Kosten- und Gebührenrecht

Anhörungsrüge gegen einen Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss

Aktenzeichen  7 CE 21.221

Datum:
23.2.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4236
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 152a, § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Eine Anhörungsrüge ist auch gegen einen ablehnenden Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe statthaft, so dass der Antragsteller nicht auf die erneute Beantragung von Prozesskostenhilfe verwiesen werden kann.  (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Anhörungsrügeverfahren ist kostenrechtlich verselbständigt, ohne dass hiervon Prozesskostenhilfeangelegenheiten ausgenommen wären.  (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

7 CE 20.2957 2020-12-21 Bes VGHMUENCHEN VGH München

Tenor

I. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens.

Gründe

Die Anhörungsrüge, mit der der Antragsteller die Fortführung des Verfahrens über seinen mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Dezember 2020 abgelehnten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 14. September 2020, mit dem der Antrag auf vorläufige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen wegen ausständiger Rundfunkbeiträge nach § 123 VwGO abgelehnt worden ist, begehrt, ist nach § 152a Abs. 4 Satz 2 VwGO zurückzuweisen.
Die Anhörungsrüge ist nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2019 – 10 C 19.614 – juris Ls und Rn. 2). Bei dem angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Dezember 2020 handelt es sich um eine Entscheidung im Sinne des § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO, gegen die ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO). Der Senat geht dabei davon aus, dass eine Anhörungsrüge auch gegen einen ablehnenden Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe statthaft ist und der Antragsteller nicht auf die erneute Beantragung von Prozesskostenhilfe verwiesen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2019 – 10 C 19.614 – juris Rn. 2).
Die Anhörungsrüge ist jedoch nach § 152a Abs. 4 Satz 2 VwGO zurückzuweisen. Der Antragsteller legt keine Gründe dafür dar, dass der Senat seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, § 152a Abs. 2 Satz 6, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO.
Zur Begründung der Anhörungsrüge trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei zu Unrecht erfolgt. Als Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch erfülle er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Die von ihm beabsichtigte Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 14. September 2020 biete entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sein „Widerspruch“ vom 20. Oktober 2020 gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts fristgerecht erfolgt sei. Zum Zeitpunkt des Beschlusses habe er sich in einer „genehmigten Ortsabwesenheit“ befunden, wie sich aus den von ihm vorgelegten ärztlichen Attesten ergebe. Er sei infolge seiner Krankheit nicht in Deutschland gewesen und die Frist würde sich „nach dem Gesetz verlängern“.
Mit diesem Vortrag hat der Antragsteller nicht aufgezeigt, dass der Senat bei der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein noch durchzuführendes Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 14. September 2020 entscheidungserheblichen Vortrag in der Antragsbegründung nicht zur Kenntnis genommen hat.
Soweit der Antragsteller mit seinem Vortrag geltend machen will, der Senat habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil er der beabsichtigten Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg mit dem Argument der Fristversäumnis (§ 147 Abs. 1 Satz 1, § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) versagt habe, obwohl er sich in „genehmigter Ortsabwesenheit“ befunden habe, kann offenbleiben, ob darin eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu sehen ist. Denn auch bei expliziter Auseinandersetzung mit den vom Antragsteller behaupteten Auswirkungen der von ihm vorgelegten Atteste kann keine für ihn günstige Entscheidung in der Sache ergehen. Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerde- bzw. Beschwerdebegründungsfrist (§ 147 Abs. 1 Satz 1, § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) kommt nicht in Betracht.
Nach § 60 Abs. 1 VwGO kann auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 60 Abs. 2 VwGO). Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Offenbleiben kann, ob die vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Atteste „für Arbeitsruheverlängerung“ vom 1. und 16. September 2020 geeignet sind – wogegen einiges spricht -, die schuldlose Fristversäumnis glaubhaft zu machen. Jedenfalls bescheinigen diese die „Ruhezeit“ nur für den Zeitraum vom 1. September bis 3. Oktober 2020. Die Frist von zwei Wochen, innerhalb derer die versäumte Rechtshandlung – die Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 14. September 2020 (dem Antragsteller zugestellt am 17.9.2020) oder jedenfalls ein Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine noch einzulegende Beschwerde gegen diesen Beschluss – nachzuholen gewesen wäre, war am Montag, den 19. Oktober 2020 beendet. Ein entsprechendes Schreiben des Antragstellers, das vom 20. Oktober 2020 datiert, ging jedoch erst am 26. Oktober 2020 und damit nach Ablauf der Frist am 19. Oktober 2020 ein.
Soweit der Antragsteller Einwendungen gegen die Wirksamkeit der „Schriftstücke des Rundfunkbeitrags“ erhebt, können diese nicht Gegenstand einer Anhörungsrüge sein. Sie zielen in Wirklichkeit auf die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 14. September 2020. Damit lässt sich eine Anhörungsrüge beim Verwaltungsgerichtshof nach § 152a Abs. 1 VwGO nicht begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Obwohl das originäre Prozesskostenhilfeverfahren vom Gesetzgeber kostenfrei gestellt ist, besteht kein Anlass, diese Kostenfreiheit auch auf erfolglose Rechtsbehelfe in Prozesskostenhilfesachen zu erstrecken (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2019 – 10 C 19.614 – juris Rn. 7). Der Gesetzgeber hat nämlich das Anhörungsrügeverfahren kostenrechtlich verselbständigt, ohne hiervon Prozesskostenhilfeangelegenheiten auszunehmen. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Festgebühr anfällt.


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