IT- und Medienrecht

Rückabwicklung des Fahrzeugkaufs im sog. Diesel-Abgasskandal

Aktenzeichen  22 O 476/19

Datum:
17.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 5849
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Coburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 195, § 249 Abs. 1, § 826, § 849

 

Leitsatz

1. Der Zulässigkeit der Klage steht eine Anmeldung zum Register der Musterfeststellungsklage nicht entgegen, da eine solche von der beweisbelasteten Beklagten weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt wurde. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Beklagte haftet dem Kläger gemäß §§ 826, 831, 31, 249 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz, da sie ihm in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt hat. (Rn. 24 – 45) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Kenntnis des Klägers im Jahr 2015 oder eine grob fahrlässige Unkenntnis konnte die beweisbelastete Beklagte nicht hinreichend nachweisen. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs der Marke VW Touran, Fahrzeug-Ident-Nr. im Wege des Schadensersatzes an den Kläger 16.004,24 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozent für den Zeitraum vom 19.04.2013 bis 21.12.2018 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2018 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Antrag zu 1) genannten Pkws in Verzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100, 51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2018 zu zahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 44% und die Beklagte 56% zu tragen.
6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 28.386,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet. Soweit der Kläger sich Nutzungen anrechnen lassen musste sowie bezüglich des weitergehenden Zinsantrags und der weitergehenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten war die Klage als unbegründet abzuweisen.
A. Zulässigkeit
I.
Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts folgt aus § 32 ZPO. Der Erfolgsort der von dem Kläger behaupteten unerlaubten Handlung ist der Ort des Wohnortes des Klägers, da hier der Vermögensschaden eingetreten ist. Dieser liegt im Bezirk des Landgerichts Coburg. Im Übrigen folgt die örtliche Zuständigkeit aus § 39 S. 1 ZPO.
II.
Das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO für den Antrag zu Ziffer 2. auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten liegt angesichts der in Ziffer 1. beantragten Zug-um-Zug-Verurteilung im Hinblick auf die §§ 756, 765 ZPO vor (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO/Becker-Eberhard, 5. Auflage 2016, § 256 Rn. 25).
Der Gläubiger kann mit seinem Klageantrag auf Zug-um-Zug-Verurteilung einen Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs des Schuldners verbinden und so eine rechtskraftfähige, für den Gerichtsvollzieher verbindliche Feststellung im Tenor des Vollstreckungstitels selbst erreichen (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO/Heßler, a. a. O., § 756 Rn. 48).
III.
Der Zulässigkeit der Klage steht auch eine Anmeldung zum Register der Musterfeststellungsklage nicht entgegen, da eine solche von der beweisbelasteten Partei weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt wurde. Die Rechtshängigkeit einer Musterfeststellungsklage betreffend den Streitgegenstand der Individualklage ist eine negative Prozessvoraussetzung. Je nachdem ob eine Anmeldung vor oder nach Erhebung der Individualklage erfolgt ist, ist die Klage nach § 610 Abs. 3 ZPO unzulässig oder das Verfahren zwingend nach § 613 Abs. 2 ZPO auszusetzen. Dies ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen auf Grundlage des von den Parteien beigebrachten Tatsachenstoffes zu berücksichtigen. Aus dem negativen Charakter ergibt sich, dass die Beklagte für das Vorliegen der Voraussetzungen der Sperrwirkung beweisbelastet ist (GWR 2019, 399 (401)).
Lässt der Kläger im Schriftsatz vom 18.10.2019 noch vortragen, eine Anmeldung sei im Jahr 2018 und eine Abmeldung am 25.06.2019 erfolgt, gab der Kläger im Termin am 06.12.2019 an, dass ihm nichts von einer Anmeldung zur Musterfeststellungsklage bekannt sei. Die Beklagte bestreitet die An- und Abmeldung zur Musterfeststellungsklage lediglich mit Nichtwissen. Ein substantiierter Sachvortrag oder gar ein Beweisantritt erfolgt hierzu nicht.
Danach liegt kein Nachweis für die Voraussetzungen der Sperrwirkung vor.
IV.
Hinsichtlich der Erweiterung der Hauptforderung im Termin der mündlichen Verhandlung (Bl. 327 d.A.) dahingehend, dass von einem Abzug von Nutzungsersatz Abstand genommen wurde, liegt eine stets zulässige Klageänderung im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO vor.
B. Begründetheit
I. Hauptfordeurng
Die Beklagte haftet dem Kläger gemäß §§ 826, 831, 31, 249 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz, da sie ihm in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt hat.
1. Handlung der Beklagten
Die Handlung der Beklagten, durch die der Kläger geschädigt wurde, war das (rechtsgeschäftliche) Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Motors unter Verschweigen der gesetzeswidrigen Programmierung der Motorsteuerungssoftware (dazu unter Ziff. 2), die bewirkt, dass der Betrieb des Fahrzeugs auf einem Prüfstand erkannt und die Abgasbehandlung des Fahrzeugs in den sogenannten Modus 1 versetzt wird.
2. Vermögensschaden des Klägers
Durch die Handlung der Beklagten hat der Kläger einen Vermögensschaden erlitten. Dieser besteht darin, dass er in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware den streitgegenständlichen PKW erworben und damit einen ihm wirtschaftlich nachteiligen Vertrag geschlossen hat. Dass es sich bei diesem Vertrag um einen für den Kläger wirtschaftlich nachteiligen handelt, zeigt schon die Überlegung, dass kein verständiger Kunde ein Fahrzeug mit dieser Motorsteuerungssoftware erwerben würde, wenn die Beklagte ihn vor dem Kauf darauf hinweisen würde, dass die Software nicht gesetzeskonform sei und er deshalb jedenfalls mit Problemen für den Fall der Entdeckung der Manipulation durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) rechnen müsse. Der Kläger hat nicht das bekommen, was ihm aus dem Kaufvertrag zustand, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug (LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017, 3 O 139/16).
Die von der Beklagten vorgenommene Programmierung der Motorsteuerungssoftware ist gesetzeswidrig. In der Verwendung von Abschaltvorrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, liegt ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge. Bei verständiger Auslegung ist die von der Beklagten installierte Programmierung als Abschalteinrichtung anzusehen. Denn sie setzt die zu einem geringeren Stickoxidausstoß führende, ausschließlich für den Prüfstand bestimmte Programmierung der Motorsteuerung im Modus 1 für den Fahrbetrieb auf der Straße außer Kraft mit der Folge, dass der Stickoxidausstoß im Fahrbetrieb auf der Straße höher ist als auf dem Prüfstand. Umgekehrt wird die im normalen Fahrbetrieb wirksame Programmierung etwa für die Abgasrückführung auf dem Prüfstand außer Kraft gesetzt, indem die Motorsteuerung den sogenannten Modus 0, nämlich den Betriebszustand für den normalen Fahrbetrieb auf der Straße, zu Gunsten eines ausschließlich für den Prüfstandbetrieb bestimmten Modus abschaltet. Dies gilt unabhängig davon, ob tatsächlich eine Einwirkung auf das Emissionskontrollsystem vorhanden ist oder aber lediglich eine Einwirkung auf einen „innermotorischen Vorgang“ erfolgt. Schon die Testzykluserkennung in Verbindung mit einer ausschließlich im Testzyklus erfolgenden Einwirkung auf die Abgasrückführung ist ein Verstoß gegen das Verbot von Abschalteinrichtungen. Zudem liegt auf der Hand, dass eine Schadstoffmessung auf dem Prüfstand nur sinnvoll ist und einen Vergleich von Fahrzeugen verschiedener Hersteller ermöglicht, wenn das zu testende Fahrzeug gerade hinsichtlich der Abgasbehandlung dem Zustand entspricht, der auch auf der Straße gegeben ist, da ansonsten Manipulationen jedweder Art Tür und Tor geöffnet würden und eine Vergleichbarkeit selbst unter den dem realen Fahrbetrieb fernen, genormten Prüfstandbedingungen nicht mehr herzustellen wäre. Eine ausschließlich auf den Testzyklus zugeschnittene Programmierung der Abgasbehandlung kann deshalb nur als unzulässige Umgehung der einschlägigen Vorschriften angesehen werden (LG Hildesheim, a.a.O.).
3. Zurechnung des schädigenden Verhaltens
Die schädigende Handlung ist der Beklagten zuzurechnen. Der objektive Tatbestand des § 826 BGB – rechtsgeschäftliches Inverkehrbringen des Motors unter Verschweigen seiner Programmierung – wurde von Personen verwirklicht, deren Verhalten sich die Beklagte gemäß §§ 166, 831 BGB zurechnen lassen muss, nämlich von ihren Mitarbeitern.
4. Objektiv sittenwidriges Verhalten
Das Verhalten der Beklagten verstieß gegen die guten Sitten. Objektiv sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggründen und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist. Abzustellen ist auf die in der Gemeinschaft oder in der beteiligten Gruppe anerkannten moralischen Anschauungen. Dabei ist ein durchschnittlicher Maßstab anzulegen (BGHZ 10, 232); besonders strenge Anschauungen sind ebenso wie besonders laxe Auffassungen unbeachtlich (Palandt, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 4 und § 138 Rn. 2 ff.). Hinzutreten muss zu der objektiven Sittenwidrigkeit eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eintretenden Folgen ergeben kann (Palandt, a. a. O., § 826 Rn. 4).
Der BGH (Urteil v. 03.12.2013, Az. XI ZR295/12, NJW 2014, 1098) hat hierzu ausgeführt: „Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (st. Rspr. seit RGZ 48, 114, 124). In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweg – grund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGH, Urt. v. 20.11.2012, Az. VI ZR268/11, WM 2012, 2377 Rn. 25 und vom 04.06.2013, Az. VI ZR 288/12, WM 2013, 1310 Rn. 14, jeweils mwN). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittli – chen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände hin – zutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des ange – wandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maß – stäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden verwerflich machen (BGH, Urt. v. 20.11.2012, VI ZR 268/11, aaO und v. 04.06.2013, VI ZR 288/12, aaO, jeweils mwN).“
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist das Verhalten der Beklagten sittenwidrig: Die Täuschung durch die Beklagte diente – andere Motive sind weder von der Beklagten dargelegt noch sonst ersichtlich – dem Zweck, zur Kostensenkung (und möglicherweise zur Umgehung technischer Probleme) rechtlich und technisch einwandfreie, aber teurere Lösungen der Abgasreinigung zu vermeiden und mit Hilfe der scheinbar umweltfreundlichen Prüfstandwerte Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis der bewussten Täuschung und Benachteiligung von Kunden gibt dem Handeln der Beklagten das Gepräge der Sittenwidrigkeit. Hinzu tritt, dass die Beklagte durch die Manipulation der Motorsteuerungssoftware einen Teil des Motors beeinflusst hat, den ein technischer Laie keinesfalls und selbst ein Fachmann nur mit Mühe durchschaut, so dass die Entdeckung der Manipulation mehr oder weniger vom Zufall abhing und die Beklagte darauf hoffen konnte, niemals erwischt zu werden. Ein solches die Verbraucher täuschendes Verhalten ist auch bei Anwendung eines durchschnittlichen, nicht übermäßig strengen Maßstabs als sittenwidrig anzusehen. Das Verhalten der Beklagten wiegt umso schwerer, als es sich beim Kauf eines PKW für viele Verbraucher um eine wirtschaftliche Entscheidung von erheblichem Gewicht mit oft deutlichen finanziellen Belastungen handelt, die durch das unredliche Verhalten der Beklagten nachteilig beeinflusst worden ist. Die Beklagte hat die Ahnungslosigkeit der Verbraucher bewusst zu ihrem eigenen Vorteil ausgenutzt (LG Hildesheim, a.a.O.).
5. Vorsatz und subjektive Zurechnung
Die Beklagte hat dem Kläger den Schaden vorsätzlich zugefügt. Mangels jeglicher entgegenstehender Anhaltspunkte muss davon ausgegangen werden, dass den betreffenden verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten völlig klar war, dass die Beklagte Dieselmotoren verkaufte, die hinsichtlich der Abgaswerte nicht den einschlägigen Vorschriften entsprachen, und dass somit die Käufer der mit diesen Motoren ausgestatteten Fahrzeuge für sie jeweils wirtschaftlich nachteilige Kaufverträge abschlossen. Den Verantwortlichen waren auch die oben genannten objektiven Umstände bekannt, die das Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen.
Für die Zurechnung des Vorsatzes sind der Beklagten als Unternehmen nach § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnisse aller Mitarbeiter zuzurechnen, die bei der Bearbeitung des inkriminierten Geschäfts mitgewirkt haben (Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 826 BGB, Rn. 39; KG Berlin, BeckRS 2015, 15908 Rn. 51 f.). Das In-Verkehr-Bringen des streitgegenständlichen Motors bewirkte die Beklagte im rechtsgeschäftlichen Verkehr, auch wenn eine Veräußerung nicht direkt an den Kläger, sondern mittels weiterer Beteiligter (hier zuletzt: Autohaus M. S. GmbH & Co. KG) erfolgte. Aus Gründen des Verkehrsschutzes ist es sachgerecht, einer juristischen Person im rechtsgeschäftlichen Verkehr in weiterem Umfang das Wissen von Mitarbeitern hinsichtlich solcher Vorgänge zuzurechnen, deren Relevanz für spätere Geschäftsvorgänge innerhalb des Organisationsbereichs dem Wissenden erkennbar ist und die deshalb dokumentiert und verfügbar gehalten oder an andere Personen innerhalb des Organisationsbereichs weitergegeben werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2001, VI ZR 12/00). Nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Organisation wäre es bei der massenhaften Verwendung der streitgegenständlichen Software in Neufahrzeugen bzw. in von der Beklagten an Drittunternehmen gelieferten Motoren zwingend geboten gewesen, eine entsprechende Dokumentation vorzunehmen und den Vorstand über die maßgeblichen Umstände zu informieren.
Darüber hinaus ist der Beklagten auch über § 31 BGB das Verhalten ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter zuzurechnen. Denn die Beklagte ist ihrer sekundären Darlegungslast zu der Frage, welches ihrer Organe Kenntnis von der Manipulation der Motorsteuerungssoftware hatte und das Inverkehrbringen entsprechend ausgerüsteter Motoren veranlasst hat, trotz entsprechenden Hinweises der Klägerseite nicht nachgekommen. Der Kläger hat naturgemäß keinerlei Einblick in die internen Entscheidungsvorgänge bei der Beklagten und ist auf Veröffentlichungen der Medien und auf Rückschlüsse und Vermutungen angewiesen. Er hat den ihm insoweit zuzumutenden Vortrag erbracht. Die Beklagte hingegen hat jede Möglichkeit, die in ihrem Unternehmen im Zusammenhang mit der Programmierung und Implementierung der streitgegenständlichen Software abgelaufenen Vorgänge und Entscheidungsprozesse darzulegen, um es so dem Kläger zu ermöglichen, seinerseits die ihm obliegende weitergehende Darlegung und den erforderlichen Beweisantritt vornehmen zu können. Der Vortrag der Beklagten, es lägen keine Erkenntnisse vor, dass maßgebliche Organe der Beklagten erkannt hätten oder sich damit abgefunden hätten, dass Fahrzeuge objektiv mangelhaft waren oder den Käufern ein Schaden durch den Erwerb entstehe, ist unzureichend und genügt § 138 Abs. 1 ZPO, wonach die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben haben, nicht (LG Hildesheim, a.a.O.). Deshalb ist vorliegend mangels substantiierter gegenteiliger Darlegung durch die Beklagte davon auszugehen, dass die Entscheidung vom Vorstand angeordnet oder doch jedenfalls „abgesegnet“ worden ist.
6. Kausalität und Schutzzweckzusammenhang
Der Vermögensschaden des Klägers wurde durch das vorsätzliche und sittenwidrige Verhalten der Beklagten verursacht. Die Haftung wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die oben genannte EU-Verordnung Nr. 715/2007 nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen, sondern gesamtgesellschaftlichen Zielen diene. Verletzte Verhaltensnorm ist vorliegend das Verbot, einen anderen durch Täuschung über maßgebliche Umstände zu einem ihm nachteiligen Vertragsabschluss zu bewegen. Der Schutzzweckzusammenhang ist gegeben.
7. Rechtsfolge
Rechtsfolge der gegen die guten Sitten verstoßenden vorsätzlichen Schädigung ist ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz. Der Kläger ist so zu stellen, wie er stünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Abs. 1 BGB).
Der Schadensersatzanspruch des Klägers geht deshalb dahin, dass die Beklagte ihn so stellen muss, wie er ohne die Täuschung über die nicht gesetzeskonforme Motorsteuerungssoftware gestanden hätte. Insoweit ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Kläger – wie jeder verständige Kunde – bei Kenntnis des Sachverhalts und der damit verbundenen Risiken für den Fortbestand der Betriebserlaubnis den Vertrag nicht geschlossen hätte. Die Beklagte muss danach die wirtschaftlichen Folgen des Kaufs dadurch ungeschehen machen, dass sie den Kaufpreis gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs erstattet.
Dabei muss der Kläger sich jedoch nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung die von ihm gezogenen Nutzungen anrechnen lassen. Der Nutzungsersatz als Ausfluss von Treu und Glauben stellt hier weder eine unbillige Entlastung der Beklagten dar noch ist er dem Kläger unzumutbar.
Der Kläger muss sich auch im Rahmen eines deliktischen Schadensersatzanspruchs die Vorteile entgegenhalten lassen, die ihm durch die Nutzung des nunmehr zurückzugebenden Kraftfahrzeugs entstanden sind, um nicht durch den Schadensersatz bereichert zu werden.
Ein grundlegendes Prinzip des deutschen Schadensersatzrechts ist es, dass der Geschädigte zwar den Schaden ersetzt erhält, der Schädiger aber keinen „Strafschadensersatz“ zahlen muss und der Geschädigte entsprechend nicht am Schaden verdienen darf (BGH, Urteil vom 04.06.1992, BGH Aktenzeichen, IX ZR 149/91, juris Rn. 73; siehe auch Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearbeitung 2017, Vorbem. zu §§ 249 ff. Rn 2). Der Gesetzgeber hat es nicht für erforderlich befunden, für die Fälle der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung eine Ausnahme vom Bereicherungsverbot für den Geschädigten im Sinne der Argumentation des Klägers zu schaffen. Auch wenn die Beklagte in großem Stil gehandelt und damit Gewinne nicht unerheblichen Ausmaßes erwirtschaftet hat, erscheint die Rückabwicklung jeglicher Kaufverträge angesichts der Kosten und des Imageschadens als ausreichende Sanktion, um die Anreize für „deliktsrechtliche Machenschaften“ auszulöschen. Es ist zudem zu bemerken, dass der Kläger zwar einen unerwünschten Vertrag geschlossen hat, er aber doch über Jahre hinweg keinen spürbaren Schaden erlitten hat, weil er den VW Golf völlig unbeschränkt nutzen konnte. Eine solche Konstellation ist nach 119 Jahren Existenz von § 826 BGB und dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot keine, die für eine richterrechtliche Durchbrechung des letztgenannten Prinzips spricht (LG München II (13. Zivilkammer), Endurteil vom 15.02.2019 – 13 O 3243/18).
Soweit eine Nutzungsersatzpflicht unter Verweis auf die effektive Durchsetzung von EU-Recht bestritten wird, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Der EuGH lässt in seiner die „unentgeltliche Nachbesserung“ betreffende Entscheidung vielmehr erkennen, dass im Fall einer Vertragsauflösung – welcher der hiesigen Konstellation deutlich näher ist als eine Nachlieferung – der 15. Erwägungsgrund der Richtlinie, der einen Nutzungsersatz als möglich ansieht, heranzuziehen sei (siehe EuGH, NJW 2008, 1433 Rn 38 f.).
Danach steht eine Nutzungsersatzpflicht des Käufers für den Fall des Rücktritts vom Kaufvertrag, wie sie in § 346 Abs. 1 BGB vorgesehen ist, im Einklang mit der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie.
Die hier vorliegende Konstellation einer Rückgängigmachung des Vertrages auf deliktischer Grundlage ist nicht anders zu bewerten. Die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie und ihr 15. Erwägungsgrund gelten einheitlich sowohl für Sachmängel, von denen der Verkäufer zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses keine Kenntnis hatte, als auch für solche, von denen er in jenem Zeitpunkt Kenntnis hatte. Weshalb die Mitgliedstaaten für den Fall einer vorsätzlichen Begehungsweise des Verkäufers auf Vertragsbasis Nutzungsersatzpflichten des Käufers vorsehen können sollen, für den Fall einer vorsätzlichen Begehungsweise des Herstellers auf deliktischer Basis aber nicht, erschließt sich nicht (LG München II (13. Zivilkammer), Endurteil vom 15.02.2019 – 13 O 3243/18).
Der Wert des Nutzungsersatzes ist entsprechend der unbestrittenen Darlegung des Klägers zum Kilometerstand seines Fahrzeugs gemäß § 287 ZPO auf 12.363,76 EUR zu schätzen. Dabei ist eine Gesamtlaufleistung des gerichtsbekannt robusten Fahrzeugs von 250.000 km zugrunde zu legen. Dabei ergibt sich der Nutzungswert je km aus einer Division des Bruttokaufpreises (28.368,00 EUR) durch die zu erwartende Laufleistung (Gesamtlaufleistung abzüglich Kilometer bei Kauf; Ermittlung des Nutzungswertersatzes nach Rücktritt vom Autokaufvertrag, NJW 2018, 1713). Für die gefahrenen 108.305 km ergibt sich damit der genannte Betrag. Für höhere gezogene Nutzungen wäre die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet gewesen.
Nach Abzug der Nutzungen in Höhe von 12.363,76 EUR ergibt sich ein Zahlungsanspruch in Höhe von 16.004,24 EUR. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Klageantrags war die Klage abzuweisen.
8. Verjährung
Der Anspruch ist auch bei Klageerhebung noch nicht verjährt gewesen.
Eine Kenntnis des Klägers im Jahr 2015 oder eine grob fahrlässige Unkenntnis konnte die beweisbelastete Beklagte nicht hinreichend nachweisen.
Es ist davon auszugehen, dass der Kläger im Jahr 2016 noch vor der Durchführung des Software-Updates durch Zeitungslektüre Kenntnis von der Betroffenheit seines Pkws erlangte, so dass die Verjährungsfrist unabhängig von der Musterfeststellungsklage bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen war.
Eine frühere Kenntnis kann nicht allein aufgrund der Ad-hoc-Mitteilung im September 2015, der anschließenden Medienpräsenz und der Informationsmöglichkeit angenommen werden, wie von der Beklagten vorgetragen. Allein die Kenntnis von dem „Abgasskandal“ an sich reicht nicht aus, um eine hinreichende Kenntnis aller tatbestandbegründenden Tatsachen zu haben. Hierzu ist vielmehr die Kenntnis der Betroffenheit des eigenen Fahrzeugs und eine Kenntnis über ein vorsätzliches Handeln der Organe der Beklagten notwendig.
Eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis diesbezüglich kann für das Jahr 2015, in dem der Skandal in der Öffentlichkeit aufkam, noch nicht zwingend angenommen werden.
Die glaubhafte Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, im Laufe des Jahres 2016 durch Zeitungslektüre erfahren zu haben, dass auch sein Auto betroffen ist, konnte die Beklagte nicht widerlegen.
Gerade unter dem Gesichtspunkt, dass ein durchschnittlicher Verbraucher keine genauen Kenntnisse über Motortypen und deren Funktionsweise hat, musste sich für den Kläger seine eigene Betroffenheit im Jahr 2015 noch nicht aufdrängen.
II. Nebenforderungen
1. Zinsen
Die tenorierte Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen in beantragter Höhe ergibt sich aus §§ 849, 246 BGB sowie §§ 288 Abs. 1, 291, 247 Abs. 1 BGB.
Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten Zinsen in Höhe von 4% aus einem Betrag i.H.v. 16.004,24 EUR seit 19.04.2013 nach §§ 849, 246 BGB zu.
Nach § 849 BGB kann der Verletzte, sofern wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen ist, Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.
§ 849 BGB erfasst jeden Sachverlust durch ein Delikt. Auch wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt, eine Sache wegzugeben oder darüber zu verfügen, entzieht er sie ihm. § 849 BGB ist nach seinem Wortlaut nicht auf die Wegnahme beschränkt und verlangt nicht, dass die Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten entzogen wird. Der Geschädigte muss auch nicht im Besitz der Sache gewesen sein. Der Zinsanspruch soll mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (BGH, 26.11.2007 – BGH Aktenzeichen II ZR 167/06).
Dem Kläger ist eine Sache entzogen worden. Sache im Sinne von § 849 BGB ist auch Geld.
§ 849 BGB ist nicht durch § 90 BGB, wonach nur körperliche Gegenstände Sachen im Sinne des Gesetzes sind, auf die Entziehung von Bargeld beschränkt. Der Zweck des § 849 BGB, den später nicht nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen, erfasst jegliche Form von Geld. Von den Nutzungen eines hingegebenen Geldbetrags ist der Geschädigte nicht nur ausgeschlossen, wenn er mit Bargeld bezahlt hat, sondern auch, wenn er eine Zahlung auf andere Art und Weise geleistet hat. Auch wirtschaftlich besteht kein Unterschied zwischen der Übergabe von Bargeld, der Übergabe eines Schecks, der Einzahlung von Bargeld und einer Überweisung auf ein Konto (BGH, 26.11.2007 – BGH Aktenzeichen II ZR 167/06; vgl. auch BGH, 12.06.2018 – BGH Aktenzeichen KZR 55/16).
Wer demnach durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt wird, Geld zu überweisen oder zu übergeben, kann vom Schädiger eine Verzinsung nach § 849 BGB beanspruchen.
Dies ist der Fall. Die Beklagte hat den Kläger durch eine unerlaubte Handlung nach § 826 BGB zur Bezahlung des Kaufpreises bestimmt, weshalb der Kläger eine Verzinsung des Kaufpreises nach § 849 BGB verlangen kann. Zu beachten ist jedoch, dass der Kläger Zinsen nur aus dem zurückzuzahlenden Betrag, nicht aus dem gesamten Kaufpreis beanspruchen kann. Insoweit bestimmt § 849 BGB eindeutig, dass der „Verletzte“ Zinsen (nur) aus dem zu „ersetzenden Betrag“ verlangen kann. Hinsichtlich der darüber hinaus begehrten Zinsen war die Klage aus den vorgenannten Gründen als unbegründet abzuweisen.
Eine Zinspflicht in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2018 ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 4, 288 Abs. 1 BGB. Die Aufforderung zur Anerkennung des Schadensersatzes und entsprechende Fristsetzung mit Schreiben vom 18.12.2018 (Anlage K 13) reicht hierbei aus. Eine Mahnung nach § 286 Abs. 1 BGB ist gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB nach Abwägung der Interessen aufgrund der sittenwidrigen Schädigung nicht zu verlangen (BeckOGK/Dornis, 1.6.2019, BGB § 286 Rn. 195).
2. Annahmeverzug
Der Antrag auf Feststellung, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet, ist begründet.
Die Begründung des Annahmeverzugs setzt gemäß § 295 BGB – als Privilegierung gegenüber dem in § 294 BGB geregelten tatsächlichen Angebot – ein wörtliches Angebot an den Gläubiger voraus, wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat; eine solche Abholverpflichtung lag hier als Rechtsfolge des § 826 BGB vor. Der Schuldner muss die nach dem Rechtsverhältnis geschuldete Leistung anbieten (siehe MünchKommBGB/Ernst, 7. Aufl., § 294 Rn. 4). Das ist vorliegend mit Schreiben vom 18.12.2018 (Anlage K 13), spätestens jedoch mit Klageerhebung, geschehen.
3. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten
Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich ebenso aus dem deliktischen Schadensersatzanspruch.
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurden durch das Schreiben vom 18.12.2018 (Anlage K 13) ausgelöst.
Der Höhe nach sind sie aber auf die berechtigterweise anzusetzenden Anwaltskosten beschränkt.
Entgegen der Auffassung des Klägers kam nur die Erstattung der Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV-RVG) zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer auf der Basis einer 1,3 Geschäftsgebühr in Betracht. Eine Erhöhung der Schwellengebühr von 1,3, welche die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle darstellt, auf eine 2,0 Gebühr ist der gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung der Regelgebühren nicht entzogen. Eine Erhöhung über die Regelgebühr hinaus kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Das vorliegende Verfahren ist eines von vielen gleichartigen Verfahren, die von den Klägervertretern betreut werden. Es wird überwiegend mit entworfenen Textbausteinen gearbeitet. Eine umfangreiche oder schwierige Tätigkeit kann nicht gesehen werden (vgl. LG Coburg, 11 O 495/17, Endurteil vom 06.03.2018 m. w. N.).
Ausgehend von einem Gegenstandswert von 16.004,24 € ergeben sich für das außergerichtliche Tätigwerden danach folgende Gebühren:
1,3 Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV-RVG) von
904,80 €,
zuzüglich Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV-RVG) von
20,00 €,
zuzüglich 19% USt. von
175,91 €,
Dies ergibt einen Gesamtbetrag von
1.100,51 €.
C. Nebenentscheidungen
I.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. ZPO und berücksichtigt das Teilunterliegen des Klägers mit etwa 44% seiner Klageforderung.
Im Anwendungsbereich des § 92 ZPO entscheidet allein die wirtschaftliche Betrachtungsweise ohne Rücksicht darauf, ob der Kläger mit einem Teil der Hauptforderung oder der Nebenforderung unterliegt (vgl. Hensen, NJW 1999, 395 ff.).
Bei der Beurteilung des Teilunterliegens im Sinne des § 92 Abs. 1 ZPO sind neben der Hauptforderung auch die (nicht streitwerterhöhenden, § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG) Nebenforderungen (Zinsen, Kosten) zu berücksichtigen (vgl. Zöller/Herget, a. a. O., § 92 Rn. 3, 11; Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 13. Auflage 2016, § 92 Rn. 2).
Die Quote kann dann auf der Basis eines fiktiven Streitwertes aus Haupt- und Nebenforderungen errechnet werden (vgl. Musielak/Voit/Flockenhaus, a. a. O., § 92 Rn. 4; Münchener Kommentar zur ZPO/Schulz, a. a.O., § 92 Rn. 4).
Der Kläger unterlag hinsichtlich der Hauptforderung mit anzurechnenden Nutzungen in Höhe von 12.363,76 EUR, einem Teil der Rechtsanwaltskosten sowie darüber hinaus teilweise mit den geltend gemachten Zinsen.
Das Obsiegen des Klägers entspricht damit in etwa 56%, so dass er 44% der Kosten zu tragen hat.
II.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1, 2 ZPO.


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