Kosten- und Gebührenrecht

Keine Beschwer der Partei selbst gegen zu niedrige Streitwertfestsetzung

Aktenzeichen  43 T 6/19 WEG

Datum:
21.1.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 12040
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 68
ZPO § 319 Abs. 1, Abs. 3

 

Leitsatz

1. Eine Streitwertänderung führt nicht automatisch dazu, dass sich die im Urteil festgelegte Kostenquote ändert. Vielmehr bleibt die rechtskräftige Kostenentscheidung unverändert bestehen und kann auch nicht über § 319 ZPO geändert werden, so dass der Partei selbst ein rechtliches Interesse an einer Streitänderung nach oben fehlt, da dies zu eiern Erhöhung der Kostenlast für sie führen kann. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

30 C 2358/17 WEG 2018-11-15 Bes AGWUERZBURG AG Würzburg

Tenor

1. Die Beschwerde der Kläger vom 07.01.2019 gegen den Streitwertbeschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 15.11.2018 (Az.: 30 C 2358/17 WEG) wird als unzulässig verworfen.
2. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 789,61 € festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Mit Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 15.11.2018 (Bl. 265 f. d.A.) wurde einer mehrere Beschlüsse der Eigentümerversammlung angreifende Klage der Kläger zum Teil stattgegeben, zum Teil wurde sie abgewiesen – hierbei bildete das Amtsgericht eine Kostenquote von 82% -18%, die sich an der Streitwertfestsetzung über 14.723,73 € vom gleichen Tag (Bl. 266 d.A.) und den Anteilen am Obsiegen und Unterliegen orientierte.
Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Mit Streitwertbeschwerde vom 07.01.2019 (Bl. 289 f. d.A.) beantragten die rechtsanwaltlich vertretenen Kläger – ausdrücklich in eigenem Namen – den Streitwert auf 20.723,73 € festzusetzen, wobei sie zu den Einzelstreitwerten ausführen. Die Kläger sind der Meinung die Streitwertbeschwerde sei ausnahmsweise auch bei einer angestrebten Erhöhung des Streitwertes zulässig, weil die sich dann ergebende neue Kostenquote bei den neu zu berechnenden Kosten des Rechtsstreits für sie zu einer Entlastung von 789,61 € führe.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 08.01.2019 (Bl. 292 f. d.A.) nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde der Kläger war als unzulässig zu verwerfen.
Den Klägern fehlt es an einer Beschwer, weil sie kein rechtliches Interesse an einer höheren Streitwertfestsetzung haben.
Die Prozesspartei selbst kann sich grundsätzlich nur über eine zu hohe Wertfestsetzung beschweren (vgl. BGH NJW-RR 86, 737; OLG Brandenburg, MDR 05, 47; OLG Koblenz, Juristisches Büro 02, 310; Hartmann, Kostengesetze, 39. Auflage, § 68 GKG Rdn. 5 m.w.N.).
Der von den Klägern zitierte Ausnahmefall nach der Rechtsprechung des OVG Niedersachsen, Beschluss vom 24.05.2011 – 10 OA 32/11 = zitiert nach juris – wonach ein nicht kostenpflichtiger, obsiegender Verfahrensbeteiligter beschwert sein kann, wenn er mit seinem Prozessbevollmächtigten eine höhere Honorar- bzw. Streitwertvereinbarung getroffen hat und die unzutreffende Streitwertfestsetzung daher zu einer geringeren Kostenerstattung durch den Kostenpflichtigen führt – liegt ersichtlich nicht vor.
Ein Bedürfnis, diese Ausnahmekonstellation auf den gegebenen Fall zu erstrecken besteht schon deshalb nicht, weil die Streitwertänderung nicht im Sinne eines Automatismus auch dazu führt, dass sich die im Urteil festgelegte Kostenquote ändert – wovon die Beschwerdeführer anscheinend ausgehen. Vielmehr bleibt die Kostenquote zunächst unverändert bestehen und kann – was indes streitig ist – allenfalls nach § 319 Abs. 1 ZPO an das nunmehrige Obsiegens und Unterliegensverhältnis angepasst werden (vgl. hierzu Zöller – Vollkommer, ZPO -Kommentar, 32. Aufl. 2019, § 319 Rn. 18).
Nachdem jedoch die höchstgerichtliche Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 30.07.2008 – II ZB 40/07 = MDR 2008, 1292) die Korrektur einer rechtskräftigen Kostengrundentscheidung gemäß § 319 Abs. 1 ZPO nach Änderung des Streitwertes ausdrücklich ablehnt und gegen eine den noch zu stellenden Antrag auf Berichtigung des Urteils zurückweisende Entscheidung des Amtsgerichts gemäß § 319 Abs. 3 ZPO kein Rechtsmittel stattfindet, würde eine Streitwertänderung im für die Kläger ungünstigsten – und angesichts der klaren Rechtsprechung des BGH wahrscheinlichsten – Fall zu einer Erhöhung von Streitwert und Kostenlast führen. Daran haben sie jedoch kein rechtliches Interesse.
Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 68 Abs. 3 GKG). Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
IV.
Die weitere Beschwerde ist nicht zuzulassen, da die Angelegenheit keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 ZPO i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 4 GKG).
V.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 789,61 € festgesetzt.


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