Kosten- und Gebührenrecht

Kosten der Anwesenheit eines Privatgutachters im Termin im Verfügungsverfahren

Aktenzeichen  3 W 7/19

Datum:
30.1.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17326
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1 Die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens richtet sich danach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte (ebenso BGH BeckRS 2012, 6072 Rn. 12). (Rn. 9 – 10) (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Hinblick auf die Kostenerstattung ist die Anwesenheit des Privatgutachters in einem Termin im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht sachdienlich, wenn sein schriftliches Gutachten zur Glaubhaftmachung ausreicht, insbesondere wenn es ausführlich ist, der Gegner nur pauschal bestreitet und weiterer Aufklärungsbedarf nicht erkennbar ist. (Rn. 12 – 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

34 O 227/18 2018-12-19 Bes LGBAYREUTH LG Bayreuth

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 19.12.2018, Az. 34 O 227/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.149,54 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1. In dem vor dem Landgericht Bayreuth unter dem Aktenzeichen 34 O 227/18 geführten Verfahren begehrte der Verfügungskläger (Im Folgenden: Beschwerdegegner) die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Eintragung einer Sicherungshypothek in Höhe von 32.000,00 €. Diesen leitete der Beschwerdegegner aus einer Forderung auf Restwerklohn für die Lieferung und Durchführung der Verblendung einer Gebäudefassade ab.
Das Amtsgericht Bayreuth erließ am 14.03.2018 die beantragte einstweilige Verfügung. Hiergegen richtete sich der am 16.04.2018 erhobene Widerspruch des Verfügungsbeklagten (Im Folgenden: Beschwerdeführer). Er behauptete hierbei, dass aufgrund der Mangelhaftigkeit der Werkleistung dem Beschwerdegegner der geltend gemachte Restwerklohn nicht zustehe. Das Landgericht setzte daraufhin Termin zur mündlichen Verhandlung für den 07.06.2018 fest.
Am 01.06.2018 legte der Beschwerdeführer ein Privatgutachten des Sachverständigen A. vom 31.05.2018 vor. Darin stellte der Privatgutachter erhebliche, im Einzelnen beschriebene Mängel an der Werkleistung des Beschwerdegegners fest. Der Privatgutachter bezifferte die Sanierungskosten auf ca. 283.000,00 €. Der Beschwerdegegner nahm hierzu mit Schriftsatz vom 06.06.2018 im Wesentlichen in der Weise Stellung, dass die Mängel bestritten würden.
In der mündlichen Verhandlung vom 07.06.2018 war der Privatgutachter auf Wunsch des Beschwerdeführers anwesend. Zu einer Vernehmung kam es nicht. Vielmehr nahm der Beschwerdegegner den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung nach Hinweis des Landgerichts auf das Privatgutachten zurück. Das Landgericht legte daraufhin dem Beschwerdegegner die Kosten des Verfahrens auf.
2. Mit dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.12.2018 setzte das Landgericht Bayreuth die vom Beschwerdegegner zu tragenden außergerichtlichen „Privatkosten“ auf 6.041,63 € fest. Nicht berücksichtigt hatte das Landgericht Kosten in Höhe von 1.149,00 €, die dem Beschwerdeführer für die Anwesenheit des Privatgutachters im Verhandlungstermin vom 07.06.2018 erwachsen waren. Dass Landgericht führte hierzu aus, dass dieser nicht geladen worden sei. Es sei dem Beschwerdeführer zuzumuten gewesen, den Ausgang des Termins abzuwarten. Dieser Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 02.01.2019 zugestellt.
3. Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer am 16.01.2019 sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren eine Beweisaufnahme nur durch präsente Beweismittel hätte erfolgen dürfen. Ein Zuwarten des Beschwerdeführers sei diesem daher nicht möglich gewesen. Zur optimalen Wahrnehmung seiner Rechte sei es daher notwendig gewesen, dass der Beschwerdeführer den Privatgutachter als sachverständigen Zeugen mitgebracht habe.
4. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 12.01.2019 nicht abgeholfen. Dem Landgericht hätten das Gutachten und die Lichtbilder als präsente Beweismittel vorgelegen. Damit sei bereits vor dem Termin am 07.06.2018 erkennbar gewesen, dass diese Beweismittel ausreichend sein würden.
II.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig (§§ 104ff., 567ff. ZPO). Sie ist allerdings in der Sache unbegründet.
1. Zu den von der unterlegenen Partei im Rechtsstreit zu tragenden Kosten gehören auch die Kosten, die dem Prozessgegner erwachsen sind, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Dies ist aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei zu beurteilen. Es muss sich also um Kosten handeln, die eine verständige Partei unter Berücksichtigung der objektiv gegebenen Prozesslage sinnvollerweise aufwendet, um den von ihr verfolgten Zweck des Obsiegens zu erreichen. Die Beurteilung dieser Frage hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte (BGH NJW 2012, 1370).
Diese Grundsätze sind auch auf die Erstattung von Kosten eines während des laufenden Verfahrens erholten und verwendeten Privatgutachtens anzuwenden (BGH a.a.O., BGH NJW 1990, 122). Gerade im Fall des vorläufigen Rechtsschutzes ist eine effektive Rechtsverteidigung ohne ein vom Gericht zu erholendes Sachverständigengutachten gerade bei einem sachkundigen Gegner oft nicht möglich (OLG Bamberg NZBau 2011, 35).
2. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Landgericht zunächst in dem angegriffenen Beschluss zutreffend die dem Beklagten durch die Beauftragung des Privatgutachters zwar dem Grunde nach für erstattungsfähig erachtet. Zu Recht hat das Landgericht allerdings die Kosten für die Anwesenheit des Privatgutachters im Termin hiervon ausgenommen. Dem schließt sich das Beschwerdegericht an.
Auch das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten für die Anwesenheit des Privatgutachters im Termin nicht aufgewendet hätte. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren nur eine summarische Prüfung erfolgt und die behaupteten Tatsachen nicht in vollem Umfang bewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht werden müssen. Die Glaubhaftmachung der seitens des Beschwerdeführers behaupteten Mängel ist anhand des vom Privatgutachter erstellten Gutachtens erfolgt. Dort hat der Privatgutachter anhand von nicht weniger als 99 Fotos die von ihm festgestellten Mängel an der Werkleistung des Beschwerdegegners aufgezeigt und im Detail beschrieben. Unterlegt ist das Gutachten noch mit einem Materialuntersuchungsbericht 3 w 7/19 – Seite 4 und einer Schätzung der Kosten für die Sanierung von ca. 283.000,00 €. Die dagegen im Vorfeld erhobenen Einwendungen des Beschwerdegegners beschränkten sich im Wesentlichen auf ein pauschales Bestreiten der Mangelhaftigkeit.
In dieser Prozesssituation musste eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei davon ausgehen, dass das erkennende Gericht eine Vernehmung des Privatgutachters als sachverständiger Zeuge nicht anordnen wird. Die behaupteten Mängel sowie die Kosten, die die Forderung des Beschwerdegegners bei Weitem überstiegen, waren hinreichend dargelegt. Einwendungen des Beschwerdegegners, die die glaubhaft gemachten Tatsachen jedenfalls soweit in Frage gestellt hätten, dass noch Raum für einen zu sichernden Anspruch geblieben wäre, lagen nicht vor. Weiterer Aufklärungsbedarf, der durch die Vernehmung des Privatgutachters hätte gelöst werden können, war nicht erkennbar und wird vom Beschwerdeführer auch nicht konkret vorgetragen. Deshalb gab es für den Beschwerdeführer als verständig und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei auch keinen Anlass, die Kosten für die Anwesenheit des Privatgutachters im Termin aufzuwenden.
Daher muss die sofortige Beschwerde ohne Erfolg bleiben.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
2. Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 3 ZPO.
3. Einer Übertragung der Sache auf den Senat nach § 568 Abs. 1 S. 2 ZPO zum Zwecke der Zulassung der Rechtsbeschwerde war mangels grundsätzlicher Bedeutung nicht geboten. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, da das Beschwerdegericht nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder anderer Oberlandesgerichte abweicht.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben