IT- und Medienrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Berufung, Fahrzeug, Untersagung, Schadensereignis, Marke, Kenntnis, Berichterstattung, Kaufvertrag, Anspruch, Halter, Frist, Zug um Zug, Treu und Glauben, Anspruch auf Verzinsung

Aktenzeichen  13 U 2620/21

Datum:
20.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 53558
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

4 O 1273/20 2021-04-06 Endurteil LGPASSAU LG Passau

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Passau vom 06.04.2021, Az. 4 O 1273/20, berichtigt durch Beschluss vom 11.05.2021, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.976,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 7.297,87 EUR vom 05.02.2021 bis 22.03.2021, aus 7.266,90 EUR vom 23.03.2021 bis zum 29.03.2021 und aus 6.976,40 € seit dem 30.03.2021 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke Skoda vom Typ Octavia 1.6 TDI Combi mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) …19 nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein und Kfz-Brief.
b) Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 808,13 EUR freizustellen.
c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Klägerin 23% und die Beklagte 77%, von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 11% und die Beklagte 89%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen, soweit der Senat für das Jahr 2015 eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin von den ihren Anspruch aus §§ 286, 31 BGB begründenden Umständen im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB verneint.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 8.184,99 EUR festgesetzt.

Gründe

A.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz, weil sie ein Fahrzeug erworben hat, in welchem ein Diesel-Motor des Typs EA 189 verbaut war. Herstellerin dieses Motors ist die Beklagte. Die Klägerin erwarb – jedenfalls nunmehr unstreitig (vgl. S. 2 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 15.09.2021 = Bl. 521 d.A.) – am 17.08.2015 von Herrn M. K. einen gebrauchten Skoda Octavia Kombi zu einem Bruttokaufpreis in Höhe von 11.200,00 EUR. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Kilometerstand des Fahrzeugs – ebenfalls nunmehr unstreitig (vgl. S. 2 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 15.09.2021 = Bl. 521 d.A.) – 85.800 km (Anlage K 1).
Am 30.12.2020 betrug der Kilometerstand 120.000 km (S. 6 der Klageschrift = Bl. 6 d.A.), am 22.03.2021 143.008 km (S. 7 des Schriftsatzes vom 22.03.2021 = Bl. 201 d.A.), am 29.03.2021 143.462 km (S. 2 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 30.03.2021 = Bl. 295 d.A.) und am 15.09.2021 147.721 km (S. 2 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 15.09.2021 = Bl. 521 d.A.).
Die Beklagte stattete die Diesel-Motoren der Baureihe EA 189 mit einer Steuerungssoftware aus, die den Stickoxidausstoß im Prüfstandbetrieb verringerte. Im normalen Fahrbetrieb im Straßenverkehr wurde der Motor mit einer geringeren Abgasrückführungsrate betrieben, so dass der Stickoxidausstoß höher ausfiel. Das von der Beklagten entwickelte und vom Kraftfahrtbundesamt freigegebene Software-Update für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp wurde am 29.06.2016 beim Fahrzeug der Klägerin aufgespielt (S. 4 des Schriftsatzes vom 13.09.2021 = Blatt 468 d. A.).
Der anwaltliche Vertreter der Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 03.05.2018 unter Setzung einer Frist von einem Monat zum Schadensersatz auf, wobei ein Betrag von 11.200,00 EUR gefordert wurde (Anlage K 28).
Am 01.11.2018 wurde beim OLG Braunschweig die Musterfeststellungsklage mit dem Az. 4 MK 1/18 eingereicht. Die Klägerin wurde am 29.12.2018 zum Klageregister der Musterfeststellungsklage angemeldet. Am 28.09.2019 erfolgte – nunmehr unstreitig (vgl. S. 1 des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 13.09.2021 = Bl. 465 d.A.) die Abmeldung der Klägerin vom Klageregister.
Die Klageschrift vom 30.12.2020 ging am selben Tag per beA beim Landgericht Passau ein und wurde am 04.02.2021 an die Beklagte zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 18.02.2021 erhob die Beklagte die Einrede der Verjährung (Seite 2 dieses Schriftsatzes = Blatt 104 d. A., sowie Seite 18 dieses Schriftsatzes = Blatt 119 d. A.).
Im Übrigen wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ergänzend auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 11.05.2021 (Bl. 308/309 d.A.) verwiesen.
Mit Endurteil vom 06.04.2021 wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Ansprüche der Klagepartei seien verjährt. Das Landgericht ging hierbei davon aus, dass die Klägerin sich der Musterfeststellungsklage nicht angeschlossen habe. Das Landgericht legte dar, Verjährungsbeginn sei der 31.12.2015 gewesen. Bereits im Jahr 2015 habe mit der Adhoc-Mitteilung grob fahrlässige Unkenntnis vorgelegen. Spätestens mit der im Februar 2016 erfolgten Mitteilung, dass das Fahrzeug der Klägerseite betroffen sei und sie ein SoftwareUpdate durchführen lassen solle, sei aber auch Kenntnis der Klagepartei im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gegeben gewesen. Verjährungshemmende oder verjährungsunterbrechende Maßnahmen habe die Klägerin nicht getroffen. Im Übrigen sei auch die 10-jährige Verjährung eingetreten, da der Pkw 2019 erstanden worden sei. Ansprüche aus § 852 BGB seien nicht gegeben. Das Aufspielen des Updates ändere nichts an der Verjährung. Da keine Anspruchsgrundlage ersichtlich sei, sei auch der Hilfsantrag abzuweisen. Zu den Einzelheiten wird auf das Endurteil des Landgerichts Passau vom 06.04.2021 (Az.: 4 O 1273/20) Bezug genommen (Bl. 298/304 d.A.).
Mit Beschluss vom 11.05.2021 (Bl. 308/309 d.A.) berichtigte das Landgericht den Tatbestand dahingehend, dass die Klageseite sich am 29.12.2018 zum Klageregister der Musterfeststellungsklage mit dem Az.: 4 MK 1/18 angeschlossen habe.
Gegen das ihr am 07.04.2021 zugestellte Endurteil, legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.05.2021, eingegangen per beA beim Oberlandesgericht München am selben Tag, Berufung ein. Die Berufung wurde innerhalb verlängerter Frist mit Schriftsatz vom 06.07.2021, eingegangen per beA beim Oberlandesgericht München am selben Tag, begründet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehe den durch den Abgasskandal Geschädigten ein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs zu. Die Ansprüche der Klägerin seien bei Erhebung der Klage nicht verjährt gewesen. Die Klägerin habe ihre Ansprüche wirksam zur Musterfeststellungsklage vor dem OLG Braunschweig angemeldet. Dabei komme es hinsichtlich der Hemmung nicht auf das Datum der Anmeldung zum Klageregister, sondern das Datum der Erhebung der Musterfeststellungsklage an. Im Jahr 2015 sei bei der Klägerin weder positive Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 BGB gegeben gewesen. Insbesondere habe die Klägerin im Jahr 2015 noch keine Kenntnis von der konkreten Betroffenheit ihres Fahrzeugs gehabt. Die Kenntnisnahme der Klägerin sei durch die Beklagte erschwert worden. Die Klägerin habe auch keine Erkundigungsobliegenheit gehabt. Jedenfalls aber habe die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe des Erlangten gemäß § 852 BGB im Rahmen eines „Restschadensersatzanspruchs“. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 06.07.2021 (= Blatt 323/374 d.A.) Bezug genommen.
Nachdem die Klägerin in der Berufungsinstanz zunächst einen Hauptsachebetrag von 8.184,99 EUR geltend gemacht hat, haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 15.09.2021 den Rechtsstreit hinsichtlich der Differenz zwischen 8.184,99 EUR und 7.962,30 EUR übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils wie folgt zu erkennen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.962,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Verurteilung erfolgt Zugum-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke Skoda vom Typ Octavia 1.6 TDI Combi mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) …19 nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein und Kfz-Brief.
Hilfsweise für den Fall, dass der Antrag Ziffer 1 vollständig abgewiesen wird:
0. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus dem Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 durch die Beklagte in das Fahrzeug der Marke Skoda vom Typ Octavia 1.6 TDI Combi mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) …19 resultieren.
Weiter (unbedingt):
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in vorgenannten Klageanträgen genannten Zugum-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
4. Es wird festgestellt, dass der in Antrag zu 1) bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
5. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 1.461,32 freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Landgericht Passau habe die Klage zu Recht abgewiesen. Es habe zutreffend festgestellt, dass die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche verjährt seien. Die Klägerin habe bereits im Jahr 2015 Kenntnis von der EA 189-Thematik und der Betroffenheit des hier streitgegenständlichen Fahrzeugs erlangt. Eine solche Kenntnis der Klägerin habe jedenfalls ab dem Jahr 2016 vorgelegen, da im Februar 2016 an die Halter der betroffenen Fahrzeuge durch die Beklagte und die anderen Konzernmarken der Beklagten Mitteilungen versandt worden seien. Sobald das jeweilige individuelle Software-Update verfügbar gewesen sei, seien die Halter der Konzernfahrzeuge von den jeweiligen Marken postalisch erneut informiert worden. Auch aus der weiteren öffentlichen Berichterstattung im Jahr 2016 ergebe sich eine Kenntnis der Klägerin. Die Verjährung habe jedenfalls wegen der grob fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Jahr 2015 bzw. spätestens ab 2016 begonnen. Ein Anspruch der Klägerin nach § 852 BGB bestehe nicht. Im Übrigen wird auf die Berufungserwiderung vom 28.07.2021 (= Bl. 377/449 d.A.) Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 15.09.2021 wurde die Klägerin angehört (S. 2/3 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 15.09.2021 = Blatt 521/522 d.A.).
Auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und den gesamten Akteninhalt wird ergänzend Bezug genommen.
B.
Die gem. §§ 511, 513, 519, 520 ZPO zulässige Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Passau vom 06.04.2021, berichtigt durch Beschluss vom 11.05.2021, ist teilweise begründet.
I.
Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung von 6.976,40 EUR (11.200,00 EUR – 4.223,60 EUR) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 7.297,87 EUR vom 05.02.2021 bis 22.03.2021, aus 7.266,90 EUR vom 23.03.2021 bis zum 29.03.2021 und aus 6.976,40 EUR seit dem 30.03.2021 Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein und Kfz-Brief. Der Hauptanspruch ergibt sich aus §§ 826, 31 BGB. Der Anspruch auf Verzinsung folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, 187 Abs. 1 BGB analog. Ohne Erfolg hat die Beklagte gem. § 214 BGB die Einrede der Verjährung erhoben. Die Frage, ob auch die Voraussetzungen anderer Anspruchsgrundlagen erfüllt sind, kann offen bleiben, da diese nicht zu einem weitergehenden Schadensersatzanspruch führen würden.
1. Die Beklagte haftet der Klägerin aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung gem. §§ 826, 31 BGB (BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 – juris Rn. 12 = NJW 2020, 1962; OLG München, Urteil v. 05.02.2020 – 13 U 4071/18 -, BeckRS 2020, 657 Rn. 39).
2. Der Klägerin ist durch den Abschluss des Kaufvertrags ein Schaden in Höhe des Bruttokaufpreises von 11.200,00 EUR entstanden (BGH, a. a. O., Rn. 44; OLG München, a. a. O., Rn. 49).
Der Senat ist nach Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 15.09.2021 davon überzeugt, dass diese das streitgegenständliche Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn sie Kenntnis von der streitgegenständlichen Software und ihrer Wirkungsweise gehabt hätte.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.09.2021 angegeben, sie hätte das Fahrzeug nicht gekauft, wenn sie gewusst hätte, dass die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs in Gefahr ist. Der Senat hält diese Angaben der Klägerin für glaubhaft. Er hat zudem im Rahmen der Beweiswürdigung zu Gunsten der Klägerin gem. § 286 ZPO den sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergebenden Erfahrungssatz zugrunde gelegt, wonach auszuschließen ist, dass ein Käufer ein Fahrzeug erwirbt, dem eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung droht und bei dem im Zeitpunkt des Erwerbs in keiner Weise absehbar ist, ob dieses Problem behoben werden kann (BGH, a. a. O., Rn. 49).
3. Zum Ausgleich erzielter Vorteile muss sich die Klägerin eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.223,60 EUR anrechnen lassen.
a) Nach den von der Rechtsprechung im Bereich des Schadensersatzrechts entwickelten Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind dem Geschädigten in gewissem Umfang diejenigen Vorteile zuzurechnen, die ihm im adäquaten Zusammenhang mit dem Schadensereignis zugeflossen sind. Es muss ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf einerseits im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nur diejenigen durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, also dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet (BGH, a. a. O., Rn. 65, 66; OLG München, a. a. O., Rn. 78, 82).
b) Dabei ist die zeitanteilige lineare Wertminderung im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer, ausgehend vom Bruttokaufpreis im Wege der Schätzung gem. § 287 ZPO zu ermitteln (BGH, a. a. O., Rn. 79; OLG München, a. a. O., Rn. 95).
Der Senat schätzt gem. § 287 ZPO die Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs auf 250.000 km. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Fahrleistung, die ein Fahrzeug in seiner Lebensdauer zurücklegen kann, von verschiedenen Faktoren abhängig ist, nicht nur von der Lebensdauer des Motors, sondern auch der der anderen Bauteile. Die Lebensdauer des Motors ist u. a. von Größe und Leistung des Motors und insbesondere auch vom Nutzungsverhalten abhängig. Für Dieselfahrzeuge dieser Preisklasse und Qualität wird die durchschnittliche Laufleistung in der Rechtsprechung wie hier überwiegend auf 250.000 km geschätzt (BGH, BeckRS 2015, 1267; OLG Karlsruhe, BeckRS 2019, 28272 Rn. 104; OLG München, a. a. O., Rn. 95).
c) Dies ergibt folgende Berechnung: (147.721 km zum Zeitpunkt der letzten mündli chen Verhandlung am 15.09.2021 abzüglich 85.800 km bei Abschluss des Kaufvertrags) : (250.000 km Gesamtlaufleistung abzüglich 85.800 km bei Abschluss des Kaufvertrags) x 11.200,00 EUR = 4.223,60 EUR.
4. Zudem hat die Klägerin Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 7.297,87 EUR vom 05.02.2021 bis 22.03.2021, aus 7.266,90 EUR vom 23.03.2021 bis zum 29.03.2021 und aus 6.976,40 EUR seit dem 30.03.2021 gem. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, 187 Abs. 1 BGB analog (BGH, NJW-RR 1990, 519).
a) Die Klage wurde mit Zustellung der Klageschrift vom 30.12.2020 an die Beklagte am 04.02.2021 rechtshängig. Analog § 187 Abs. 1 BGB ist Zinsbeginn somit am 05.02.2021 (BGH, NJW-RR 1990, 519). Am 22.03.2021 betrug der Kilometerstand 143.008 km. Daraus ergibt sich eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 3.902,13 EUR und ein zurückzuzahlender Betrag in Höhe von 7.297,87 EUR.
b) Am 29.03.2021 betrug der Kilometerstand 143.462 km. Hieraus errechnet sich eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 3.933,10 EUR und ein zurückzuzahlender Betrag in Höhe von 7.266,90 EUR.
c) Am 15.09.2021 ergibt sich eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.223,60 EUR (siehe hierzu bereits unter 3. c)) und ein zurückzuzahlender Betrag in Höhe von 6.976,40 EUR.
5. Ohne Erfolg hat die Beklagte gem. § 214 BGB die Einrede der Verjährung erhoben.
a) Gem. § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist 3 Jahre. Sie beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist die Kenntnis im Sinn von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorhanden, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos möglich ist (vgl. BGH, Urteil v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20 – juris Rn. 8). § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt nur auf die Kenntnis der tatsächlichen Umstände ab, mithin des Lebenssachverhalts, der die Grundlage des Anspruchs bildet. Dabei ist weder notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Die erforderliche Kenntnis ist vielmehr bereits vorhanden, wenn die dem Geschädigten bekannten Tatsachen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners als naheliegend erscheinen zu lassen. Es muss dem Geschädigten lediglich zumutbar sein, aufgrund dessen, was ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben, wenn auch mit dem verbleibenden Prozessrisiko, insbesondere hinsichtlich der Nachweisbarkeit von Schadensersatz auslösenden Umständen. Die dreijährige Verjährungsfrist gibt dem Geschädigten dann noch hinreichende Möglichkeiten, sich für das weitere Vorgehen noch sicherere Grundlagen, insbesondere zur Beweisbarkeit seines Vorbringens, zu verschaffen (BGH, a. a. O., Rn. 8).
b) Vorliegend hat die Beklagte eine Kenntnis der Klägerin im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor dem Jahr 2016 nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen.
Die Beklagte trug vor, dass die Klägerin bereits im Jahr 2015 Kenntnis von der generellen EA 189-Thematik und von der individuellen Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs erlangt habe und bot hierfür als Beweismittel eine Parteieinvernahme der Klägerin an. Die Klägerin bestritt, bereits im Jahr 2015 Kenntnis von der konkreten Betroffenheit ihres Fahrzeugs erlangt zu haben.
In der mündlichen Verhandlung vom 15.09.2021 wurde die Klägerin angehört. Sie gab an, dass sie erstmals erfahren habe, dass ihr Fahrzeug von dem Dieselskandal betroffen sei, als sie eine Benachrichtigung im Briefkasten gefunden habe, dass sie ein Software-Update durchführen lassen müsse. Davor habe sie noch nichts von dem Dieselskandal gehört, nicht einmal, dass es diesen Dieselskandal gab. Sie lese keine Zeitung und schaue wenig fern, insbesondere keine Nachrichten. Sie schaue schon am Handy die Nachrichten durch. Damals habe sie das aber noch nicht gemacht. Auf Nachfrage berichtigte sie, dass sie auch 2015 bereits Nachrichten auf dem Handy gelesen habe, jedoch über den Dieselskandal nichts gelesen habe. Sie sei berufstätig. Vor Erhalt der Benachrichtigung habe sie auch nicht von Kollegen vom Dieselskandal erfahren. Sie habe 2015 auch Facebook benutzt, ebenso Suchmaschinen; auch dabei sei ihr der Dieselskandal aber nicht bekannt geworden. Die Terminvereinbarung mit der Werkstatt zum Aufspielen des Updates sei allenfalls ein bis zwei Wochen nach der Benachrichtigung gewesen, der Termin selbst dann ein bis zwei Monate später. (Seite 2 f. des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 15.09.2021 = Blatt 521 f. d. A.).
Der darlegungs- und beweispflichtigen (BGH, Urteil v. 29.07.2021 – VI ZR 1118/20 -, juris Rn. 17) Beklagten, die auf die zuvor beantragte Vernehmung der Klägerin als Partei in der mündlichen Verhandlung vom 15.09.2021 verzichtete (Seite 3 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 15.09.2021 = Blatt 522 d.A.), ist der Beweis für eine Kenntniserlangung der Klägerin von der individuellen Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs vom Dieselskandal bereits im Jahre 2015 nicht gelungen.
Der Senat glaubt der Klägerin nicht, dass sie vor Erhalt des Schreibens, mit dem sie über die Erforderlichkeit eines Software-Updates informiert worden ist, keine Kenntnis vom Dieselskandal gehabt hat. Dies widerspricht auch dem eigenen Vortrag der Klagepartei, wonach Ende des Jahres 2015 von einer allgemeinen Wahrnehmung des Dieselskandals auszugehen sein dürfte (S. 20 des Schriftsatzes vom 06.07.2021 = Bl. 342 d.A.).
Aus den diesbezüglich unrichtigen Angaben der Klägerin kann aber nicht geschlossen werden, dass sie 2015 auch Kenntnis von der individuellen Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs vom Dieselskandal erlangt hat. Das SoftwareUpdate wurde unstreitig am 29.06.2016 beim Fahrzeug der Klägerin aufgespielt (S. 4 des Schriftsatzes vom 13.09.2021 = Blatt 468 d. A.). Die Terminvereinbarung erfolgte nach den Angaben der Klägerin etwa ein bis zwei Monate davor, mithin frühestens am 29.04.2016, die Benachrichtigung ein bis zwei Wochen davor, mithin frühestens am 15.04.2016. Auch seitens der Beklagten ist nicht vorgetragen, dass bereits vor Beginn des Jahres 2016 Informationsschreiben über die Erforderlichkeit eines Updates versandt worden seien.
c) Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten hätte die Klägerin nicht bereits im Jahr 2015 ohne grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis von der individuellen Betroffenheit ihres Fahrzeugs erlangen müssen.
Nach Überzeugung des Senats ist der Klägerin im Jahr 2015 nicht der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen. Dies würde nach der Rechtsprechung des BGH voraussetzen, dass ihre Unkenntnis darauf beruht, dass sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in einem ungewöhnlich groben Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. nur BGH, NJW-RR 2009, 544, 546 Rn. 34). Der Klägerin muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in ihrer eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung vorgeworfen werden können (BGH, Urteil v. 29.07.2021 – VI ZR 1118/20 -, juris Rn. 14).
Selbst wenn die Klägerin bereits 2015 allgemeine Kenntnis vom Dieselskandal gehabt hätte, bestand vorliegend keine Obliegenheit der Klägerin, sich nach Bekanntwerden des Dieselskandals im Jahr 2015 darüber zu informieren, ob ihr eigenes Fahrzeug individuell betroffen ist. Vielmehr durfte die Klägerin darauf vertrauen, dass sie von der Beklagten – wie von dieser über die Medien mitgeteilt – oder dem Konzernunternehmen der Beklagten informiert wird, ob ihr Fahrzeug hiervon betroffen ist und wie weiter zu verfahren ist.
Dieser Rechtsansicht steht auch nicht die Rechtsprechung des BGH entgegen. Dieser hat in einem aktuellen Urteil (Urteil v. 29.07.2021 – VI ZR 1118/20 – juris Rn. 18) die Rechtsansicht vertreten, dass nicht ohne Weiteres von der festgestellten Öffentlichkeitsarbeit der Beklagten und des Kraftfahrt-Bundesamts sowie der sich hieran anschließenden umfangreichen Medienberichterstattung über den Dieselskandal auf eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB geschlossen werden dürfe. Die Annahme grober Fahrlässigkeit setze zumindest in einem ersten Schritt die Feststellung voraus, dass der geschädigte Fahrzeugerwerber von dem Dieselskandal Kenntnis erlangt habe. Zu den Fragen, ob diese erforderliche allgemeine Kenntnis vom Dieselskandal die Kenntnis voraussetze, dass nicht nur Fahrzeuge der Beklagten, sondern auch der Marke Skoda betroffen sind, und ob ein Käufer bereits im Jahr 2015 verpflichtet war, sich darüber zu informieren, ob sein eigenes Fahrzeug individuell betroffen ist, hat sich der BGH nicht geäußert.
d) Gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hat somit vorliegend die Verjährungsfrist nicht vor dem 01.01.2017 zu laufen begonnen.
e) Die dreijährige Regelverjährung gemäß § 195 BGB wurde durch die Anmeldung der Klägerin zum Klageregister der Musterfeststellungsklage beim Oberlandesgericht Braunschweig, Az. 4 MK 1/18, gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB). Eine weitere Hemmung erfolgte durch Klageerhebung im hiesigen Rechtsstreit (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
Die Klägerin hat sich am 29.12.2018 zum Klageregister der Musterfeststellungsklage angemeldet.
Der Umstand, dass das Fahrzeug in der Anmeldung fehlerhaft als „Skoda Octavia 1.4 Combi“ statt als „Skoda Octavia Combi 1.6 TDI“ bezeichnet wurde, steht einer wirksamen Anmeldung nicht entgegen. Es handelt sich um eine offensichtliche Falschbezeichnung. Das Fahrzeug und damit der streitgegenständliche Sachverhalt ist hinreichend individualisiert, zumal in der Anmeldung auch die Fahrzeugidentifizierungsnummer des verfahrensgegenständlichen Fahrzeugs richtig angegeben wurde (vgl. Anlage BB1). Dass die Voraussetzungen des § 608 Abs. 1 ZPO im Übrigen hier nicht eingehalten worden wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Durch die Anmeldung wurde die Verjährung des streitgegenständlichen Schadensersatzanspruchs gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB rückwirkend bereits mit der Erhebung der Musterfeststellungsklage beim Oberlandesgericht Braunschweig im November 2018, mithin über ein Jahr vor ihrem Ablauf, gehemmt.
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin ihren Anspruch ausschließlich zum Zwecke der Verjährungshemmung zum Klageregister der Musterfeststellungsklage angemeldet hat; denn auch dies würde nicht dazu führen, dass ihre Berufung auf den Hemmungstatbestand des § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB gegen Treu und Glauben verstieße (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 – VI ZR 1118/20 -, zitiert über juris Rn. 38 ff).
Nutzt der Gläubiger die ihm vom Gesetz ausdrücklich eingeräumte Möglichkeit der Anmeldungsrücknahme, handelt es sich grundsätzlich um einfachen Rechtsge-, nicht Rechtsmissbrauch (BGH a.a.O. Rn 41). Aus den Umständen des Streitfalles ergibt sich nichts anderes. Weder ist der Klägerin vorzuwerfen, dass sie bei der Anmeldung ihrer Ansprüche zum Klageregister der Musterfeststellungsklage bewusst wahrheitswidrige Angaben gemacht hätte, noch war die Anmeldung der Ansprüche von vornherein objektiv ungeeignet, zu einer Klärung der Anspruchsberechtigung und damit zu einem erfolgreichen Abschluss des Verfahrens zu führen (vgl. BGH a.a.O. Rn. 42).
Die Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB endete gemäß § 204 Abs. 2 S. 1 BGB sechs Monate nach der inzwischen unstreitig am 29.09.2019 erfolgten (vgl. S. 1 des Schriftsatzes vom 13.09.2021 = Bl. 465 d.A.) Abmeldung der Klägerin von der Musterfeststellungsklage, mithin mit Ablauf von Montag, dem 30.03.2020 (§ 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB, § 193 BGB; vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 80. Aufl., § 204 Rn. 33 f. und § 209 Rn. 1).
f) Die vorliegende Klage ging am 30.12.2020 beim zuständigen Landgericht Passau ein und wurde am 04.02.2021 an die Beklagte zugestellt. Hierdurch wurde die Verjährung erneut wirksam gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
g) Die 10-jährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB ist unproblematisch ebenfalls noch nicht abgelaufen, da der verfahrensgegenständliche Kaufvertrag erst am 17.08.2015 abgeschlossen wurde.
II.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten ist in Höhe von 808,13 EUR begründet.
1. Die Klägerin durfte sich vorliegend veranlasst sehen, zur Verfolgung ihrer Ansprüche aus § 826 BGB gegen die Beklagte einen Rechtsanwalt zu mandatieren (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 249 Rn. 57). Die Ersatzpflicht erstreckt sich auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs verursachten erforderlichen Kosten (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 249 Rn. 56).
2. Der anwaltliche Vertreter der Klägerin machte mit Schreiben vom 03.05.2018 außergerichtlich die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte geltend (K 28). Zu diesem Zeitpunkt war für die von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzansprüche ein Gegenstandswert in Höhe von 8.867,24 EUR anzusetzen. Mangels anderer Anhaltspunkte legt der Senat dabei für das außergerichtliche Tätigwerden des anwaltlichen Vertreters der Klägerin einen Kilometerstand in Höhe von 120.000 km zugrunde, der zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift von 30.12.2020 gegeben war.
3. Anzusetzen ist eine Mittelgebühr von 1,3 gemäß Nr. 2300 VV-RVG. Zwar trifft es zu, dass die vorliegende Angelegenheit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht besonders komplex und schwierig ist. Dies wurde jedoch dadurch kompensiert, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtsbekannt in einer Vielzahl gleichgearteter Fälle tätig sind.
4. Dies ergibt einen erstattungsfähigen Anspruch in Höhe von (659,10 EUR + 20,00 EUR Auslagenpauschale) x 1,19 = 808,13 EUR.
III.
Der Antrag, festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zugum-Zug-Leistung in Annahmeverzug befindet, ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.
Der Kläger hat die Beklagte mit dem als Anlage K 28 vorgelegten Schreiben vom 03.05.2018 zum Schadensersatz aufgefordert. Hierbei wurde ein Betrag von 11.200,00 EUR gefordert; ein Abzug von Nutzungsersatz erfolgte nicht.
Er hat damit die Zahlung eines deutlich höheren Betrags verlangt, als er hätte beanspruchen können. Dies war durchgängig während des gesamten Rechtsstreits der Fall. Ein zur Begründung von Annahmeverzug auf Seiten der Beklagten geeignetes Angebot ist unter diesen Umständen nicht gegeben (BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 -, zitiert über juris Rn. 85).
IV.
Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der in Antrag zu 1. bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt, ist dieser Antrag mangels Feststellungsinteresses bereits unzulässig.
Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin lässt sich vorliegend ein Feststellungsinteresse nicht aus § 393 BGB herleiten. Nach dieser Vorschrift kann gegen eine Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung nicht mit einer Forderung aufgerechnet werden. Auf eine konkrete Gegenforderung der Beklagten gegenüber der Klägerin, mit der die Beklagte aufrechnen könnte, beruft sich die Klägerin jedoch nicht. Eine solche ist vorliegend auch nicht ersichtlich. Lediglich die abstrakte Möglichkeit, dass der Beklagten irgendwann gegenüber der Klägerin eine Forderung zustehen werde, mit der sie dann aufrechnen könnte, genügt nicht, um vorliegend das Feststellungsinteresse zu bejahen. Die bloße abstrakte Möglichkeit, dass dies einmal der Fall sein wird, führt nicht zu einem Feststellungsinteresse der Klägerin (Thomas/Putzo-Seiler, ZPO, 42. Aufl., § 256 Rn. 11).
Aus den von der Klägerin weiter zitierten Vorschriften der § 850f Abs. 2 ZPO und § 302 Nr. 1 InsO lässt sich bereits deshalb kein Feststellungsinteresse herleiten, weil die entsprechenden Normen nur für natürliche Personen gelten.
V.
Über den Hilfsantrag (Antrag Ziffer 2.) war nicht zu entscheiden, da die Bedingung nicht eingetreten ist.
VI.
1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1, 91a ZPO.
Die Klage war zu Beginn der Berufungsinstanz in Höhe von 7.266,90 EUR begründet (s.o.), in Höhe von 7.266,90 EUR – 6.976,40 EUR = 290,50 EUR ist Erledigung eingetreten.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO sind vorliegend gegeben, soweit der Senat eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin im Jahr 2015 von den anspruchsbegründenden Tatsachen verneint hat und so zu dem Ergebnis gelangt ist, die Verjährung des Anspruchs der Klägerin habe frühestens am 01.01.2017 zu laufen begonnen. Diese Frage wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (vgl. nur OLG Stuttgart, Urteil v. 07.04.2020 – 10 U 512/19, BeckRS 2020, 28518 Rn. 27-29). Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist deshalb die Zulassung der Revision erforderlich.
4. Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren ergibt sich aus §§ 63, 47, 48 GKG, §§ 3, 4 Abs. 1 ZPO.


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