IT- und Medienrecht

Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich

Aktenzeichen  Au 7 K 15.246

Datum:
25.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV RBStV § 4 Abs. 6 S. 1, § 10
GG GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Die Landesrundfunkanstalten bedienen sich des “ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice” als gemeinsamer, nicht rechtsfähiger Stelle zur Erhebung der Rundfunkbeiträge. Der “Beitragsservice” handelt im Namen der jeweiligen Landesrundfunkanstalt, die rechtlich für den Beitragseinzug verantwortlich bleibt. (redaktioneller Leitsatz)
Durch die Entscheidungen des BVerwG vom 18.3.2016 (BeckRS 2016, 45859) ist geklärt, dass die Erhebung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich rechtmäßig ist. Die Erhebung erfolgt “geräteunabhängig”, d.h. sie knüpft nicht an das Vorhalten eines Empfangsgerätes, sondern an das Innehaben einer Wohnung an. Der Beitrag ist auch von Personen zu entrichten, die bewusst auf ein Rundfunkempfangsgerät verzichten. (redaktioneller Leitsatz)
Die Rundfunkbeitragspflicht verstößt nicht gegen das Grundrecht, sich aus allgemein zugänglichen Informationsquellen zu unterrichten. Die Ausstrahlung von Sendungen überwiegend in deutscher Sprache stellt keine Diskriminierung von Ausländern dar. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Entscheidung konnte im vorliegenden Fall durch Gerichtsbescheid ergehen, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Parteien wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu dieser Form der Entscheidung angehört. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
A) Hinsichtlich des Beitragsbescheids vom 5. Juli 2013 ist die Klage bereits unzulässig. Dieser ist mangels fristgerechter Widerspruchseinlegung in Bestandskraft erwachsen. Der Widerspruch ist gemäß § 70 Abs. 1 VwGO innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Nach Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Der Beklagte gab den Bescheid am 11. Juli 2013 zur Post, so dass am 14. Juli 2013 die Bekanntgabe erfolgte. Ein fristgerechter Widerspruch ging nicht nachweisbar ein. Auch die eidesstattliche Versicherung des Einwurf-Beauftragten, welche besagt, dass dieser den Widerspruch voll frankiert in den Briefkasten in der …-straße, … eingeworfen habe, vermag hieran nichts zu ändern. Denn dadurch kann nicht der fristgerechte Zugang des Widerspruchs beim Beklagten bewiesen werden, da nicht die Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass der Brief durch ein Postversehen, welches sich die Klägerin zurechnen lassen muss, verloren gegangen ist.
B) Die teilweise zulässige Klage ist im Übrigen unbegründet. Die Bescheide des Beklagten vom 1. Juni 2013, 4. Oktober 2013, 3. Januar 2014 und 4. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Bayerischen Rundfunks vom 27. Januar 2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I) Die hier streitgegenständlichen Beitragsbescheide sowie der Widerspruchsbescheid sind in formeller Hinsicht rechtmäßig, denn entgegen der Ansicht der Klägerin ist es nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte für den Erlass der Beitragsbescheide der Hilfe des „Beitragsservices“ bedient. Denn vorliegend handelte der Beklagte – durch den Beitragsservice – als zuständige Behörde für die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge. Nach § 10 Abs. 7 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) in Verbindung mit § 2 der Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge nimmt jede Landesrundfunkanstalt die ihr nach diesem Staatsvertrag zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten ganz oder teilweise durch die im Rahmen einer nichtrechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebene Stelle der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten selbst wahr. Da diese gemeinsame Stelle nicht rechtsfähig ist und deshalb nur im Namen der jeweils zuständigen Landesrundfunkanstalt handeln kann, bleibt jede einzelne Landesrundfunkanstalt – vorliegend der Beklagte – für die Aufgabe des Beitragseinzugs rechtlich zuständig und verantwortlich. Bei der Tätigkeit der gemeinsamen Stelle handelt es sich somit weiterhin um die originären Aufgaben der jeweiligen Landesrundfunkanstalt, die diese nunmehr durch die gemeinsame Stelle für ihren Bereich selbst durchführt. Die gemeinsame Stelle ist dabei eine Verwaltungsstelle, die jeweils für die Landesrundfunkanstalt tätig wird, an welche die Beiträge nach § 10 Abs. 1 und 2 RBStV zu entrichten sind. Es handelt sich bei der gemeinsamen Stelle daher um einen Teil jeder Rundfunkanstalt, der lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen aus dem normalen Betrieb am Sitz jeder Anstalt örtlich ausgelagert wurde (Tucholke in: Hahn /Vesting, Beck‘scher Kommentar zum Rundfunkrecht, RBStV, § 10 Rdnr. 57 ff.).
II) Die hier streitgegenständlichen Beitragsbescheide sowie der Widerspruchsbescheid sind auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag steht mit höherrangigem Recht in Einklang und begegnet auch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
1. Die angegriffenen Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags stehen nicht in einem offenkundigen und krassen, schwerwiegenden Widerspruch zum Unionsrecht (BayVerfGH, E. v. 15. 5. 2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris Rn. 87 ff.; OVG NRW, U. v. 12.3.2015 – 2 A 2311/14 – juris Rn. 29 ff.).
2. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist ansonsten formell und materiell verfassungsgemäß.
a) Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist aufgrund der Ratifizierung durch den Bayerischen Landtag (Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtags vom 17.11.2011) unmittelbar geltendes Landesrecht geworden. Der Freistaat Bayern hat daher mit der Zustimmung zu den Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags von seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 70 Abs. 1 GG Gebrauch gemacht, ohne dabei die durch die Finanzverfassung des Grundgesetzes gezogenen Grenzen zu überschreiten (BayVerfGH E. v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12 u. Vf. 24-VII-12 – Rn. 69 ff.).
b) Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist auch materiell verfassungsgemäß. Nachdem bisher mehrere obergerichtliche Entscheidungen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags bestätigt haben (statt vieler s. z. B. BayVerfGH, E. v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris; VerfGH RhPf, U. v. 13.5.2014 – VGH B 35/12 – juris; BayVGH, U. v. 19.6.2015 – 7 BV 14.1707; U. v. 24.6.2015 – 7 B 15.252; U. v. 7.7.2015 – 7 B 15.846; U. v. 30.7.2015 – 7 B 15.614; U. v. 18.4.2016 – 7 BV 15.960; alle juris; VGH BW, U. v. 3.3.2016 – 2 S 896/15; OVG NRW, U. v. 22.10.2015 – 2 A 2583/14; alle juris), hat nunmehr auch das Bundesverwaltungsgericht mit mehreren Entscheidungen vom 18. März 2016 (z. B. BVerwG, U. v. 18.3.2016 – 6 C 6.15), denen sich die Kammer anschließt, die Verfassungsmäßigkeit der Erhebung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich bestätigt.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags über Inhalt und Reichweite der Rundfunkbeitragspflicht von der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für das Rundfunkrecht gedeckt: Die Finanzverfassung des Zehnten Abschnitts des Grundgesetzes, die in Art. 105 ff. GG die Kompetenzen für die Steuergesetzgebung auf Bund und Länder verteilt, ist nicht anwendbar, weil es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 GG, sondern um eine nichtsteuerliche Abgabe handelt. Die Gesetzgebungskompetenz für nichtsteuerliche Abgaben wird von der Kompetenz für die jeweilige Sachmaterie, hier für das Rundfunkrecht, umfasst. Steuern sind öffentliche Abgaben, die als Gemeinlast voraussetzungslos, d. h. ohne individuelle Gegenleistung an die Steuerpflichtigen, zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben werden. Der die Steuerpflicht begründende Tatbestand steht in keinem Zusammenhang mit der Entscheidung über die Verwendung des Steueraufkommens; Einnahmen- und Ausgabenseite sind voneinander abgekoppelt. Dies gilt auch für Zwecksteuern, deren Aufkommen ganz oder teilweise für einen bestimmten Zweck verwendet wird. Der Haushaltsgesetzgeber ist nicht gehindert, jederzeit eine abweichende Verwendungsentscheidung zu treffen; insbesondere kann er bestimmen, dass Überschüsse aus der Zwecksteuer für einen anderen Zweck verwendet werden. Der Rundfunkbeitrag erfüllt diese Voraussetzungen des Steuerbegriffs nicht. Zum einen wird er nach dem Regelungskonzept der §§ 2 ff. RBStV nicht voraussetzungslos erhoben. Vielmehr soll er ebenso wie die frühere Rundfunkgebühr die Möglichkeit abgelten, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme zu empfangen. Die Landesgesetzgeber knüpften die Rundfunkbeitragspflicht an das Tatbestandsmerkmal des Innehabens einer Wohnung, weil sie davon ausgingen, die Wohnung sei der typische Ort des Rundfunkempfangs. Zum anderen wird das Beitragsaufkommen nicht in die Landeshaushalte eingestellt. Nach § 1 RBStV, §§ 12 und 40 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) ist es weitestgehend dazu bestimmt, die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Nach § 13 Satz 1 RStV ist der Rundfunkbeitrag dessen vorrangige Finanzierungsquelle. Die Beitragserhebung soll dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die finanziellen Mittel verschaffen, die er benötigt, um seinen durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vorgegebenen Programmauftrag zu erfüllen. Dieser Zweckbindung entspricht, dass das Beitragsaufkommen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags (RFinStV) gedeckelt ist. Nach Satz 2 sollen die Gesamterträge der Rundfunkanstalten aus Beiträgen und weiteren Einnahmen die zur Erfüllung des öffentlichen Auftrags notwendigen Ausgaben und Aufwendungen decken. Folgerichtig bestimmt Satz 3, dass Überschüsse am Ende der (zweijährigen) Bedarfsperiode vom Finanzbedarf für die folgende Beitragsperiode abgezogen werden (Zum Ganzen s. z. B. BVerwG, U. v. 18.3.2016 – 6 C 8.15 – juris, Rn. 12 ff., m. w. N.).
bb) Der Rundfunkbeitrag wird gemäß § 2 RBStV geräteunabhängig erhoben, das heißt also, dass es nicht darauf ankommt, ob der Beitragspflichtige Rundfunkgeräte besitzt oder nicht. Anders als die bis zum Jahr 2012 erhobene Rundfunkgebühr knüpft der Rundfunkbeitrag nicht an das Vorhalten von Empfangsgeräten an, sondern – im privaten Bereich – an das Innehaben einer Wohnung; die Beitragspflicht entsteht also auch, wenn jemand weder Radio noch Fernsehgerät noch etwaige andere Rundfunkempfangsgeräte besitzt. Denn der Beitrag ist nicht als Gegenleistung für eine konkrete Nutzung des Rundfunks zu entrichten, sondern als sogenannte Vorzugslast für die Eröffnung der Möglichkeit, öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu nutzen, auch wenn eine tatsächliche Nutzung natürlich nur bei Vorhalten entsprechender Geräte erfolgen kann.
Diese Regelung ist nach der oben zitierten Rechtsprechung, insbesondere auch des Bundesverwaltungsgerichts, verfassungsgemäß.
Die Anknüpfung der Beitragspflicht im privaten Bereich an die Wohnungsinhaberschaft liegt innerhalb des dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich eröffneten Gestaltungsspielraums.
Die tatsächliche Möglichkeit des Rundfunkempfangs setzt zwar selbstverständlich ein entsprechendes Empfangsgerät voraus. Das Innehaben einer Wohnung allein reicht nicht aus, Rundfunkprogramme zu empfangen. Der Gesetzgeber hat das Merkmal „Wohnung“ gewählt, weil mit ihm der Inhaber der Wohnung als der Beitragsschuldner unschwer festgestellt werden kann. Dahinter steht aber die Vorstellung, dass der Inhaber einer Wohnung zugleich Besitzer von Rundfunkempfangsgeräten ist. Die nahezu lückenlose Ausstattung der Wohnungen mit Empfangs-, insbesondere Fernsehgeräten lässt den Schluss zu, dass die überwältigende Mehrheit der Wohnungsinhaber das Programmangebot typischerweise in ihrer Wohnung nutzt, dort jedenfalls Empfangsgeräte für eine auch mobile Nutzung außerhalb der Wohnung vorhält. Der Wechsel von dem Anknüpfungsmerkmal „Gerätebesitz“ zum Anknüpfungsmerkmal „Wohnung“ war sachlich gerechtfertigt, weil die Anknüpfung der Rundfunkgebührenpflicht an das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts eine zunehmende „Flucht aus der Rundfunkgebühr“ ermöglichte. Dadurch war jedenfalls ernstlich zweifelhaft geworden, ob die Rundfunkgebührenpflicht noch mit dem Verfassungsgebot der Belastungsgleichheit der Abgabenpflichtigen (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar war (zum Ganzen s. z. B. BVerwG, U. v. 18.3.2016 – 6 C 8.15 – juris, Rn. 32 ff; im Internet abrufbar unter http://www.b…de/…/…/…php).
Die Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich nach §§ 2 ff. RBStV hat zwangsläufig zur Folge, dass auch Wohnungsinhaber beitragspflichtig sind, die bewusst auf eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verzichten. Eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht sieht der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag hierfür nicht vor; der Verzicht auf einen Rundfunkempfang erfüllt nicht den Befreiungstatbestand des unzumutbaren Härtefalles im Sinne von § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV. Diese Ungleichbehandlung stellt keine gleichheitswidrige Benachteiligung dar, weil sie sachlich gerechtfertigt ist.
Dem Gesetzgeber ist ein weitreichender Gestaltungsspielraum für Entscheidungen darüber eröffnet, welche Sachverhalte er abgabenrechtlich unterschiedlich oder trotz vorhandener Unterschiede gleich behandelt. Er ist auch berechtigt, aus sachlichen Gründen von übermäßigen Differenzierungen abzusehen (Typisierungsbefugnis). Eine Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte muss sich realitätsgerecht an der allgemeinen Fallgestaltung orientieren. Je größer der zahlenmäßige Anteil einer atypischen Sachverhaltskonstellation ist und je stärker die Abweichungen ins Gewicht fallen, desto mehr spricht für ihre Berücksichtigung bei der Abgabenerhebung. Dagegen sprechende Gründe können sich insbesondere aus der Schwierigkeit der praktischen Erfassung ergeben. Der Gesetzgeber darf das Erhebungsverfahren auf Kosten der Einzelfallgerechtigkeit vereinfachen, um einen unverhältnismäßigen Ermittlungsaufwand zu vermeiden. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der damit notgedrungen verbundenen Ungleichheit stehen müssen (st. Rspr., vgl. nur BVerfG, B. v. 25. Juni 2014 – 1 BvR 668, 2104/10 – BVerfGE 137, 1 Rn. 50).
Danach durften die Landesgesetzgeber die Rundfunkbeitragspflicht von Personen, die bewusst auf eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verzichten, als „kleineres Übel“ in Kauf nehmen, um die zunehmende „Flucht aus der Rundfunkgebühr“ zu beenden. Die Ablösung der gerätebezogenen Rundfunkgebührenpflicht durch die wohnungsbezogene Rundfunkbeitragspflicht war sachgerecht, wenn nicht geboten, um die verfassungsrechtlich notwendige gleichmäßige Belastung aller Personen mit Rundfunkempfangsmöglichkeit zu gewährleisten. Dieses Ziel der Landesgesetzgeber könnte nicht erreicht werden, wenn Wohnungsinhaber aufgrund der Behauptung, nicht über eine Rundfunkempfangsmöglichkeit zu verfügen, von der Beitragspflicht befreit werden müssten, sofern der Rundfunkanstalt der Nachweis des Gerätebesitzes nicht gelingt. Dies würde in der Sache eine Rückkehr zur gerätebezogenen Rundfunkgebührenpflicht bedeuten, die die Landesgesetzgeber wegen des drohenden strukturellen Erhebungsdefizits aufgeben durften.
Eine Beitragsbefreiung, die den Wohnungsinhabern die Beweislast für das Fehlen einer Rundfunkempfangsmöglichkeit auferlegt, ist nicht sinnvoll, weil dieser Nachweis nicht erbracht werden kann. Es lässt sich nicht verlässlich feststellen, ob eine entsprechende Angabe glaubhaft ist. Persönliche Erklärungen bis hin zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung stellen stets nur Momentaufnahmen dar, die keinen hinreichend sicheren Schluss auf das künftige Verhalten zulassen. Unangekündigte Nachschauen in der Wohnung stellen einen Eingriff in die grundrechtlich geschützte private Lebenssphäre dar und sind mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Darüber hinaus können Empfangsgeräte nicht entdeckt werden, wenn sie in Kleidung oder Taschen mitgeführt werden. Das Fehlen eines sichtbaren Empfangsgeräts in der Wohnung schließt nicht aus, dass ein empfangstaugliches multifunktionales Gerät zur Verfügung steht (vgl. BayVerfGH, E. v. 15. Mai 2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – NJW 2014, 3215 Rn. 112).
Darüber hinaus handelt es sich bei den bewussten „Rundfunkverweigerern“ nach den statistisch belegten, allgemeinkundigen Tatsachen um eine Gruppe, die im Verhältnis zu der Gesamtheit der Wohnungsinhaber sehr klein sein muss. Nach dem statistischen Befund verfügen 3% bzw. 3,8% der privaten Haushalte nicht über ein Fernsehgerät. Angesichts des statistisch festgestellten Verbreitungsgrades multifunktionaler Empfangsgeräte ist anzunehmen, dass auch die Inhaber dieser Wohnungen weitestgehend Rundfunkprogramme empfangen können (zum Ganzen s. BVerwG a. a. O. Rn. 34 ff.).
cc) Auch ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG liegt nicht vor. Die Rundfunkbeitragspflicht für Wohnungsinhaber nach §§ 2 ff. RBStV verstößt nicht gegen das Grundrecht, sich aus allgemein zugänglichen Informationsquellen ungehindert zu unterrichten. Da nahezu jeder Beitragspflichtige über eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verfügt, zielt die Rundfunkbeitragspflicht weder darauf ab noch ist sie wegen der Höhe des Beitrags objektiv geeignet, Interessenten von Informationen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fernzuhalten. Soweit sie sich als Beschränkung des Zugangs zu anderen Informationsquellen auswirkt, ist dies hinzunehmen, um den unmittelbar durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Bestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und dessen Entwicklung zu gewährleisten (BVerwG U. v. 17.3.2016 – 6 C 20/15 – juris, Rn. 50).
dd) Auch die übrigen von der Klägerin angeführten Gesichtspunkte führen zu keiner anderen Bewertung der Rechtslage. Insbesondere stellt es keine Ausländerdiskriminierung dar, dass der öffentlich-rechtlich Rundfunk seine Sendungen überwiegend in deutscher Sprache anbietet.
III) Die Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. März 2014 sind gemäß § 7 Abs. 3 RBStV kraft Gesetzes fällig geworden. Bedenken gegen die streitgegenständlich festgesetzten Rundfunkbeiträge sind bezüglich ihrer Höhe von der Klägerin nicht vorgebracht worden, solche sind auch nicht ersichtlich. Der Beklagte war daher auch gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i. V. m. § 11 Abs. 1 der Rundfunkbeitragssatzung berechtigt, jeweils einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 Euro festzusetzen, da die Klägerin den geschuldeten Beitrag nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit (§ 7 Abs. 3 RBStV) entrichtet hat. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Rundfunkbeitragssatzung kann mit jedem Bescheid ein Säumniszuschlag festgesetzt werden.
Damit ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO), § 711 ZPO.
Der Gerichtsbescheid hat die Wirkung eines Urteils (§ 84 Abs. 3 Halbs. 1 VwGO).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Gerichtsbescheid steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten mündliche Verhandlung beantragen.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
Dem Antrag eines Beteiligten sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 275,14 Euro festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- Euro übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.


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