Kosten- und Gebührenrecht

Streitwertfestsetzung bei Nachbarklage

Aktenzeichen  9 B 18.2679

Datum:
22.10.2020
Fundstelle:
BayVBl – 2021, 568
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 92 Abs. 2, § 106, § 152 Abs. 1, § 161 Abs. 2
GKG § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 71 Abs. 1

 

Leitsatz

Eine Überschreiten des Richtwertes des Streitwertkatalogs 2004 kommt in Betracht, wenn sich die Nachbarklage gegen ein Vorhaben mit deutlich größeren Auswirkungen richtet oder die Kläger besonderen Beeinträchtigungen ausgesetzt sind (Ebenso BayVGH BeckRS 2012, 25809). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 9 K 11.2103 2012-03-21 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der gerichtliche Vergleichsvorschlag vom 9. September 2020 ist mit Annahme durch sämtliche Beteiligten am 8. Oktober 2020 wirksam geworden. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 21. März 2012 ist wirkungslos geworden. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Von den Gerichtskosten beider Instanzen tragen die Kläger als Gesamtschuldner, der Beklagte und die Beigeladene jeweils ein Drittel. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zum Vergleichsabschluss auf 40.000,– Euro festgesetzt; für den Abschluss des Vergleichs wird der Streitwert auf 60.000,– Euro festgesetzt.

Gründe

Der Beigeladene hat mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 28. September 2020, eingegangen beim Verwaltungsgerichtshof am 29. September 2020, die Kläger haben mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 6. Oktober 2020, eingegangen beim Verwaltungsgerichtshof am selben Tag, und der Beklagte hat mit am 8. Oktober beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag, den durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 9. September 2020 vorgeschlagenen Vergleich jeweils angenommen. Damit ist der Vergleich mit dem vorgeschlagenen Inhalt am 8. Oktober 2020 wirksam zustande gekommen (§ 106 Satz 2 VwGO) und das Verfahren beendet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 21. März 2012 ist wirkungslos geworden (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entsprechend) und das Verfahren war in analoger Anwendung von § 92 Abs. 2 VwGO (deklaratorisch) einzustellen.
Der gerichtliche Vergleichsvorschlag vom 9. September 2020 ist diesem Beschluss als Anlage beigefügt.
Über die Kosten des Berufungsverfahrens ist nach Nr. I. 10 des gerichtlichen Vergleichsvorschlags vom 9. September 2020 nach billigem Ermessen des Gerichts entsprechend § 161 Abs. 2 VwGO zu entscheiden. Aufgrund der Wirkungslosigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 21. März 2012 ist über die Kosten beider Instanzen zu entscheiden. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht es billigem Ermessen, jedem Beteiligten ein Drittel der Gerichtskosten aufzuerlegen. Zwar haben Beklagter und Beigeladener den angefochtenen Bescheid vom 28. Oktober 2011 verteidigt, die Interessenlage ist jedoch auch zwischen diesen Beteiligten im Hinblick auf immissionsschutzrechtliche Anforderungen unterschiedlich zu beurteilen, so dass insgesamt eine Drittelung der Gerichtskosten billig erscheint. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten erscheint es hier auch im Rahmen des § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen sachgerecht, sich an § 160 Satz 2 VwGO zu orientieren, so dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden. Zwar wurde auf Seiten der Kläger weder eine konkrete Grundstückswertminderung (vgl. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004) noch ein konkreter wirtschaftlicher Schaden (vgl. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013) dargelegt, ein Überschreiten des Richtwertes in Höhe von 7.500,– Euro des Streitwertkatalogs 2004, an dem sich der Senat hier im Hinblick auf § 71 Abs. 1 GKG orientiert (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2015 – 15 C 14.508 – juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 3.12.2015 – 8 S 1531/14 – juris Rn. 72), kommt jedoch insbesondere in Betracht, wenn sich die Nachbarklage gegen ein Vorhaben mit deutlich größeren Auswirkungen richtet (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris Rn. 2, 36) oder die Kläger besonderen Beeinträchtigungen ausgesetzt sind (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2012 – 14 C 11.2017 – juris Rn. 3), was hier in Form von Erschütterungen durch ein Sägewerk auf zwei unterschiedliche Wohngebäude der Kläger der Fall ist.
Der gerichtliche Vergleichsvorschlag vom 9. September 2020 enthält zudem die Einigung in zwei weiteren, vor dem Verwaltungsgericht anhängigen Nachbarklagen der Beteiligten und kommt darüber hinaus dem eigentlichen Interesse der Kläger auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Betrieb des Beigeladenen näher. Insoweit erscheint es angemessen für die beiden weiteren Verfahren jeweils einen Streitwert von weiteren 7.500,– Euro sowie für die mit der verfahrensgegenständlichen Klage nicht unmittelbar zu erzielenden weiteren Regelungen einen Streitwert in Höhe von 5.000,– Euro festzusetzen. Hieraus ergibt sich sodann ein Vergleichsmehrwert in Höhe 20.000,– Euro und ein Streitwert für den Vergleichsabschluss in Höhe von 60.000,– Euro.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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