IT- und Medienrecht

Leistungen, Beitragspflicht, Beschwerde, Widerspruchsbescheid, Hinterlegung, Festsetzung, Wohnung, Beitragserhebung, Auslegung, Berichterstattung, Festsetzungsbescheid, Rundfunk, Verletzung, Widerspruch, sachlicher Grund, Inhaber einer Wohnung, juristische Personen

Aktenzeichen  AN 6 K 17.01534, AN 6 K 19.01322

Datum:
23.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 41368
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Gründe

Die Klagen, über die das Gericht nach erklärtem Einverständnis gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, bleiben in der Sache ohne Erfolg.
I.
Der Kläger begehrt zum einen die Aufhebung der Festsetzungsbescheide vom 3. Juni 2016 und vom 1. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2017. Insoweit ist die Klage zwar zulässig, jedoch unbegründet. Die angefochtenen Festsetzungsbescheide vom 3. Juni 2016 und vom 1. Juli 2016 sind ebenso wie der Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2017 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist seit dem 1. Januar 2013 der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV), der durch den am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (GVBl. 2011, S. 258, ber. S. 404) eingeführt worden ist.
Das Gericht hegt keine durchgreifenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit oder an der europarechtlichen Zulässigkeit der für die streitgegenständliche Beitragserhebung maßgeblichen Bestimmungen. Die Erwägungen, die in materieller Hinsicht für die Gestaltung der Abgabenerhebung mittels der Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags herangezogen sind, erweisen sich als tragfähig in Bezug auf die Bestimmungen des Grundgesetzes, der Bayerischen Verfassung und des Europarechts; der weite Regelungsspielraum, der dem Gesetzgeber bzw. den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vereinbarenden Körperschaften zukommt, wird nicht verfassungswidrig oder europarechtswidrig überschritten. Insofern verweist das Gericht auf die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, U.v. 13.12.2018 – C-492/17 – juris), des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17, 1 BvR 981/17 – juris), des Bundesverwaltungsgerichts (etwa BVerwG, U.v. 18.3.2016 – 6 C 21.15 -; B.v. 26.4.2017 – 6 B 33.17 – alle juris), des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 u.a. – juris) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 29.7.2015 – 7 B 15.379 – juris), die es in ständiger Rechtsprechung teilt.
Die Regelungen zum Rundfunkbeitrag verletzen den Kläger insbesondere nicht in seinem Grundrecht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. Die Glaubensfreiheit im Sinne des Art. 4 Abs. 2 GG umfasst unter anderem das Recht, frei über seine Zugehörigkeit zu einer Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft zu entscheiden (vgl. BVerfG, B.v. 31.3.1971 – 1 BvR 744/67 – juris). Die Gewissensfreiheit im Sinne des Art. 4 Abs. 1 GG ist die Freiheit des einzelnen, dem persönlichen Bewusstsein vom sittlich Guten und Bösen gemäß zu handeln (BVerfG, B.v. 20.12.1960 – BvL 21/60 – juris; B.v. 13.4.1978 – 2 BvF 1/77, 2 BvF 4/77, 2 BvF 5/77 – juris). „Gewissensentscheidung“ in diesem Sinne ist jede ernste sittliche, d.h. an den Kategorien von „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung, die der einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.1960 – 1 BvL 21/60 – juris). Zur Glaubens- und Gewissensfreiheit gehört zum einen die Freiheit, eine Glaubens- und Gewissensüberzeugung autonom auszubilden (forum internum), zum anderen die Freiheit, nach dieser Glaubens- und Gewissensüberzeugung zu handeln (forum externum). An diesen Maßstäben gemessen liegt kein Eingriff in die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers vor. Es steht dem Kläger frei, das Rundfunk- und Fernsehangebot des Beklagten zu nutzen oder entsprechend seiner Gewissensüberzeugung keinen Gebrauch davon zu machen. Die bloße Möglichkeit der Nutzung beeinträchtigt den Kläger nicht. Das Recht des Klägers, entsprechend seiner inneren Überzeugung über die Nutzung des Programmangebots frei und ohne Zwang zu entscheiden, ist uneingeschränkt gewährleistet (so auch VG München, U.v. 11.7.2014 – M 6a K 14.2444 – juris Rn. 73). Auch die Erhebung des Rundfunkbeitrags berührt den Schutzbereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit nicht. Die Zahlung einer Abgabe als solche ist nicht mit der Äußerung eines weltanschaulichen Bekenntnisses verbunden. Die allgemeine Pflicht zur Zahlung einer Abgabe ohne eine Zweckbindung zur Finanzierung einer Glaubensgemeinschaft oder eines religiösen Bekenntnisses berührt den Schutzbereich der Glaubens- oder Gewissensfreiheit des Abgabenschuldners regelmäßig nicht (vgl. zur Steuerzahlungspflicht BVerfG, B.v. 2.6.2003 – 2 BvR 1775/02 – juris; vgl. zum Rundfunkbeitrag VG Potsdam, U.v. 19.8.2014 – 11 K 4160/13 – juris Rn. 56 f.). Gemäß § 1 RBStV dient der Rundfunkbeitrag der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Eine weitergehende inhaltliche Zweckbindung ist mit dem Rundfunkbeitrag nicht verbunden. Deswegen kann der Argumentation des Klägers, er könne wegen weltanschaulicher Gründe für bestimmte Sendungen keinen Beitrag leisten, ohne sein Gewissen zu verletzen, nicht gefolgt werden.
Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist zudem nicht zu prüfen und zu entscheiden, ob die vom Kläger angeführte Kritik an dem Programm des öffentlichrechtlichen Rundfunks sowie an der Verwendung der vereinnahmten Gelder in der Sache zutrifft. Solches lässt die Rundfunkbeitragspflicht selbst grundsätzlich unberührt. Es ist zunächst Aufgabe der hierzu berufenen Gremien, insbesondere der Programmkommission und der Rundfunkräte, über die Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten zu wachen und erforderlichenfalls entsprechend Einfluss auf die Programmgestaltung zu nehmen. Zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten wurde eine Kommission (KEF) geschaffen, der die Prüfung obliegt, ob und inwieweit sich die den Finanzbedarf auflösenden Programmentscheidungen im Rahmen des Rundfunkauftrags halten und ob die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit beachtet werden. Sollten diese – hierzu berufenen – Gremien ihren Kontrollpflichten nicht oder nur ungenügend nachkommen, stehen entsprechende rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung (s. etwa Beschwerde nach Art. 19 Bayerisches Rundfunkgesetz – BayRG), insbesondere steht der Weg zu den Verfassungsgerichten offen (VG München, U.v. 27.8.2018 – M 26 K 18.2922 – juris Rn. 32 m.w.N.).
Ein derart gravierendes strukturelles Defizit beim öffentlichrechtlichen Rundfunk, das geeignet wäre, auf die Beitragserhebung als solche durchzustoßen, ist darüber hinaus allein anhand der vom Kläger angeführten Beispiele der Berichterstattung zu bestimmten Themen bereits angesichts der großen inhaltlichen und thematischen Breite des öffentlichrechtlichen Rundfunks nicht ausreichend erkennbar (vgl. hierzu VG München, U.v. 15.10.2014 – M 6b K 14.1339 – juris Rn. 18 ff.).
2. Die streitgegenständlichen Bescheide sind formell rechtmäßig. Sie sind dem Beklagten insbesondere hinreichend zurechenbar. In § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV (auf den am Ende der Festsetzungsbescheide auch jeweils hingewiesen wird) ist ausdrücklich festgelegt, dass jede Landesrundfunkanstalt die ihr nach diesem Staatsvertrag zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten ganz oder teilweise durch die im Rahmen einer nicht rechtsfähigen öffentlichrechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebenen Stelle der öffentlichrechtlichen Landesrundfunkanstalten selbst wahrnimmt. In der auf § 9 Abs. 2 RBStV beruhenden Rundfunkbeitragssatzung (auf die ebenfalls am Ende der Festsetzungsbescheide hingewiesen wird) ist in § 2 dazu normiert, dass die im Rahmen einer nicht rechtsfähigen, öffentlichrechtlichen Landesrundfunkanstalten die der Rundfunkanstalt zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten nach § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV ganz oder teilweise für diese wahrnimmt und dabei auch für das ZDF und das Deutschlandradio tätig wird. Der Bayerische Rundfunk ist zugleich von Gesetzes wegen eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung (vgl. Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Errichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts „Der Bayerische Rundfunk“) und damit ein selbstständiger öffentlichrechtlicher Rechtsträger. Es besteht dementsprechend nebeneinander rechtmäßig sowohl die Möglichkeit, dass der Bayerische Rundfunk selbst mit „eigenen“ Personal Bescheide erlässt und Verwaltungstätigkeit ausübt als auch die Möglichkeit, dass sich der Bayerische Rundfunk dazu des Beitragsservice und „dortigen“ Personals bedient.
Die Zurechnung zur Landesrundfunkanstalt, hier dem Bayerischen Rundfunk, ist im vorliegenden Fall auch aus den Festsetzungsbescheiden ersichtlich, indem dort links oben der Bayerische Rundfunk aufgeführt ist, der Bayerische Rundfunk in den Schlussformeln der Schreiben allein genannt ist („Mit freundlichen Grüßen …“) und es in den jeweiligen Rechtsbehelfsbelehrung:en heißt, dass der Widerspruch einzulegen ist „beim Bayerischen Rundfunk unter der Anschrift des für ihn tätigen Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio…“ (vgl. auch schon VG München, U.v. 19.9.2014 – M 6a K 14.1156 – juris). Im Widerspruchsbescheid kommt die Zurechnung zum Bayerischen Rundfunk hinreichend durch die Absenderabgabe und durch dessen Nennung in der Angabe über der Unterschrift zum Ausdruck.
Die streitgegenständlichen Festsetzungsbescheide genügen schließlich auch in ihrer Form und Bestimmtheit den rechtlichen Anforderungen. Für die Möglichkeit, in Massenverfahren, wozu die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge gehört, Bescheide formell wirksam auch ohne Unterschrift erlassen zu können, kann – trotz des Ausschlusses der direkten Anwendung des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes in Art. 2 Satz 2 BayVwVfG – auf den u.a. in § 37 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken verwiesen werden.
3. Die angegriffenen Bescheide erweisen sich darüber hinaus auch als materiell rechtmäßig.
Gemäß § 2 Abs. 1 RBStV ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Es bedurfte damit keines Abschlusses eines zivilrechtlichen oder öffentlichrechtlichen Vertrages zwischen dem Kläger und dem Beklagten, da die Rundfunkbeitragspflicht kraft Gesetzes besteht. Mangels Vertrags kommt auch Art. 58 BayVwVfG nicht zur Anwendung. Inhaber einer Wohnung ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 RBStV). Der Kläger bestreitet nicht, dass er Inhaber der Wohnung … ist, an die die Rundfunkbeitragspflicht vorliegend angeknüpft wurde. Die Höhe des Rundfunkbeitrags betrug im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags – RFinStV – in der Fassung vom 16.3.2015) 17,50 EUR monatlich. Somit hat der Kläger Rundfunkbeiträge für die hier maßgeblichen Zeiträume Oktober 2015 bis einschließlich Juni 2016 in der jeweils festgesetzten Höhe zu zahlen.
Auch die zusätzlich festgesetzten Säumniszuschläge wurden zu Recht erhoben. Die Erhebung eines Säumniszuschlags folgt aus § 11 Abs. 1 Rundfunkbeitragssatzung. Danach wird dann, wenn geschuldete Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von 1% der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 EUR fällig, und der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Die genannte Satzung beruht insoweit wiederum auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV, wo die zuständige Landesrundfunkanstalt ausdrücklich ermächtigt wird, Einzelheiten des Verfahrens der Erhebung von Zinsen, Kosten und Säumniszuschlägen durch Satzung zu regeln. Damit liegt insgesamt eine zureichende Rechtsgrundlage vor. Denn im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist mit Gesetzeskraft ausdrücklich und unmittelbar geregelt, dass die Pflicht zur Entrichtung des Rundfunkbeitrags mit dem Ersten des Monats beginnt, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat (§ 7 Abs. 1 Satz 1), dass der Rundfunkbeitrag monatlich geschuldet ist und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten ist (§ 7 Abs. 3) sowie dass der Rundfunkbeitrag als Schickschuld an die zuständige Landesrundfunkanstalt zu entrichten ist (§ 10 Abs. 2 Satz 1); erst bezüglich rückständiger Rundfunkbeiträge ist eine besondere Festsetzung durch Bescheid als Voraussetzung der Vollstreckung vorgesehen (§ 10 Abs. 5 Satz 1). Die Beitragshöhe ist gleichfalls in einem Staatsvertrag, dem Rundfunkfinanzierungsstsaatsvertrag, unmittelbar geregelt (dort § 8). Ein verfassungsunmittelbares Verbot der Erhebung eines Säumniszuschlags ohne vorausgegangenen „Grundlagenbescheid“ existiert darüber hinaus nicht, auch nicht abgeleitet aus Art. 19 Abs. 4 GG; ein Betroffener hat nämlich auch ohne „Grundlagenbescheid“ hinreichende Möglichkeiten der gerichtlichen Klärung seiner Beitragspflichtigkeit im Wege der (negativen) Feststellungsklage.
II.
Soweit der Kläger mit seiner Klage zum anderen die Verpflichtung des Beklagten begehrt, ihn von der Beitragspflicht nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV zu befreien, hat dies ebenfalls keinen Erfolg, da jedenfalls in der Sache die Voraussetzung für eine Befreiung von der Rundfunkbeitagspflicht nicht vorliegen.
Gemäß § 4 Abs. 6 RBStV hat die Landesrundfunkanstalt unbeschadet der Beitragsbefreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV in besonderen Härtefällen auf gesonderten Antrag von der Beitragspflicht zu befreien. Bei § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV handelt es sich nach seinem Normzweck um eine Härtefallregelung, mit der grobe Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten vermieden werden sollen, die durch das in § 4 Abs. 1 RBStV verankerte normative Regelungssystem der bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit entstehen (BVerwG, U.v. 30.10.2019 – 6 C 10/18 – juris Rn. 23). Eine Sondersituation ist zunächst in § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV ausdrücklich normiert. Danach liegt ein Härtefall „insbesondere“ vor, wenn eine Sozialleistung nach Abs. 1 Nr. 1 bis 10 in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten, was vorliegend nicht einschlägig ist.
Zwar ist § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV nach seinem Wortlaut nicht auf derartige soziale Härtefälle beschränkt, sodass die Vorschrift etwa auch solche Wohnungsinhaber begünstigen kann, denen die Beitragsentrichtung deshalb unzumutbar ist, weil ihnen der Rundfunkempfang in ihrer Wohnung objektiv unmöglich ist. Der Kläger vermag einen Anspruch auf Beitragsbefreiung wegen eines besonderen Härtefalls jedoch nicht allein mit der Ablehnung des öffentlichrechtlichen Rundfunks unter Berufung auf seine Gewissens- und Religionsfreiheit zu begründen. Denn die Beitragsregelungen des RBStV sind gerade auch mit Blick auf Art. 4 Abs. 1 GG nach dem oben Gesagten als verfassungsgemäß anzusehen. Diese Beurteilung erstreckt sich hier auch auf den Anspruch auf Beitragsbefreiung aus Härtegründen (vgl. VG Neustadt (Weinstraße), U.v. 20.9.2016 – 5 K 145/15.NW – juris Rn. 41). Eine unabhängig vom Einkommen gewährte Freistellung zugunsten weiterer Personenkreise aus „Gewissensgründen“ würde zudem dem Gebot der gleichmäßigen Belastung aller Vorteilsempfänger zuwiderlaufen (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12 u. Vf. 24-VII-12 – juris). Die Überprüfung der von einzelnen Wohnungsinhabern angeführten, subjektiven Gewissens- bzw. Glaubensgründe widerspräche außerdem dem mit der Neuregelung des RBStV verfolgten Zweck, das Erhebungsverfahren mit der typisierenden Anknüpfung an die Wohnung im Vergleich zur früheren gerätebezogenen Rundfunkgebühr deutlich zu vereinfachen und zugleich den Schutz der Privatsphäre zu verbessern, indem Ermittlungen „hinter der Wohnungstüre“ entfallen (U. der Kammer v. 1.10.2015 – AN 6 K 15.00898). Da der Beitragstatbestand im Regelfall einfach und anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, beugt die Typisierung zudem gleichheitswidrigen Erhebungsdefiziten und Umgehungen vor, wie sie durch weitere Differenzierungen zwangsläufig hervorgerufen würden. Nicht verifizierbare Kriterien können in einem nach dem Gebot der Lastengleichheit zu vollziehenden Abgabenrecht keine Rolle spielen. Eine Überprüfung von subjektiven Gewissensgründen durch den Beklagten wäre nicht praktikabel und zudem mit massiven Eingriffen in die Privatsphäre verbunden.
III.
Da dementsprechend die Klagen vollumfänglich abzuweisen sind, ergibt sich hier die Kostenfolge zu Lasten des Klägers aus § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 1 VwGO.
Die Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Ein Grund zur Berufungszulassung ist im vorliegenden Fall angesichts der durch die einschlägigen Regelungen und die vorliegende ober- und höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärte Rechtslage nicht gegeben.


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