrhG nach Deutschland gewerblich eingeführte oder wieder eingeführte PCs
a. PCs mit eingebautem Brenner: € 5,875 je Stück
b. PCs ohne eingebauten Brenner: € 4,00 je Stück
2. In Deutschland hergestellte PCs
a. PCs, in die der Hersteller einen Brenner eingebaut hat, den er im Sinne von § 54b UrhG nach Deutschland gewerblich eingeführt oder wieder eingeführt hat: € 5,875 je Stück
b. PCs, in die der Hersteller einen Brenner eingebaut hat, den er in Deutschland bezogen hat: € 4,00 je Stück
c. PCs ohne eingebauten Brenner: € 4,00 je Stück
Zur Berechnung der aus ihrer Sicht angemessenen und der Klageforderung zugrunde liegenden Vergütungshöhe führt die Klägerin aus:
Durch das Urteil des BGH „Gesamtvertrag PCs“ (GRUR 2017, 694) seien die Ansprüche der streitgegenständlichen Gerätetypen für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum – unter Anrechnung eines im Streitfall nicht veranlassten Gesamtvertragsnachlasses von 20% – dem Grunde und der Höhe nach rechtskräftig festgestellt. Dass gesamtvertraglich vereinbarten Vergütungssätzen eine besondere Indizwirkung in Bezug auf ihre Angemessenheit zukomme, habe der BGH ebenfalls festgestellt (BGH a.a.O. – Gesamtvertrag PCs, Tz. 57 ff.).
In seinem Urteil vom 16.03.2017 – I ZR 152/15 (ZUM 2017, 839) habe der BGH eine Vergütung von € 4,00 pro externem Brenner und von € 1,875 pro eingebautem Brenner als angemessen erachtet. Diese sich an den von der Klägerin mit dem BCH abgeschlossenen Gesamtvertrag vom Dezember 2009, auf den der Senat sein Urteil vom 25.06.2013 – 6 Sch 21/13 WG gestützt habe, orientierende Vergütungshöhe finde auf den Streitfall ebenfalls entsprechende Anwendung.
Lediglich vorsorglich sei hiernach zur Höhe der Vergütungsansprüche ergänzend auszuführen:
Der Zahlungsanspruch der Klägerin ergebe sich auch aus ihrem Vergütungsmodell.
Den Einwänden des BGH im Urteil „Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik“ (GRUR 2016, 792 Tz. 43 ff.) gegen das Vergütungsmodell der Klägerin werde dadurch Rechnung getragen, dass nicht mehr alle mit einem Gerät oder Speichermedium vorgenommenen Vervielfältigungen gleich bzw. linear zu bewerten seien, sondern degressiv (wird im Folgenden ausgeführt, Schriftsatz der Klägerin vom 29.12.2017, S. 15 ff. = Bl. 449 ff. d.A). Hieraus ergebe sich eine Aufteilung in Tarifzonen wie nachfolgend dargestellt (Schriftsatz der Klägerin vom 29.12.2017, S. 40 = Bl. 474 d.A.):
– Zone 1: Spielstunden 0 bis einschließlich 4 (ohne Abschlag von der Referenzvergütung)
– Zone 2: Spielstunden über 4 bis einschließlich 8 (50% Abschlag)
– Zone 3: Spielstunden 8 bis einschließlich 16 (75% Abschlag)
– Zone 4: Spielstunden über 16 bis einschließlich 50 (88% Abschlag)
– Zone 5: alle weiteren Spielstunden über 50 Stunden (94% Abschlag) was zu folgender Vergütungsstruktur führe (Schriftsatz der Klägerin vom 29.12.2017, S. 45 = Bl. 479 d.A.):
Vergütung Audiowerke pro Spielstunde
1. Zone (0 – 4 Spielstunden): € 0,28
2. Zone (5 – 8 Spielstunden): € 0,14
3. Zone (9 – 12 Spielstunden): € 0,07
4. Zone (16 – 50 Spielstunden): € 0,0336
5. Zone (ab 50 Spielstunden): € 0,0175 Vergütung audiovisuelle Werke pro Spielstunde
1. Zone (0 – 4 Spielstunden): € 1,20
2. Zone (5 – 8 Spielstunden): € 0,60
3. Zone (9 – 12 Spielstunden): € 0,30
4. Zone (16 – 50 Spielstunden): € 0,144
5. Zone (ab 50 Spielstunden): € 0,075 Vergütung für stehenden Text und stehendes Bild je Werk
1. Zone (1 – 80 Werke): € 0,017
2. Zone (81 – 160 Werke): € 0,0085
3. Zone (161 – 320 Werke): € 0,00425
4. Zone (321 – 1000 Werke): € 0,00204
5. Zone (ab 1000 Werke): € 0,0010625
welche auf der Grundlage der von der Schiedsstelle im Jahre 2011 im Gesamtvertragsverfahren Sch-Urh 37/08 (Anl. K 118; wobei die Klägerin ihrer Vergütungsberechnung in Anlehnung an den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle im dortigen Verfahren (S. 58, nicht vorgelegt) die darin ermittelten Sicherungskopien mit 80% in Ansatz gebracht habe) beruhe. Darüber hinaus habe die Klägerin auf eine eigene, im Jahr 2011 durchgeführte Studie zurückgegriffen (vgl. Klageschrift S. 36 ff.) und deren Ergebnisse mit der Schiedsstellenstudie im Gesamtvertragsverfahren Sch-Urh 37/08 verglichen. Grundlegende Unterschiede hätten sich hierbei nicht ergeben, weshalb die Klägerin an den Ergebnissen der von ihr durchgeführten Untersuchung festhalte, welche zu folgenden Ergebnissen gelangt sei (Schriftsatz der Klägerin vom 29.12.2017, S. 57 = Bl. 491 d.A.):
Privat angeschaffte Desktop-PCs/Notebooks € 46,99 Geschäftlich angeschaffte Desktop-PCs/Notebooks € 18,62
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 951.878,99 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 30.08.2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ferner werde beantragt, die im Verfahren unionsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Fragen (wie nachfolgend darzustellen) nach Art. 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen bzw. nach Art. 100 Abs. 1 GG das Bundesverfassungsgericht anzurufen.
Zur Begründung führt die Beklagte aus:
Da der Verfahrensgegenstand unklar sei, insbesondere im Hinblick auf die von der Klägerin gewählte Definition der vermeintlich vergütungspflichtigen Geräte, bestehe bereits dem Grunde nach die Klageforderung nicht.
Die insoweit beweisbelastete Klägerin habe überdies nichts dafür vorgetragen, dass die von der Beklagten in Verkehr gebrachten Geräte in signifikantem Umfang für die Anfertigung von Privatkopien tatsächlich genutzt würden; lediglich geringfügige Nachteile seien nach neuem Recht nicht auszugleichen.
Da die §§ 54 ff UrhG mit dem gerechten Ausgleich nach Art. 5 Abs. 2a, b der InfoSoc-RL 2011/29/EG (nachfolgend: InfoSoc-RL) unvereinbar seien, bestehe für die Geltendmachung der Klageforderung keine dem Maßstab des Unionsrechts gerecht werdende Anspruchsgrundlage.
Im deutschen Recht fehle es darüber hinaus an einem wirksamen und einfach auszuübenden Rückerstattungsanspruch in den Fällen, in denen von den Unternehmen zu hohe oder nicht geschuldete Geräte- und Speicherabgaben an die Verwertungsgesellschaften bezahlt worden seien. Eine nach Bereicherungsrecht erfolgende Rückabwicklung entlang der Lieferkette sei rechtlich nicht durchsetzbar und damit nicht wirksam, da die Lieferungen von Geräten und Speichermedien auf wirksamen Kaufverträgen mit den Abnehmern beruhten und die hierauf erfolgten Zahlungen mit Rechtsgrund geleistet worden seien. Zudem wären die Unternehmen dadurch gezwungen, ihre Kundenbeziehungen auf der Abnehmerseite direkten Wettbewerbern – nämlich den Lieferanten, die in der Regel die abgabepflichtigen Geräte ebenfalls an Endkunden veräußerten – preiszugeben, weshalb ein Bereicherungsausgleich auch de facto nicht in Betracht komme. Ein nur in einer mehrstufigen Lieferkette realisierbarer Rückabwicklungsanspruch trage der Rechtsprechung des EuGH auch deshalb nicht Rechnung, weil dieser nur mit einer übermäßigen Erschwernis durchsetzbar sei. Schließlich unterlaufe die Klägerin berechtigte Forderungen ihrer Gläubiger auch insofern, als sie deren Geltendmachung für treuwidrig erachte und dieser gegenüber den Einwand der Entreicherung erhebe (vgl. Anl. B 27); zudem verweigere sie auch in eindeutigen Fällen eine Rückerstattung bei nachgewiesenen Drittexporten.
Der Maßstab des § 53 Abs. 1 UrhG, der auf offensichtlich rechtswidrige Vorlagen abstelle und damit zu einer Legalisierung rechtswidriger Vervielfältigungen führe, gehe weit über das unionsrechtlich zulässige Maß hinaus und sei daher mit dem Unionsrecht unvereinbar. Es sei nicht ersichtlich, weshalb eine Regelung, die schlicht auf die Rechtswidrigkeit einer Kopie abstelle, nicht praktikabel sei.
Eine Berechnung des Vergütungsanspruchs nach den §§ 54, 54a UrhG im Wege der Lizenzanalogie verkenne, dass der gerechte Ausgleich nicht wegen einer Rechtsverletzung geschuldet werde, sondern dem Ausgleich von Nachteilen diene, die durch gesetzlich erlaubte, also rechtmäßige Vervielfältigungshandlungen entstünden. Die Regelungen der §§ 54, 54a UrhG seien daher unanwendbar, weil sie mit den unionsrechtlichen Vorgaben des gerechten Ausgleichs nach Art. 5 Abs. 2a, b InfoSoc-RL nicht in Einklang zu bringen seien.
Vorstehendes gelte auch, soweit die Klägerin ihrer Vergütungsforderung die „doppelten Vergütungssätze“ der §§ 54e Abs. 2 und 54f Abs. 3 UrhG zugrunde lege und diese als pauschalierten Schadensersatz deklariere.
Ebenfalls keinen ausreichenden Bezug zu dem den Urhebern und Rechteinhabern aus der Anfertigung von Privatkopien entstehenden Schaden wiesen in Gesamtverträgen ausgehandelte und vereinbarte Vergütungssätze und Gesamtvertragsnachlässe auf. Diese dienten vielmehr der „Belohnung“ derjeniger Unternehmen, welche durch Unterwerfung unter den Gesamtvertrag an der Erhebung von Abgaben mitwirkten. Aus kartellrechtlichen Gründen könne die Klägerin von „Außenseitern“ keine Vergütungssätze verlangen, die mehr als 2% über denjenigen Forderungen lägen, die sie von Gesamtvertrags-Unternehmen fordere. Dies gelte auch für die sogenannte „Verhandlungslösung“, bei der die Gesamtvertragsparteien aus „kaufmännischen Erwägungen“ und im Wege gegenseitigen Nachgebens Vergütungssätze ohne Bezugnahme auf den gerechten Ausgleich vereinbarten.
Jedenfalls in der Gesamtschau dieser Einwände sei von der Unvereinbarkeit der §§ 54 ff. UrhG mit dem gerechten Ausgleich nach Art. 5 Abs. 2a, b der InfoSoc-RL auszugehen.
Die Regelungen der §§ 54 ff. UrhG verstießen aber auch gegen Verfassungsrecht, weshalb die Vorlage des Rechtsstreits an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG beantragt werde.
Zum einen seien die vorgenannten Vorschriften mit dem Grundsatz der Berufsausübungsfreiheit unvereinbar, insbesondere fehle es an der Bestimmtheit dieser Normen, welche keine bindenden Kriterien oder handhabbaren Maßstäbe benannten, auf deren Grundlage der „richtige“ Vergütungssatz für die einzelnen Geräte festgestellt werden könne.
Darüber hinaus sei die rückwirkende Aufstellung und Erhebung von Abgaben verfassungsrechtlich unzulässig.
Unbeschadet der vorstehenden Einwände sei jedenfalls für „Business-Geräte“ dem Grunde nach keine Vergütung geschuldet. Der BGH habe zwischenzeitlich klargestellt, dass die von ihm angenommene widerlegliche Vermutung der Privatkopienutzung (vgl. BGH a.a.O. – Gesamtvertrag PCs, Tz. 35) zwar auch bei der Abgabe der Geräte an Zwischenhändler gelte, wenn (dann) noch unbekannt sei, ob der Endkunde ein privater oder gewerblicher Nutzer sei, nicht jedoch bei der Abgabe der Geräte an gewerbliche und/oder hoheitliche End-/Eigennutzer (Anl. B 28). Soweit nach Auffassung des BGH ein Vergütungsanspruch auch bei Veräußerung an nichtprivate Abnehmer zum sonstigen eigenen Gebrauch nach Maßgabe der §§ 53 Abs. 2 und 3 UrhG in Erwägung zu ziehen sei, sei eine Nutzung zu diesen Zwecken nur in so geringem Umfang denkbar, dass der den Urhebern hieraus etwa erwachsende Nachteil geringfügig und nach der InfoSoc-RL nicht auszugleichen sei. Auch die Schiedsstelle habe wiederholt befunden, dass für „Business-Geräte“ keine Vergütung geschuldet sei. Dem könne die Klägerin weder die einseitige Aufstellung von Tarifen, noch den Abschluss von Gesamtverträgen entgegenhalten, welche eine Vergütung für „Business-Geräte“ vorsähen. „Außenseitern“ wie der Beklagten gegenüber enfalteten diese keine rechtsverbindliche Wirkung; ihnen könne auch keine irgendwie geartete Indizwirkung für die Angemessenheit der darin festgelegten Vergütungssätze entnommen werden. Zudem wäre eine Vermutung der Angemessenheit einer Regelung in einem Gesamtvertrag widerleglich und im Streitfall bereits dadurch widerlegt, dass eine solche aus den vorgenannten Gründen mit den gesetzlichen und unionsrechtlichen Vorgaben unvereinbar sei. Die Beklagte schulde daher auch keine Auskunft über das Inverkehrbringen von „BusinessGeräten“ im streitgegenständlichen Zeitraum im Inland, eine diesbezügliche Verpflichtung könne sich nur auf „Privat-Geräte“ beziehen. Der Beklagten müsse es in Ansehung der Rechtsprechung des BGH (BGH a.a.O. – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik, Tz. 111; BGH GRUR 2017, 161 – Gesamtvertrag Speichermedien, Tz. 102) jedenfalls gestattet sein und möglich gemacht werden, den Nachweis zu führen, dass es unwahrscheinlich sei, dass die von ihr in Verkehr gebrachten Geräte nach dem normalen Gang der Dinge in nicht nur geringem Umfang zur Herstellung von Privatkopien verwendet werden (vgl. BGH GRUR-RR 2017, 486 – USBStick, Tz. 22 ff.). Dieser Nachweis gelte als geführt, wenn dargelegt und nachgewiesen werde, dass die Geräte an Unternehmen, Behörden, Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie an Freiberufler und sonstige „professionelle“ Nutzer zu deren eigener unternehmerischer bzw. hoheitlicher Nutzung verkauft oder sonst abgegeben und geliefert worden seien. In ihren Gesamtverträgen sehe die Klägerin diesen Nachweis durch die Vorlage entsprechender Belege (Rechnungen, Lieferscheine) bzw. durch Heranziehung der sogenannten „CommercialQuoten“, die das Marktforschungsunternehmen International Data Corporation IDC (sog. IDCQuoten) erstellt habe, als geführt an. Hieran müsse sie sich festhalten lassen. Der volle Nachweis in jedem Einzelfall würde – so zutreffend die Schiedsstelle in ihrem Einigungsvorschlag vom 21.02.2017 im Schiedsstellenverfahren Az. Sch-Urh 61/13 betreffend Speichermedien – jedenfalls die Anforderungen an die Unternehmen überspannen, sei in der Praxis nicht umsetzbar und würde die §§ 53 ff. UrhG unvereinbar mit Unionsrecht machen.
Trotz der durchgreifenden Einwände gegen das Bestehen einer Vergütungspflicht habe die Beklagte Auskunft erteilt (Anlagenkonvolut K 102), und zwar überobligatorisch einschließlich derjenigen Geräte, die von Unternehmen etc. als Endkunden für ihre eigenen Unternehmenszwecke erworben worden seien. Hiernach habe die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum in 2008: 8.993 „PCs ohne Brenner“ und 8.329 „PCs mit im Inland bezogenem Brenner“ in 2009: 7.834 „PCs ohne Brenner“ und 9.665 „PCs mit im Inland bezogenem Brenner“ in 2010: 6.047 „PCs ohne Brenner“ und 5.352 „PCs mit im Inland bezogenem Brenner“ sowie 11.630 „PCs mit Brenner“ (mit importierten Brennern) ihrer eigenen Eigenmarke „exxone“ hergestellt und über Zwischenhändler (IT-Systemhäuser) vertrieben.
Außerdem habe sie in dieser Zeit weitere 376 „PCs ohne Brenner“ und 1.148 „PCs mit im Inland bezogenen Brenner“ ihrer weiteren Marken „albis“ und „archivstation“ hergestellt und entsprechend vertrieben.
Zudem habe sie in dieser Zeit PCs (Notebooks) der Marke „ASUS“ wie folgt importiert und vertrieben:
in 2008: 3.888 „PCs mit Brenner“ und 1.198 „PCs ohne Brenner“
in 2009: 115 „PCs mit Brenner“ und 869 „PCs ohne Brenner“
in 2010: 100 „PCs ohne Brenner“
Von diesen Geräten seien 25.409 der „PCs ohne Brenner“, 23.193 der „PCs mit im Inland bezogenem Brenner“ und 15.363 der „PCs mit Brenner“ nicht vergütungspflichtige „BusinessGeräte“. Sie seien von Unternehmen etc. als Endkunde für ihre eigenen Unternehmenszwecke erworben worden.
Vor diesem Hintergrund sei der Zahlungsantrag in Höhe eines Teilbetrags von € 872.344,06 allein aus diesem Grund abweisungsreif.
Dass es sich bei über 99% der Endkunden der Geräte der Beklagten – welche diese ausschließlich über IT-Systemhäuser vertreibe (vgl. Anl. B 32 sowie Endkundendaten gemäß Anlagenkonvolut B 34) – um Unternehmen handle, die diese Geräte für ihre eigenen unternehmerischen Zwecke erworben hätten, handle, belegten die unter Anlage B 34 aufgestellten Listen. Die daraus hervorgehenden Daten deckten sich nahezu vollständig mit den von der IDC für die Beklagte ermittelten „Commercial-Quoten“.
Soweit die Klägerin ihrer Klagebegründung Vergütungssätze von € 13,1875 bzw. (PC mit eingebautem Brenner) € 15,0625 zzgl. 7% MwSt. zugrunde lege, seien diese überhöht und nicht angemessen im Sinne der gesetzlichen Regelung. Dies gelte auch für den Vergütungssatz von € 1,875 für „zum Einbau bestimmte Brenner“, abgesehen davon, dass sie schon dem Grunde nach für die von ihr im Inland erworbenen, von ihr verbauten Brenner nichts schulde, da sie insoweit befreiende Händlermeldungen nach § 54b Abs. 3 Nr. 2 UrhG abgegeben habe.
Das neue degressive Vergütungsmodell der Klägerin beruhe auf willkürlichen Annahmen. Es verhalte sich auch nicht in nachvollziehbarer Weise zur Frage, wann von einer Unverhältnismäßigkeit im Sinne von § 54a Abs. 4 UrhG auszugehen sei und eine „Kappung“ zu erfolgen habe. Ein Vergleich mit Ländern wie Österreich, Frankreich und den Niederlanden mit im Vergleich zu Deutschland ähnlichen Steuersätzen, Liefer- und Versandkosten zeige indessen auf, dass das völlige Fehlen (Österreich, Frankreich, aber auch Spanien, Vereinigtes Königreich) bzw. der deutlich geringere Betrag der Geräteabgabe auf PCs (Niederlande) unmittelbar auf den Endverkaufspreis dieser Geräte „durchschlage“ und zu entsprechend geringeren Preisen in diesen Ländern führe mit der Folge, dass selbst eine geringe bzw. eine nur geringfügig höhere Abgabe auf PCs mit einem entsprechenden Wettbewerbsnachteil der deutschen Unternehmen gegenüber Konkurrenten auf dem europäischen Markt einhergehe. Es sei davon auszugehen, dass bereits eine Preisdiskriminierung in Höhe von 0,5% bis maximal 1% auf den Endkundenpreis zu einer Gefährdung des Inlandsabsatzes führe, so dass die absolute Verhältnismäßigkeitsgrenze bei ca. € 2,50 bis maximal € 5,- (bei einem durchschnittlichen Endkundenpreis im fraglichen Zeitraum von ca. € 550,-) zu ziehen sei. Da nach der Rechtsprechung des BGH die angemessene Vergütung regelmäßig unterhalb dieser absoluten Maximalgrenze liegen solle, sei von einer angemessenen Abgabe für Verbraucher-PCs in Höhe von € 2,- bis maximal € 4,- auszugehen. Hiernach errechne sich eine Forderung der Klägerin in Höhe von € 2.618,- (bei € 2,- pro Stück) bis € 5.236,- (bei € 4,- pro Stück).
Der Vergleich der Geräteabgabe im Inland, den die Klägerin ihrer Forderung zugrunde lege, und anderen EU-Staaten belege ohnehin, dass die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche, weshalb auch aus diesem Grund der Klage kein Erfolg verbeschieden sein könne.
Von einer gleichwohl berechtigten (im Bereich zwischen € 2.618,- bis € 5.236,- liegenden) Vergütungsforderung seien überdies die Brenner-Abgaben, die die Beklagte in den streitgegenständlichen Jahren für die von ihr im Inland erworbenen, zum Einbau bestimmten Brenner bereits an die Klägerin abgeführt habe, in Abzug zu bringen, und zwar mindestens in Höhe der Differenz zwischen dem „alten“ Brennertarif in Höhe von € 9,21 und dem neuen, rückwirkend erhobenen Brennertarif in Höhe von € 1,875, also mindestens in Höhe von € 7,335 pro Stück. Die Zahlung an die Klägerin sei indirekt erfolgt, indem der Beklagten die Brennerabgaben von ihren Lieferanten (über den Verkaufspreis) eingepreist und von diesen an die Klägerin weitergeleitet worden seien. Da die Beklagte nicht auf eine Rückerstattung seitens ihrer Lieferanten verwiesen werden könne und insoweit ein Anspruch nicht bestehe, werde mit dem gegen die Klägerin bestehenden Rückerstattungsanspruch in Höhe von € 147.250,13 (20.075 Stück x € 7,335 pro Stück) hilfsweise gegen die Klageforderung aufgerechnet.
Soweit die Klägerin Mehrwertsteuer in Höhe von 7% verlange, sei diese ebenfalls nicht geschuldet, weil die Erhebung von Urheberrechtsabgaben keine Dienstleistung im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie 2010/45/EU darstelle und daher nicht umsatzsteuerpflichtig sei (EuGH, Urt. v. 18.01.2017 – C-37/16).
Dem entgegnet die Klägerin:
Durch das Urteil des BGH „Gesamtvertrag PCs“ (GRUR 2017, 694) seien die Ansprüche der streitgegenständlichen Gerätetypen für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum dem Grunde und der Höhe nach rechtskräftig festgestellt. Die Einwendungen der Beklagten seien bereits mit dem zwischen den Parteien ergangenen Urteil des BGH vom 14.12.2017 – I ZR 54/15 (ZUM 2018, 364) zurückgewiesen worden.
Zum Bestreiten der Passivlegitimation der Beklagten sei auf den Senatsbeschluss vom 03.05.2018 – 6 Sch 10/17, dort S. 22, zu verweisen.
Im deutschen Recht existiere keine „Bagatellgrenze“; abgesehen wäre eine solche im Streitfall überschritten.
Die Beklagte habe unabhängig von ihrer mangelnden Teilnahme an den Gesamtvertragsverhandlungen mit einer rückwirkenden Vergütungspflicht rechnen müssen, da sich diese unmittelbar aus den §§ 54 ff. UrhG ergebe.
Zur Vereinbarkeit der Regelungen der § 54 ff. UrhG mit dem Unionsrecht wie auch dem Verfassungsrecht werde auf die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung Bezug genommen. Eine Vorlage an den EuGH sei nicht veranlasst.
Die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass die streitgegenständlichen PCs ganz überwiegend an gewerbliche Endabnehmer überlassen würden. Derartiges werde – abgesehen davon, dass das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten bereits unsubstantiiert sei – weiterhin bestritten. Deren Vortrag lasse sich auch nicht damit vereinbaren, dass sich die Beklagte in ihrem Internetauftritt auch an den Verbraucher richte. Überdies wäre die Vergütungspflicht nach der Rechtsprechung des BGH auch dann zu vermuten, wenn die Beklagte die streitgegenständlichen Geräte ausschließlich an gewerbliche Endabnehmer vertreiben würde.
Entgegen der Auffassung der Beklagten fehle es im deutschen Recht nicht an einem nach der Rechtsprechung des EuGH notwendigen Rückerstattungssystem. Die von der Beklagten behaupteten Schwierigkeiten bei Rückerstattungen existierten tatsächlich nicht. Die gesetzlichen Regelungen der §§ 54 Abs. 2 UrhG und 812 ff. BGB gewährleisteten, dass bei Entfallen der Vergütungspflicht vor oder nach deren Erfüllung Ansprüche geltend gemacht werden könnten, wobei bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche (nur) entlang der Leistungskette abzuwickeln seien. Die Erstattung entlang der Leistungskette sei seit jeher ständige Praxis, ohne dass es zu nennenswerte Problemen gekommen sei.
Ein „doppelter Vergütungssatz“ sei nicht streitgegenständlich.
Nach der Rechtsprechung des BGH indizierten in Gesamtverträgen vereinbarte Vergütungssätze deren Angemessenheit. Ein auf die ermittelte Vergütung gewährter Nachlass stehe nicht in Zusammenhang mit der Feststellung der an sich angemessenen Vergütungshöhe. Schon deshalb führten Gesamtvertragsnachlässe nicht zur Europarechtswidrigkeit der §§ 54 ff. UrhG. Überdies stünden solchen Nachlässen erhebliche Verpflichtungen der gesamtvertraglich gebundenen Unternehmen gegenüber.
Die Auffassung der Beklagten, für „Business-Geräte“ sei keine Vergütung geschuldet, sei unzutreffend. Diese entfalle nach der Rechtsprechung des BGH in Umsetzung des „Padawan“- Urteils des EuGH nur, wenn die erforderlichen Nachweise geführt würden, dass die betreffenden Produkte von anderen als natürlichen Personen zu eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch erworben würden und damit allenfalls in geringem Umfang tatsächlich Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG angefertigt worden seien oder nach dem normalen Gang der Dinge angefertigt würden. Davon zu unterscheiden seien die am tatsächlichen Maß der Nutzung gemessene verringerte Vergütung für „Business“-PCs im Sinne der mit der Klägerin abgeschlossenen Gesamtverträge bzw. der von ihr aufgestellten Tarife.
Die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass die streitgegenständlichen PCs ganz überwiegend an gewerbliche Endabnehmer überlassen würden. Derartiges werde – abgesehen davon, dass das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten bereits unsubstantiiert sei – weiterhin bestritten. Diese Nachweise seien in Bezug auf das jeweils im Einzelfall konkret betroffene Gerät zu führen. Der Vortrag der Beklagten lasse sich auch nicht damit vereinbaren, dass sie sich in ihrem Internetauftritt auch an den Verbraucher richte. Überdies wäre die Vergütungspflicht nach der Rechtsprechung des BGH auch dann zu vermuten, wenn die Beklagte die streitgegenständlichen Geräte ausschließlich an gewerbliche Endabnehmer vertreiben würde. Die von der Beklagten behaupteten IDC-Zahlen würden mit Nichtwissen bestritten. Unabhängig davon seien diese zur Nachweisführung nicht geeignet.
Angesichts des Urteils des BGH „Gesamtvertrag PCs“ erübrige sich ein Vortrag zur Angemessenheit der klägerseits geforderten Vergütungssätze, da diese höchstrichterlich bestätigt worden seien.
Den Ausführungen der Beklagten zur „Kappungsgrenze“ des § 54a Abs. 4 UrhG sei nicht zu folgen. Sie genügten nicht den Anforderungen, wie sie den höchstrichterlichen Entscheidungen in den Gesamtvertragsverfahren „Unterhaltungselektronik“ (BGH GRUR 2016, 792) und „Speichermedien“ (BGH GRUR 2017, 161) zugrunde lägen. Die Beklagte müsste hiernach darlegen und beweisen, dass die gegenständlichen Produkte in erheblichem Umfang im Ausland statt im Inland abgesetzt würden, weil der durchschnittliche Endverkaufspreis der jeweiligen Geräte im Ausland niedriger sei als im Inland und dieser Umstand auf die Nicht-/geringere Erhebung der Gerätevergütung zurückzuführen sei. Soweit die Beklagte von einer Verhältnismäßigkeitsgrenze von 0,5% bis maximal 1% des Endkundenpreises ausgehe, sei dies willkürlich.
Einem Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch die Klägerin – wie beklagtenseits behauptet – stehe bereits der Umstand entgegen, dass die von der Klägerin beanspruchten Vergütungen auf der Grundlage der Regelung der §§ 54, 54a UrhG beansprucht würden und diese mit Urteil des BGH „Gesamtvertrag PCs“ höchstrichterlich rechtskräftig festgestellt worden seien. Auch sonstige kartellrechtliche Einwände könne die Beklagte nicht Erfolg dem Klagebegehren entgegenhalten.
Entgegen der Ansicht der Beklagten unterliege die streitgegenständliche Forderung der Umsatzsteuerpflicht (vgl. Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 14.02.2018, Schriftsatz vom 30.05.2018, S. 38 = Bl. 650 d.A.).
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung vom 07.06.2018 (Bl. 656/658 d.A.) Bezug genommen.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Klägerin die Schriftsätze vom 6.9.2018, 16.10.2018, 4.1.2019 sowie vom 17.1.2019 und die Beklagte die Schriftsätze vom 1.10.2018, 10.10.2018, 11.10.2018, 15.10.2018 sowie vom 15.1.2019 eingereicht.
II.
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Vergütungsanspruch der Klägerin folgt aus § 54, § 54a i.V.m. § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG. Die insoweit gegen den Anspruchsgrund und die Anspruchshöhe von der Beklagten erhobenen Einwände verhelfen ihrer Rechtsverteidigung nicht zum Erfolg.
Soweit die Klage mit Schriftsatz vom 29.12.2017 teilweise für erledigt erklärt wurde, gilt die Zustimmung der Beklagten hierzu als erteilt (§ 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO). Der Schriftsatz vom 29.12.2017 wurde der Beklagten mit Belehrung gemäß § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO am 5.1.2018 zugestellt. Innerhalb der Zwei-Wochen-Frist wurde der Erledigterklärung nicht widersprochen. Insoweit war nur noch über die Kosten zu entscheiden.
A) Die Klage ist zulässig.
Gemäß § 16 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1, 3. Alt. i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) UrhWG ist der Senat zur Entscheidung über den klägerseits geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer Abgabe für Geräte nach Maßgabe des § 54 UrhG in Bezug auf die streitgegenständlichen Personalcomputer (PCs) und Brenner berufen. Da das vorliegende Verfahren am 1.6.2016 bereits anhängig war, ist § 16 UrhWG in der bis zum 31.5.2016 geltenden Fassung anwendbar (§ 139 Abs. 3 VGG).
Das Schiedsstellenverfahren, das gemäß § 16 Abs. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) UrhWG dem streitigen gerichtlichen Verfahren vorauszugehen hat, ist von den Parteien vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt unter Az. Sch-Urh 29/11 geführt worden. Gegen den als Anl. K 1 vorgelegten Einigungsvorschlag vom 30.09.2014 haben die Parteien Widerspruch eingelegt. Der im Schriftsatz vom 15.10.2018 von der Beklagten gestellte Antrag, das Verfahren wegen mangelnder Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens im Hinblick auf den neuen Tarif der Klägerin auszusetzen, entbehrt daher einer hinreichenden Grundlage. Die Schiedsstelle hat sich in dem vorangegangenen Schiedsstellenverfahren auch mit der Höhe der Vergütung befasst. Allein der Umstand, dass sich die Klägerin im vorliegenden Verfahren maßgeblich auf den später festgesetzten Gesamtvertrag stützt, erfordert nicht die erneute Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens.
B) Die Zahlungsklage ist begründet.
I. Die Klägerin ist aktivlegitimiert.
Gemäß § 54h Abs. 1 UrhG können die Ansprüche nach § 54 UrhG nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Die Anspruchsberechtigung der Klägerin – einer Inkassogesellschaft, welche die Ansprüche ihrer Gesellschafter verfolgt – als Zusammenschluss von Verwertungsgesellschaften in Gestalt einer abhängigen Verwertungseinrichtung im Sinne von § 3 VGG ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch vor Inkrafttreten des VGG wiederholt bejaht worden (z.B. BGH GRUR 2012, 705 Tz. 19 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät; GRUR 2013, 1037 Tz. 13 – Weitergeltung als Tarif; GRUR 2017, 161, Tz. 33 – Gesamtvertrag Speichermedien; GRUR 2017, 716, Tz. 24 – PC mit Festplatte I; BGH ZUM 2018, 364, Tz. 14).
II. Als Hersteller bzw. Importeurin der streitgegenständlichen abgabepflichtigen PCs (mit und ohne eingebautem Brenner) ist die Beklagte passivlegitimiert (§ 54 Abs. 1, § 54 b Abs. 1 UrhG).
1. Ohne Erfolg macht die Beklagte insoweit geltend, es sei unklar, welche Geräte vom Verfahrensgegenstand umfasst seien und ob sie überhaupt vergütungspflichtige Geräte im streitgegen ständlichen Zeitraum vom 01.01.2008 bis einschließlich 31.12.2010 im Inland in Verkehr gebracht habe.
Zu den vergütungspflichtigen Geräten als solchen verhält sich das Vorbringen der Klägerin in ihrem den Zahlungsanspruch begründenden Schriftsatz vom 29.12.2017 (dort S. 10 = Bl. 444 d. A.). Zur Ausstattung der verfahrensgegenständlichen Geräte verweist sie auf ihre Begriffsdefinitionen auf Seiten 5 bis 9 dieses Schriftsatzes (Bl. 439 bis 443 d.A.). Dem Einwand mangelnder Klarheit des Verfahrensgegenstandes ist entgegenzuhalten, dass dem Urteil des BGH „Gesamtvertrag PCs“ (GRUR 2017, 694) der gleiche Vertragsgegenstand zugrunde gelegen hat und der BGH in diesem Verfahren von der Vergütungspflicht von PCs mit und ohne eingebautem Brennern ausgegangen ist. Der mit Schriftsatz vom 29.12.2017 bezifferte Zahlungsantrag beruht auf der von der Beklagten gemäß Anlage K 102 erteilten Auskunft (vgl. die Rechnungsstellung gemäß Anlage K 103). Dementsprechend entbehrt auch der Einwand der Beklagten, es sei auch ungeklärt, ob und in welchem Umfang sie im maßgeblichen Zeitraum die streitgegenständlichen Geräte im Inland in Verkehr gebracht habe, einer tragfähigen Grundlage.
III. Dem Grunde nach hat die Klägerin gegenüber der Beklagten (als Herstellerin, § 54 Abs. 1 UrhG, bzw. als Importeurin, § 54b Abs. 1 UrhG) für die von ihr durch das Inverkehrbringen von Geräten geschaffene Möglichkeit, Vervielfältigungen urheberrechtlich geschützter Werke nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG vorzunehmen, einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung.
1. Die durch das Zweite Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 26.10.2007 neu gefassten Bestimmungen der § 54 Abs. 1, § 54 Abs. 1 UrhG sind nach Art. 4 dieses Gesetzes am 01.01.2008 in Kraft getreten und daher auf ab dem 01.01.2008 veräußerte oder in Verkehr gebrachte Geräte und Speichermedien anwendbar.
2. Bei den verfahrensgegenständlichen PCs handelt es sich um Typen von Geräten, die nach den Bestimmungen der § 54 Abs. 1, § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG vergütungspflichtig sind. Sie werden zur Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken, aber auch zur Vervielfältigung von stehendem Text und Bild zum privaten Gebrauch genutzt (vgl. BGH a.a.O. – Gesamtvertrag PCs, Tz. 34; BGH a.a.O. – PC mit Festplatte I, Tz. 30; BGH ZUM 2018, 364, Tz. 20).
IV. Die Höhe der nach § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG geschuldeten Gerätevergütung entspricht der Höhe des Schadens, den Urheber und Leistungsschutzberechtigte dadurch erleiden, dass das jeweilige Gerät als Typ ohne ihre Erlaubnis tatsächlich für nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG zulässige Vervielfältigungen genutzt wird. Zum Ausgleich dieses Schadens ist grundsätzlich die angemessene Vergütung zu zahlen, die die Nutzer hätten entrichten müssen, wenn sie die Erlaubnis für die Vervielfältigungen eingeholt hätten (BGH GRUR 2016, 792 Tz. 30 bis 41 – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik; BGH a.a.O. – Gesamtvertrag Speichermedien, Tz. 37). Der Schaden, der den Urhebern durch die in § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG angeordnete Beschränkung ihres ausschließlichen Rechts entsteht, Vervielfältigungen ihrer Werke zu verbieten oder – gegen Zahlung einer Vergütung – zu gestatten, entspricht der Lizenzgebühr, die die Urheber für die Einräumung des Rechts zu den in § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG genannten Nutzungen ihrer Werke hätten erzielen können (st. Rspr., z.B. BGH a.a.O. – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik, Tz. 36f; BGH a.a.O. – Gesamtvertrag Speichermedien, Tz. 43f; BGH a.a.O. – Gesamtvertrag PCs, Tz. 40).
1. Ihrer Berechnung der aus ihrer Sicht angemessenen, den Urhebern im vorgenannten Sinne durch die Vornahme von Vervielfältigungshandlungen der Nutzer im streitgegenständlichen Zeitraum entstandenen Schaden abbildenden Gerätevergütung nach § 54, § 54a Abs. 1 UrhG hat die Klägerin diejenigen Vergütungssätze zugrunde gelegt, welche der BGH in seinem Urteil „Gesamtvertrag PCs“ als angemessen gebilligt hat. Zur Begründung verweist die Klägerin darauf, den gesamtvertraglich vereinbarten Vergütungssätzen komme eine besondere Indizwirkung für deren Angemessenheit zu. Dieser Auffassung schließt sich der Senat im Ergebnis an.
a) Der Beklagten ist zwar darin zu folgen, dass mit dem Urteil des BGH „Gesamtvertrag PCs“ die streitgegenständlichen Vergütungsansprüche als solches der Höhe nach nicht rechtskräftig feststünden, weil die Beklagte als sogenannte „Außenseiterin“ an dem Gesamtvertragsverfahren, welches zum „Gesamtvertrag PCs“-Urteil des BGH vom 16.03.2017 (Az. I ZR 36/15) geführt hat, nicht als Partei beteiligt war, dieses somit ihr gegenüber nicht in Rechtskraft erwachsen konnte. Die Beklagte ist dem Gesamtvertrag auch nicht beigetreten, sodass eine Verpflichtung der Beklagten nicht auf den Gesamtvertrag gestützt werden kann.
b) Dem Urteil „Gesamtvertrag PCs“ kommt allerdings im Hinblick auf die vom BGH darin gebilligten, hier verfahrensgegenständlichen Vergütungssätze eine indizielle Wirkung in Richtung auf deren Angemessenheit zu, die weder aufgrund der dem Streitfall zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände, noch in Ansehung des Vorbringens der Beklagten als widerlegt anzusehen ist.
aa) Der Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass sie auf das Verhandlungsergebnis im fraglichen Gesamtvertragsverfahren keinen Einfluss habe nehmen können, so dass die von den Gesamtvertragsparteien gewonnenen Verhandlungsergebnisse ihr gegenüber keine unmittelbare Bindungswirkung entfalten können.
bb) Allerdings greift deren Auffassung zu kurz, eine Indizwirkung der Angemessenheit von Vergütungssätzen in einem Gesamtvertrag könne nur in einem anderen Gesamtvertragsverfahren angenommen werden, nicht hingegen im Streitfall, nachdem sie, die Beklagte, an der Vereinbarung über den Gesamtvertrag nicht unmittelbar beteiligt war.
Die Rechtsprechung des BGH, wonach „bei der Festsetzung eines Gesamtvertrags vergleichbare Regelungen in anderen Gesamtverträgen insbesondere dann einen gewichtigen Anhaltspunkt für die Billigkeit einer Regelung bieten können, wenn diese Verträge zwischen den Parteien oder unter Beteiligung einer der Parteien geschlossen worden sind“ (BGH GRUR 2013, 1220, Tz. 20 – Gesamtvertrag Hochschul-Intranet m.w.N.; BGH a.a.O. – Gesamtvertrag PCs, Tz. 58), bezieht sich zwar unmittelbar nur auf vergleichbare Regelungen in mehreren Gesamtvertragsparteien unter Beteiligung mindestens einer Partei an diesen Verfahren.
Diese Aussage vermag allerdings die Umstände des konkreten Falles nicht in erschöpfender Weise zu würdigen. Dem Streitfall liegen nicht nur im Hinblick auf die zu vergütenden Gerätearten und die vergütungspflichtigen Zeiträume, über die eine der Prozessparteien mit den Vertretern der Geräteindustrie eine Vergütungsvereinbarung getroffen hat, Parallelen zugrunde. Die Festsetzung der angemessenen Vergütung im „Gesamtvertrag PCs“-Verfahren ist darüber hinaus in einem Gerichtsverfahren über zwei Instanzen hinweg nach vorausgehender Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens erfolgt, wobei als Prüfungsmaßstab für die angemessene Vergütungshöhe die Vorschriften der § 54, § 54a UrhG heranzuziehen waren und demzufolge der den Urhebern durch die erlaubnisfreie Nutzung ihres Werkes entstandene konkrete Schaden zu ermitteln war. Bei dieser Sachlage kann sich die Beklagte nicht damit verteidigen, dass nicht ausschließbar zu ihrem Nachteil im „Gesamtvertrag PC“-Verfahren ein Verhandlungsergebnis erzielt worden sei, welches sie sich nicht als Indiz für die angemessene Vergütungshöhe entgegenhalten lassen müsse. Denn eine vertragliche Einigung zwischen den Gesamtvertragsparteien konnte in Bezug auf den streitgegenständlichen Zeitraum 2008 bis 2010 gerade nicht erzielt werden, sodass es einer gerichtlichen Festsetzung des Gesamtvertrages bedurfte. Soweit im Rahmen dieser gerichtlichen Festsetzung des Gesamtvertrags für den Zeitraum 2008 bis 2010 auf den „ausgehandelten“ Gesamtvertrag für den Zeitraum ab 2011 als Vergleichsmaßstab abgestellt wurde, vermag der Senat weiterhin nicht zu erkennen, dass hierbei unangemessene, weil überhöhte Vergütungen festgesetzt vereinbart wurden.
c) Da nach Vorstehendem zur Bemessung der Vergütungshöhe dem Begehren der Klägerin folgend auf diejenigen Vergütungssätze abzustellen ist, welche der BGH in seinem Urteil „Gesamtvertrag PCs“ für angemessen erachtet hat, stellt sich die Frage, ob das Vergütungsmodell der Klägerin – auf welches diese sich hilfsweise berufen hat – geeignet ist, nach § 54a Abs. 1 UrhG das Maß abzubilden, in dem die Geräte und Speichermedien als Typen tatsächlich für Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG genutzt werden, im Streitfall nicht mehr als entscheidungserheblich dar, so dass hierauf – wie auch auf die diesbezüglich von der Beklagten hiergegen erhobenen Einwände – im Rahmen dieses Senatsurteils nicht mehr einzugehen ist.
V. Die von der Beklagten gegen die von der Klägerin auf der Grundlage der vom BGH im Urteil „Gesamtvertrag PCs“ errechneten Vergütungsforderung erhobenen Einwände verhelfen ihrer Rechtsverteidigung nicht zum Erfolg.
1. Mit der Rüge der Beklagten, für die dem Hersteller bzw. Importeur gegenüber bestehende Gerätevergütung seien die Vorschriften der § 54 ff. UrhG nicht als Anspruchsgrundlage heranzuziehen, weil sie gegen Unionsrecht verstießen, hat sich der BGH in der Vergangenheit wiederholt auseinandergesetzt und ist dieser Rechtsauffassung nicht gefolgt. Nach der Rechtsprechung des BGH ist von der Vereinbarkeit der §§ 54 ff. UrhG mit Unionsrecht auszugehen, infolgedessen hat er in der Vergangenheit von einem Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV an den EuGH abgesehen (z.B. BGH GRUR 2014, 984 Tz. 73 ff. – PC III; BGH GRUR 2017, 172 Tz. 113 – Musik-Handys; BGH GRUR 2017, 684 Tz. Tz. 98 – externe Festplatten; BGH GRUR 2016, 792 Tz. 32 ff. – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik; BGH GRUR 2017, 161 Tz. 39 ff. – Gesamtvertrag Speichermedien).
In gleicher Weise hat der BGH in der Vergangenheit in der Geltendmachung der Geräteabgabe durch die Verwertungsgesellschaften auf der Grundlage der Vorschriften der §§ 54 ff. UrhG keinen Grundrechtsverstoß gesehen, insbesondere nicht im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit der abgabepflichtigen Gerätehersteller, Lieferanten und Importeure. Was den vermeintlichen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot anbelangt, ist ebenso auf die Rechtsprechung des BGH zu verweisen: „Die Revision macht vergeblich geltend, eine rückwirkende Erhebung der Gerätevergütung auf abgeschlossene Geschäfte sei unzulässig, weil die Beklagte die Vergütung nachträglich nicht mehr auf die Endnutzer abwälzen könne. Zwar muss es den Herstellern, Importeuren und Händlern von vergütungspflichtigen Geräten grundsätzlich möglich sein, die Belastung durch die Gerätevergütung dadurch an den Endnutzer weiterzugeben, dass sie den Betrag der Vergütung in den vom Endnutzer zu entrichtenden Preis einfließen lassen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 50 Rdnrn. 43-50 – Padawan/SGAE; GRUR 2011, 909 Rdnrn. 18-29 – Stichting/Opus; BGH, GRUR 2011, Rdnr. 30 – Drucker und Plotter II). Die Beklagte war aber an einer entsprechenden Kalkulation ihrer Abgabepreise nicht gehindert. Ihr war bekannt, dass die Frage der Vergütungspflicht für PCs mit Festplatte nach § 54 I UrhG a.F. umstritten war und die Klägerin für solche Geräte eine Vergütung forderte. Sie handelte daher, wie das OLG rechtsfehlerfrei angenommen hat, auf eigenes Risiko, soweit sie diese Vergütung bei der Bemessung des Kaufpreises nicht berücksichtigt hat“ (vgl. BGH GRUR a.a.O. – PC III, Tz. 48; BGH GRUR 2012, 705, Tz. 33 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät; Senat, Urt. v. 30.10.2014, 6 Sch 11/09 WG, S. 62). So liegt der Fall auch hier.
2. Auch greift der Einwand, dass es im deutschen Recht an einem wirksamen und einfachen Rückerstattungssystem bei Vorliegen einer ohne Rechtsgrund erfolgten Zahlung eines vermeintlichen Vergütungsschuldners oder bei zu viel bezahlter Gerätevergütung fehle (vgl. EuGH GRUR 2013, 1025 Tz. 31ff. – Amazon/Austro-Mechana), nicht durch.
a) Hierzu hat der BGH in seinem Urteil „PC mit Festplatte II“ ausgeführt (BGH GRUR 2017, 716 Tz. 66, 68): „Die Revision macht ohne Erfolg geltend, einer Vergütungspflicht stehe entgegen, dass es im deutschen Recht an einem nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union notwendigen Rückerstattungssystem und einem System der vorherigen Freistellung von der Vergütungspflicht fehle. … Das Oberlandesgericht hat zutreffend angenommen, dass der auf eine nachträgliche Zahlung der Gerätevergütung gerichtete Anspruch der Klägerin von vornherein keine Geräte und Speichermedien erfasst, die nachweislich nicht zur Anfertigung von Privatkopien verwendet worden sind (BGH, GRUR 2017, 172 Rn. 102 – MusikHandy). Geräte und Speichermedien, die eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, sind mithin von der in § 54 Abs. 1 UrhG aF vorgesehenen Vergütungspflicht freigestellt. Der Beklagten ist es ferner unbenommen, im Zusammenhang mit der Erteilung der von der Klägerin begehrten Auskünfte nachzuweisen, dass die von ihr in Verkehr gebrachten Geräte tatsächlich nicht zur Herstellung von Privatkopien verwendet worden sind; gleichwohl bereits entrichtete Vergütungen sind nach den allgemeinen Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung zu erstatten (kritisch: Koch/Krauspenhaar, GRUR Int. 2013, 1003, 1007; Rosenkranz, GPR 2014, 37, 39; Verweyen, GRUR Int. 2016, 40, 49). Allein hiernach etwa noch verbleibende, nicht nachweislich eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien vorbehaltene Geräte sind vergütungspflichtig, so dass sich auch die Frage einer Rückerstattung überzahlter Gerätevergütungen hier nicht stellt (vgl. BGH, GRUR 2017, 172 Rn. 102 – Musik-Handy).“
In entsprechender Weise hat sich der BGH in der Entscheidung „PC mit Festplatte I“ (BGH GRUR 2017, 702, Tz. 64 bis 67) geäußert und darauf verwiesen, dass „im Übrigen … aus Abwicklungsschwierigkeiten bei der Erstattung der Gerätevergütung in Exportfällen in der Vergangenheit nicht darauf geschlossen werden [könne], dass die Durchsetzung von Rückerstattungsansprüchen in denjenigen Fällen, in denen eine Gerätevergütung gezahlt worden ist, obwohl das Gerät tatsächlich nicht zur Anfertigung von Privatkopien verwendet worden ist, tatsächlich übermäßig erschwert gewesen ist“, weshalb sich auch das Argument, eine Rückabwicklung erweise sich (vor allem auch im Exportfall) als übermäßig erschwert, zumal sich die Klägerin in der Vergangenheit wiederholt geweigert habe, Rückzahlungen zu leisten (was diese wiederum bestreitet), nicht als durchgreifend erweist (vgl. insoweit auch das zwischen Parteien im Verfahren I ZR 54/15 ergangene Urteil des BGH vom 14.12.2017, Tz. 41 ff.).
b) Soweit dem die Beklagte entgegenhält, die §§ 54 ff UrhG hielten keinen wirksamen und einfachen Rückerstattungsanspruch vor, weil eine Rückerstattung entlang der Lieferkette nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts – wie die Schiedsstelle zutreffend erkannt habe (Einigungsvorschlag vom 27.02.2017, Az. Sch-Urh 61/13) – rechtlich nicht durchsetzbar und damit nicht verfügbar, jedenfalls aber übermäßig erschwert sei, kann dahinstehen, inwiefern dieser Beurteilung abweichend von der Rechtsprechung des BGH gefolgt werden könnte.
Die Beklagte begründet ihre Rechtsauffassung im Wesentlichen damit, die Geltendmachung von Rückerstattungsansprüchen entlang der Lieferkette führe dazu, dass von ihren Lieferanten belieferte Unternehmen die Daten ihrer (End-)Kunden mitteilen müssten. Da es sich bei den Lieferanten häufig um unmittelbare Wettbewerber der belieferten Unternehmen handle, wären diese bei Geltendmachung von Rückerstattungsansprüchen gezwungen, ihre Kundenbeziehungen offenzulegen und liefen hierdurch Gefahr, ihre Kunden an ihren Lieferanten zu verlieren.
Dass der Bereicherungsgläubiger bei einem Bereicherungsausgleich entlang der Lieferkette den Nachweis zu führen hat, an Dritte Leistungen ohne Rechtsgrund erbracht zu haben, ist systemimmanent. In welcher Weise dieser Nachweis erbracht werden kann, ist Frage des Einzelfalles und nicht zwangsweise mit der Bekanntgabe der jeweiligen Kundendaten verbunden. Es ist nicht ersichtlich, dass der BGH diese Problematik bei Erlass seines Urteils „PC mit Festplatte II“ verkannt hätte. Dies kann aber in Bezug auf die Klageforderung dahinstehen, da die Frage der Rückerstattung sich mangels Zahlung der Gerätevergütung bereits nicht stellt.
3. Der Beklagten kann auch nicht darin gefolgt werden, dass der Legalisierungsmaßstab des § 53 Abs. 1 UrhG insoweit über den unionsrechtlich zulässigen Maßstab hinausgehe, als damit eine Legalisierung rechtswidriger Vervielfältigungen erfolge. Auch insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der BGH in der Vergangenheit keinen Zweifel an der unionsrechtlichen Unbedenklichkeit der Vorschrift des § 53 Abs. 1 UrhG gelassen (vgl. BGH a.a.O. – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik, Tz. 57 ff.; BGH a.a.O. – Gesamtvertrag Speichermedien, Tz. 63 ff.; BGH a.a.O. – externe Festplatten, Tz. 71 ff.; BGH a.a.O. – Gesamtvertrag PCs, Tz. 51 ff.; BGH a.a.O. – Musik-Handy, Tz. 59) und darauf verwiesen hat, dass „unrechtmäßige Quellen – und damit rechtswidrige Vorlagen im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG – jedoch nur geschützte Werke [sind], die der Öffentlichkeit ohne Erlaubnis der Rechtsinhaber zur Verfügung gestellt werden (EuGH, GRUR 2015, 478 Rn. 79 – Copydan/Nokia). Werke, die der Öffentlichkeit mit Erlaubnis des Rechtsinhabers zur Verfügung gestellt werden, sind auch dann keine unrechtmäßige Quellen oder rechtswidrige Vorlagen, wenn auf sie technische Schutzmaßnahmen angewendet werden. Soweit die technischen Schutzmaßnahmen ein Anfertigen von Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG nicht verhindern, besteht daher grundsätzlich ein Vergütungsanspruch nach § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG (BGH, GRUR 2016, 792 Rn. 62 – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik, mwN).“ (vgl. BGH a.a.O. – Gesamtvertrag PCs, Tz. 54).
4. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, eine Vergütung nicht zu schulden, weil die Klägerin nicht den Nachweis geführt habe, dass PCs in relevantem Umfang zur Vornahme von Vervielfältigungen genutzt würden und nach neuem (ab 01.01.2008 geltenden) Recht nur bei Überschreiten einer Bagatellgrenze eine Gerätevergütung nach den §§ 54 ff. UrhG anfalle.
a) In seinem Urteil „Musik-Handy“ hat der BGH ausgeführt, nach Maßgabe des Erwägungsgrundes 35 der InfoSoc-Richtlinie (RL 2001/29/EG) „kann sich in bestimmten Situationen, in denen dem Rechtsinhaber nur ein geringfügiger Nachteil entstünde, gegebenenfalls keine Zahlungsverpflichtung ergeben (vgl. EuGH GRUR 2011, 50 Rn. 39 und 46 – Padawan/SGAE; GRUR 2015, 478 Rn. 29 – Copydan/Nokia). Ist davon auszugehen, dass Nutzungshandlungen nach § 53 Abs. 2 UrhG a.F. allenfalls zu einer zu vernachlässigenden Beeinträchtigung der urheberrechtlichen Verwertungsrechte führen, muss hierfür keine Vergütung gemäß § 54 Abs. 1 UrhG a.F. vorgesehen werden“ (BGH a.a.O., Tz. 109 m.w.N.).
b) Die Anwendung der sog. „de minimis“-Regel (die wie vorstehend dargestellt entgegen der Auffassung der Beklagten auch bereits nach „altem“ Recht im konkreten Einzelfall in Betracht zu ziehen war) kommt im Streitfall allerdings nicht in Betracht. Hiergegen spricht bereits, dass der BGH in seinem „Gesamtvertrag PCs“-Urteil davon ausgegangen ist, dass PCs nicht nur in geringfügigem und zu vernachlässigendem Umfang zur Anfertigung von Privatkopien im Sinne von § 53 UrhG genutzt werden. Dementsprechend ist auch die Schiedsstelle in dem Schiedsstellenverfahren zwischen den Parteien davon ausgegangen, dass die Ergebnisse der empirischen Untersuchung der TNS Infratest GmbH, wonach PCs dem Grunde nach zur Anfertigung von Vervielfältigungen im Sinne des § 53 UrhG verwendet werden, die im Rahmen eines vorangegangenen Schiedsstellenverfahrens eingeholt wurde, auch im vorliegenden Verfahren zum Beleg der Nutzung von PCs zu Vervielfältigungen herangezogen werden können (Anlage K 1, Seite 31).
5. Soweit die Beklagte rügt, die Geltendmachung „doppelter Vergütungssätze“ nach Maßgabe der § 54e Abs. 2, § 54f Abs. 3 UrhG als pauschalierter Schadensersatz sei mit der InfoSocRichtlinie unvereinbar, ist diese Frage nicht entscheidungserheblich, weil „doppelte Vergütungssätze“ (in Gestalt eines Schadensersatzanspruchs) vom Streitgegenstand dieses Verfahrens nicht umfasst sind.
6. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg damit verteidigen, dass in Gesamtverträgen ausgehandelte Vergütungssätze keinen Bezug zu dem den Urhebern aus der Anfertigung von Privatkopien entstehenden Schaden aufwiesen, was sich insbesondere in der Vereinbarung von Gesamtvertragsnachlässen zeige, sondern vielmehr hier die sogenannte „Verhandlungslösung“ zum Tragen komme, derzufolge die Gesamtvertragsparteien aus kaufmännischen Erwägungen und im Wege gegenseitigen Nachgebens Vergütungssätze vereinbarten, ohne den Schaden bzw. die Nachteile der Urheber und Rechtsinhaber (ausreichend) zu berücksichtigen.
a) Unabhängig von der zwischen den Parteien strittigen Frage, ob dieser Schaden im Sinne eines „gerechten Ausgleichs“ nach Maßgabe der EuGH-Rechtsprechung in die Gesamtvertragsverhandlungen zwischen dem BITKOM und der hieran beteiligten ZPÜ-Gesellschaften ausdrücklich Eingang gefunden hat, gilt insoweit (vgl. BGH a.a.O. – Gesamtvertrag PCs, Tz. 60): „Die Vorgaben des Gesetzgebers zur Bestimmung der Vergütungshöhe (§ 54a UrhG) waren auch bei der Bemessung der Vergütung in dem von den Parteien für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 geschlossenen Gesamtvertrag zu beachten. Es ist daher aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass sich das Oberlandesgericht bei seiner Bemessung der angemessenen Vergütung letztlich nicht auf die von der Beklagten auf der Grundlage der empirischen Untersuchung angestellten Berechnungen, sondern auf den von den Parteien für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 geschlossenen Gesamtvertrag gestützt hat, in dem sich die Parteien unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben auf eine angemessene Vergütung geeinigt haben. Es ist zu vermuten, dass eine solche vereinbarte Vergütung eher der angemessenen Vergütung im Sinne von § 54a UrhG entspricht als eine Vergütung, die auf der Grundlage empirischer Studien errechnet worden ist.“
b) Auf der Grundlage wechselseitiger Gesamtvertragsverhandlungen seitens der mitgliederstarken Vertreter der Geräteindustrie und der Verwertungsgesellschaften abgeschlossene Vereinbarungen bieten zudem die Gewähr für ein ausgewogenes, sich am Maßstab der Angemessenheit im Sinne von § 54 ff. vorgefundenes Verhandlungsergebnis, insbesondere hinsichtlich der Vergütungsfrage, so dass auch aus diesem Grunde dem Einwand der Beklagten, derartige Verhandlungen würden sich zu Lasten der an den Gesamtvertragsverhandlungen nicht beteiligten Außenseiter (also insbesondere den kleineren und mittelständischen Unternehmen) auswirken, nicht zu entsprechen ist – abgesehen davon, dass es insoweit in tatsächlicher Hinsicht sowohl an einem substantiiertem Sachvortrag der Beklagte, als auch an hinreichenden Anhaltspunkten fehlt. Soweit in einem Gesamtvertrag ein Gesamtvertragsnachlass vereinbart wird, ist darüber hinaus nicht erkennbar, inwieweit hieraus den am Gesamtvertrag nicht beteiligten Geräteherstellern bzw. den sonstigen Vergütungsschuldnern i.S.v. § 54b UrhG ein Schaden erwachsen könnte.
7. Ohne Erfolg macht die Beklagte des Weiteren geltend, das Vorgehen der Klägerin stelle sich als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von § 19 GWB dar, was sich zum einen darin zeige, dass sie den gesamtvertragsgebundenen Unternehmen einen Gesamtvertragsnachlass in Höhe von 20% einräume, „Außenseitern“ wie der Beklagten hingegen nicht. Des Weiteren seien die Tarife der Klägerin im Vergleich zu den im europäischen Ausland zu entrichtenden Geräteabgaben überhöht.
a) Zwar ist der Beklagten im Ansatz darin zu folgen, dass die Klägerin als Zusammenschluss der beteiligten Verwertungsgesellschaften eine marktbeherrschende Stellung im Sinne von § 19 Abs. 1 GWB einnimmt, nachdem diese nach den gesetzlichen Vorgaben die Rechte der Urheber vergütungspflichtiger Werke wahrnimmt und ihr allein die abgabepflichtigen Hersteller, Lieferanten und Importeure als Vergütungsschuldner der Geräteabgabe nach den §§ 54 ff. UrhG in gegenüberstehen.
b) Dass die Klägerin ihren Gesamtvertragspartnern im Gegensatz zu den „Außenseitern“ einen Gesamtvertragsnachlass in Höhe von 20% gewährt, rechtfertigt indessen nicht den von der Beklagten erhobenen Vorwurf des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung. Es begegnet unter dem Gesichtspunkt des Diskriminierungsgebots keinen durchgreifenden Bedenken, wenn ein Monopolist im Verhandlungswege einem Vertragspartner gegenüber günstigere Konditionen einräumt als einem Unternehmen, welches sich am Verfahren nicht beteiligt hat, obwohl ihm – aufgrund seiner Mitgliedschaft in einem am Gesamtbetragsverfahren beteiligten Verband – die Möglichkeit offen gestanden hätte, an den Verhandlungen mitzuwirken. Darüber hinaus hat die Klägerin in zahlreichen Verfahren darauf hingewiesen, dass mit dem Abschluss eines Gesamtvertrags für die Verwertungsgesellschaften im Verhältnis zu den Gesamtvertragspartnern eine Verwaltungsvereinfachung einhergehe, nachdem derartige Gesamtverträge zeitabschnittsweise Auskunftsverpflichtungen der abgabepflichtigen Gerätehersteller vorsehen würden und damit eigene Ermittlungen durch die Verwertungsgesellschaften in der Regel obsolet seien. Im Gegenzug werde daher den Gesamtvertragspartnern ein Gesamtvertragsnachlass gewährt. Dieses Vorgehen lässt einen Machtmissbrauch nicht erkennen.
c) Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, dass ihrer Darstellung zufolge die Tarife der Klägerin im Vergleich zum europäischen Ausland wesentlich höher seien, was ebenfalls belege, dass die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche. Diesem Vorwurf kann schon mit Blick auf das „Gesamtvertrag PCs“-Urteil des BGH nicht entsprochen werden, in welchem die von der Klägerin damals – wie auch heute – geforderten Abgaben für sowohl mit einfachem als auch mit höherrangigem Recht vereinbar qualifiziert wurden. Anhaltspunkte für den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung hat der BGH damals nicht gesehen. Vielmehr gilt – abgesehen davon, dass sich der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten darauf beschränkt, dass die klägerischen Tarife im Vergleich zum europäischen Ausland vermeintlich höhere Abgaben vorsähen; aus welchem Grunde dieser Gesichtspunkt die Annahme eines Marktmissbrauchs für sich allein genommen ohne Darstellung der jeweiligen Marktverhältnisse in den Vergleichsländern (vgl. insoweit die Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 24.01.2013 im Verfahren „VG Wort gegen Kyocera“ u.a. (C-457/11, Tz. 30) sowie des Generalanwalts M. vom 07.03.2013 im Verfahren „Amazon gegen Austro-Mechana“ (C-521/11, Tz. 3), jeweils nachgewiesen in juris, wonach den Mitgliedstaaten ein großer Ermessensspielraum bei der Festsetzung der (nicht harmonisierten) Geräteabgaben zustehe) zu rechtfertigen vermöge, lässt sich dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen -, dass in der Geltendmachung eines gesetzlichen Anspruchs (welcher der Klägerin nach Vorstehendem in Bezug auf die jeweiligen Gerätekategorien nach Maßgabe der §§ 54, 54a UrhG dem Grunde wie auch der Höhe nach zusteht) durch die Verwertungsgesellschaft kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liegt (vgl. BGH GRUR 2008, 786 Tz. 41 – Multifunktionsgeräte; BGH a.a.O. – externe Festplatten, Tz. 48 – 50).
8. Der Beklagten kann auch nicht darin gefolgt werden, dass für sogenannte „Business-Geräte“ bereits dem Grunde nach keine Vergütung nach den §§ 54 ff. UrhG geschuldet sei.
a) Nach der Rechtsprechung des BGH gilt insoweit Folgendes (BGH a.a.O. – Gesamtvertrag PCs, Tz. 36):
„Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der RL 2001/29/EG ist die unterschiedslose Anwendung der Vergütung für Privatkopien auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung, die nicht privaten Nutzern überlassen werden und eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, mit der Richtlinie unvereinbar (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 – C467/08, Slg. 2010, I-10055 = GRUR 2011, 50 Rn. 52 und 53 – Padawan/SGAE; Urteil vom 11. Juli 2013 – C-521/11, GRUR 2013, 1025 Rn. 28 = WRP 2013, 1169 – Amazon/Austro-Mechana I; Urteil vom 5. März 2015 – C-463/12, GRUR 2015, 478 Rn. 47 und 50 Copydan/Nokia). Unter Berücksichtigung der praktischen Schwierigkeiten bei der Ermittlung des privaten Zwecks der Nutzung von zur Vervielfältigung geeigneten Geräten oder Trägermaterial steht es allerdings mit der Richtlinie in Einklang, für den Fall, dass diese Geräte oder Trägermaterialien nicht eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, eine widerlegbare Vermutung für eine vergütungspflichtige Nutzung gemäß § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG aufzustellen. Dies gilt nicht nur, wenn diese Geräte und Medien natürlichen Personen überlassen werden (vgl. EuGH, GRUR 2011, 50 Rn. 54 und 55 – Padawan/SGAE; GRUR 2013, 1025 Rn. 41 bis 43 – Amazon/Austro-Mechana I; GRUR 2015, 487 Rn. 24 – Copydan/Nokia; BGH, Urteil vom 30. November 2011 – I ZR 59/10, GRUR 2012, 705 Rn. 33 bis 43 = WRP 2012, 954 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät; Urteil vom 9. Februar 2012 – I ZR 43/11, GRUR 2012, 1017 Rn. 19 bis 34 = WRP 2012, 1413 – Digitales Druckzentrum; Urteil vom 3. Juli 2014 – I ZR 30/11, GRUR 2014, 984 Rn. 50 = WRP 2014, 1203 – PC III), sondern auch dann, wenn sie einem gewerblichen Abnehmer überlassen werden (vgl. BGH, GRUR 2012, 705 Rn. 39 bis 42 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät; GRUR 2014, 984 Rn. 54 – PC III). Diese Vermutung kann durch den Nachweis entkräftet werden, dass mit Hilfe dieser Geräte allenfalls in geringem Umfang tatsächlich Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG angefertigt worden sind oder nach dem normalen Gang der Dinge angefertigt werden (vgl. BGH, GRUR 2012, 705 Rn. 33 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät; GRUR 2014, 984 Rn. 53 – PC III; BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 – I ZR 255/14, GRUR 2017, 172 – Rn. 91 = WRP 2017, 206 – Musik-Handy).
„WRP 2015, 706 – I; Urteil vom 5. März 2015 – C-463/12, GRUR 2015, 478 Rn. 47 und 50 Copydan/Nokia). Unter Berücksichtigung der praktischen Schwierigkeiten bei der Ermittlung des privaten Zwecks der Nutzung von zur Vervielfältigung geeigneten Geräten oder Trägermaterial steht es allerdings mit der Richtlinie in Einklang, für den Fall, dass diese Geräte oder Trägermaterialien nicht eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, eine widerlegbare Vermutung für eine vergütungspflichtige Nutzung gemäß § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG aufzustellen. Dies gilt nicht nur, wenn diese Geräte und Medien natürlichen Personen überlassen werden (vgl. EuGH, GRUR 2011, 50 Rn. 54 und 55 – Padawan/SGAE; GRUR 2013, 1025 Rn. 41 bis 43 – Amazon/Austro-Mechana I; GRUR 2015, 487 Rn. 24 – Copydan/Nokia; BGH, Urteil vom 30. November 2011 – I ZR 59/10, GRUR 2012, 705 Rn. 33 bis 43 = WRP 2012, 954 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät; Urteil vom 9. Februar 2012 – I ZR 43/11, GRUR 2012, 1017 Rn. 19 bis 34 = WRP 2012, 1413 – Digitales Druckzentrum; Urteil vom 3. Juli 2014 – I ZR 30/11, GRUR 2014, 984 Rn. 50 = WRP 2014, 1203 – PC III), sondern auch dann, wenn sie einem gewerblichen Abnehmer überlassen werden (vgl. BGH, GRUR 2012, 705 Rn. 39 bis 42 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät; GRUR 2014, 984 Rn. 54 – PC III). Diese Vermutung kann durch den Nachweis entkräftet werden, dass mit Hilfe dieser Geräte allenfalls in geringem Umfang tatsächlich Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG angefertigt worden sind oder nach dem normalen Gang der Dinge angefertigt werden (vgl. BGH, GRUR 2012, 705 Rn. 33 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät; GRUR 2014, 984 Rn. 53 – PC III; BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 – I ZR 255/14, GRUR 2017, 172 – Rn. 91 = WRP 2017, 206 – Musik-Handy).“
Der Umstand, dass der Hersteller, Importeur oder Händler abgabepflichtiger Geräte regelmäßig keine Kenntnis davon habe, wie der Endabnehmer das von ihm erworbene Gerät nutze, steht nach der Rechtsprechung des BGH dieser Nachweispflicht nicht entgegen. Entsprechendes gelte, wenn sie nicht wissen, ob es sich bei den Endabnehmern um gewerbliche oder private Kunden handelt. Nichts anderes gilt für den Nachweis, dass ein an einen gewerblichen Abnehmer geliefertes Gerät eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten ist (vgl. BGH ZUM 2018, 365 Tz. 37).
b) Um die hiernach geltende Vermutung der Abgabepflicht der von ihr beauskunfteten streitgegenständlichen PCs und Brenner (soweit es sich nach ihrer Darstellung um „Business-Geräte“ handelt) – zu widerlegen, hat die Beklagte vorgetragen,
– sie unterhalte einen indirekten Vertrieb, in dem sie die von ihr hergestellten bzw. importierten Geräte an sogenannte (rechtlich selbständige) IT-Systemhäuser verkaufe, welche wiederum diese Geräte zusammen mit Serviceleistungen zu über 98% an Unternehmen, Behörden, Forschungseinrichtungen sowie an Freiberufler und sonstige „professionelle“ Nutzer zu deren ausschließlich eigener hoheitlicher bzw. unternehmerischer Nutzung verkauft bzw. ausgeliefert würden,
– dies ergebe sich aus den vorgelegten IDC-Quoten („Commercial-Quoten“, Anlagenkonvolut K 102) für den streitgegenständlichen Zeitraum, wobei darauf hinzuweisen sei, dass
– die Klägerin in ihren Tarifen gestatte und verlange, dass die abgabepflichtigen Unternehmen auf der Basis dieser IDC-Quoten zwischen Business- und Verbrauchergeräten Unterscheidungen zu treffen hätten,
– sie, die Beklagte, sei zwar nicht verpflichtet, Angaben über ihre Zwischenhändler zu machen, habe aber insoweit überobligatorisch das Anlagenkonvolut B 32 – in korrigierter Fassung Anl. B 34/3 – eingereicht, aus dem die meisten ihrer Vertriebspartner entnommen werden könnten,
– allein die Vertriebspartner – welche der Beklagten gegenüber nicht auskunftsverpflichtet seien, insoweit sei sie auf deren freiwillige Mitarbeit angewiesen – könnten detailliert Auskunft darüber erteilen, an wen in den streitgegenständlichen Jahren von der Beklagten erworbene PCs verkauft bzw. abgegeben worden seien,
– die Erbringung eines Vollbeweises, dass die fraglichen Geräte nicht zur Anfertigung von Privatkopien genutzt würden, für den abgabepflichtigen Hersteller, Lieferanten und Importeur unzumutbar sei und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch nicht gefordert werde,
weshalb, nachdem dieses Vorbringen auch unter Beweis gestellt worden sei, die Abgabepflicht in weiten Teilen widerlegt sei – wobei eine widerlegliche Vermutung der Privatkopienutzung ohnehin nur dann bestehe, wenn die entsprechenden Geräte entweder an Privatpersonen zur privaten Nutzung oder an Zwischenhändler abgegeben würden und in letzterem Falle nicht bekannt sei, wer tatsächlich die Geräte zur eigenen Nutzung erwerbe, nicht hingegen bei Geräten, die von Unternehmen etc. zu deren eigener gewerblicher bzw. hoheitlicher Nutzung erworben würden -, somit die Klageforderung in Höhe eines Teilbetrags von € 872.344,06 von vorneherein unbegründet sei.
c) Dem ist entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des BGH der Umstand, dass ein PC mit eingebauter Festplatte einem gewerblichen Abnehmer wie einer Behörde oder einem Unternehmen, einem Freiberufler oder einem Gewerbetreibenden überlassen wird, seiner Nutzung zu privaten Zwecken nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht entgegensteht. Vielmehr ist nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht ausgeschlossen, dass solche Geräte auch im Arbeitsumfeld zur Anfertigung von Privatkopien genutzt werden (vgl. BGH ZUM 2018, 364 Tz. 46; BGH GRUR 2017, 702 Tz. 74 f. – PC mit Festplatte I m.w.N.).
Vor diesem Hintergrund vermögen die vorgenannten Ausführungen der Beklagten deren Rechtsverteidigung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Es kann zu deren Gunsten als wahr unterstellt werden, dass ein Großteil der streitgegenständlichen PCs und Brenner über die von der Beklagten belieferten Zwischenhändler in Gestalt von IT-Systemhäusern an Unternehmen, Behörden, Forschungseinrichtungen, Freiberufler und sonstige „professionelle“ Nutzer abgegeben werden. Dieser Umstand führt allerdings im Sinne der Rechtsprechung des BGH nicht dazu, dass – der allgemeinen Lebenserfahrung folgend – die verfahrensgegenständlichen Geräte gleichwohl in nicht zu vernachlässigendem Umfang zur Anfertigung von Privatkopien genutzt werden.
Eine von der Beurteilung der uneingeschränkten und der Höhe nach der Entscheidung des BGH im Verfahren „Gesamtvertrag PCs“ folgenden Vergütungspflicht abweichende Betrachtung ist im Streitfall auch nicht deshalb veranlasst, weil die Klägerin nach der Darstellung der Beklagten in ihren Gesamtverträgen für PCs ab 2011, Tablets und Mobiltelefone als Nachweise für eine ausschließlich gewerbliche Nutzung die Vorlage von Belegen (Rechnungen, Lieferscheine) bzw. die Daten zu den IDC-Quoten akzeptieren würde. Auch insoweit gilt, dass aus dem Abschluss eines Gesamtvertrags keine Bindungswirkung zu Lasten der Klägerin dergestalt abgeleitet werden kann, dass an die Widerlegung der Vermutung, wonach die fraglichen PCs und Brenner auch zur Anfertigung von Privatkopien verwendet würden, geringere Anforderungen zu stellen seien als auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung.
9. Soweit die Beklagte die Abgabepflicht die streitgegenständlichen Brenner dem Grunde wie auch der Höhe nach in Abrede stellt, gelten die vorgenannten Ausführungen zu 1. bis 8. entsprechend. Auch insoweit stimmt die geforderte Vergütungshöhe mit den im Gesamtvertragsverfahren „Gesamtvertrag PC“ vom BGH als angemessen erachteten Beträgen überein.
10. Die Beklagte kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, die von der Klägerin pro abgabepflichtigem PC bzw. Brenner geforderte Vergütung überschreite die Verhältnismäßigkeitsgrenze des § 54a Abs. 4 UWG.
a) Die Beklagte führt insoweit aus, in den Nachbarländern Deutschlands mit vergleichbaren Steuersätzen, Liefer- und Versandkosten und vertraglichen Rahmenbedingungen etwa in Bezug auf Gewährleistungsrechte oder Garantien würde das völlige Fehlen (Österreich, Frankreich, Spanien, Vereinigtes Königreich) bzw. die deutlich geringeren Geräteabgaben (Niederlande) unmittelbar auf den Endverkaufspreis für diese Geräte „durchschlagen“ und führe zu entsprechend geringeren Preisen in diesen Ländern. Daher sei bereits bei einer Preisdiskriminierung i. H.v. 0,5% bis maximal 1% auf den Endkundenkaufpreis von einer Wettbewerbsbeeinträchtigung und einer hiermit einhergehenden Gefährdung des Inlandsabsatzes auszugehen. Dies habe zur Folge, dass sich ein Betrag von € 2.- bis maximal ca. € 4,- für Verbraucher-PCs als die absolute Verhältnismäßigkeitsgrenze darstelle.
b) Zur „Kappungsgrenze“ des § 54a Abs. 4 UrhG hat der BGH in seinem Urteil „Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik“ auszugsweise ausgeführt (BGH GRUR 2016, 792 Tz. 69, 74):
„Die Bestimmung des § 54a Abs. 4 UrhG ist unter Berücksichtigung ihres sich aus den Gesetzesmaterialien ergebenden Zwecks und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum gerechten Ausgleich auszulegen. Danach steht die Vergütung nicht in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts und beeinträchtigt die Hersteller von Geräten und Speichermedien unzumutbar, wenn mögliche Nutzer derartige Geräte oder Speichermedien in erheblichem Umfang nicht im Inland, sondern im Ausland erwerben, weil sie dort zu einem geringeren Preis angeboten werden, und wenn dieser geringere Preis darauf beruht, dass im Ausland keine oder eine geringere Gerätevergütung als im Inland erhoben wird.

Danach kann eine unzumutbare Beeinträchtigung der Hersteller von Geräten und Speichermedien erst angenommen werden, wenn sie die Vergütung für Geräte und Speichermedien, deren Typ zur Vornahme von Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG benutzt wird, nicht in den Preis dieser Geräte einfließen lassen und so auf deren Nutzer abwälzen können (vgl. BGH, GRUR 2012, 1017 Rn. 35 – Digitales Druckzentrum; vgl. auch Dreier in Dreier/Schulze aaO § 54a UrhG Rn. 10; Wirtz in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 54a UrhG Rn. 6; Lüft in Wandtke/Bullinger, UrhR, 4. Aufl., § 54a UrhG Rn. 5; Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 54a UrhG Rn. 11; Spindler in Festschrift Pfennig, 2012, S. 387, 399). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn an einem Erwerb interessierte Nutzer von dem Erwerb eines solchen Geräts oder Speichermediums absehen, weil die Vergütung nicht in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts oder Speichermediums steht. Davon ist auszugehen, wenn diese Nutzer ein derartiges Gerät oder Speichermedium nicht im Inland, sondern im Ausland erwerben, weil es dort zu einem geringeren Preis angeboten wird, und wenn dieser geringere Preis darauf beruht, dass im Ausland keine oder eine geringere Gerätevergütung als im Inland erhoben wird. In einem solchen Fall sind nicht nur die Interessen der Hersteller beeinträchtigt, die ihre Geräte oder Speichermedien im Inland anbieten. Vielmehr sind in einem derartigen Fall auch die Interessen der Rechtsinhaber verletzt, da sie keine oder nur eine geringere Vergütung für die Nutzung ihrer Werke erhalten. Eine solche Vergütung gefährdet das System des gerechten Ausgleichs.“
c) Die Klägerin beanstandet insoweit zu Recht, dass der Vortrag der Beklagten den Anforderungen des BGH an eine schlüssige Darstellung zum Überschreiten der „Kappungsgrenze“ des § 54a Abs. 4 UrhG nicht genüge vgl. BGH a.a.O. – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik, Tz. 83; BGH a.a.O. – Gesamtvertrag Speichermedien, Tz. 86 ff.). Hiernach wäre, was die Klägerin ausdrücklich als fehlend gerügt hat (vgl. Schriftsatz vom 30.05.2018, S. 28 = Bl. 640 d.A.), so dass es eines gerichtlichen Hinweises nach § 139 ZPO nicht bedurfte – zur Höhe der durchschnittlichen Endverkaufspreise der jeweiligen Geräte im Ausland ebenso vorzutragen gewesen wie zur Frage, ob und inwieweit gegebenenfalls niedrigere Endverkaufspreise in anderen Ländern darauf beruhten, dass in diesen Ländern keine oder eine geringere Gerätevergütung als in Deutschland erhoben werde (BGH a.a.O. – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik, Tz. 83).
d) Dass im Streitfall die Verhältnismäßigkeitsgrenze des § 54a Abs. 4 UrhG nicht überschritten ist, zeigt sich überdies bereits darin, dass der BGH in seinem Urteil „Gesamtvertrag PCs“ die darin von der damaligen und hiesigen Klägerin geforderten Geräteabgaben nicht als unangemessen beanstandet hat. Eine Vergütungsforderung kann allerdings nur dann im Sinne von § 54, § 54a UrhG der Höhe nach angemessen sein, wenn sie sich innerhalb der Verhältnismäßigkeitsgrenze des § 54a Abs. 4 UrhG bewegt.
11. Der auf der Grundlage der von der Beklagten erteilten Auskünfte über die im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2008 bis einschließlich 31.12.2010 im Inland von ihr in Verkehr gebrachten streitgegenständlichen PCs und Brenner (Anlagenkonvolut B 102) rechnerisch der Höhe nach unbeanstandeten Berechnung der Klägerin zufolge schuldet die Beklagte nach den vorstehenden Ziffern 1 bis 10 dieser Entscheidungsgründe somit den Klagebetrag von € 951.878,99.
12. Soweit die Beklagte in Höhe von € 147.250,13 hilfsweise gegen die Klagesumme die Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus überbezahlten Brennerabgaben erklärt hat, dringt sie damit nicht durch.
a) Zur Begründung hat die Beklagte ausgeführt, im streitgegenständlichen Zeitraum auf der Grundlage des „alten“, vor dem 01.01.2008 geltenden „Brenner-Tarifs“ eine Vergütung in Höhe von € 9,21 pro eingebautem Brenner an sogenannte Distributoren (Großhändler), von denen sie zum Einbau bestimmte Brenner erworben habe – die Brenner-Händlermeldungen lägen der Klägerin insoweit vor, vgl. Anl. B 41 – entrichtet zu haben, wohingegen der „neue“, rückwirkend erhobene Brennertarif nur noch € 1,875 betrage, was einer Differenz von € 7,335 pro Stück entspreche. Diese Abgabe sei auf insgesamt 20.075 eingebaute Brenner geleistet worden. Hieraus ergebe sich ein Rückzahlungsanspruch der Beklagten in Höhe von € 147.250,13 (20.075 x € 7,335).
b) Unabhängig davon, dass die Klägerin in zulässiger Weise mit Nichtwissen (da diese Tatsache nicht in ihr Wissen gestellt ist, § 138 Abs. 4 ZPO, und diese sich auch nicht aus den als Anl. B 41 vorgelegten Händlermeldungen ergibt) den Vortrag der Beklagten zu den an deren Lieferanten bezahlten Brennerabgaben bestritten und die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte den Nachweis tatsächlich erfolgter Zahlungen in der vorgetragenen Höhe nicht angetreten hat, richtete sich ein eventueller Rückerstattungsanspruch nicht gegen die Klägerin. Wegen des Vorrangs der Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1, Alt. 1 BGB) käme ein Erstattungsanspruch nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen unter 2. dieser Entscheidungsgründe allenfalls gegenüber den Vertragspartnern der Beklagten, namentlich den Distributoren, in Betracht.
12. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die streitgegenständliche Gerätevergütung sei nicht umsatzsteuerpflichtig. Gemäß der bis 31.12.2018 geltenden Regelung des § 3 Abs. 9 Satz 3 UStG a.F. führen die Verwertungsgesellschaften und die Urheber im Falle des § 54 UrhG sonstige, umsatzsteuerpflichtige Leistungen aus. Soweit die Beklagte sich auf Urteil des EuGH vom 18.1.2017, C-37/16, ZUM-RD 2017, 505 – SAWP bezieht, wonach die Erhebung von Urheberrechtsabgaben keine Dienstleistung im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie 2010/45/EU darstelle und daher nicht umsatzsteuerpflichtig sei, wurde die Regelung des § 3 Abs. 9 Satz 3 UStG a.F. zwar mit Wirkung zum 1.1.2019 gestrichen. Eine unionskonforme Auslegung der auf den vorliegenden Zeitraum anwendbaren Regelung in § 3 Abs. 9 Satz 3 UStG a.F. in Gestalt einer Nichtanwendung der Vorschrift kommt aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht in Betracht (vgl. zu den Grenzen der Auslegung BGH, Beschluss vom 16.12.2014 – KRB 4/13, Tz. 19, juris; Dreyer, in Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, Urheberrecht, 4. Aufl., Einleitung V 3.b aa) Allgemeines Rn. 106 a.E.; jeweils mwN). Die Klägerin verweist insoweit auch auf das mit Schriftsatz vom 30.05.2018 (dort S. 38 = Bl. 650 d.A.) vorgelegte Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung nach § 54 UrhG unter Bezugnahme auf einen Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder mit folgendem Wortlaut: „Hinsichtlich aller bis einschließlich 31. Dezember 2018 entstandener gesetzlicher Vergütungsansprüche nach §§ 27 und 54 UrhG wird es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn Zahlungsverpflichtete, Verwertungsgesellschaften sowie ZPÜ entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 3 Abs. 9 Satz 3 UStG übereinstimmend von sonstigen Leistungen ausgehen.“
13. Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befindet sich seit Ablauf der mit Aufforderungsschreiben vom 29.07.2011 zum 29.08.2011 gesetzten Frist zur Zahlung der Geräteabgabe (Anl. K 19) in Zahlungsverzug.
a) Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Klageforderung bei Verzugseintritt nicht hinreichend konkretisiert, da nur auf einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB beruhend, gewesen sei. Der Vergütungsanspruch des § 54 Abs. 1 UrhG entsteht kraft Gesetzes. Soweit die Klägerin diesen der Höhe nach auf der Grundlage derjenigen Vergütungssätze geltend macht, welche vom BGH im Urteil „Gesamtvertrag PCs“ für angemessen erachtet wurden, liegt ihrer Forderung ein kraft Gesetzes mit Ablauf des vergütungspflichtigen Zeitraums entstandener und mit seiner Geltendmachung durch die Klägerin fälliger Anspruch zugrunde.
b) Dem Eintritt eines Zahlungsverzugs steht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht entgegen, dass die Klägerin eine zu hohe Vergütungsforderung gegenüber der Beklagten beanspruchen würde. Auf die vorstehenden Ausführungen zur Anspruchshöhe wird insoweit Bezug genommen.
c) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der klägerische Vergütungsanspruch auch nicht erst ab rechtskräftiger Entscheidung hierüber zu verzinsen. Soweit sich die Beklagte zur Begründung ihrer Rechtsauffassung auf das Urteil des OLG Hamm vom 11.02.2016 – 4 U 40/15 beruft, ist dieses zu § 32 UrhG unter ausdrücklichem Hinweis darauf ergangen, dass der Zahlungsanspruch erst mit Einwilligung des Vergütungsschuldners in die Vertragsänderung und damit von der Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils abhängig sei (vgl. OLG Hamm a.a.O., Tz. 998 ff, nachgewiesen in juris). Dem Streitfall liegt indes keine vergleichbare Konstellation zugrunde, da der klägerische Vergütungsanspruch nach § 54 Abs. 1 UrhG kraft Gesetzes entsteht und dessen Fälligkeit nicht von dem Einverständnis der Beklagten in die Abänderung einer vertraglichen Vereinbarung abhängig ist.
III. Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten, nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien boten keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).
III.
1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO. Bei der Kostenentscheidung hinsichtlich der für erledigt erklärten Anträge war zu berücksichtigen, dass der Auskunftsantrag voraussichtlich Erfolg gehabt hätte und der Feststellungsantrag teilweise begründet gewesen wäre, mit der Folge, dass die Zuvielforderung der Klägerin als verhältnismäßig gering im Sinne von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu qualifizieren ist.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 709 Satz 1 ZPO.
3. Die Revision zum Bundesgerichtshof ist gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO – allerdings beschränkt auf die Höhe der geltend gemachten Ansprüche – zuzulassen. Insoweit hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Im Hinblick auf die zwischen den Parteien strittigen Fragen zur Anspruchshöhe, die vom Bundesgerichtshof für die hier vorliegende Fallgestaltung bislang nicht entschieden wurden, handelt es sich um entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige Rechtsfragen, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren, also allgemein von Bedeutung sind.
4. Der Streitwert wurde gemäß § 44, § 45 Abs. 3, § 39 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO festgesetzt (Feststellung: € 10.000,-; Zahlungsantrag: € 951.878,99; Hilfsaufrechnung: € 147.250,13).


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