Kosten- und Gebührenrecht

Baugenehmigung für den Umbau eines Hotels; hier: Streitwertbeschwerde

Aktenzeichen  9 C 20.1774

Datum:
11.11.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 32762
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 52 Abs. 1, § 66 Abs. 3 S. 1, S. 2, Abs. 6 S. 1, § 68 Abs. 1 S. 5
RVG § 32 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Der Ansatz des zehnten Teils der im Bauantrag angegebenen Baukosten bei einer Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung als Streitwert ist angemessen und steht mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Einklang. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Grundsätzlich ist auch bei einer Untätigkeitsklage bei der Streitwertbemessung nach § 52 Abs. 1 GKG nur die Bedeutung der Sache für den Kläger zu berücksichtigen, wie sie aus seinem Antrag ersichtlich ist. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 17 K 19.2078 2020-03-12 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

Die Beschwerde wird, soweit ihr das Verwaltungsgericht nicht mit Beschluss vom 20. Juli 2020 abgeholfen hat, zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die Klägerinnen begehrten mit ihrer Untätigkeitsklage (AN 17 K 19.2078) die Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau eines Hotels (Umnutzung einzelner Räume, Anbau von 2 Fluchttreppen; Änderung der Anordnung der Stellplätze). Nachdem die Beklagte die beantragte Baugenehmigung erteilte, erklärten die Klägerinnen und die Beklagte die Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Das Verwaltungsgericht stellte daraufhin das Klageverfahren mit Beschluss vom 12. März 2020 ein, erlegte der Beklagten die Verfahrenskosten auf und setzte einen Streitwert von 25.000,00 Euro fest. Zur Begründung der Streitwertfestsetzung führte es an, dass es sich bei dem Hotel um ein mittelgroßes Gewerbe handele, dass für das Bauvorhaben im Bauantrag Baukosten von 285.000,00 Euro angegeben und Gegenstand der Baugenehmigung keine grundlegenden Umbauten seien.
Der durch die Bevollmächtigten der Klägerinnen mit Schriftsatz vom 6. April 2020 eingelegten Beschwerde mit dem Ziel, den Streitwert auf 50.000,00 Euro zu erhöhen, half das Verwaltungsgericht teilweise ab. Mit Beschluss vom 20. Juli 2020 setzte es den Streitwert auf 28.500,00 Euro fest.
Zur Begründung der Streitwertbeschwerde trugen die Bevollmächtigten der Klägerinnen vor, bereits für ein Einfamilienhaus seien nach dem Streitwertkatalog 20.000,00 Euro anzusetzen; für sonstige gewerbliche Anlagen sei je nach Einzelfall auf den Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten oder Bodenwertsteigerung abzustellen. Für gewerbliche Bauten seien höhere Streitwerte als im privaten Bereich festzusetzen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der streitgegenständliche Umbau der Erfüllung des Brandschutzes diene, wovon der Gesamtbetrieb des Hotels abhänge. Im Rahmen des Brandschutzkonzepts würden auch zwei Fluchttreppen eingebaut, die für das gesamte Hotel maßgeblich seien. Es seien Baukosten von 285.000,00 Euro veranschlagt. Den Klägerinnen sei außerdem wirtschaftlicher Schaden durch die verzögerte Erteilung der Baugenehmigung, insbesondere durch Mehrkosten für Handwerker und Architekt wegen verlängerter Bauzeit und Behinderungen aufgrund eingetretener Unterbrechungen entstanden.
Die Beklagte äußerte sich nicht.
II.
Über die Streitwertbeschwerde entscheidet, soweit das Verwaltungsgericht ihr nicht abgeholfen und sie dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt hat (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GKG), nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG der Berichterstatter als Einzelrichter. Die Streitwertbeschwerde hat über die Teilabhilfe durch das Verwaltungsgericht hinaus keinen Erfolg.
Die mit dem Ziel der Erhöhung des Streitwertes auf insgesamt 50.000,00 Euro eingelegte Beschwerde, die nach Auslegung des Beschwerdeschriftsatzes vom 6. April 2020 als Beschwerde im eigenen Namen der Bevollmächtigten der Klägerinnen gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG aufzufassen ist (vgl. BayVGH, B.v. 19.6.2019 – 11 C 19.1043 – juris Rn. 1; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl. 2019, § 32 Rn. 127; Enders in Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl. 2017, § 32 Rn. 18), hat das Verwaltungsgericht zwar zutreffend als zulässig angesehen, sie ist über die Teilabhilfe hinaus aber nicht begründet.
Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Der Senat legt hierbei regelmäßig den jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zugrunde, derzeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 (Streitwertkatalog).
Nach Nr. 9.1.2.6 des Streitwertkatalogs ist der Streitwert bei Klagen auf die Erteilung einer Baugenehmigung für sonstige, nicht unter 9.1 aufgezählte bauliche Anlagen je nach Einzelfall nach einem Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten oder Bodenwertsteigerung zu bemessen. Dem wird das Verwaltungsgericht hier mit der Festsetzung eines Streitwertes von 28.500,00 Euro im Wege der Teilabhilfe gerecht. Der Betrag entspricht dem zehnten Teil der sowohl im Bauantrag als auch im Rahmen der Beschwerde von den Bevollmächtigten der Klägerinnen angegebenen Baukosten von 285.000,00 Euro und steht mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Bestimmung eines angemessenen Bruchteils im Einklang (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.8.2017 – 15 ZB 16.940 – juris Rn. 19 und B.v. 17.11.2016 – 15 ZB 15.469 – juris Rn. 22 sowie die betreffenden erstinstanzlichen Entscheidungen; B.v. 17.11.2016 – 15 ZB 15.468 – juris Rn. 20 betreffend den Neubau einer Hotelresidenz für Senioren; B.v. 29.9.2014 – 9 ZB 11.1122 – juris Rn. 19; B.v. 15.12.2010 – 9 ZB 09.1779 – juris Rn. 13). Es besteht auch keine Diskrepanz zu dem von den Bevollmächtigten der Klägerinnen angesprochenen Wert unter Nr. 9.1.1.1 des Streitwertkatalogs, der eine Empfehlung für eine Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für ein Einfamilienhaus und damit grundsätzlich für dessen Neuerrichtung darstellt.
Dafür, dass die Bedeutung der Baugenehmigung für die Klägerinnen die Festsetzung eines höheren Bruchteils gebieten würde oder auf das geschätzte wirtschaftliche Interesse bzw. auf den Jahresnutzwert des Hotels abzustellen wäre (vgl. Vorbemerkung zu Nr. 9 des Streitwertkatalogs), spricht auch nicht, dass mit den zum Teil nachträglich beantragten und genehmigten Umbaumaßnahmen zugleich der nach der baulichen Gestaltung des Hotels in seiner Gesamtheit erforderliche aktualisierte Brandschutznachweis erbracht werden sollte. Abgesehen davon, dass nach Aktenlage nicht ersichtlich ist, dass eine Einstellung des fortlaufenden Hotelbetriebs, also eine Nutzungsuntersagung, überhaupt im Raum gestanden hätte, lassen sich dem Beschwerdevorbringen, ein Streitwert von 50.000,00 Euro spiegele die Bedeutung der streitgegenständlichen Genehmigung für die Klägerinnen wieder, auch keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für die Bemessung eines entsprechenden höheren wirtschaftlichen Interesses entnehmen (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2020 – 9 C 20.215 – juris Rn. 6).
Schließlich ist auch der Einwand, die Klägerinnen hätten infolge der verzögerten Erteilung der Baugenehmigung wirtschaftlichen Schaden erlitten, unbehelflich. Grundsätzlich ist auch bei einer Untätigkeitsklage – wie hier – bei der Streitwertbemessung nach § 52 Abs. 1 GKG nur die Bedeutung für den Kläger zu berücksichtigen, wie sie aus seinem Antrag ersichtlich ist (vgl. NdsOVG, B.v. 1.8.2018 – 13 OA 279/18 – juris Rn. 4 m.w.N.; Toissant in BeckOK KostR, GKG, Stand 1.6.2020, § 52 Rn. 9a). Maßgeblich ist somit das Interesse der Klägerinnen am Erlass der beantragten Baugenehmigung bzw. der wirtschaftliche Inhalt dieser angestrebten Regelung (Dörndorfer in Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, 4. Aufl. 2019, § 52 Rn. 3 f.). Der behauptete wirtschaftliche Schaden ist darüber hinaus auch nicht beziffert worden.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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