Medizinrecht

2G-Plus-Zugangsbeschränkungen für Spielhallen während der sog. 4. Welle der Coronapandemie

Aktenzeichen  3 EN 752/21

Datum:
22.12.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Thüringer Oberverwaltungsgericht 3. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGTH:2021:1222.3EN752.21.00
Normen:
Art 2 Abs 1 GG
Art 3 GG
Art 12 GG
Art 14 GG
§ 28 Abs 1 IfSG
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Spruchkörper:
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Leitsatz

1. Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Corona-Pandemie und damit die Gefahr der Verbreitung von COVID 19 trotz des Auslaufens der vom Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite weiterhin besteht; die Pandemie ist in Thüringen derzeit durch ein dramatisches Infektionsgeschehen gekennzeichnet.(Rn.33)
2. Der Verordnungsgeber verfolgt mit der Thüringer SARS CoV 2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 24. November 2021 (juris: CoronaVInfSchV TH) legitime Ziele des Gesundheitsschutzes insbesondere die Abwendung einer – teilweise bereits eingetretenen – Überlastung des Gesundheitssystems.(Rn.40)
3. In Abwägung unterschiedlichen Gefährdungslagen und Grundrechtseingriffe hat der Thüringer Verordnungsgeber mit der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-MaßnahmenVO (juris: CoronaVInfSchV TH) ein differenziertes System unterschiedlicher Kontaktbeschränkungen geschaffen.(Rn.46)
4. Die Regelung der 2G-Plus-Zugangsbeschränkung für Spielhallen stellt sich angesichts der dramatischen Infektionsentwicklung in Thüringen nach einer summarischen Bewertung als verhältnismäßig dar.(Rn.53)
5. Die Klärung der Frage der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung verschiedener Bereiche des täglichen Lebens aufgrund der Anwendung unterschiedlicher Maßnahmen von Kontaktbeschränkungen muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Eine Rechtfertigung der vom Verordnungsgeber vorgenommenen Differenzierung ist jedenfalls nicht von vorneherein ausgeschlossen. Hinsichtlich der Bestimmung der Bereiche, in denen die 2G- oder die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung gelten sollen, kann neben der typischen Infektionsgefahr auch die spezifische Relevanz des jeweiligen Lebensbereichs für die Versorgung der Bevölkerung mit Dienstleistungen und Gütern des Alltagsbedarfs als weiterer Differenzierungsaspekt zu berücksichtigen sein.(Rn.69)

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Außervollzugsetzung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung, soweit danach in Spielhallen die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung (Zutritt für geimpfte und genesene Personen mit Nachweis eines negativen Testergebnisses) gilt und diese in der Zeit von 22:00 Uhr bis 05:00 Uhr zu schließen sind.
Die Antragstellerin betreibt nach ihren Angaben in Thüringen eine Vielzahl von Spielhallen mit Geldspielgeräten nach den Vorgaben der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (SpielV). Die Spielhallen hätten regelmäßig eine Grundfläche von 150 m², auf der höchstens 12 Geldspielgeräte für insgesamt 12 Spielergäste aufgestellt seien. Die Geräte seien in Zweiergruppen jeweils mit einem Abstand von 3 m aufgestellt und mit Plexiglas voneinander getrennt. Die Spielhallen seien von 09:00 Uhr vormittags bis 01:00 Uhr in der Nacht geöffnet, wobei der hauptsächliche Spielbetrieb ab 19:00 Uhr und nochmals gesteigert ab 22:00 Uhr stattfände.
Die Thüringer Landesregierung erließ am 24. November 2021 in Ablösung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 30. Juni 2021 (GVBl. S. 279), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 29. Oktober 2021 (GVBl. S. 537) eine erneute Thüringer Verordnung zur Regelung infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung – ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO -), die zunächst im Wege einer Notveröffentlichung nach § 9 Verkündungsgesetz noch am selben Tag auf der Internetseite des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (https://www.tmasgff.de/covid-19/rechtsgrundlage) und sodann am 2. Dezember 2021 im Gesetz- und Verordnungsblatt (S. 565 ff.) veröffentlicht wurde. Nach § 39 Abs. 1 trat diese Verordnung am 24. November 2021 um 23:59 Uhr in Kraft und mit Ablauf des 21. Dezember 2021 außer Kraft. Nach einer Änderung durch Art. 2 der Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Thüringer Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz sowie der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionschutz-Maßnahmenverordnung vom 14. Dezember 2021 (GVBl S. 586) wurde die Rechtsverordnung durch die im Wege der Notveröffentlichung nach § 9 Verkündungsgesetz veröffentlichte Erste Verordnung zur Änderung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 17. Dezember 2021 der Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie sowie mit deren Einverständnis des Thüringer Ministers für Bildung, Jugend und Sport erneut novelliert und hat, soweit im vorliegenden Streit erheblich, folgenden Wortlaut:
 § 2 Anwendungsvorrang, Begriffsbestimmungen
 …     
 (2) Im Sinne dieser Verordnung
 1. sind Symptome einer COVID-19-Erkrankung insbesondere ein akuter Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinns, Atemnot oder Fieber im Zusammenhang mit neu aufgetretenem Schnupfen oder Husten,
 2. ist die Sieben-Tage-Inzidenz die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 innerhalb eines Zeitraums von sieben Tagen bezogen auf 100 000 Einwohner; maßgeblich sind die ermittelten Zahlen des Landesamts für Verbraucherschutz,
 3. ist eine Mund-Nasen-Bedeckung eine Bedeckung von Mund und Nase nach § 6 Abs. 1,
 4. ist eine qualifizierte Gesichtsmaske eine medizinische Gesichtsmaske oder eine Atemschutzmaske nach § 6 Abs. 2,
 5. ist ein Antigenschnelltest eine durch einen infektionsschutzrechtlich befugten Dritten vorgenommene Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mittels Point-of-Care-Test (PoC-Test) oder ein vergleichbarer Test,
 6. ist ein PCR-Test eine Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik,
 7. sind alternative Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik zum Nachweis auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, die nicht bereits von Nummer 6 erfasst sind,
 8. ist ein Selbsttest eine Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mittels eines in Deutschland zertifizierten Antigenschnelltests zur Eigenanwendung durch medizinische Laien,
 9. ist eine Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 die Durchführung eines Tests durch In-vitro-Diagnostika, die für den direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 bestimmt sind und die aufgrund ihrer CE-Kennzeichnung oder aufgrund einer nach § 11 Abs. 1 des Medizinproduktegesetzes in der am 25. Mai 2021 geltenden Fassung erteilten Sonderzulassung verkehrsfähig sind, nach den Nummern 5 bis 8,
 10. ist die zuständige Behörde der örtlich zuständige Landkreis oder die örtlich zuständige kreisfreie Stadt als untere Gesundheitsbehörde nach § 2 Abs. 3 der Thüringer Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz (ThürIfSGZustVO) vom 2. März 2016 (GVBl. S. 155) in der jeweils geltenden Fassung,
 11. ist eine geimpfte Person eine asymptomatische Person, die im Besitz eines auf sie ausgestellten Impfnachweises ist,
 12. ist ein Impfnachweis ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens einer vollständigen Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn die zugrundeliegende Schutzimpfung mit einem oder mehreren vom Paul-Ehrlich-Institut der auf seiner Internetseite genannten Impfstoffe erfolgt ist und
 a) aus einer vom Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Internetseite veröffentlichten Anzahl von Impfstoffdosen, die für eine vollständige Schutzimpfung erforderlich ist, besteht und seit der letzten erforderlichen Einzelimpfung mindestens 14 Tage vergangen sind oder
 b) bei einer genesenen Person aus einer verabreichten Impfdosis besteht, auch wenn die nachgewiesene Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 länger als sechs Monate zurückliegt,
 13. gelten als genesene Personen diejenigen asymptomatischen Personen, die mittels
 a) eines positiven PCR-Testergebnisses oder
 b) einer ärztlichen oder behördlichen Bescheinigung, welche sich auf eine mittels PCR-Test bestätigte durchgemachte Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 stützt, eine mindestens 28 Tage und nicht länger als sechs Monate zurückliegende Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nachweisen können; die Bescheinigung nach Halbsatz 1 Buchst. b kann in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form ausgestellt sein,
 14. ist die 3G-Zugangsbeschränkung eine Beschränkung des Zugangs auf geimpfte Personen, genesene Personen und asymptomatische Personen, die den Nachweis eines negativen Ergebnisses einer Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nach Nummer 9 vorlegen, sowie Personen nach § 1 Abs. 4; die zugrundeliegende Testung darf bei einem Nachweis
 a) mittels eines Antigenschnelltests nicht länger als 24 Stunden,
 b) mittels eines PCR-Tests nicht länger als 48 Stunden oder
 c) mittels eines Tests mit einem alternativen Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren nicht länger als 24 Stunden
 zurückliegen,
 15. ist die 2G-Zugangsbeschränkung eine Beschränkung des Zugangs auf geimpfte Personen und genesene Personen sowie Personen nach § 13 Abs. 2,
 16. ist die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung eine Beschränkung des Zugangs auf geimpfte Personen und genesene Personen, die jeweils den Nachweis eines negativen Testergebnisses auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mittels eines in den Nummer 9 genannten Tests vorlegen, sowie Personen nach § 13 Abs. 2; die zugrundeliegende Testung darf bei einem Nachweis
 a) mittels eines Antigenschnelltests nicht länger als 24 Stunden,
 b) mittels eines PCR-Tests nicht länger als 48 Stunden oder
 c) mittels eines Tests mit einem alternativen Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren nicht länger als 24 Stunden
 zurückliegen,
 17. ist die 3G-Plus-Zugangsbeschränkung eine Beschränkung des Zugangs auf geimpfte Personen, genesene Personen und asymptomatische Personen, die den Nachweis eines negativen Testergebnisses auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mittels eines PCR-Tests oder eines Tests mit einem alternativen Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren vorlegen, sowie Personen nach § 13 Abs. 2; die zugrundeliegende Testung darf bei einem Nachweis
 a) mittels eines PCR-Tests nicht länger als 48 Stunden oder
 b) mittels eines Tests mit einem alternativen Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren nicht länger als 24 Stunden
 zurückliegen,
 18. sind Zugangsbeschränkungen die 3G-Zugangsbeschränkung nach Nummer 14, die 2G-Zugangsbeschränkung nach Nummer 15, die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung nach Nummer 16 und die 3G-Plus-Zugangsbeschränkung nach Nummer 17,
 19. ist der Frühwarnindikator die Sieben-Tage-Inzidenz nach Nummer 2 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt,
 20. ist der Schutzwert die Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz, die die Anzahl der nach Meldedatum erfassten stationären Neuaufnahmen an COVID-19 erkrankter Patienten innerhalb eines Zeitraums von sieben Tagen bezogen auf 100 000 Einwohner in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt misst,
 21. ist der Belastungswert die Auslastung der Intensivbetten, die den prozentualen Anteil intensivmedizinisch behandelter COVID-19-Patienten an der Gesamtzahl der betreibbaren Intensivbetten in Thüringen angibt.
 (3) Für Bereiche mit 2G-Plus-Zugangsbeschränkungen nach Absatz 2 Nr. 16 entfällt für geimpfte Personen ab dem 15. Tag nach einer Auffrischimpfung die Verpflichtung zum Nachweis eines negativen Testergebnisses.
 …     
 § 18 Besondere Schutzmaßnahmen
 (1) Die 3G-Zugangsbeschränkung gilt in geschlossenen Räumen:
 1. bei der Inanspruchnahme medizinisch, therapeutisch oder pflegerisch notwendiger körpernaher Dienstleistungen,
 2. von Fahrschulen,
 3. bei Schulungen in Erster Hilfe,
 4. bei der Wahrnehmung von Angeboten der Blutspendedienste,
 5. bei entgeltlichen Übernachtungsangeboten, soweit diese für notwendige, insbesondere für medizinische, berufliche und geschäftliche Zwecke zur Verfügung gestellt werden, wobei das negative Testergebnis auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bei Anreise vorgelegt und eine Testung wiederholend jeweils spätestens mit Ablauf von 72 Stunden durchgeführt werden muss,
 6. nichtöffentlicher Betriebskantinen, deren Betrieb zur Aufrechterhaltung der Arbeitsabläufe oder aufgrund der Beschaffenheit der Arbeitsplätze zwingend erforderlich ist,
 7. von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen nach den bundesfernstraßenrechtlichen Bestimmungen sowie auf Autohöfen,
 8. bei Sitzungen, Beratungen und Veranstaltungen nach § 8 Satz 1 Nr. 2, 4 und 5,
 9. bei Versammlungen sowie religiösen, weltanschaulichen oder parteipolitischen Veranstaltungen nach § 19 Abs. 1,
 10. bei der Inanspruchnahme medizinisch notwendiger Angebote der Rehabilitation.
 Satz 1 gilt auch außerhalb geschlossener Räume für die Jagd zur Vorbeugung und Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest oder anderer Tierseuchen. Der Betrieb nichtöffentlicher Betriebskantinen nach Satz 1 Nr. 6 ist insbesondere zwingend erforderlich, wenn eine individuelle Nahrungsaufnahme nicht am Arbeitsplatz oder nicht in anderen vom Arbeitsplatz getrennten Räumen möglich ist.
 (2) Die Anwendung der 2G-Zugangsbeschränkungen gilt verpflichtend:
 1. in geschlossenen Räumen oder Fahrzeugen
 a) von Einzel- und Großhandelsgeschäften; ausgenommen ist der Zugang zum Lebensmittelhandel, zum Handel mit Tierbedarf und zum Großhandel für Gewerbetreibende sowie zu Getränkemärkten, Apotheken, Brennstoffhandel, Bau- und Gartenmärkten, Drogerien, Sanitätshäusern, Babyfachmärkten, Orthopädieschuhtechnikern, Optikern, Hörgeräteakustikern, Ladengeschäften des Zeitungsverkaufs und Tankstellen,
 b) bei öffentlichen, frei oder gegen Entgelt zugänglichen Veranstaltungen mit der Maßgabe, dass Veranstaltungen mindestens zehn Tage vor Veranstaltungsbeginn der zuständigen Behörde anzuzeigen sind und eine maximale Kapazitätsauslastung mit bis zu 40 Prozent der zulässigen Gesamtauslastung zulässig ist; die Personenobergrenze liegt bei gleichzeitig 500 teilnehmenden Personen,
 c) bei nichtöffentlichen Veranstaltungen mit der Maßgabe, dass die Veranstaltungen mit mehr als 15 teilnehmenden Personen mindestens zehn Tage vor Veranstaltungsbeginn der zuständigen Behörde anzuzeigen sind; die Personenobergrenze liegt bei gleichzeitig 50 teilnehmenden Personen,
 d) von Gaststätten im Sinne des Thüringer Gaststättengesetzes mit Ausnahme
 aa) der Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen und Getränke,
 bb) der nichtöffentlichen Betriebskantinen, deren Betrieb zur Aufrechterhaltung der Arbeitsabläufe oder aufgrund der Beschaffenheit der Arbeitsplätze zwingend erforderlich ist; für deren Zugang gilt Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 in Verbindung mit Satz 3,
 cc) der vom Studierendenwerk Thüringen betriebenen Mensen für den nichtöffentlichen Betrieb; für deren Zugang gilt § 25 Abs. 1,
 dd) von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen nach den bundesfernstraßenrechtlichen Bestimmungen sowie auf Autohöfen; für deren Zugang gilt Absatz 1 Satz 1 Nr. 7,
 e) bei der Inanspruchnahme körpernaher Dienstleistungen mit Ausnahme medizinisch, therapeutisch oder pflegerisch notwendiger Dienstleistungen,
 f) bei Reisebusveranstaltungen,
 g) bei entgeltlichen Übernachtungsangeboten zu touristischen Zwecken,
 h) von Einrichtungen, Dienstleistungen und Angeboten der Freizeitgestaltung, insbesondere Museen, Archiven, Bibliotheken, Sehenswürdigkeiten und Denkmälern,
 i) bei kulturellen Veranstaltungen, wie Lesungen, Theater-, Kino- oder Opernaufführungen mit der Maßgabe, dass eine maximale Kapazitätsauslastung mit bis zu 40 Prozent der zulässigen Gesamtauslastung zulässig ist; die Personenobergrenze liegt bei gleichzeitig 500 teilnehmenden Personen,
 j) von Flug-, Jagd-, Hundeschulen und ähnlichen Einrichtungen,
 k) von zoologischen und botanischen Gärten sowie Tierparks,
 l) von Solarien,
 m) von Prostitutionsstätten, -fahrzeugen und -veranstaltungen im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes, Bordellen, Swingerklubs und ähnlichen Angeboten,
 2. außerhalb geschlossener Räume für
 a) öffentliche, frei oder gegen Entgelt zugängliche Veranstaltungen mit der Maßgabe, dass die Veranstaltungen mindestens zehn Tage vor Veranstaltungsbeginn der zuständigen Behörde anzuzeigen sind und eine maximale Kapazitätsauslastung mit bis zu 50 Prozent der zulässigen Gesamtauslastung zulässig ist; die Personenobergrenze liegt bei gleichzeitig 1 000 teilnehmenden Personen,
 b) nichtöffentliche Veranstaltungen mit der Maßgabe, dass die Veranstaltungen mit mehr als 20 teilnehmenden Personen mindestens zehn Tage vor Veranstaltungsbeginn der zuständigen Behörde anzuzeigen sind; die Personenobergrenze liegt bei gleichzeitig 100 teilnehmenden Personen,
 c) kulturelle Veranstaltungen, wie Lesungen, Theater-, Kino- oder Opernaufführungen mit der Maßgabe, dass eine maximale Kapazitätsauslastung mit bis zu 50 Prozent der zulässigen Gesamtauslastung zulässig ist; die Personenobergrenze liegt bei gleichzeitig 1 000 teilnehmenden Personen,
 d) Gaststätten im Sinne der Nummer 1 Buchst. d,
 e) Fitnessstudios, Tanzschulen und jeweils ähnliche Einrichtungen; ausgenommen sind medizinisch notwendige Angebote der Rehabilitation, und
 f) Angebote des Freizeitsports.
 Soweit nicht ausdrücklich in Satz 1 bestimmt, besteht keine Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Behörde. Ergänzend zu § 6 Abs. 3 Satz 1 ist eine qualifizierte Gesichtsmaske bei der verpflichtenden Anwendung der 2G-Zugangsbeschränkung zu verwenden, § 6 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt.
 (3) Die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung gilt in geschlossenen Räumen:
 1. von Fitnessstudios, Tanzschulen und jeweils ähnlichen Einrichtungen; ausgenommen sind medizinisch notwendige Angebote der Rehabilitation,
 2. bei Angeboten des Freizeitsports,
 3. von Spielhallen, Spielbanken, Wettbüros und ähnlichen Einrichtungen,
 4. bei Auftritten und Proben von Orchestern, sofern Blasinstrumente verwendet werden, und von Chören.
 Abweichend von Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b gilt die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung in geschlossenen Räumen für öffentliche, frei oder gegen Entgelt zugängliche Veranstaltungen, soweit mehr als 50 Personen teilnehmen.
 (4) Im Fall der 2G-Zugangsbeschränkung oder 2G-Plus-Zugangsbeschränkung haben Arbeitgeber, Beschäftigte oder sonstige tätige oder beauftragte Personen, die keine geimpften Personen oder genesenen Personen sind, eine qualifizierte Gesichtsmaske nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zu verwenden.
 (5) An allen nach Satz 2 festgelegten und gekennzeichneten Orten mit Publikumsverkehr in Innenstädten und im öffentlichen Raum außerhalb geschlossener Räume, an denen sich Personen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten, ist eine Mund-Nasen-Bedeckung oder eine qualifizierte Gesichtsmaske nach § 6 zu verwenden. Die zuständigen Behörden legen die Orte nach Satz 1 durch öffentlich bekannt zu gebende Allgemeinverfügungen fest und kennzeichnen diese.
 (6) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die in § 8 Satz 1 Nr. 1 und 3 genannten Bereiche.
 § 18a Weitergehende Maßnahmen bei besonders hohen Infektionszahlen
 (1) Ab dem übernächsten Tag nach der Bekanntgabe des an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 1 000,0 überschreitenden Frühwarnindikators in Landkreisen oder kreisfreien Städten
 1. sind abweichend von § 17 Abs. 1 Satz 1 private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum nur mit
 a) den Angehörigen des eigenen Haushalts und Personen, für die ein Sorge- oder Umgangsrecht besteht, und
 b) einer weiteren haushaltsfremden Person gestattet; § 17 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie Abs. 2 bleibt unberührt,
 2. ist in geschlossenen Räumen und Fahrzeugen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 eine qualifizierte Gesichtsmaske nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zu verwenden; § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Halbsatz 2 bleibt unberührt,
 3. liegen bei öffentlichen, frei oder gegen Entgelt zugänglichen Veranstaltungen und kulturellen Veranstaltungen die Personenobergrenzen
 a) in geschlossenen Räumen abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Halbsatz 2 oder Buchst. i Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 100 teilnehmenden Personen und
 b) außerhalb geschlossener Räume abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Halbsatz 2 und Buchst. c Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 200 teilnehmenden Personen,
 4. liegen bei nichtöffentlichen Veranstaltungen die Personenobergrenzen
 a) in geschlossenen Räumen abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 30 teilnehmenden Personen und
 b) außerhalb geschlossener Räume abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 50 teilnehmenden Personen,
 5. gilt abweichend von § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 die 2G-Zugangsbeschränkung in geschlossenen Räumen und Fahrzeugen von Fahrschulen und bei Schulungen in Erster Hilfe,
 6. gilt abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, d bis g und i die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung in geschlossenen Räumen
 a) von Gaststätten im Sinne des Thüringer Gaststättengesetzes; dies gilt nicht für die in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d unter den Doppelbuchstaben aa bis dd genannten Ausnahmen,
 b) bei der Inanspruchnahme körpernaher Dienstleistungen mit Ausnahme medizinisch, therapeutisch oder pflegerisch notwendiger Dienstleistungen,
 c) bei Reisebusveranstaltungen,
 d) bei entgeltlichen Übernachtungsangeboten zu touristischen Zwecken,
 e) bei kulturellen Veranstaltungen, wie Lesungen, Theater-, Kino- oder Opernaufführungen,
 f) für alle öffentlichen, frei oder gegen Entgelt zugänglichen Veranstaltungen,
 7. sind untersagt:
 a) der Ausschank und die Abgabe von Alkohol an den durch die zuständige Behörde festgelegten und gekennzeichneten Orten im öffentlichen Raum einschließlich öffentlich zugänglicher Einrichtungen in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr des Folgetages, § 18 Abs. 5 Satz 2 gilt entsprechend,
 b) der Konsum von Alkohol in den durch die zuständige Behörde festgelegten und gekennzeichneten Orten im öffentlichen Raum insbesondere in Innenstädten außerhalb geschlossener Räume; § 18 Abs. 5 Satz 2 gilt entsprechend,
 c) die Öffnung von Spielhallen, Spielbanken, Wettbüros und ähnlichen Einrichtungen für den Publikumsverkehr.
 (2) In Landkreisen oder kreisfreien Städten, in denen der Frühwarnindikator an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 1 500,0 überschreitet, gilt ab dem übernächsten Tag nach der Bekanntgabe Absatz 1 mit der Maßgabe, dass
 1. bei öffentlichen, frei oder gegen Entgelt zugänglichen Veranstaltungen die Personenobergrenze
 a) in geschlossenen Räumen abweichend von Absatz 1 Nr. 3 Buchst. a und § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 20 teilnehmenden Personen und
 b) außerhalb geschlossener Räume abweichend von Absatz 1 Nr. 3 Buchst. b und § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 30 teilnehmenden Personen liegen,
 2. bei nichtöffentlichen Veranstaltungen die Personenobergrenzen
 a) in geschlossenen Räumen abweichend von Absatz 1 Nr. 4 Buchst. a und § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 20 teilnehmenden Personen und
 b) außerhalb geschlossener Räume abweichend von Absatz 1 Nr. 4 Buchst. b und § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 30 teilnehmenden Personen liegen,
 3. geschlossene Räumen von
 a) Gaststätten im Sinne des Thüringer Gaststättengesetzes mit Ausnahme der in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d unter den Doppelbuchstaben aa bis dd genannten Ausnahmen,
 b) Einrichtungen, Dienstleistungen und Angeboten der Freizeitgestaltung, insbesondere Freizeitveranstaltungen, Museen, Archiven, Bibliotheken, Sehenswürdigkeiten und Denkmälern,
 c) kulturellen Veranstaltungen, wie Lesungen, Theater-, Kino- oder Opernaufführungen,
 d) Flug-, Jagd-, Hundeschulen und ähnlichen Einrichtungen,
 e) zoologischen und botanischen Gärten sowie Tierparks und
 f) Solarien
 für den Publikumsverkehr zu schließen und geschlossen zu halten sind,
 4. abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2
 a) Gaststätten im Sinne des Thüringer Gaststättengesetzes mit Ausnahme der in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d unter den Doppelbuchstaben aa bis dd genannten Ausnahmen,
 b) kulturelle Veranstaltungen, wie Lesungen, Theater-, Kino- oder Opernaufführungen, und
 c) Flug-, Jagd-, Hundeschulen und ähnliche Einrichtungen
 außerhalb geschlossener Räume für den Publikumsverkehr einschließlich des Betretens durch Gäste, Teilnehmer und vergleichbare Personen zu schließen und geschlossen zu halten sind.
 (3) Soweit nach Absatz 1 Nr. 2 die Verwendung einer qualifizierten Gesichtsmaske nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 vorgeschrieben ist, gilt die Verpflichtung für Kinder vom vollendeten sechsten bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr mit der Maßgabe, dass diese eine qualifizierte Gesichtsmaske nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 verwenden können.
 (4) Unterschreitet der Frühwarnindikator an sieben aufeinanderfolgenden Tagen in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt jeweils den in Absatz 1 oder 2 bestimmten Schwellenwert, sind die in dem jeweiligen Absatz genannten Maßnahmen und Beschränkungen aufgehoben.
 (5) Die Fristberechnung bei Unter- und Überschreitung des Frühwarnindikators nach den Absätzen 1 bis 3 beginnt mit dem 8. Dezember 2021.
 (6) Die oberste Gesundheitsbehörde gibt bekannt, wenn die Schwellenwerte der jeweiligen Warnstufe an drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten oder an sieben aufeinanderfolgenden Tagen unterschritten werden. Die oberste Gesundheitsbehörde gibt auf ihrer Internetseite zudem die Tage bekannt, ab denen die jeweiligen Maßnahmen gelten.…
 § 31 Gaststätten, Spielhallen, Spielbanken, Wettbüros und ähnliche Einrichtungen
 (1) Ergänzend zu § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d und Nr. 2 Buchst. d sind Gaststätten im Sinne des Thüringer Gaststättengesetzes in der Zeit von 22 Uhr und 5 Uhr des Folgetages für den Publikumsverkehr zu schließen.
 (2) Absatz 1 gilt nicht für
 1. Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen nach den bundesfernstraßenrechtlichen Bestimmungen sowie auf Autohöfen,
 2. die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen und Getränke,
 3. nichtöffentliche Betriebskantinen, deren Betrieb zur Aufrechterhaltung der Arbeitsabläufe oder aufgrund der Beschaffenheit der Arbeitsplätze zwingend erforderlich ist, sowie
 4. die Bewirtung von Gästen in Beherbergungsbetrieben.
 Der Betrieb nichtöffentlicher Betriebskantinen nach Satz 1 Nr. 3 ist insbesondere zwingend erforderlich, wenn eine individuelle Nahrungsaufnahme nicht am Arbeitsplatz oder nicht in anderen vom Arbeitsplatz getrennten Räumen möglich ist.
 (3) Absatz 1 gilt entsprechend für Spielhallen, Spielbanken, Wettbüros und ähnliche Einrichtungen.

§ 39 Inkrafttreten, Außerkrafttreten(1) Diese Verordnung tritt am 24. November 2021 um 23:59 Uhr in Kraft und mit Ablauf des 16. Januar 2022 außer Kraft.…
Die Antragstellerin hat am 30. November 2021 beim Thüringer Oberverwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf die Außervollzugsetzung dieser Verordnung beantragt, soweit der Zugang von Spielhallen durch die 2G-Plus-Regelung und in zeitlicher Hinsicht beschränkt wird.
Die Antragstellerin führt einleitend aus, die den Betrieb ihrer Spielhallen betreffenden Maßnahmen seien insgesamt nicht konsistent und widersprüchlich und führten bei ihr zu erheblichen und existenzgefährdenden Verlusten. Die zusätzlich zur 2G-Regelung geforderte Testung sowie die zeitliche Beschränkung führten im Ergebnis zu einem erheblichen Rückgang der Kundenzahl. Ihre Normenkontrolle habe in der Hauptsache Erfolg. Die Anordnung der 2G-Plus-Regelung sei unverhältnismäßig. Die Anwendung der 2G-Regelung sei zur Eindämmung von Infektionen gleich wirksam und ausreichend. Die zusätzlich geforderte Testung führe angesichts der von ihr im Übrigen durchgeführten Hygienemaßnahmen und den nach der Spielverordnung zu beachtenden Vorgaben nicht zu einem effektiveren Infektionsschutz. Dies sei auch dadurch belegt, dass der Verordnungsgeber für andere Bereiche körpernaher Dienstleistungen solche Testungen nicht fordere. Insgesamt sei die 2G-Plus-Regelung im Bereich von Spielhallen ungeeignet, nicht erforderlich und angesichts ihrer Grundrechtsbeeinträchtigung unangemessen. Dies gelte auch für die Beschränkung der Öffnungszeiten. Jedenfalls verletzten die Bestimmungen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es sei kein sachlicher Grund erkennbar, der angesichts der von Spielhallen zu beachtenden sonstigen Vorgaben eine unterschiedliche Behandlung derselben gegenüber den in § 18 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO genannten Einrichtungen, insbesondere gegenüber Gaststätten und Einrichtungen für körpernahe Dienstleistungen, rechtfertige.
Die Antragstellerin beantragt zuletzt,
die Bestimmung des § 18 Abs. 3 Nr. 3 der Thüringer Verordnung zur Regelung infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 24. November 2021 (GVBl S. 565; Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung, ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO) i. d. F. des Art. 1 der Ersten Verordnung zur Änderung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 17. Dezember 2021, die Bestimmung des § 18a Abs. 1 Nr. 7c) ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO i. d. F. des Art. 1 der Ersten Verordnung zur Änderung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 17. Dezember 2021 und die Bestimmung des § 31 Abs. 1 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO i. d. F. des Art. 1 der Ersten Verordnung zur Änderung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 17. Dezember 2021 außer Vollzug zu setzen, soweit § 18 Abs. 3 Nr. 3 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO i. d. F. des Art. 1 der Ersten Verordnung zur Änderung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 17. Dezember 2021 für Spielhallen nicht nur eine 2G-Regelung vorschreibt, soweit § 18a Abs. 1 Nr. 7c) ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO i. d. F. des Art. 1 der Ersten Verordnung zur Änderung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 17. Dezember 2021 eine Öffnung von Spielhallen schon ab dem übernächsten Tag nach der Bekanntgabe eines an drei aufeinanderfolgenden Tagen einen Schwellenwert von 1.000 überschreitenden Frühwarnindikators in Landkreisen oder kreisfreien Städten und nicht erst ab dem übernächsten Tag nach der Bekanntgabe des an drei aufeinanderfolgenden Tagen einen Schwellenwert von 1.500 überschreitenden Frühwarnindikators in Landkreisen oder kreisfreien Städten untersagt und soweit § 31 Abs. 1 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO i. d. F. des Art. 1 der Ersten Verordnung zur Änderung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 17. Dezember 2021 eine Öffnungszeit bis 24:00 Uhr nicht zulässt.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er tritt dem Vorbringen entgegen. Die angegriffene Verordnung sei auf Grundlage der bundesgesetzlichen Regelung des § 28a IfSG formell rechtmäßig erlassen worden. Die angegriffenen Regelungen seien auch materiell rechtmäßig. Insbesondere seien sie im Hinblick auf die von der Antragstellerin geltend gemachten Grundrechte verhältnismäßig. Insgesamt verkenne sie – die Antragstellerin – das dramatische Infektionsgeschehen in Thüringen, dessen Eindämmung die Verordnung insbesondere durch Kontaktbeschränkungen erreichen wolle. Durch die erhebliche Steigerung von Neuinfektionen drohe unmittelbar eine Überlastung des Gesundheitssystems bzw. sei diese bereits eingetreten, was die Hospitalisierungsrate und die Auslastung der intensivmedizinischen Betten belege. Die angegriffenen Maßnahmen dienten der Kontaktreduzierung und seien geeignet, das Ziel der Eindämmung der Infektionen zu erreichen. Es käme auch bei Geimpften und Genesenen zu Impfdurchbrüchen und dadurch bedingten Infektionen. Mit der 2G-Plus-Regelung könne dieses Restrisiko weiter vermindert werden. Die Regelung sei auch im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit angemessen. Der Verordnungsgeber habe unter Berücksichtigung vielfältiger Interessen und gesellschaftlicher Relevanz ein System verschiedener Zugangsbeschränkungen bis hin zur Schließung öffentlich zugänglicher Bereiche geschaffen. Zu den letzteren gehörten die Angebote reiner Freizeitbetätigung. Der Verordnungsgeber habe davon abgesehen, auch Spielhallen zu schließen, dies jedoch unter der Maßgabe eines Höchstmaßes an Infektionsschutz. Die Schließung von Spielhallen ab 22:00 Uhr entspräche der Regelung für Gaststätten und beruhe auf der Erfahrung, dass nach dieser Uhrzeit vermehrt Alkohol konsumiert würde und dies zu ungehemmten Kontakten führe. Im Übrigen sei der Umsatzrückgang nicht allein durch die beanstandeten Maßnahmen verursacht, sondern auch durch ein geändertes allgemeines Mobilitätsverhalten der Bevölkerung seit November 2021. Die Zugangsbeschränkung infolge der 2G-Plus-Regelung verstoße auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Nutzung von Gaststätten und die Nutzung von Spielhallen seien in wesentlichen Elementen nicht vergleichbar; neben unterschiedlichen Risiken sei dabei auch die unterschiedliche Bedeutung der betroffenen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens für die Versorgung der Bevölkerung zu berücksichtigen. Im Übrigen verhindere die Öffnung von Gaststätten mit 2G-Regelung möglicherweise unkontrollierbare Kontakte in privaten Wohnungen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
1. Der auf die Außervollzugsetzung verschiedener, den Betrieb von Spielhallen einschränkender Bestimmungen der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 24. November 2021 in der zuletzt mit Verordnung vom 17. Dezember 2021 geänderten Fassung gerichtete Antrag ist zulässig. Konkret versteht der Senat den Antrag so, dass er auf eine Kassation der Bestimmungen der §§ 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und 18a Abs. 1 Nr. 7c) ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO und des § 31 Abs. 3 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO gerichtet ist, soweit diese Regelungen den Betrieb von Spielhallen betreffen. Eine darüber hinaus gehende Möglichkeit zur Gestaltung der Verordnung im Sinne einer Normergänzung eröffnet das Verfahren der Normenkontrolle nach § 47 VwGO grundsätzlich nicht (vgl. Beschluss des Senats vom 12. Mai 2020 – 3 EN 287/20 – juris Rn. 6 ff.).
Die Statthaftigkeit des Antrags insgesamt ergibt sich aus § 47 Abs. 6 VwGO in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 4 ThürAGVwGO. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht auch außerhalb des Anwendungsbereiches des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO über die Gültigkeit von – wie hier – im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften.
Die Antragstellerin ist als Betreiberin von Spielhallen antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Durch die mit der streitgegenständlichen Verordnung bewirkte – nicht nur unwesentliche – Beschränkung des Betriebes ihrer Spielhallen ist sie jedenfalls in ihren Grundrecht aus Art. 12 GG betroffen, was sie auch als juristische Person geltend machen kann.
Eine hinreichende Betroffenheit der Antragstellerin nimmt der Senat auch hinsichtlich der Regelung des § 18a Abs. 1 Nr. 7c) ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO i. d. F. der Verordnung vom 17. Dezember 2021 an. Zwar hat die Antragstellerin nicht vorgetragen, ob sie vom Regelungsbereich dieser Bestimmung bereits betroffen ist. Jedoch ist angesichts der dynamischen Entwicklung der sehr hohen Infektionszahlen in allen Thüringer Landkreisen und kreisfreien Städten konkret zu erwarten, dass sie der Schließungsanordnung unterliegen wird.
Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin bislang in der Hauptsache noch keinen Normenkontrollantrag anhängig gemacht hat, da der Antrag in Anlehnung an die für den vorläufigen Rechtsschutz geltenden Vorschriften nach §§ 80, 123 VwGO auch bereits zuvor gestellt werden kann (vgl. Beschluss des Senats vom 20. April 2016 – 3 EN 222/16 – juris).
2. Der Antrag ist aber unbegründet.
Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
Ob dies der Fall ist, beurteilt sich in Anlehnung an die Regelung in § 32 BVerfGG (vgl. auch § 26 ThürVerfGHG). An die vorläufige Aussetzung einer bereits in Kraft gesetzten Norm, an deren Vollzug ein erhebliches Allgemeininteresse besteht, ist deshalb ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Insoweit sind die Folgen, die einträten, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, ein Normenkontrollantrag (§ 47 VwGO) aber später Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die aufträten, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nur dann als Bestandteil der Folgenabwägung in die Bewertung einzubeziehen, wenn sich schon bei summarischer Prüfung im Anordnungsverfahren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Normenkontrollantrag unzulässig, offensichtlich unbegründet oder offensichtlich begründet ist (st. Rspr. des Senats: vgl. nur Beschluss vom 23. August 2011 – 3 EN 77/11 – LKV 2011, 472 m. w. N.).
Die begehrte einstweilige Anordnung ist trotz offener Erfolgsaussichten der Normenkontrolle in der Hauptsache nicht auf Grund der nach den genannten Maßgaben erforderlichen Folgenabwägung geboten.
a. Ein Erfolg des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit die Aufhebung der den Zugang zu Spielhallen beschränkende 2G-Plus-Regelung (§ 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO) begehrt wird, ist offen. Zwar spricht – unter Berücksichtigung der verfassungs- und obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 – u. a. sowie – 1 BvR 971/21 – jeweils juris; Thüringer VerfGH, Urteil vom 1. März 2021 – 18/20 – juris; zur Rechtsprechung des Senats vgl. nur Beschluss vom 9. April 2021 – 3 EN 190/21 – juris m. w. N.) – durchaus einiges dafür, dass die angegriffene Maßnahme verhältnismäßig ist; es ist jedoch im Hauptsachverfahren zu klären, ob Art. 3 GG verletzt ist.
Im Einzelnen gilt hier:
aa. Die Rechtsgrundlage für die hier streitige Verordnungsbestimmung des § 18 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO zum Zeitpunkt deren Erlasses ist § 32 Satz 1 und 2 i. V. m. §§ 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22. November 2021 (BGBl. I S. 4906), das nach dessen Art. 22 am 23. November 2021 in Kraft trat.
Nach § 32 Satz 1 IfSG werden die Landesregierungen ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28, 28a und 29 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen.
Die Landesregierung hat zwar gemäß § 32 Satz 2 IfSG die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nach Satz 1 der Vorschrift durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen, nämlich differenziert nach Regelungsbereichen auf das für das Gesundheitswesen bzw. das für Bildung zuständige Ministerium (§ 7 der Thüringer Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 2. März 2016 [GVBl. S. 155], zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 23. Juli 2021 [GVBl. S. 369] und – nach Erlass der hier streitigen Verordnung – durch Art. 1 der Verordnung vom 14. Dezember 2021). Diese Subdelegation hindert den Delegatar nicht, auch weiterhin selbst die Verordnungen zu erlassen; insoweit kann der Senat der gesetzlichen Regelung des § 32 IfSG kein zwingendes anderweitiges Verständnis entnehmen. Ebenso konnten die ermächtigten Ministerien in der Folge mit Verordnung vom 17. Dezember 2021 die vorliegend in Frage stehende Verordnung ändern; ein dem entgegenstehender Wille der Landesregierung ist nicht erkennbar.
bb. Durchgreifende evidente Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage drängen sich nicht auf und werden von der Antragstellerin auch nicht geltend gemacht.
cc. Für den Senat ergeben sich auch keine formellen Bedenken gegen den Erlass der – mittlerweile im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlichten – Rechtsverordnung vom 24. November 2021 in der Fassung der letzten Änderung durch Verordnung vom 17. Dezember 2021.
Eine amtliche Begründung der Verordnung, wie sie § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG vorsieht, hat der Verordnungsgeber auf der Homepage des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie publiziert (https://www.tmasgff.de/covid-19/rechtsgrundlage).
dd. Auch bestehen – nach einer vorläufigen Einschätzung – keine Bedenken hinsichtlich des Vorliegens der zum Erlass der streitgegenständlichen Bestimmungen erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen.
Nach § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG in der zum Zeitpunkt des Erlasses maßgeblichen Fassung können – unabhängig von einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG festzustellenden epidemischen Lage von nationaler Tragweite – als notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG die Verpflichtung zur Vorlage von Impf-, Genesenen- oder Testnachweisen sowie an die Vorlage solcher Nachweise anknüpfenden Beschränkungen des Zugangs in den oder bei den in § 28a Abs. 1 Nr. 4 bis 8 und 10 bis 16 IfSG genannten Betrieben, Gewerben, Einrichtungen, Angeboten, Veranstaltungen, Reisen und Ausübungen angeordnet werden, soweit sie zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erforderlich sind. Betriebe nach § 28a Abs. 1 Nr. 6 IfSG sind Einrichtungen, die – wie hier Spielhallen – der Freizeitgestaltung zuzurechnen sind.
Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Corona-Pandemie und damit die Gefahr der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 trotz des Auslaufens der vom Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite weiterhin besteht; die Pandemie ist derzeit durch ein erhebliches Infektionsgeschehen gekennzeichnet (s. hierzu Risikobewertung zu COVID-19 des Robert Koch-Instituts [RKI] vom 21. Dezember 2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html;jsessionid=9D9FB139DC1DF2332C924D528C326A8B.internet062?nn=2386228).
Nach der zitierten Rechtsgrundlage ist der Antragsgegner mithin berechtigt, Maßnahmen anknüpfend an die Vorlage von Impf-, Genesenen- und Testnachweisen – wie hier bei der streitigen 2G-Plus-Regelung – zu erlassen.
ee. Der Senat vermag im Eilverfahren auch nicht zwingend die Unverhältnismäßigkeit der streitigen Anordnung der 2G-Plus-Regelung für den Zutritt zu Spielhallen zu erkennen.
(1) Die Feststellung einer übertragbaren Krankheit bedingt, dass die zuständige Stelle – sei es die zuständige Behörde im Wege des Erlasses von Verwaltungsakten oder die Landesregierung bzw. die von ihr ermächtigte Stelle im Wege des Erlasses einer Rechtsverordnung – zum Handeln verpflichtet ist. Die Stelle hat lediglich ein Ermessen hinsichtlich der Auswahl der anzuwendenden Schutzmaßnahmen.
Die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, lässt sich nicht im Vorfeld bestimmen. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG daher als Generalklausel ausgestaltet und in § 28a IfSG – im Rahmen dessen Anwendungsbereichs während der aktuellen Pandemielage (auch nach Auslaufen der Feststellung nach § 5 IfSG) – bestimmte in Betracht kommende Schutzmaßnahmen benannt.
Die Entscheidung, welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden, wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige“ Schutzmaßnahmen handeln muss, nämlich Maßnahmen, „soweit“ sie zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit „erforderlich“ sind. Weiterhin betont das Gesetz den zeitlichen Aspekt: Maßnahmen dürfen nur getroffen werden, „solange“ sie erforderlich sind. Insgesamt sind der Maßnahmenauswahl damit durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16.11 – juris Rn. 24 unter Bezugnahme auf die Gesetzgebungsmaterialien: Bundestag-Drs. 8/2468, S. 27). Dies bringt nunmehr § 28a Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG für die hier in Streit stehenden Maßnahmen zum Ausdruck. Danach müssen diese zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erforderlich sein.
Hierbei ist zu beachten, dass dem Verordnungsgeber des Landes – ähnlich wie dem Gesetzgeber bei Erlass des Infektionsschutzgesetzes – ausgehend von der Bestimmung des legitimen Zwecks der Maßnahme hinsichtlich der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme Entscheidungsspielräume zukommen (vgl. hierzu entsprechend: BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 – 3 BvR 781/21 – u. a. juris Rn. 167 ff.).
(2) Es besteht für den Senat kein Zweifel dahingehend, dass der Verordnungsgeber mit der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 24. November 2021 und auch mit den hier streitigen Maßnahmen legitime Ziele des Gesundheitsschutzes verfolgt, die insbesondere der Abwendung einer Überlastung des Gesundheitssystems dienen.
(a) Die vom Infektionsschutzgesetz in §§ 28a ff. IfSG selbst grundlegend angenommene Gefährlichkeit von COVID-19 besteht weiterhin. Die Verbreitung dieser Krankheit konkret in Thüringen ist dramatisch, was bereits jetzt das Gesundheitssystem an seine Grenzen bringt. Diese der Verordnung zu Grunde liegende Einschätzung des Verordnungsgebers ist nicht zu beanstanden.
Die aktuelle Situation in Thüringen ist von einem weiterhin sehr hohen – wenn auch in den letzten Tagen abnehmenden – Infektionsgeschehen gekennzeichnet (die nachfolgenden Angaben nach RKI: https://experience.arcgis.com/ experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4/page/Bundesl%C3%A4nder/und TMASGFF: https://www.tmasgff.de/covid-19/fallzahlen ). So betrug am 21. Dezember 2021 die 7-Tage-Inzidenz bei Neuinfektionen (je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen) in Thüringen 776,9; damit weist Thüringen das höchste Infektionsgeschehen in Deutschland auf. Dieses überdurchschnittliche Infektionsgeschehen zeigt sich auch an der 7-Tage-Inzidenz der Hospitalisierung. Der Gesamtwert für Thüringen liegt bei 14,6 gegenüber einem Bundesdurchschnitt von 4,73; die Anzahl der durch COVID-19-Patienten belegten Betten (ITS-Belegungsquote) beträgt 32,3 % (bundesweit: 22,3 %). Die Belastung des Gesundheitssystems zeigt sich insbesondere darin, dass bis zum 13. Dezember 2021 16 intensivmedizinisch betreute Patienten in andere Bundesländer verlegt werden mussten. Auch die Zahl der Todesfälle liegt mit 259 je 100.000 Einwohner deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 129 Fällen.
Die Anzahl der Erstimpfungen liegt nach den Angaben des RKI (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Impfquoten-Tab.html) in Thüringen bei 1.417.283 (66,8 %), der Zweitimpfungen bei 1.363.149 (64,3 %) und der Auffrischungsimpfungen bei 553.675 (26,1 %). Dabei stellt sich die Gefährdungslage zwischen Geimpften und Ungeimpften sehr unterschiedlich dar; nach den Angaben des Antragsgegners betrafen im Bezugszeitraum vom 6. bis 12. Dezember 2021 von 8.796 gemeldeten Infektionsfällen 3.033 ungeimpfte und 1.829 geimpfte Personen sowie von 260 Hospitalisierungsfällen 108 ungeimpfte und 46 geimpfte Personen; von 25 Patienten auf Intensivstationen waren 18 ungeimpft und 7 geimpft.
In der Bewertung des Infektionsgeschehens ist aktuell weiterhin zu berücksichtigen, dass die Ausbreitung der neuen Corona-Variante „Omikron“ sehr besorgniserregend ist. Sie wird bereits zusätzlich zur Delta-Variante in Deutschland nachgewiesen und seine Verbreitung weist ein exponentielles Wachstum auf. Das RKI (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html;jsessionid=0D438E0025C7B86FAE18FA13E358AC2B.internet051?nn=2386228) schätzt die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland, welche durch diesen neuen Virus-Variante von SARS-CoV-2 bedingt ist, insgesamt als sehr hoch ein. Dadurch kann es zu einer schlagartigen Erhöhung der Infektionsfälle und einer schnell eintretenden Überlastung des Gesundheitssystems und ggf. weiterer Versorgungsbereiche kommen.
Insgesamt bewertet das RKI die Infektionsgefährdung für die Gruppe der Ungeimpften als sehr hoch, für die Gruppen der Genesen und Geimpften mit Grundimmunisierung (zweimalige Impfung) als hoch und für die Gruppe der Geimpften mit Auffrischungsimpfung (dreimalige Impfung) als moderat.
(b) Ausgehend von diesem zum Erlasszeitpunkt bereits feststellbaren zusätzlichen Infektionsgeschehen und der bereits bestehenden Gefahr der Überlastung der Krankenhäuser, insbesondere der Intensivstationen, war nach der Auffassung des Verordnungsgebers eine weitere deutliche Verschärfung der zu ergreifenden Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens erforderlich. In Abwägung der unterschiedlichen Gefährdungslagen und Grundrechtseingriffe hat er ein System unterschiedlicher Kontaktbeschränkungen geschaffen. Über die besonderen Regelungen für verschiedene besondere Lebensbereiche und Einrichtungen (§§ 19 ff. ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO) und der auf der Ermächtigung des § 28a Abs. 8 IfSG beruhenden Schließung von Einrichtungen (§ 30 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO) hat er in § 18 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO ein dreistufiges System von Zugangsbeschränkungen geschaffen:
§ 18 Abs. 1 sieht die Anwendung der 3G-Zugangsbeschränkung (§ 2 Nr. 14 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO: Zugang für geimpfte, genesene und getestete Personen) in besonders bedeutsamen Bereichen vor, bei denen einerseits eine Beschränkung auf 2G-Personen aufgrund der Bedeutsamkeit für die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Lebens nicht in Betracht kommt, andererseits jedoch ein Mindestmaß an Schutz durch die Vorlage negativer Testungen erforderlich ist.
Die Anwendung der 2G-Zugangsbeschränkung (§ 2 Nr. 15 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO: Zugang für geimpfte und genesene Personen) nach § 18 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO betrifft in weitem Umfang Bereiche des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens. Nach der Amtlichen Begründung sind ausgenommen neben den in § 18 Abs. 1 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO geregelten Bereichen nur solche, die für die Versorgung Nichtgeimpfter und Nichtgenesener von essentieller und unabweisbarer Bedeutung für die Bestreitung des täglichen Lebens sind. Hierzu führt die Begründung aus, dass die extrem angestiegenen Infektionszahlen, verbunden mit dem Umstand, dass bei (lediglich) getesteten Personen – insbesondere da Tests letztlich nur eine Momentaufnahme abbilden – ein weit höheres Infektionsrisiko sowohl aktiv als auch passiv besteht, keine weiteren Lockerungen als vertretbar erscheinen lassen.
§ 18 Abs. 3 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO regelt auf einer weiteren Stufe die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung (§ 2 Nr. 16 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO: Zugang für geimpfte und genesene Personen mit Testungen) als restriktivster Beschränkung für besonders gefährdete Bereiche. Erfasst werden dabei ausschließlich geschlossene Räume. Der Verordnungsgeber geht davon aus, dass die in dieser Norm genannten Bereiche aufgrund der Eigenart der dort jeweils erfolgenden Betätigung eine besonders hohe Aerosolbildung aufweisen. Zum einen betreffe dies Einrichtungen mit angestrengter sportlicher Betätigung – zumeist verbunden mit großer räumlicher Nähe – oder solche, bei denen ein Agieren mit ggf. lautem Sprechen bzw. z. T. mit schlecht kontrollierbarem Einhalten des Mindestabstandes verbunden ist. Ferner führt er an, dass, obwohl Geimpfte und Genesene bereits einen verhältnismäßig hohen Infektionsschutz aufwiesen, bei dieser Personengruppe gleichwohl eine Ansteckung oder Weiterverbreitung nicht völlig ausgeschlossen sei. Zur Erhöhung der Sicherheit sei daher eine Testung vorgesehen.
(c) Der Verordnungsgeber will mit diesen Maßnahmen seiner in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wurzelnden Schutzpflicht nachkommen, nämlich für Schutz vor sämtlichen mit einer SARS-CoV-2-Infektion einhergehenden Gesundheits- und Lebensgefahren zu sorgen.Sowohl der Lebens- und Gesundheitsschutz als auch die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems sind bereits für sich genommen überragend wichtige Gemeinwohlbelange und daher verfassungsrechtlich legitime Gesetzeszwecke. Aus Art. 2 Abs. 2 GG, der den Schutz des Einzelnen vor Beeinträchtigungen seiner körperlichen Unversehrtheit und seiner Gesundheit umfasst, kann zudem eine Schutzpflicht des Staates folgen, die eine Vorsorge gegen Gesundheitsbeeinträchtigungen umfasst (BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 – u. a. juris Rn. 174 ff.).
Hinzukommt, dass mit dem befürchteten und durch die Entwicklung in anderen Staaten belegten Aufkommen der neuen Virusvariante „Omikron“ und deren drohender massenhafter Verbreitung sowie damit einhergehender Erkrankungen und Quarantänen der Aspekt der Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens und insbesondere der sogenannten kritischen Infrastruktur als Zweck der Maßnahmen an Gewicht zunimmt (vgl. hierzu: Erste Stellungnahme des Expertenrates der Bundesregierung zu COVID-19 vom 19. Dezember 2021).
(d) Soweit die Antragstellerin grundhaft eine unzureichende Begründung rügt und dem Antragsgegner eine nicht hinreichende Evaluierung bzw. Abwägung vorwirft, kann dem der Senat nach einer allerdings nur vorläufigen Einschätzung nicht folgen. Bereits die Amtlichen Begründungen der streitigen Rechtsverordnungen in ihrer Gesamtheit (hierzu gehören auch die Ausführungen jeweils unter Pkt. „A. Allgemeiner Teil“) lassen erkennen, dass dem jeweiligen Erlass eine umfangreiche Berücksichtigung und Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse, insbesondere des Robert Koch-Instituts, und der gesellschaftlichen und politischen Erörterungen auf Bundes- und Landesebene zu Grunde lagen. Ferner nehmen die Amtlichen auf die vorhergegangenen Beschlüsse der Konferenzen der Bundesregierung mit der Ministerpräsidentenkonferenz Bezug, die auf der Expertise von Wissenschaftlern nicht nur aus dem Bereich der Medizin, sondern auch anderer Fachbereiche beruhen und denen zudem regelmäßig eine – kontroverse – politische Diskussion vorausgingen Überdies ist für Thüringen festzustellen, dass durch die Mitwirkung des Landtags wie auch der Kommunen ein breit angelegter Beteiligungsprozess verschiedenster Interessen institutionalisiert ist (Thüringer Landtag, Drs. 7/2459). Hinzuweisen ist überdies auch auf die Begleitung des Handelns der Landesregierung im Bereich der Bekämpfung des Coronavirus durch einen Wissenschaftlichen Beirat (https://www.landesregierung-thueringen.de/regierung/wissenschaftlicher-beirat). Es muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten sein, zu prüfen, ob und inwieweit der Antragsgegner diesen Prozess der Beteiligungen und Entscheidungsfindung in den Verordnungsmaterialien hinreichend dargelegt und dokumentiert hat (vgl. zur materiell-rechtlichen Bedeutung dieses Nachweises: Thüringer VerfGH, Urteil vom 1. März 2021 – 18/20 – juris Rn. 431).
(3) Hiervon ausgehend erweist sich die angegriffene Maßnahme der 2G-Plus-Regelung für den Betrieb von Spielhallen als geeignetes Mittel zur Eindämmung der Pandemie und zur Erreichung der damit verfolgten Zwecke des Gesundheitsschutzes.
Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 – u. a. juris Rn. 185 f. m. w. N.) hat zu den verfassungsrechtlichen Maßstäben anknüpfend an seine ständige Rechtsprechung zuletzt ausgeführt, dass für die Eignung bereits die Möglichkeit genügt, durch die gesetzliche Regelung den Gesetzeszweck zu erreichen. Bei der Beurteilung der Eignung einer Regelung steht dem Gesetzgeber ein Spielraum zu, der sich auf die Einschätzung und Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse, auf die etwa erforderliche Prognose und auf die Wahl der Mittel bezieht, um die Ziele des Gesetzes zu erreichen. Dieser Spielraum reicht nicht stets gleich weit. Insoweit hängt sein Umfang vielmehr einzelfallbezogen etwa von der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der Bedeutung der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter ab. Für Letzteres kann auch das Eingriffsgewicht in Bezug auf die Eigenart des vom Eingriff betroffenen Rechts eine Rolle spielen. Auch hier gilt, dass bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen tatsächliche Unsicherheiten grundsätzlich nicht ohne weiteres zulasten der Grundrechtsträger gehen dürfen. Erfolgt aber der Eingriff zum Schutz gewichtiger verfassungsrechtlicher Güter und ist es dem Gesetzgeber angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten nur begrenzt möglich, sich ein hinreichend sicheres Bild zu machen, ist die gerichtliche Prüfung auf die Vertretbarkeit der gesetzgeberischen Eignungsprognose beschränkt. Liegen der gesetzlichen Regelung prognostische Entscheidungen zugrunde, kann die Eignung nicht nach der tatsächlichen späteren Entwicklung, sondern lediglich danach beurteilt werden, ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon ausgehen durfte, dass die Maßnahme zur Erreichung des gesetzten Ziels geeignet, ob seine Prognose also sachgerecht und vertretbar war. Erweist sich eine Prognose nachträglich als unrichtig, stellt dies jedenfalls die ursprüngliche Eignung des Gesetzes nicht in Frage. Die Eignung setzt also nicht voraus, dass es zweifelsfreie empirische Nachweise der Wirkung oder Wirksamkeit der Maßnahmen gibt. Allerdings kann eine zunächst verfassungskonforme Regelung später mit Wirkung für die Zukunft verfassungswidrig werden, wenn ursprüngliche Annahmen des Gesetzgebers nicht mehr tragen.
Zunächst ist das auch der 2G-Plus-Regelung zugrunde liegende Ziel der Kontaktreduzierung ersichtlich geeignet, das Infektionsgeschehen einzudämmen. SARS-CoV-2 ist grundsätzlich sehr leicht von Mensch zu Mensch übertragbar, dies gilt insbesondere für die derzeit zirkulierende Delta-Variante und möglicherweise noch mehr für die Omikron-Variante. Die Übertragung durch Tröpfchen und Aerosole spielt – v. a. in Innenräumen – eine besondere Rolle. Das Infektionsrisiko kann selbstwirksam durch das individuelle Verhalten (AHA+L-Regeln) reduziert werden. Bevölkerungsbezogene kontaktreduzierende Infektionsschutzmaßnahmen können das Infektionsrisiko zusätzlich mindern (RKI, Risikobewertung vom 21. Dezember 2021, abrufbar unter: www.rki.de).
Soweit die 2G-Plus-Regelung zugunsten von Geimpften und Genesenen von einer ausnahmslosen Kontaktreduzierung absieht, stellt dies nicht die Eignung der Maßnahme in Zweifel. Wie vorstehend ausgeführt, zeigt die Entwicklung der Infektionszahlen – insbesondere aber auch der Erkrankungszahlen -, deutliche Unterschiede von Geimpften bzw. Genesenen zu Nichtgeimpften bzw. Nichtgenesenen auf, was eine Differenzierung rechtfertigt und das grundsätzliche Ziel einen geeigneten Infektionsschutz zu erreichen, nicht in Frage stellt. Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung durch COVID-19 für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Für vollständig Geimpfte wird die Gefährdung als geringer eingeschätzt.
Dass diese Öffnung durch das Erfordernis einer Testung wiederum eingeschränkt wird, ist durchaus geeignet, einen weiteren Infektionsschutz zu erzielen. Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Impfung zwar auch das Risiko einer Übertragung reduziert, diese aber nicht durchgängig verhindert (RKI, Risikobewertung vom 21. Dezember 2021, abrufbar unter: www.rki.de). Ausgehend davon, dass SARS-CoV-2 sich überall dort verbreitet, wo Menschen – insbesondere in geschlossenen Räumen – zusammenkommen und Häufungen oft in Anknüpfung an Aktivitäten in Privathaushalten und in der Freizeit dokumentiert werden, ist die Einschätzung des Verordnungsgebers nicht zu beanstanden, für solche besonders gefährdete Aufenthaltsorte und Situationen, weitergehende Schutzmaßnahmen – wie eine zusätzliche Testung – anzuordnen.
Dem Senat drängen sich insofern keine Zweifel daran auf, dass die Anordnung einer zusätzlichen Testung für Geimpfte und Genesene beim Besuch einer Spielhalle grundsätzlich geeignet ist, dass Infektionsrisiko weiter zu vermindern. Die Spielhalle ist auch bei Beachtung von baulichen Standards und von Hygieneregeln ein Ort der Begegnung, in dem Menschen sich in der Regel über längere Zeit aufhalten und kommunizieren; es ist nicht abwegig, anzunehmen, dass das Spielverhalten der Besucher nicht immer kontrollierbar ist und wechselnder Begegnungsverkehr stattfindet. Selbst das unterstellte Einhalten der Hygieneregelungen minimiert zwar das Übertragungsrisiko, beseitigt es jedoch nicht.
(4) Dem Senat drängt sich weiterhin nicht die mangelnde Erforderlichkeit der angegriffenen Maßnahme auf.
Nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 – juris Rn. 203-204 m. w. N.) ist das Merkmal der Erforderlichkeit so zu verstehen, dass Grundrechtseingriffe nicht weitergehen dürfen, als es der Schutz des Gemeinwohls erfordert. Daran fehlt es, wenn ein gleich wirksames Mittel zur Erreichung des Gemeinwohlziels zur Verfügung steht, das den Grundrechtsträger weniger und Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastet. Die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung muss dafür in jeder Hinsicht eindeutig feststehen. Dem Gesetzgeber steht grundsätzlich auch für die Beurteilung der Erforderlichkeit ein Einschätzungsspielraum zu. Der Spielraum bezieht sich unter anderem darauf, die Wirkung der von ihm gewählten Maßnahmen auch im Vergleich zu anderen, weniger belastenden Maßnahmen zu prognostizieren. Der Spielraum kann sich wegen des betroffenen Grundrechts und der Intensität des Eingriffs verengen. Umgekehrt reicht er umso weiter, je höher die Komplexität der zu regelnden Materie ist. Auch hier gilt, dass bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen tatsächliche Unsicherheiten grundsätzlich nicht ohne weiteres zulasten der Grundrechtsträger gehen dürfen. Dient der Eingriff dem Schutz gewichtiger verfassungsrechtlicher Güter und ist es dem Gesetzgeber angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten nur begrenzt möglich, sich ein hinreichend sicheres Bild zu machen, ist die gerichtliche Prüfung auf die Vertretbarkeit der gesetzgeberischen Eignungsprognose beschränkt.
Der Vorhalt der Antragstellerin, als milderes Mittel gegenüber der Anordnung der 2G-Plus-Regelung käme die Anwendung der 2G-Regelung in Betracht, verkennt die grundsätzliche oben genannte Zielrichtung der Maßnahme. Die Verordnung ist darauf gerichtet, in Zeiten eines erheblichen Infektionsgeschehens mit hohen Inzidenzwerten Kontakte ganz zu vermeiden oder, um sie überhaupt zu ermöglichen, dies auf einem möglichst hohen Schutzniveau zu gewährleisten. Dieses Schutzniveau wird jedoch in geschlossenen Räumen mit Publikumsverkehr allein durch die Anwendung der 2G-Regelung nicht effektiv erreicht; diese bleibt erkennbar hinter dem Schutzniveau bei zusätzlich erforderlicher Testung zurück. Beide Maßnahmen erzielen einen unterschiedlichen effektiven Infektionsschutz.
(5) Bei summarischer Prüfung ist auch nicht zwingend anzunehmen, dass die Regelung unter Abwägung der gegenläufigen verfassungsrechtlichen Positionen unangemessen ist.
Die Angemessenheit und damit die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erfordern, dass der mit der Maßnahme verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen (vgl. hierzu wie zum Folgenden: BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 – juris Rn. 216-217 m. w. N.). Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, in einer Abwägung Reichweite und Gewicht des Eingriffs in Grundrechte einerseits der Bedeutung der Regelung für die Erreichung legitimer Ziele andererseits gegenüberzustellen. Um dem Übermaßverbot zu genügen, müssen hierbei die Interessen des Gemeinwohls umso gewichtiger sein, je empfindlicher die Einzelnen in ihrer Freiheit beeinträchtigt werden. Umgekehrt wird gesetzgeberisches Handeln umso dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die aus gänzlich freier Grundrechtsausübung erwachsen können. Auch bei der Prüfung der Angemessenheit besteht grundsätzlich ein Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers. Die verfassungsrechtliche Prüfung bezieht sich dann darauf, ob der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum in vertretbarer Weise gehandhabt hat. Bei der Kontrolle prognostischer Entscheidungen setzt dies wiederum voraus, dass die Prognose des Gesetzgebers auf einer hinreichend gesicherten Grundlage beruht.
Der Vortrag der Antragstellerin zeigt jedenfalls nicht auf, dass das von ihr angegriffene Erfordernis zusätzlicher Testung offensichtlich außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs steht. Die Maßnahme führt zwar zu weiteren Grundrechtseinschränkungen, vorrangig in Bezug auf das Grundrecht der Berufsfreiheit der Betreiber von Spielhallen (Art. 12 Abs. 1 GG), aber auch der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) von Besuchern solcher Freizeitbetriebe. Diese Rechte – wie auch andere Grundrechtspositionen – werden jedoch nicht unbeschränkt gewährt, sondern unterliegen einem Gesetzesvorbehalt. Dass den hier betroffenen Grundrechten im Ergebnis ein unbedingter Vorrang gegenüber dem mit der Verordnung bezweckten Schutz von Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) gebührt, ist nicht festzustellen. Die Berufsausübung und die existenzsichernde Erzielung von Einnahmen in einem Bereich von gefahrerhöhender Tätigkeit können vorübergehend gegenüber der Durchsetzung überragend gewichtiger Gemeinwohlbelange zurückzustehen haben. Zwar sind existenzbedrohende Folgen der Maßnahmen nicht zu verkennen; der Vortrag der Antragstellerin zeigt jedoch angesichts einer in Thüringen dramatischen pandemischen Lage mit hohen Infektions-, Krankheits- und Todesraten den unbedingten Vorrang dieser Rechte vor dem staatlichen Auftrag zum Schutz von Leib, Leben und Gesundheit der Bevölkerung nicht auf.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin nicht ihre Geschäftstätigkeit vollständig entzogen ist, sondern ihre Besucher – lediglich – aufgefordert sind, einen Testnachweis zu erbringen.
Überdies zeigt der Vortrag der Antragstellerin auch nicht auf, inwieweit ihr staatliche Hilfsangebote aus Programmen des Bundes und der Länder zur wirtschaftlichen Bewältigung der Pandemiefolgen, wie etwa die erweiterten Möglichkeiten der Gewährung von Kurzarbeitergeld, der Aussetzung von Insolvenzverfahren und von branchenspezifischen Hilfsprogrammen, zugänglich sind.
ff. Soweit die Antragstellerin mit ihrem Vortrag im Wesentlichen eine grundrechtswidrige Ungleichbehandlung zwischen Spielhallen, für die die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung nach § 18 Abs. 3 Nr. 3 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO gilt, und den Bereichen gewerblicher Tätigkeit, in denen nach § 18 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO lediglich eine 2G-Zulassungsbeschränkung gilt, behauptet, führt dies nicht zwingend auf eine Annahme der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme.
Hierbei ist schon zweifelhaft, ob und inwieweit der Vorwurf gleichheitswidriger Behandlung zu den Gewerbebereichen, in denen ein vermindertes Zulassungsregime gilt, überhaupt im Eilverfahren auf eine Außervollzugsetzung der angegriffenen Bestimmungen führen muss (Bayerischer VGH, Beschluss vom 27. April 2020 – 20 NE 20.793 – juris). Wird ein solcher Rechtsverstoß unterstellt, ist dem Verordnungsgeber – soweit nicht andere rechtserhebliche Gesichtspunkte Anderes gebieten (vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 22. Mai 2020 – 3 EN 341/20 – juris) – dann nämlich erneut ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den betreffenden Gleichheitsverstoß zu beseitigen. Dies würde vorliegend insbesondere auch nicht ausschließen, im Interesse des Infektionsschutzes und der Vermeidung weiterer Infektionen erhöhte Zulassungsbeschränkungen gegebenenfalls auch für weitere Bereiche des Wirtschaftslebens einzuführen, für die diese bislang nicht gelten.
Ungeachtet dessen muss die Klärung der Frage der Legitimität der von der Antragstellerin angesprochenen Ungleichbehandlung ersichtlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat zu den Anforderungen des insoweit im Bundes- und Landesrecht inhaltlich nicht wesentlich divergierenden allgemeinen Gleichheitssatzes im Hinblick auf infektionsschutzrechtliche Regelungen ausgeführt (Thüringer VerfGH, Urteil vom 1. März 2021 – 18/20 – juris Rn. 511 ff.):
Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 2 Abs. 1 ThürVerf gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Hierbei verbleibt ihm grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum, dessen Grenzen erst überschritten sind, wenn die vom Gesetzgeber getroffene Differenzierung nicht mehr auf sachlichen Erwägungen beruht und willkürlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1985 – 2 BvL 17/83 -, BVerfGE 69, 150 [160] = juris Rn. 39). Es ist insoweit nicht Sache eines Verfassungsgerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, sondern lediglich, ob die äußersten Grenzen gewahrt sind (zur entsprechenden Beschränkung seines Prüfungsumfangs siehe auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1981 – 2 BvR 1067/80 -, BVerfGE 58, 68 [79] = juris Rn. 27). Dieser aus Art. 2 Abs. 1 ThürVerf für den parlamentarischen Gesetzgeber resultierende Maßstab gilt für die normsetzende Exekutive entsprechend, allerdings ist der dem Verordnungsgeber zukommende Gestaltungsspielraum enger, da ein solcher von vornherein nur in dem von der gesetzlichen Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen besteht (vgl. insoweit zu den Vorgaben des Art. 80 Abs. 1 GG: BVerfGE 58, 68 [79] = juris Rn. 27; BVerfGE 69, 150 [160] = juris Rn. 39). Der Verordnungsgeber darf keine Differenzierungen vornehmen, die über die Grenzen einer formell und materiell verfassungsmäßigen Ermächtigung hinaus eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers bedeuten würden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 1963 – 1 BvR 265/62 -, BVerfGE 16, 332 [339] = juris Rn. 22), sondern muss vielmehr den Zweckerwägungen folgen, die im ermächtigenden Gesetz angelegt sind (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 -, juris Rn. 18). In den Grenzen des ihm zustehenden Ermessens muss er nach dem Gleichheitssatz im wohlverstandenen Sinn der ihm erteilten Ermächtigung handeln und sich von sachfremden Erwägungen freihalten (vgl. BVerfGE 16, 332 [339] = juris Rn. 22; BVerfGE 58, 68 [79] = juris Rn. 27; BVerfGE 69, 150 [160] = juris Rn. 39).
Dies hat zur Folge, dass sich die Regelungen an den Zwecken dieser bundesgesetzlichen Verordnungsermächtigung auszurichten haben, wenn durch diese Ungleichbehandlungen erfolgen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 – juris, Rn. 19). Ungleichbehandlungen dürfen somit grundsätzlich allein aus infektionsschutzrechtlichen Gründen erfolgen, da nur zu diesem Zweck die Verordnungsermächtigung erteilt ist (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 -, juris Rn. 19). Über diese infektionsschutzrechtlichen Gründe hinaus kommen allenfalls noch andere überragend wichtige Gründe des Gemeinwohls in Betracht, um Ungleichbehandlungen rechtfertigen zu können (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 -, juris Rn. 20).
Der Senat verkennt nicht, dass die Unterscheidung zwischen den in § 18 Abs. 2 Nr. 1 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO genannten Bereichen, für die die 2G-Regelung gilt, zu denen, in denen nach § 18 Abs. 3 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO ein erweitertes Zulassungsregime gilt, sich nicht allein aus Infektionsschutzgründen begründen lassen. So ist nicht ohne weiteres erklärbar, ob und inwieweit die Gefahr von Infektionen bei geimpften oder genesenen Personen in Gaststätten, bei körpernahen Dienstleistungen, bei Reisebusveranstaltungen und in Prostitutionsstätten geringer ist als in Spielhallen (wobei hier zu berücksichtigen ist, dass Prostitutionsstätten nach § 30 Nr. 7 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO weitgehend zu schließen sind).
Eine Betrachtungsweise die daraus allerdings eine im Sinne von Art. 3 GG sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung ableiten will, übersieht jedoch, dass – wie oben ausgeführt – der Verordnungsgeber hinsichtlich der Bestimmung der Bereiche, in denen die 2G- oder die 2G-Plus-Zulassungsbeschränkung gelten soll, neben der typischen Infektionsgefahr auch die spezifische Relevanz des jeweiligen Lebensbereichs für die Versorgung der Bevölkerung mit Dienstleistungen und Gütern des Alltagsbedarfs als weiteren Differenzierungsaspekt berücksichtigen kann. Eine solche Differenzierung ermöglicht ihm auch § 28a Abs. 6 IfSG, der vorliegend nach § 28a Abs. 7 Satz 3 IfSG Anwendung findet. Danach sind bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vereinbar ist. Einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, können von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 nicht zwingend erforderlich ist.
Der Senat kann sich – jedenfalls bei summarischer Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – nicht der Argumentation verschließen, wonach darin auch im Hinblick auf die vorliegend streitigen Regelungen sachliche Gründe für Ungleichbehandlungen und Differenzierungen liegen können, die im Sinne der gesetzlichen Regelung von Belang sein können. Kommen in solchen Fallkonstellationen der Rechtsgüterabwägung verschiedene Lösungen in Betracht, steht dem Normgeber über rein infektionsschutzrechtliche Überlegungen hinaus ein Gestaltungsspielraum offen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz kann für solche Situationen nicht gefolgert werden, die über die Infektionsschutzgründe hinaus beachtlichen Unterschiede zu nivellieren. Auch ist es nicht geboten, dass der Normgeber hinsichtlich mehrerer möglicher Lösungen die zweckmäßigste oder gar die „vernünftigste“ wählt. Eine strikte Beachtung eines Gebots innerer Folgerichtigkeit kann insoweit nicht eingefordert werden (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 26. März 2020 – 5 Bs 48/20 – juris Rn. 13; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27. April 2020 – 13 MN 98/20 – juris Rn. 64; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. April 2020 – 1 S 1101/20 – juris Rn. 52). Insbesondere im Falle von Massenerscheinungen, die sich wie das vorliegende weltweite Infektionsgeschehen auf eine Vielzahl von Lebensbereichen auswirken, ist dem Normgeber zuzugestehen, dass er auch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen kann, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen (vgl. Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 21. Oktober 2020 – Vf. 26-VII-20 – juris Rn. 24).
b. Ebenso offen sind die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit Gegenstand § 18a Abs. 1 Nr. 7c) ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO ist.
Rechtsgrundlage dieser Anordnung ist § 28a Abs. 8 IfSG in der Fassung des Gesetzes vom 22. November 2021, dieses wiederum geändert durch Gesetz vom 12. Dezember 2021, in Verbindung mit § 28a Abs. 1 Nr. 6 IfSG. Der Thüringer Landtag hat mit Beschluss vom 24. November 2021 die Anwendbarkeit des § 28a Abs. 1 bis 6 IfSG für den Freistaat Thüringen gemäß dieser bundesgesetzlichen Bestimmung festgestellt (GVBl. S. 543). Der Schließung der Spielhallen steht nicht das Verbot des § 28a Abs. 8 Nr. 6 IfSG entgegen; dieser den Ländern vorgegebene Maßnahmenausschluss hinsichtlich der Schließung von bestimmten Betrieben erfasst Freizeiteinrichtungen nicht.
Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Ermächtigungsnorm zum Erlass der streitigen Schließungsanordnung vor, sind jedenfalls keine durchgreifenden Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme gegeben.
§ 18a ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO ordnet weitere Maßnahmen zur Kontaktreduzierung bei Überschreiten bestimmter Werte des Frühwarnindikators (§ 2 Abs. 1 Nr. 19 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO) an. Es liegt – ohne dass dies ernstlich in Zweifel zu ziehen ist – in seiner Einschätzungsprärogative, dass der Verordnungsgeber das Übersteigen einer 7-Tage-Inzidenz von 1.000 zum Anlass nimmt, zur Infektionsvermeidung weitere, verstärkte Maßnahmen zur Unterbindung von Kontakten zu erreichen. Auch unter Beachtung der oben genannten Kriterien ist die Eignung der Untersagung des Betriebs von Spielhallen und anderen dem Spiel dienenden Einrichtungen zur Erreichung dieses Zieles zu bejahen (vgl. hierzu nur: TU Berlin, MODUS-COVID Bericht vom 17.12.2021, https://covid-sim.info/), ebenso die Erforderlichkeit und die Angemessenheit der Maßnahme. Weder wäre die weitere Öffnung der Einrichtungen unter Beachtung des weiterhin bestehenden Restrisikos einer Infektion trotz Beachtung der 2G-Plus-Zugangsbeschränkung ein gleich wirksames Mittel, noch sind die betroffenen Grundrechtsbelange gegenüber den Belangen des Gesundheitsschutzes vorrangig.
Ob die Maßnahme dem Gleichheitsgebot gerecht wird, bedarf allerdings der abschließenden Prüfung im Hauptsacheverfahren. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
c. Hingegen ist eine Erfolgsaussicht des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit er sich gegen die Schließung von Spielhallen in der Zeit von 22:00 Uhr bis 05:00 Uhr nach § 31 Abs. 1 und 3 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO wendet, gering.
Rechtsgrundlage dieser Anordnung ist ebenfalls § 28a Abs. 8 IfSG in der Fassung des Gesetzes vom 22. November 2021, dieses wiederum geändert durch Gesetz vom 12. Dezember 2021, in Verbindung mit § 28a Abs. 1 Nr. 6 IfSG, dessen tatbestandliche Voraussetzungen, wie aufgezeigt, vorliegen. Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme unterliegt keinen durchgreifenden Zweifeln.
§ 31 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO statuiert über die besonderen infektionsschutzrechtlichen Bestimmungen des Dritten Abschnitts der Verordnung hinausgehend weitere zeitlich begrenzte Infektionsschutzmaßnahmen, nach der nicht nur Spielhallen, sondern auch Gaststätten, Spielbanken, Wettbüros und ähnliche Einrichtungen zwischen 22:00 Uhr und 05:00 Uhr zu schließen sind. Die Regelung bezweckt in ihrer Gesamtheit im Sinne der Infektionsvermeidung eine Kontaktreduzierung in den Nachtstunden. Ebenso wie Ausgangsbeschränkungen zur Nachtzeit – wie sie in Thüringen auch für ungeimpfte Personen nach Maßgabe des § 28 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO angeordnet sind – ist die Einschränkung der Bewegungsmöglichkeiten von Menschen in dieser Zeit ein durchaus geeignetes Mittel zur Infektionsbekämpfung. Die erkennbare Annahme des Verordnungsgebers, durch Schließung der Freizeitstätten einen zu Nachtstunden eher zu vermutendes infektionsförderliches Verhalten zu begrenzen, liegt nahe und überschreitet nicht die Grenzen seines Einschätzungsspielraums im Hinblick auf die Eignung von Schutzmaßnahmen. Durch die Schließzeit werden zum einen die Kontakte innerhalb der Einrichtungen und zum anderen Kontakte auf dem Weg zu und von den Einrichtungen vermieden. Die der Pandemiebekämpfung zu Grunde liegenden Modellierungsstudien zeigen durchaus die Effektivität solcher Maßnahmen nächtlicher Beschränkungen auf (vgl. hierzu nur: BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 u.a – juris Rn. 277 ff.). Die Maßnahme erscheint auch erforderlich, da andere Maßnahmen nicht gleich geeignet zur infektionsmindernden Kontaktvermeidung sind. Die zeitlich unbegrenzte Öffnung der von der Regelung des § 31 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO erfassten Einrichtungen – also neben Spielhallen auch Gaststätten und andere der Unterhaltung dienenden Einrichtungen – unter den Bedingungen von 2G- bzw. 2G-Plus-Regelungen und eines besonderen Hygienekonzeptes ist angesichts eines auch unter diesen Bedingungen bestehenden – nicht unerheblichen – Restrisikos für Infektionen gerade kein milderes gleich geeignetes Mittel zur Erreichung der Verordnungsziele. So sind die Ergebnisse von Tests auf das Coronavirus nicht immer belastbar und Geimpfte und Genesene können auch bei Anwendung eines besonderen Hygienekonzepts wohl Überträger des Virus sein (im Anschluss an: Sächsisches OVG, Beschluss vom 9. Dezember 2021 – 3 B 420/21 – juris Rn. 46). Auch die Angemessenheit der Maßnahme im Hinblick auf die Abwägung der hier betroffenen Rechtsgüter steht nicht in Frage. Der potentiellen Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten Rechtspositionen der Betroffenen stehen angesichts der dramatischen pandemischen Lage in Thüringen überaus gewichtige Gründe des Gesundheitsschutzes und der Aufrechterhaltung der Krankenhausversorgungsstrukturen und – zunehmend im Hinblick auf die realistische Ausbreitung der neuen Omikron-Virusvariante – die konkrete Gefährdung der kritischen Infrastruktur gegenüber.
d. Verbleibt es mithin bei offenen Erfolgsaussichten, gebietet eine Folgenabwägung nicht, die einstweilige Anordnung zu erlassen. Dies legt weder der Vortrag der Antragstellerin nahe, noch ist dies ansonsten erkennbar. Bei der Folgenabwägung sind angesichts der Allgemeinverbindlichkeit der Entscheidung die Auswirkungen auf alle von der angegriffenen Regelung Betroffenen zu berücksichtigen, nicht nur die Folgen für die Antragstellerin. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die prozessuale Gestaltungsmöglichkeit im Rahmen des Normenkontrollverfahrens es nur zulässt, die angegriffene Norm außer Vollzug zu setzen, mit der Folge, dass dann Spielhallen gar nicht mehr von den notwendigen Einschränkungen erfasst wären.
Würde der Aussetzungsantrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt, erwiese sich im Ergebnis des Hauptsacheverfahrens die Verordnung aber als rechtswidrig, wären zwar die betroffenen Betreiber von Spielhallen in ihren (Grund-)Rechten beeinträchtigt. Dies wirkt umso schwerwiegender, als infolge der Dauer der Pandemie und deren wellenmäßigem Verlauf die betroffenen Unternehmen bereits mehrfach in ihrer wirtschaftlichen Betätigung beschränkt waren und daraus existenzielle Nachteile resultieren können. Demgegenüber ist aber zu berücksichtigen, dass Spielhallen – abhängig von Indikatorwerten – zunächst weiterhin – wenn auch beschränkt – geöffnet haben können.
Würde hingegen dem Aussetzungsantrag stattgegeben, erwiese sich die Verordnung im Hauptsacheverfahren aber als rechtmäßig, träte damit eine konkrete – wie auch durch die Fallzahlenentwicklung in Thüringen, Deutschland und der Welt belegte – Steigerung der Risiko- und Gefährdungslage ein. Auch nur eine vorläufige Außervollzugsetzung kann eine konkrete Gefahr für Gesundheit, Leib und Leben einer unüberschaubaren Vielzahl von Menschen begründen. Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Außervollzugsetzung aufgrund der Allgemeinverbindlichkeit weit über den Fall der Antragstellerin hinaus wirken würde. Ein Element der komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie des Antragsgegners würde in seiner Wirkung reduziert (vgl. zur Berücksichtigung dieses Aspekts in der Folgenabwägung: BVerfG, Beschluss vom 1. Mai 2020 – 1 BvQ 42/20 – juris Rn. 10), und dies zu einem Zeitpunkt mit einem weiterhin dynamischen Infektionsgeschehen. Die Möglichkeit, eine geeignete und erforderliche Schutzmaßnahme zu ergreifen und so die Verbreitung der Infektionskrankheit zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung, einem auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 – 1 BvR 3262/07 – u. a., BVerfGE 121, 317, 350 = juris Rn. 119 m. w. N.), effektiver zu verhindern, bliebe zumindest zeitweise bis zu einer Reaktion des Verordnungsgebers (irreversibel) ungenutzt.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Der Senat bemisst das Interesse der Antragstellerin in Anlehnung an gewerberechtliche Untersagungsverfahren in Höhe von 15.000,00 € (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. der am 31.05.2005/01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage, Anhang § 164 Rn. 14), der hier im Hinblick auf die nur teilweise Beschränkung des Geschäftsbetriebs sowie auf die vorübergehende Dauer der Maßnahme zu halbieren ist. Eine weitere Halbierung ist wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache hingegen nicht angezeigt.
Hinweis:Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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