Kosten- und Gebührenrecht

Streitwertfestsetzung zur vorläufigen Sicherung eines Überschwemmungsgebiets

Aktenzeichen  8 C 18.456

Datum:
8.1.2019
Fundstelle:
LSK – 2019, 1051
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 52 Abs. 1, § 66, § 68
WHG § 76 Abs. 3
BayWG Art. 47 Abs. 4
BauGB § 14

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 2 K 17.5690 2018-01-15 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Streitwertfestsetzung in Ziffer III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 15. Januar 2018 wird geändert.
Der Streitwert wird auf 30.000 € festgesetzt.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
Der Kläger, eine Marktgemeinde, wandte sich mit seiner Klage gegen die Bekanntmachung zur vorläufigen Sicherung eines Überschwemmungsgebiets, von dem auch sein Gemeindegebiet erfasst wurde. Mit Beschluss vom 15. Januar 2018 hat das Verwaltungsgericht München aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten das Verfahren eingestellt und den Streitwert auf 15.000 € festgesetzt.
Gegen diese Streitwertfestsetzung wendet sich der Kläger mit der Beschwerde. Er ist der Auffassung, der Streitwert müsse auf 60.000 € festgesetzt werden, weil es um die Klage einer Gemeinde gehe und hierfür in Nr. 2.3, 9.8.3, 11.3, 19.3 und 34.3 des Streitwertkatalogs jeweils ein Betrag von 60.000 € angesetzt sei.
Das Verwaltungsgericht half der Beschwerde unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung nicht ab. Anders als etwa bei Planfeststellungsbeschlüssen gehe bei der vorläufigen Sicherung von Überschwemmungsgebieten wegen der regelmäßigen zeitlichen Befristung auf höchstens fünf Jahre typischerweise keine dauerhafte und schwerwiegende Beeinträchtigung des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung einher.
II.
Über die Streitwertbeschwerde entscheidet der Senat durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin, weil auch die angefochtene Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts durch den Einzelrichter erlassen wurde (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 2 GKG).
Die nach § 68 Abs. 1 GKG zulässige Streitwertbeschwerde hat teilweise Erfolg. Der vom Verwaltungsgericht festgesetzte Streitwert in Höhe von 15.000 € ist zu niedrig. Angemessen erscheint ein Betrag vom 30.000 €. Hinsichtlich des darüber hinaus gehenden Betrags ist die Beschwerde unbegründet.
Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgebend ist grundsätzlich der wirtschaftliche Wert des Klageziels, das der Kläger mit seinem Antrag unmittelbar erreichen will (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.1995 – 1 B 205/93 – NVwZ 1995, 473 zu § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a. F.). Wird – wie im vorliegenden Fall – die Klage auf eine Beeinträchtigung der durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten kommunalen Selbstverwaltung (Planungshoheit) gestützt, ist für die Bemessung der Höhe des Streitwerts eine Bewertung dieses Interesses vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 19.5.2010 – 1 B 10.248 – BayVBl. 2011, 94 = juris LS und Rn. 19). Mit der Befugnis, den Streitwert nach richterlichem Ermessen zu bestimmen, ist dem Gericht dabei die Möglichkeit eingeräumt, den Wert des Streitgegenstands zu schätzen und sich einer Schematisierung und Typisierung zu bedienen. Allerdings ist das Gericht aus Gründen der Gleichbehandlung und Rechtssicherheit zu einer sachlich begründeten, gleichförmigen Auslegung des § 52 Abs. 1 GKG entsprechend seiner bisherigen oder einer allgemeinen Praxis der Verwaltungsgerichte verpflichtet (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2014 – 15 C 14.1293 – juris Rn. 5 m.w.N.).
Der Senat orientiert sich bei der Festsetzung des Streitwerts regelmäßig an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.). Darin wird unter Nr. 2.3, 9.8.3, 11.3, 19.3 und 34.3 für das immaterielle Interesse von Gemeinden wegen einer Beeinträchtigung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts in Verfahren gegen abfall-, berg-, immissionsschutz- oder sonstige planfeststellungsrechtliche Vorhaben oder gegen Bebauungspläne ein Wert von 60.000 € vorgeschlagen. Auch im vorliegenden Fall hat der Kläger wegen der mit der vorläufigen Sicherung des Überschwemmungsgebiets verbundenen Rechtswirkungen, die unter anderem in einem Verbot zur Ausweisung von neuen Baugebieten in Bauleitplänen besteht, eine Beeinträchtigung seiner kommunalen Selbstverwaltung geltend gemacht. Eine Anlehnung an die Streitwerte in den genannten Verfahren erscheint hier dennoch nicht sachgerecht, weil diese Vorhaben mit der vorläufigen Sicherung eines Überschwemmungsgebiets wegen der zeitlichen Befristung auf regelmäßig fünf Jahre (vgl. § 76 Abs. 3 WHG i.V. mit Art. 47 Abs. 4 BayWG) hinsichtlich ihrer Auswirkungen nicht vergleichbar sind. Allerdings ähneln sie in ihren Wirkungen – unabhängig davon, ob es sich bei der vorläufigen Sicherung eines Überschwemmungsgebiets um einen Verwaltungsakt oder um eine Rechtsnorm handelt – einer Veränderungssperre zur Sicherung einer Bauleitplanung nach § 14 BauGB (ebenso Zloch in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 76 Rn. 34). Auch diese dient der Sicherung einer Planung und ist in ihrer Geltungsdauer beschränkt (vgl. § 17 BauGB). Für die Normenkontrolle gegen eine Veränderungssperre empfiehlt der Streitwertkatalog in Nr. 9.8.4 eine Wertfestsetzung in Höhe von 30.000 €. Auch wenn diese Regelung hier nicht unmittelbar einschlägig ist, gibt sie doch einen gewissen Anhaltspunkt für die Angemessenheit des Streitwerts bei gemeindlichen Klagen gegen die vorläufige Sicherung eines Überschwemmungsgebiets. Dem entspricht die Änderung der Streitwertfestsetzung.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren über die Streitwertbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG). Kosten der Beteiligten werden gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG nicht erstattet. Demnach erübrigt sich auch die Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren.
Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, § 152 Abs. 1 VwGO).


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